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Veröffentlicht am 29.07.2021

Thematisch viele emotionale Brocken

A Reason To Stay
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Jennifer Benkau hat sich bislang als eine sehr breit aufgestellte Autorin ausgezeichnet. Mit „Das Reich der Schatten“-Reihe und „One True Queen“ hat sie ihre bislang wohl größten Erfolge gefeiert. Nun ...

Jennifer Benkau hat sich bislang als eine sehr breit aufgestellte Autorin ausgezeichnet. Mit „Das Reich der Schatten“-Reihe und „One True Queen“ hat sie ihre bislang wohl größten Erfolge gefeiert. Nun versucht sie sich mit „A Reason to Stay“ erstmals im New Adult Genre, was natürlich für mich dann immer ein sehr passender Anknüpfungspunkt ist, weil ich mich dort in den letzten Jahren am wohlsten fühle.

Was für Jennifer Benkau relativ schnell auszumachen ist, ist die Tatsache, dass sie thematisch keine halben Sachen macht. Stattdessen muss man sagen, dass sie ein schwerwiegendes Thema nach dem anderen auspackt. Mit Depressionen, Rassismus und Kleptomanie sind wirklich drei Schwergewichte dabei, die gleichzeitig definitiv die Fallhöhe sehr hoch ansetzen, denn bei solchen Themen muss man Fingerspitzengefühl haben. Fingerspitzengefühl kann man Benkau auch definitiv nicht absprechen, denn alle Themenblöcke werden mit Bedacht angegangen und alle bekommen ihren Raum gewährt. Das wird vor allem durch sehr intensive Dialoge unterstützt, wo die jeweils betroffene Hauptfigur ihr Innenleben ausführlich darstellen kann. Während die erste Hälfte dabei Cedric gehört, ist es in der zweiten Hälfte Billy. Dennoch trotz des Feingefühls für mich war es ehrlich gesagt deutlich zu viel des Guten. Denn schaue ich mir das gesamte Buch im Rückblick noch einmal an, dann sind ausgelassene, fröhliche Momente nur sehr, sehr selten zu finden. Die emotionale Schwere ist wirklich enorm. Während ich bei manchen Büchern aus dem NA-Genre nicht ganz verstehe, ob es eine Triggerwarnung gebraucht hätte, hätte es die hier doppelt und dreifach gebraucht.


Ein weiteres Problem von „A Reason to Stay“ ist auch, dass der Einstieg nicht ganz so gut gelingt. Man merkt, dass Billy und Cedric beide Geheimnisse haben und die werden so bewusst verschleiert, dass es oftmals schwer ist, direkt einen Pack an bei ihnen zu finden. Deswegen haben für mich auch die Funken zwischen ihnen nicht wirklich gesprüht zumal es dann auch zu schnell ging. Die Autorin wollte eilig die Beziehung zwischen ihnen herstellen, um ans Eingemachte zu gehen, aber da war es dann leider schwierig, die Leser*innen von Anfang an einzufangen. Hat man aber einmal diesen Punkt überwunden, dann muss man anerkennen, dass Benkau eine wahrlich gute Erzählerin ist. Sie gibt Cedric und Billy sowie ihren engsten Nebenfiguren so viel Tiefe, das ist schon sehr beeindruckend. Während oft bei NA das Problem ist, dass es in den entscheidenden Momenten zu oberflächlich bleibt, muss sich Benkau diesen Schuh nicht anziehen. Vielleicht hätte es dem Buch noch besser gestanden, wenn nicht gleich so viele thematische Brocken angegangen worden wären, dann hätte Benkau aus weniger noch mehr machen können und vor allem ihren Figuren auch noch mehr Freudenmomente gewähren können.

Da ich „A Reason to Stay” als Hörbuch hatte, möchte ich im abschließenden Abschnitt noch einmal darauf eingehen. Für mich ist es immer eine riesige Gewöhnungssache mit den Stimmen, aber sowohl bei der Sprecherin als auch bei dem Sprecher hat sich zum Glück schnell ein Gewöhnungseffekt eingestellt. Vielleicht ist es nicht immer gelungen, die Stimmen von anderen entscheidend abzusetzen, aber für sich individuell haben sie einen guten Job gemacht.

Fazit: Jennifer Benkau kann sich durchaus auch weiterhin im NA-Genre ausprobieren (ein zweiter Band ist ja schon angekündigt), denn sie beweist, dass sie viel inhaltliche Tiefe anbieten will und das qualitativ auch bringen kann. Vielleicht ist es zu viel des Guten an manchen Stellen, weil die thematischen Brocken tatsächlich groß sind und so nur wenige freudige Momente möglich sind, aber da das Genre oft eher den gegenteiligen Eindruck hinterlässt, zu viel Oberflächlichkeit, ist der Weg genau richtig.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Nahezu qualitative Kopie des Vorgängers

Wenn in mir die Glut entflammt
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Abby Jimenez habe ich mit „Wenn aus Funken Flammen werden“ kennengelernt und musste wirklich den Hut ziehen, wie dort auf einfühlsame Art und Weise das Thema Unfruchtbarkeit der Frau aufgegriffen worden ...

Abby Jimenez habe ich mit „Wenn aus Funken Flammen werden“ kennengelernt und musste wirklich den Hut ziehen, wie dort auf einfühlsame Art und Weise das Thema Unfruchtbarkeit der Frau aufgegriffen worden ist, denn normalerweise findet man eine solche Tragweite in Liebesgeschichten eher selten. Dennoch war ich nicht unbedingt heiß darauf, den zweiten und schon wieder letzten Band der Reihe, „Wenn in mir die Glut entflammt“, sofort nach Erscheinen zu lesen, warum auch immer. Dennoch habe ich ihn jetzt im Dunstkreis der Veröffentlichung gelesen und ich musste doch sehr schmunzeln, dass meine Rezension zum ersten Band auch wunderbar auf den zweiten Band passen würde.

Hauptfigur Sloan haben wir bereits im ersten Band schon kennengelernt und sie hätte das Schicksal nicht härter treffen können, denn sie hat ihren Verlobten durch einen tragischen Unfall verloren. Nachdem klar war, dass sich der zweite Band um sie drehen würde, war mir natürlich direkt bewusst, dass wir es wieder mit einem ernsten Thema zu tun haben würden. Dafür hätte ich wiederum nicht damit gerechnet, wie sehr ich den Einstieg in das Buch genießen würde, denn Sloan ist nicht mehr in der depressiven Phase ihres Trauerprozesses und kann in Ansätzen nach vorne schauen, weswegen ihr ganzer schriftlicher Austausch mit Jason wirklich extrem lustig und ansprechend gestaltet worden ist. Mit dem Element des Hundes ist auch ein Faktor reingenommen worden, der wirklich geholfen hat, weil der Umgang von ihnen jeweils mit ihm und durch ihn einfach nur ans Herz gehen kann. Durch den zunächst nur rein schriftlichen Kontakt, der oft sehr frech und dann irgendwann die Anrufe, ist eine unweigerliche Spannung entstanden. Wie würde es für die beiden wohl sein, wenn sie sich das erste Mal zu Gesicht bekommen?

Dieser Spannungsbogen ist sehr geschickt aufgebaut worden und hat dann auch nicht enttäuscht, denn Jason ist einfach ein toller Kerl und wie er sich um Sloan bemüht, ist herzerwärmend und könnte man sich ewig durchlesen. Bei all dem darf man aber nicht vergessen, dass sie trotz all der Anziehung auch oft Rückschritte erleben, denn Sloan kann sich nicht überstürzt in eine neue Beziehung stürzen; jeder Schritt dorthin ist hart erkämpft. Dieser Prozess wird authentisch und einnehmend transportiert. Bis hierhin war also wirklich alles wunderbar, Kurs Richtung fünf Sterne, aber dann hat sich ein wenig der Fehler des ersten Bandes eingeschlichen, dass es immer mehr Drama wurde mitsamt Hinauszögern von Unausweichlichem. Ich sehe es ohnehin immer sehr kritisch, wenn ein Teil des Paares entweder sehr reich oder ein Star ist. Nun ist Jason als Jaxon Musiker und man kann auch eigentlich nicht sagen, dass dieses Thema übertrieben ausgeschlachtet wird, aber es sorgt auch für dramaturgische Wendungen, die ich für die Geschichte nicht unbedingt gebraucht hätte.

Auf der einen Seite fand ich es schade, dass aus Jasons Job als Musiker nicht mehr herausgeholt wurde, denn gerade ein Blick in seine Texte oder mal wirklich zu erleben, wie er sich bei all dem fühlt, das wäre echt schön gewesen! Andererseits war mir die Welt mit Manager und aufdringlicher Nebenbuhlerin zu klischeehaft. Das Buch nimmt zum Ende hin einige Wendungen, bei denen die Klischees dann wieder ausgehebelt werden, das ist gut, aber es ist zu unausgewogen. Zumal sich durch einiges Hin und Her auch manchmal die Fehler bei den Protagonisten so in den Vordergrund drängt, dass ich nur hoffe, dass es bald vorbei ist, damit sich meine Sympathien nicht entgegen entwickeln. Wie im ersten Band gibt es aber auch hier ein sehr großes Happy End, aber es ist hier thematisch stimmiger und gleichzeitig auch noch eine wunderbare Ergänzung für das Paar aus dem ersten Band.

Fazit: „Wenn in mir die Glut entflammt“ bestätigt im Grunde haargenau die Eindrücke von „Wenn aus Funken Flammen werden“, was das Erstlingswerk von Abby Jimenez darstellte. Erneut scheut die Autorin sich nicht vor einem ernsten Thema und schafft eine Liebesgeschichte zum Mitfiebern. Manchmal ist es ein wenig zu viel, zu klischeehaft, aber der Schreibstil und der mitreißende Inhalt sprechen für sich.

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Veröffentlicht am 25.06.2021

Besonders beim persönlichen Schicksal stark

Deeply
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Bis zur „In Love“-Reihe hatte ich noch nichts von Ava Reed gelesen, obwohl sie mir natürlich ein Begriff war, denn ihre tiefgründigen Jugendbücher haben definitiv eine Fangemeinschaft um sich versammelt. ...

Bis zur „In Love“-Reihe hatte ich noch nichts von Ava Reed gelesen, obwohl sie mir natürlich ein Begriff war, denn ihre tiefgründigen Jugendbücher haben definitiv eine Fangemeinschaft um sich versammelt. Da war es für mich natürlich die ideale Gelegenheit, sie mit der Veröffentlichung von „Truly“ endlich selbst kennenzulernen. Zumal mir NA als Genre ohnehin noch ein Stückchen besser liegt. Doch der Band rund um Andy und Cooper hat mich wahrlich nicht umgehauen. Nun bin ich aber eher nicht der Typ, der zu früh das Handtuch wirft, weswegen ich auch „Madly“ gelesen habe und es war große, große Liebe. Dementsprechend war meine Begeisterung für die Veröffentlichung von „Deeply“ natürlich groß. Schade nur, dass das Buch eher in Richtung „Truly“ geht, aber zum Glück etwas besser.

Dylan als Mitbewohner aus der WG fehlte natürlich mit seinem Happy End noch und auch Zoey, die immer mal wieder Thema war, weswegen diese beiden ihr Happy End zusammenfinden durfte. Nur ist bei „Deeply“ ein wenig das Problem, dass die Liebesgeschichte mich nicht vom Hocker haut, während Dylan und Zoey jeder für sich mich definitiv überzeugen konnte. Ava Reed hat mir ihrer Reihe ohnehin schon Figuren geschafft, die sehr tiefgründige Hintergründe haben, das ist bei Dylan und Zoey sicherlich noch mal getoppt worden. Dass Zoey ein Vergewaltigungsopfer ist, wissen wir bereits seit dem ersten Band, das war also weniger eine Überraschung, aber überraschend war definitiv, wie gut Reed die Darstellung ihrer Geschichte hinbekommen hat. Denn Traumata schön und gut, aber man muss solche auch mit Fingerspitzengefühl anfassen, weil es sonst schnell despektierlich wirkt. Aber schon nach Reeds Vorwort, wo sie klar gemacht hat, dass es kein richtig oder falsch bei den Gefühlen eines Vergewaltigungsopfers gibt, wusste ich bereits, dass die Geschichte gut in ihren Händen aufgehoben ist. Das hat sich dann im weiteren Verlauf des Buchs nur bestätigt, denn Zoey ist bereits bis zu den Ereignissen des Bandes weit gekommen, dennoch hat sie immer noch Rückschläge und das wurde sehr einnehmend und nachvollziehbar dargestellt.

Das Geheimnis von Dylan wiederum kannten wir als Leser
innen noch nicht, es gab auch hier eine Überraschung, über die ich aber nicht ins Detail gehen will, weil ich nicht spoilern möchte, aber auch er hat eine ernste Geschichte, die mich definitiv sehr berührt hat. Ich fand es auch großartig, dass die angedeutete Beziehung zu seiner Großmutter auch wirklich intensiv behandelt wurde, denn man hatte bereits im Vorfeld gemerkt, wie wichtig er ist. Warum hat es für mich also zwischen Dylan und Zoey nicht so Zoom gemacht. Die beiden haben definitiv tolle Szenen zusammen, aber müsste ich ein Wort suchen, dann würde ich mich wahrscheinlich für ‚knuffig‘ entscheiden. Denn es wurde alles so fließend brav aufgebaut, ohne dass aber mal wirklich Funken gesprüht haben. Ich hatte eher das Gefühl, dass die Empfindungen füreinander auf einmal da waren, ohne dass es aber wirklich ersichtlich wurde, was sie genau aneinander angezogen hat. Deswegen war es stellenweise dann doch so, dass für mich das Geschehen etwas herumplätscherte und dass der richtige Zug für die Geschichte gefehlt hat. Aber das wurde dann immer gut aufgefangen, weil die Individualgeschichten so gut funktionierten. Zudem hat es mir auch gefallen, dass zwischen den beiden am Ende kein künstliches Drama noch erzeugt wurde, denn das hätte zu ihnen nicht gepasst. Für ihre Geschichte war wichtiger, dass sie um sich herum Versöhnung finden und sich wirklich in ihre Ich akzeptiert fühlen.

Fazit: Nun ist die „In Love“-Reihe von Ava Reed schon wieder beendet, aber ihre nächste Reihe ist bereits angekündigt und da werde ich auf jeden Fall dabei sein. Zwar hat es „Deeply“ für mich gefühlsmäßig nicht an die Qualität von „Madly“ herangeschafft, aber es war eine schöne Geschichte, die weniger mit der Liebe, sondern viel mehr mit persönlichem Schicksal überzeugt hat und noch einmal bewiesen hat, dass Ava Reed ein Händchen für tiefgründige Figuren hat.

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Veröffentlicht am 22.06.2021

Taucht tief ins Olympische Turnen ein

Goldmädchen
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Die Olympischen Spiele haben immer schon eine besondere Faszination auf mich ausgeübt, auch wenn mit zunehmendem Alter natürlich auch die Dopingthematik mehr in den Fokus rückte. Und dennoch dieses Fest ...

Die Olympischen Spiele haben immer schon eine besondere Faszination auf mich ausgeübt, auch wenn mit zunehmendem Alter natürlich auch die Dopingthematik mehr in den Fokus rückte. Und dennoch dieses Fest so vielfältiger Sportarten hat nie seinen Reiz auf mich verlieren können. Nachdem im letzten Jahr das große Fest wegen der Pandemie ausgefallen ist, dürste ich dieses Jahr tatsächlich wieder auf die Live-Übertragungen hin auch wenn mir natürlich bewusst ist, dass dieses Jahr auch nicht alles rosig ist und hoffe daher, dass angesichts der immer noch angespannten Gesundheitssituation ein verantwortungsvoller Umgang stattfindet. Nun erscheint pünktlich für Olympia das Jugendbuch „Goldmädchen“ von Jennifer Iacopelli, die sich speziell mit dem Turnen beschäftigt. Das fand ich auf Anhieb sehr spannend, denn der Turnsport hat in den letzten Jahren, aber auch in diesem Jahr durch die deutsche Auswahl für viel Furore gesorgt. Über Doping, Missbrauch und Frauenbilder gibt es wirklich viel anzubieten, weswegen ich mich wirklich vorfreudig auf „Goldmädchen“ eingelassen habe.

Relativ schnell ist klar, dass Iacopelli eine sehr einfache Sprache pflegt, was ich aber auch völlig in Ordnung finde, denn in dem Buch soll es mehr um Inhalt als um schöne Stilistik gehen. Dennoch hat der recht einfache Stil dafür gesorgt, dass die Erzählung es selten von der Ebene der Oberflächlichkeit weg geschafft hat. Das ist mir auch besonders in Bezug auf Audrey aufgefallen, durch deren Augen wir das gesamte Geschehen begleitet haben. Auch wenn ich mit ihr gelitten habe, so würde es mir im Nachhinein wirklich schwer fallen, sie in einigen Sätzen zu charakterisieren, denn vieles wird nur angedeutet, ohne es auch elaboriert zu bekommen. Insgesamt scheint nur dieser enge Zeitrahmen der Vorbereitung auf Olympia und die Spiele selbst entscheidend zu sein. Weitere einschneidende Erlebnisse ihres Lebens werden kaum ergründet. All das hat leider verhindert, dass eine intensivere Verbindung zu Audrey aber auch den anderen entstehen konnte.

Kommen wir aber nun zum Inhalt, denn das ist definitiv der Trumpf dieses Buchs. Auch wenn ich die Hand für die Authentizität nicht ins Feuer legen kann, so bekam ich schnell das Gefühl, dass Iacopelli sich wirklich intensiv mit dem Turnsport, dem Qualifizierungsprozess und weiteren Faktoren auseinandergesetzt hat, denn es wirkte alles ausgearbeitet und war dementsprechend gebannt mitzuverfolgen. Ein wichtiges Handlungselement ist natürlich die Missbrauchsthematik, die vor allem den US-Sport sehr belastet hat, deswegen fand ich es nur folgerichtig, das hier aufgegriffen zu sehen. Auch wenn es eben keine richtig emotionale Erzählweise ist, so ist doch eindrucksvoll rübergebracht worden, wie tief sich der Machtmissbrauch durch die Reihen gezogen hat und was das mit den Turnerinnen angerichtet hat. Dabei zeigt sich auch ein gewisses Fingerspitzengefühl, denn eine andere Auseinandersetzung wäre auch unlogisch gewesen, denn wir haben es mit jungen Frauen zu tun, die außer dem Turnsport sonst nichts anderes in ihrem Leben kennen und Olympia alles unterordnen. Deswegen holen sie sich eben aus dem Loch heraus, indem sie das tun, was sie am besten können: Turnen.

Was für mich definitiv auch ein Highlight war, das war die Darstellung der ganzen Wettbewerbssituationen. Zwar hat sich das Buch jetzt nicht gerade bemüht, alle Übungen für Laien darzustellen, aber das war schon in Ordnung, denn beim ersten Erwähnen waren die Beschreibungen doch recht ausführlich und bei jedem Wiederholen wurden sie knapper, aber dennoch entstand ein Bild vor Augen. Neben diesen Bildern ist auch eine elektrisierende Spannung entstanden, wie Audrey für alle mitfiebert, wie sie rechnet, wie sie kalkuliert. Ja, es bleibt weiterhin alles recht oberflächlich, aber ich war vollends drin und konnte auf den letzten 100 Seiten nicht mehr mit dem Lesen aufhören. Das war wirklich ein Erlebnis, das mir erst recht wieder Lust auf Olympia gemacht hat!

Fazit: „Goldmädchen“ hat mich vor allem mit dem Inhalt rund um den Turnsport und die Olympischen Spiele überzeugen können, denn es wirkte alles sehr authentisch und dadurch ungeheuer spannend. Dennoch kann man der Geschichte vorwerfen, eine gewisse Oberflächlichkeit nie abgeschüttelt zu haben.

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Veröffentlicht am 12.06.2021

Überraschend runder Abschluss

Lodernde Schwingen
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Mit „Lodernde Schwingen“ ist nun tatsächlich die Grisha-Trilogie rund um Alina, Mal und den Dunklen schon wieder abgeschlossen. Während sich andere Reihen teilweise sehr ziehen, ging die gemeinsame Zeit ...

Mit „Lodernde Schwingen“ ist nun tatsächlich die Grisha-Trilogie rund um Alina, Mal und den Dunklen schon wieder abgeschlossen. Während sich andere Reihen teilweise sehr ziehen, ging die gemeinsame Zeit mit dem Grishaverse fast schon zu schnell vorbei, wobei mich der zweite Band „Eisige Wellen“ eher enttäuscht hat, dennoch waren es immer flott zu lesende Bücher, die die Leserinnen an die Seiten gebunden haben. Und es gibt ja auch noch genug Spin-Offs und Ähnliches, um wieder in diese Welt einzutauschen, die Leigh Bardugo geschaffen hat sowie die Adaption bei Netflix, die der Fantasie sogar noch mehr Auftrieb gibt. Hier also meine Meinung zum Abschluss der Trilogie.

Man merkt „Lodernde Schwingen“ immer noch gewisse Schwächen aus dem Vorgänger an, aber deutlich reduzierter, was für das Finale auch bitter nötig ist, denn schließlich sollte hier noch einmal ein Feuerwerk gezündet werden, das für pure Unterhaltung steht. So bietet der Abschluss auch definitiv mehr erzählerische Höhepunkte. Zudem ist es diesmal besser gelungen, dass nicht jedes Hoch automatisch mit dem Dunklen verbunden ist. Dadurch wirkt das Geschehen deutlich flexibler, da so die Gefahren auch hinter jeder Ecke lauern können. Das hat definitiv für den gewissen Kick im Spannungsfaktor gesorgt, da sich die Geschichte kaum Pausen genommen hat. Bei der zweiten Schwäche des Vorbandes ist ebenfalls eine Abnahme in der Intensität zu beobachten. Das Zwischenmenschliche spielt natürlich immer noch einen wichtigen Faktor in der Handlung, aber es steht nicht immer alles unter dem Motto von unvernünftiger Eifersucht. Gerade Mal macht in diesem finalen Buch einen riesigen charakterlichen Sprung. Während er und Alina zusammen mich im zweiten Band oft in den Wahnsinn getrieben haben, so wirkt gerade er diesmal sehr reif. Seine Ansprachen an Alina zwischendurch zeugten auch von Weitsicht und Reflexionsbewusstsein. Das hat man bei ihm ein bisschen vermisst und so konnte Alina, die eben mit der Machtgier ihrer Kräfte kämpfen muss, besser ausgeglichen werden.

Auch bei den anderen Nebenfiguren merkt man inzwischen, dass ein intensives Band geknüpft werden konnte. Weniger und weniger sind sie geworden, was aber jedem einzelnen aber ein bisschen mehr als charakterlicher Beleuchtung schafft, sei es Genya, sei es David, sei es Zoya, sei es Nadja, seien es die Zwillinge Tamar und Tolya. Ganz wichtig ist an dieser Stelle auch, dass auch sie untereinander sich nur noch foppen, dass es keine wirklichen Streitereien mehr gibt, sondern dass alle an einem Strang ziehen. Dieses dadurch entstehende Miteinander ist definitiv nicht zu unterschätzen, weil es den Leser
innen gleich ein anderes Gefühl gibt.

Spätestens mit dem zweiten Band habe ich mir natürlich meine Gedanken gemacht, wie „Lodernde Schwingen“ wohl ausgehen könnte. Da ich Trilogien nun wahrlich nicht selten lese, kenne ich das Phänomen, das große Erwartungen geschürt werden, die am Ende leider nicht bestätigt werden können. Bei „Lodernde Schwingen“ war es nun eher anders, denn es gab für mich keine ideale Endsituation. Insgesamt hat die Welt so viele Möglichkeiten aufgebaut, dass ich mich wohl gar nicht auf eine eigene Idee versteifen wollte. Aber egal, was vorher möglicherweise doch war, die finale Lösung, die sich Bardugo überlegt, lässt bei mir keine Wünsche offen, was mir wirklich selten passiert. Auch wenn es vielleicht etwas absurd klingen mag, so ist für mich vor allem zufriedenstellend gewesen, dass es kein reines Happy End war. Das hätte der Düsternis der Geschichte nicht entsprochen. So musste ich oft an „Die Tribute von Panem“-Trilogie denken, die atmosphärisch ähnlich und doch anders war, die aber auch am Ende den schwierigen Weg gewählt hat, der aber in sich konsequent war. Das gilt nun auch für die Grisha-Trilogie, denn eine bessere Zukunft ist in Sicht, aber doch eine, die viele Zugeständnisse machen muss. Vor allem hat mich schwer beeindruckt, wie viele lose Fäden und logische Bezüge noch zusammengebracht wurden, so dass ein wirklich rundes Bild entstehen konnte. In der Mitte des Buches habe ich mir das gar nicht vorstellen können, umso begeisterter bin ich am Ende natürlich. Da ist auch wirklich gut zu verkraften, dass sich Bardugo im zweiten Band definitiv eine Auszeit genommen hat.

Fazit: „Die lodernden Schwingen“ bestätigt zwar einige kleinere Schwächen aus dem vorherigen Band noch, aber das ist doch schnell vergessen, wenn ich bedenke, wie spannend der Abschluss noch war und was für ein toller Kreis am Ende geschlossen wurde. Kein Wunder, dass alle Leser*innen in diese Welt nur immer und immer wieder zurückkehren wollen.

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