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Veröffentlicht am 16.06.2021

Ein Blick hinter die Kulissen

Tage mit Gatsby
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„Der große Gatsby“ kennt vermutlich vom Namen fast jeder. Joséphine Nicolas möchte mit „Tage mit Gatsby“ die Hintergrundgeschichte zum Roman darstellen. Die Frage ist nun, ob ihr das gelungen ist. Vieles ...

„Der große Gatsby“ kennt vermutlich vom Namen fast jeder. Joséphine Nicolas möchte mit „Tage mit Gatsby“ die Hintergrundgeschichte zum Roman darstellen. Die Frage ist nun, ob ihr das gelungen ist. Vieles im Roman basiert auf dem tatsächlichen Leben von Zelda Fitzgerald. Gemischt mit einer großen Portion Einfallsreichtum haucht die Autorin der Geschichte Leben ein. Die Fitzgeralds haben ein Leben voller Partys, Skandale und Öffentlichkeit geführt. Demnach bot das bereits eine Menge Stoff für den Roman.

Nicolas hatte mich auf den ersten 200 Seiten wirklich verzaubert. Ihr Schreibstil gefiel mir unglaublich gut und das Leben von Zelda und Scott wurde mir nach und nach ausgebreitet. Vor allem Zelda wurde facettenreich im Roman dargestellt. Aber nach diesen 200 Seiten störten ständige Wiederholungen, langweilige Szenen und eine triste Atmosphäre den Lesefluss. Lobend muss ich sagen, dass in dem ersten Teil gerade diese lockere, amüsante Stimmung exzellent dargestellt wurde. Der Schnitt im zweiten Teil sorgte für einen Stimmungswechsel, der auch auf das Leben der Fitzgeralds zurückzuführen ist. Nunmehr hörten die Partys auf, die Ehe wurde schwierig und der Roman „Der große Gatsby“ verschlang die meiste Zeit ihres Lebens. Natürlich muss sich auch der Schreibstil an dieser Änderung anpassen, aber dann hätte ich viel mehr Dunkelheit erwartet. Die Emotionen, die Zelda durchlebt, kamen bei mir nicht wirklich an. Vielleicht wäre mehr Düsternis und weniger Wiederholung für den Lesefluss besser gewesen. So strahlte der zweite Teil eher Langeweile aus und anhand des Inhalts war das Leben von Zelda nicht langweilig geworden, sondern vor allem trist und leidvoll.

Letztlich war „Tage mit Gatsby“ ein guter Roman, um ein wenig hinter die Kulissen der Fitzgerald zu schauen. Gerade wenn man „Der große Gatsby“ kennt, macht es Freude, zu erfahren, dass der Autor sich sehr an seinem eigenen Leben inspirieren ließ. Vielleicht eignet sich die Lektüre dieses Werkes anschließend an Nicolas Roman, um das vermisste Abenteuer und die Extravaganz nachlesen zu können. Und gerade dann zeigt „Tage mit Gatsby“ doch erstaunliche Parallelen zwischen dem realen Leben der Fitzgeralds und der fiktiven Welt von Gatsby.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Spannendes Gedankenspiel

Hillary
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Die Frage, mit der sich das Buch „Hillary“ von Curtis Sittenfeld beschäftigt ist: Was wäre, wenn Hillary Rodham Bill Clinton nicht geheiratet hätte? Ein spannendes Gedankenspiel, welches sich nah an den ...

Die Frage, mit der sich das Buch „Hillary“ von Curtis Sittenfeld beschäftigt ist: Was wäre, wenn Hillary Rodham Bill Clinton nicht geheiratet hätte? Ein spannendes Gedankenspiel, welches sich nah an den Fakten der Geschichte hält. Ich mochte den nahen Bezug an die tatsächlichen Ereignisse sehr gerne, da somit die eine Entscheidung nur minimal etwas im Verlauf der Geschichte geändert hätte. Natürlich könnte man die gesamte Fantasie rauslassen und einen gänzlich anderen Weg einschlagen, aber ich vermute, dass Sittenfeld vor allem Hillary als wirkliche Person darstellen wollte und nicht eine erdachte Version in ihrem neuen Szenario.

Doch nun die Bewertung zum Buch, die sich allein auf die Charaktere in der fiktiven Geschichte beziehen und keinerlei Bewertung der realen Personen darstellen. Ich mochte das Buch am Anfang wirklich sehr und fand es ziemlich interessant. Aber irgendwann nervten mich diese ständige Schwärmerei über Bill Clinton und die Aussagen, dass kein anderer Mann Interesse an Hillary zeigte. Und gerade das fand ich dann im erdachten Szenario schade. Bill übte über längere Zeit eine gewisse „Macht“ über Hillary aus, die möglicherweise sogar für ihr Beziehungsleben entscheidend war. Hier hätte mir eine andere Richtung doch mehr gefallen. Aber dafür fand ich die Szenen mit der politischen Situation ab 2005 sehr spannend, da ich erst ab da ein Alter erreicht habe, wo man (zumindest etwas) von der US-amerikanischen Politik mitbekam. Das Ende hat den etwas langatmigen mittleren Teil korrigiert, sodass ich insgesamt den Roman gerne gelesen habe. Ich hätte mir eine kürzere, aber dafür knackigere Ausschmückung des Was-wäre-wenn-Szenarios gewünscht. Das Buch hat mit seinen 500 Seiten definitiv langatmige Stellen, die störten. Da konnte dann auch der Schreibstil der Autorin die Stellen nicht wirklich retten. Hillary erscheint im Roman zunächst sehr selbstbewusst und stark, wird mit Bill Clinton aber etwas ausgebremst. Doch den „Tiefpunkt“ der Figur ist erst nach der Ablehnung und endgültigen Trennung von ihm erreicht. Erst als sie politisch aktiv wird und somit an Selbstbewusstsein gewinnt, überzeugt mich der Charakter sehr und wurde mir zunehmender sympathisch. Bill hingegen mochte ich gar nicht.

Das Buch ist ein mehr oder weniger gelungenes, an realen Fakten orientiertes Gedankenspiel, dass vor allem politisch interessierte Menschen Freude bringen könnte. Zudem regt es dazu an, mehr über Hillary erfahren zu wollen und die Wahrheit in der Fiktion zu finden.

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Veröffentlicht am 24.05.2021

Familiensaga - Auftakt

Das Limettenhaus
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„Das Limettenhaus“ von Valentina Cebeni ist ein flotter Familienroman. In der Geschichte werden unterschiedliche Figuren und ihre Leben behandelt, die meist eher in kurzen Abfolgen erzählt werden. Die ...

„Das Limettenhaus“ von Valentina Cebeni ist ein flotter Familienroman. In der Geschichte werden unterschiedliche Figuren und ihre Leben behandelt, die meist eher in kurzen Abfolgen erzählt werden. Die Szenen im Roman sind nicht wirklich tiefgreifend, sondern eher wie kurze Einblicke in das Leben der Familie Fontamara. Beginnend wird die Geschichte von Eva und ihrer Liebe erzählt, die jedoch schnell abgehandelt ist und letztlich eher eine Vorgeschichte darstellt, bevor die richtigen Ereignisse geschehen. Das Buch nimmt dann erst Fahrt auf, als die Familie nach Rom zieht. Eigentlich geschehen viele Dinge und könnten theoretisch für genügend Spannung sorgen. Leider berühren sie einen doch nicht wirklich. Der Stil erinnert mich leicht an „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann oder „Effingers“ von Gabriele Tergit. Es geschieht sehr viel, man lernt unterschiedliche Figuren kennen, aber irgendwie kann man keine Bindung zu den Protagonisten aufbauen.

Dennoch habe ich das Buch gerne gelesen. Es liest sich sehr gut und hat an einigen Stellen historische Bezüge zum Beginn des Nationalsozialismus in Italien, was ich sehr interessant war. Der Roman endet in der Anfangszeit des Aufstiegs des Nationalsozialismus und bietet hier zwar noch kurze, aber definitiv spannende Einblicke. Soweit ich weiß, handelt es sich um den ersten Teil einer Reihe. Daher sehe ich das Ganze etwas entspannter, als ich es bei einem Einzelband bewerten würde. Wenn dieser Band die Reihe aufbaut, dann ist er in dieser schnellen und eher distanzierten Sichtweise vollkommen in Ordnung. Ich hoffe aber, dass die weiteren Bände mehr Nähe und Bindung zu den Figuren zulassen und auch die politische Situation genauer darstellen. Man muss ganz klar sagen, dass „Das Limettenhaus“ eine Familiensaga ist und dementsprechend weiter gefächert und dafür unkonkreter als andere Romane es wären. Ich mag zwar weniger Ereignisse und dafür detaillierter, aber auch „Das Limettenhaus“ hat seinen Charme versprüht und mich gut unterhalten. Ich freue mich auf den nächsten Band und bin gespannt, wohin Valentina Cebeni die Geschichte lenken wird.

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Veröffentlicht am 10.05.2021

Frauen, Schwangerschaft, Geburt

Wie Salz auf der Zunge
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„Wie Salz auf der Zunge“ ist der Erlebnisbericht der Autorin Charlotte Runcie, der uns teilweise in Form eines erzählenden Sachbuchs von der Schwangerschaft der Autorin berichtet. Zunächst dreht sich der ...

„Wie Salz auf der Zunge“ ist der Erlebnisbericht der Autorin Charlotte Runcie, der uns teilweise in Form eines erzählenden Sachbuchs von der Schwangerschaft der Autorin berichtet. Zunächst dreht sich der erste Teil stark um Legenden, Mythen und Sagen rund um das Meer und die Verbindung zu Frauen. Schnell wird klar, dass viele Geschichten einen Zusammenhang zwischen dem Meer und Frauen aufzeigen. Frauen wirken aufgrund ihrer Möglichkeit zu gebären und der damit einhergehenden Prozesse mysteriös und unerforscht, ähnlich wie die Ozeane der Erde. Doch in der Mitte fokussiert sich der Bericht mehr auf die Schwangerschaft und die Kraft, die dahintersteckt. Der Körper der Frau wird gleichermaßen als Wunder gesehen und als Behälterraum. Einerseits scheint die Autorin fasziniert zu sein, doch andererseits wird deutlich, dass sie sich unwohl fühlte. Der Körper scheint übernommen zu werden und man ist nicht mehr dieselbe Person. All diese Fragen beschäftigen Runcie im weiteren Verlauf des Buches. Die Themen beginnen folglich mit dem Meer und den Mythen und gehen langsam wie eine sanfte Welle zur Schwangerschaft und der Geburt über. Während der erste Teil allgemein und objektiv gefasst ist, bietet der zweite Teil intime Einblicke in die Gedankenwelt der Autorin, die ehrlich und ungeschönt ihre Gefühle und Empfindungen mitteilt.

Doch wie fand ich das Buch? Schwierig, um ehrlich zu sein. Ich liebe das Meer und verstehe zu 100% die Begeisterung für die Schönheit, die Mythen und all die wundervollen Einblicke, die uns die Autorin sorgsam über die Ozeane zusammengetragen hat. (Es gibt auch ein Literaturverzeichnis für diejenigen, die sich damit mehr auseinandersetzen wollen!) Aber ich hatte ganz klar andere Erwartungen. Ich habe eine Erzählung erwartet, die diese ganzen Fakten in sich hinein bindet. Dem war nicht so. Ich würde es vermutlich als Bericht, Geschichtensammlung, Gedanken der Autorin oder dergleichen bezeichnen. Da ich nicht schwanger bin und auch bisher nicht war, hätte ich nicht erwartet, dass mir dann der persönliche Teil viel besser gefallen hat. Die Autorin zeigt hier ihr wirkliches Können. Sie schafft zugleich eine düstere, manchmal gar beängstigende Atmosphäre, die einen etwas vor Schwangerschaft abschreckt. Doch wenn man dann sich traut, weiterzulesen, wandelt sich dieser Eindruck komplett. Charlotte Runcie beschreibt das Gefühl, was ich bereits von vielen Frauen gehört habe – das Kind ist das alles wert. Ihre Art ist nüchtern, ehrlich und doch so tiefgehend, dass ich durch das Buch spüren konnte, dass sie es ernst meint. Das hat mir sehr gut gefallen.

Neben dem persönlichen Teil über ihre Schwangerschaft, – welchen ich ungelogen 5 Sterne geben würde, habe ich enorm viel über das Meer gelernt und bin froh, dass ich das Buch gelesen habe. Nur war der Beginn etwas stockend und mehr wie ein Sachbuch, was ich etwas schade fand. Ich habe auch ziemlich lange gebraucht, bis ich in ihren Bericht reinkam, aber schließlich hatte es sich gelohnt und ich wurde mir einem Stück Meerglas belohnt. (Das ist Glas, welches vom Meer geformt und abgerundet wird. Die Autorin sammelt sie und für sie erzählen diese Stücke ein Teil der Geschichte des Meeres, da sie vermutlich schon sehr lange im Wasser umher wandelten, bevor sie sie am Strand auflesen konnte.)

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Provokant, direkt, ehrlich und sehr wichtig.

Identitti
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Mithu M. Sanyal liefert einen Roman, der in dieser Weise noch nie dagewesen ist. Sie lässt sich inspirieren von aktuellen Themen und spricht direkt und offen die Probleme der Gegenwart an. Rassismus, Identität, ...

Mithu M. Sanyal liefert einen Roman, der in dieser Weise noch nie dagewesen ist. Sie lässt sich inspirieren von aktuellen Themen und spricht direkt und offen die Probleme der Gegenwart an. Rassismus, Identität, Zugehörigkeit, Kultur, gender, race und vieles mehr sind in diesem Buch thematisiert worden. Ach ja - und Sex. Überall und ständig kommen Einschübe, die sich mit Gedanken über Sex beschäftigen. Ob die Frage nach dem Sex mit einer gewissen Person, der ersten sexuellen Erfahrung oder der Ermächtigung von Vibratoren. Puh. Das war mir doch eine Spur zu viel des Guten. Und ich habe nicht mal die merkwürdigsten Momente dazu aufgezählt. Inwieweit das alles nun mit den oben genannten Themen zu tun hatte, wurde mir selbst nicht ganz klar.

Aber nachdem ich die ersten 200 Seiten (sie lesen sich wirklich gut, nur sind sie für meine prüden Verhältnisse etwas offen gewesen) geschafft hatte, war ich eher zwiegespalten. Doch dann ging es erst richtig für mich los. ENDLICH beschäftigte sich das Buch mit den Themen, die mich daran reizten. Identität! Wer bin ich? Was macht mich aus? Und warum darf Saraswati als Weiße sein, wer sie will ODER eben nicht sein, wer sie sein will. Antworten auf all die aufgeworfenen Fragen werden so langsam geliefert, auch wenn nicht alles offenbart wird. Identität ist nun mal kein einfaches Thema.

Letztlich stehe ich dennoch eher zwiegespalten zu dem Buch. Es ist anders, aktuell, aufregend und provokant. Ja, aber irgendwie auch verwirrend, merkwürdig und unklar. Ich habe viele offene Fragen, die mir nicht klar geworden sind. Aber eins hat es definitiv geschafft und zwar, dass ich nachdenken musste (und es immer noch tue).

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