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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.08.2021

Sehr interessantes Thema

Die Alster-Schule - Zeit des Wandels
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Inhalt: Hamburg 1930. Die engagierte junge Lehrerin Felicitas Marquardt, die von der Reformpädagigik absolut überzeugt ist, tritt eine Stelle an der Alster Schule in Hamburg an. Hier wird ohne Rohrstock ...

Inhalt: Hamburg 1930. Die engagierte junge Lehrerin Felicitas Marquardt, die von der Reformpädagigik absolut überzeugt ist, tritt eine Stelle an der Alster Schule in Hamburg an. Hier wird ohne Rohrstock unterrichtet. Die Schüler*innen sollen Freude am Lernen und selbstständigen Denken entwickeln.
Felicitas hat einen starken Freiheitswillen, möchte ein selbstbestimmtes Leben führen und berufstätig sein. Ihr guter Freund und Kollege Emil hat strengere bürgerliche Vorstellungen vom Leben und obwohl beide heimlich ineinander verliebt sind, passen ihre Lebenseinstellungen in keinster Weise zusammen. Als die Nationalsozialisten die Macht ergreifen, gerät Felicitas in einen Konflikt zwischen ihren Idealen und den strengen neuen Umstrukturierungen der Schule und des Lehrstoffs.

Meine Meinung: „Die Alster Schule - Zeit des Wandels“ ist der erste Band des Zweiteilers mit der Lehrerin Felicitas Marquardt. Die Geschichte wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt und umfasst die Jahre 1930 - 38. Die Protagonistin Felicitas verhält sich äußerst unkonventionell, ist eigensinnig, lebenshungrig, aber auch mutig. Ihre Freundin Anneliese, mit der sie sich für einige Zeit eine Wohnung teilt, ist eher das Gegenteil von ihr. Sie ist ziemlich naiv und ihr Lebensziel ist es, Ehefrau und Mutter zu sein. Emil, der Turnlehrer, war mir von Anfang an sehr unsympathisch. Wahrscheinlich kann er schon aufgrund seiner strengen und lieblosen Erziehung keine Gefühle zeigen und ist leider auch sehr empfänglich für die Propaganda der Nazis.
Obwohl der Schreibstil sich flüssig lesen lässt, fand ich ihn etwas emotionslos. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mich auch mit den Charakteren nicht so richtig anfreunden und mitfiebern konnte. Trotzdem finde ich die Geschichte wirklich sehr interessant! Es wird erschreckend deutlich, wie sehr sich das Leben nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland verändert hat. Ich fand es überraschend zu lesen, wie viele radikale Änderungen es auch in den Schulen gab, die die Lehrer, den Lehrstoff und das Verhalten von Lehrern und Schülern betrafen. Vieles ist in unseren Augen heute lächerlich, doch wer sich damals an diese Vorgaben nicht hielt, wurde sofort entlassen. Z.B. musste im Geometrie Unterricht in jeden Kreis oder Quadrat ein Hakenkreuz gemalt werden oder man durfte nicht behaupten, dass Jesus Jude war und die drei Weisen aus dem Morgenland stammten… .

Fazit: Auch wenn mich das Buch nicht komplett überzeugen konnte, so fand ich diese fiktive Geschichte mit dem gut recherchierten geschichtlichen Hintergrund doch sehr interessant, wichtig und lesenswert. Ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte.

Veröffentlicht am 06.08.2021

Unterhaltsamer Nordsee-Krimi

Nordwestzorn
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„Nordwestzorn“ von Svea Jensen ist der 2. Fall für die Soko St. Peter-Ording, aber auch ohne Vorwissen zu lesen.

Inhalt: Vor mehr als 15 Jahren verschwand der 9-jährige Florian aus einem Sommercamp bei ...

„Nordwestzorn“ von Svea Jensen ist der 2. Fall für die Soko St. Peter-Ording, aber auch ohne Vorwissen zu lesen.

Inhalt: Vor mehr als 15 Jahren verschwand der 9-jährige Florian aus einem Sommercamp bei St. Peter-Ording. Trotz einer groß angelegten Suche wurde das Kind nie gefunden. Es gab drei Tatverdächtige, von denen allerdings nur einer angeklagt wurde, den Jungen missbraucht und getötet zu haben. Doch nach einem öffentlichkeitswirksamen Indizienprozess wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Nun greift Anna Wagner mit ihrem Team den Fall wieder auf.

Meine Meinung: Anna Wagner übernimmt nun wie von ihr erhofft, in St. Peter-Ording die Leitung der neu eingerichteten Vermisstenstelle. So kommt es für den Leser zu einer erneuten Begegnung mit den schon bekannten sympathischen Charakteren aus Teil eins. Die Einblicke in das Privatleben der Protagonisten Anna und ihrem Kollegen Hendrik gefielen mir auch in diesem Buch wieder gut. Beide entwickeln sich interessant und authentisch weiter und ich hätte sogar gern noch mehr private Einblicke bekommen.
Die Ermittlungen der Polizei konzentrieren sich hauptsächlich auf die ehemaligen Tatverdächtigen und die damals für den Fall zuständigen Polizisten. Sympathisch war mir von ihnen keiner.
Häufige Perspektivwechsel und verschiedene Blickwinkel machen die Handlung interessanter, genauso wie die Rückblicke in die Vergangenheit. Die anschaulichen Beschreibungen von St. Peter-Ording und der näheren Umgebung (diesmal im Schnee) haben mir wieder super gut gefallen und eine tolle Nordsee-Atmosphäre geschaffen.
Ich fand die Handlung zwar nicht atemberaubend spannend, wollte aber unbedingt wissen, was damals wirklich geschehen war, so dass ich das Buch innerhalb kürzester Zeit gelesen habe. Bis zur schockierenden Auflösung tappte ich völlig im Dunkeln.

Fazit: Mir hat dieser 2. Teil besser gefallen als der Vorgänger. Ein unterhaltsamer und solider Nordsee Krimi mit einem tollen Handlungsort und sympathischen Ermittlern.

Veröffentlicht am 27.07.2021

Spannend, aber noch ausbaufähig

Die Verlorenen
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Meine Meinung: „Die Verlorenen“ ist der Auftakt einer neuen Thriller-Reihe von Simon Beckett. Der Schreibstil ist wie gewohnt flüssig und mitreißend zu lesen und schon der Anfang ist richtig spannend. ...

Meine Meinung: „Die Verlorenen“ ist der Auftakt einer neuen Thriller-Reihe von Simon Beckett. Der Schreibstil ist wie gewohnt flüssig und mitreißend zu lesen und schon der Anfang ist richtig spannend.
Zwar flacht die Spannung dann wieder etwas ab, aber es bleibt eine konstant düstere und fesselnde Grundstimmung. In Rückblicken erfährt der Leser, was vor zehn Jahren passierte, als Theo, Jonah’s vierjähriger Sohn, verschwand. Gibt es wirklich eine Verbindung der beiden Fälle, so wie Jonah glaubt?
Leider konnte mich Jonah als Protagonist in diesem 1.Teil noch nicht ganz von sich überzeugen. Schon wieder ein Ermittler mit einer tragischen Vergangenheit. Seine Alleingänge fand ich oft sehr unrealistisch, vor allem da er eine schwere Knieverletzung hat. Unglaublich, was er alles aushält! Dass er Mitglied einer bewaffneten Spezialeinheit, einem Eliteteam der Metropolitan Police ist, ist in dieser Geschichte eher nebensächlich und leider gab es auch überhaupt keine Interaktion mit seinen beiden Kollegen, die am Anfang des Buches kurz vorgestellt werden. Die für den Fall zuständigen Polizisten Fletcher und Bennet werden sehr unsympathisch beschrieben.
Leider fand ich auch die Auflösung etwas zu konstruiert.

Fazit: Ein spannender, aber noch ausbaufähiger Auftakt einer neuen Reihe, den ich trotz einige Kritikpunkte gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 01.07.2021

Gelungener Auftakt

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Inhalt: 1893: In Wien wird ein junges Dienstmädchen ermordet aufgefunden - mit durchgeschnittener Kehle und brutal gepfählt. Leopold von Herzfeldt, dessen Dienst als neuer Polizeiagent bei der Polizeidirektion ...

Inhalt: 1893: In Wien wird ein junges Dienstmädchen ermordet aufgefunden - mit durchgeschnittener Kehle und brutal gepfählt. Leopold von Herzfeldt, dessen Dienst als neuer Polizeiagent bei der Polizeidirektion in Wien offiziell erst einen Tag später beginnt, kann es nicht lassen, sofort zum Tatort zu eilen. Dort macht er sich mit seiner Überheblichkeit und seinen modernen Ermittlungsmethoden sofort bei den neuen Kollegen unbeliebt.
Bald werden weitere Dienstmädchen auf dieselbe Weise ermordet und Leo sucht fachliche Unterstützung bei Augustin Rothmayer, der Totengräber auf dem berühmten Wiener Zentralfriedhof ist. Bald führen die Spuren der Mordfälle in die höchsten und angesehensten Kreise Wiens…

Meine Meinung: „Das Buch des Totengräbers“ ist der Auftakt einer neuen historischen Krimi-Reihe von Oliver Pötzsch, dessen Henkerstochter- und Faustus-Reihen ich mit Begeisterung gelesen habe.
Wieder ist es dem Autor gelungen, ganz besondere Charaktere zu erschaffen. Einer von ihnen ist der Totengräber Augustin Rothmayer. Er ist ein knurriger Kauz, gekleidet in einen langen schwarzen Mantel, den stets der Duft des Friedhofs und des Todes umweht. Doch kaum jemand weiß, dass Rothmayer hochgebildet ist, sich für klassische Musik interessiert und trotz seiner schroffen Art ein weiches Herz hat. Der Totengräber ist mein absoluter Lieblingscharakter in diesem Buch und ich hätte gerne noch sehr viel mehr von ihm gelesen. Die Passagen mit ihm sind oft herrlich makaber und skurril (ich liebe ja sowas!). Er schreibt gerade ein ziemlich ungewöhnliches Buch: „Der erste Almanach für Totengräber“. Darin beschreibt er ebenso interessante wie eklige und makabre Details zum Thema Tod, die er in seiner langen Zeit als Totengräber beobachten konnte. Kurze Auszüge daraus finden sich zu Beginn vieler Kapitel.
Der junge Leopold von Herzfeldt ist neuer Polizeiagent in Wien. In seiner Heimatstadt hat er sich in Schwierigkeiten gebracht und musste Graz deswegen vorerst verlassen. Wegen seiner eleganten Kleidung, seinen modernen und oft eigenmächtigen Ermittlungsmethoden, sowie seiner hochdeutschen Aussprache - die in Wien überhaupt nicht gern gehört wird - wird er überall schnell als Piefke bezeichnet und ist bei seinen Kollegen nicht sehr beliebt. Zudem hat er jüdische Wurzeln, was besonders seinen direkten Vorgesetzten sehr stört. Der Antisemitismus dieser Zeit wird im Buch sehr deutlich.
Dann ist da noch die junge Telefonistin Julia, die Leo eifrig und mutig bei seinen Ermittlungen unterstützt. Und auch Professor Hofmann, der Leiter der Gerichtsmedizin, hat mir gut gefallen.
Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist wie gewohnt authentisch, detailliert und bildlich. Ich konnte mir Wien und den Zentralfriedhof im Jahr 1893 gut vorstellen und sah auch die Charaktere vor meinem inneren Auge. Gut gefallen hat mir die fast durchgehend düstere Atmosphäre. Die Morde sind zwar grausam, werden aber nicht reißerisch beschrieben. Interessant fand ich auch die neuen Ermittlungsmethoden mit denen Leo arbeitet, vor allem die Tatortfotografie.
Es geht um alten Aberglauben. Den Glauben an Vampire, Untote und Wiedergänger, aber auch um den Missbrauch von Kindern und jungen Frauen.
Leider fehlte mir insgesamt etwas Spannung.

Fazit: Ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe, von der ich aber in den nächsten Bänden etwas mehr Spannung und vor allem mehr Zusammenarbeit mit dem Totengräber erwarte. Ich freue mich schon darauf.

Veröffentlicht am 22.06.2021

Ruhige und eindringliche Geschichte

Das Haus des Leuchtturmwärters
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Inhalt: 1992, Lützow / Mecklenburg Vorpommern. Nach der Wende kehrt die Thriller Autorin Franzi zurück an die Ostsee, in das kleine Haus am Leuchturm, in dem sie als Kind einige Jahre gelebt hatte, ...



Inhalt: 1992, Lützow / Mecklenburg Vorpommern. Nach der Wende kehrt die Thriller Autorin Franzi zurück an die Ostsee, in das kleine Haus am Leuchturm, in dem sie als Kind einige Jahre gelebt hatte, als ihr Vater dort Leuchtturmwärter war. Hier hofft sie Ruhe und Inspiration für ihr neues Buch zu finden. Doch nachdem sie in ihrem ehemaligen Kinderzimmer unter einem losen Dielenbrett ein altes Tagebuch findet, beginnt sie zu lesen. Die Einträge von der jungen Else, die vor ihr hier gelebt hat, lassen Franzi nicht mehr los…

Meine Meinung: Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen und wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt.
1992, nur wenige Jahre nach der Wende, liest Franzi in Elses altem Tagebuch von deren Fluchtgedanken und Plänen. Sie ist fasziniert von Elses Geschichte und begibt sich auf Spurensuche. Während sie in der Vergangenheit forscht, findet sie auch Unterlagen, die ihren eigenen Vater betreffen und sie sehr verunsichern.
Im Jahr 1962, ein Jahr nach dem Bau der Mauer, ist Else 21 Jahre alt. Ihre eigentlich sehr lebenslustige Mutter hat sich vor neun Jahren das Leben genommen und seitdem hat sich auch ihr Vater sehr verändert. Zudem sieht sie das strenge Regime der DDR immer kritischer und fühlt sich immer unwohler. Zusammen mit ihrer besten Freundin Lulu und deren Freund Otto plant Else schließlich die Flucht über die Ostsee.
Kathleen Freitag beschreibt eindringlich die bedrückende Atmosphäre der damaligen Zeit in der DDR. Eine Zeit der Angst, der Überwachung, des Verrats und des gegenseitigen Misstrauens. Wie groß muss der Wunsch nach Freiheit sein, um die größten Strapazen in Kauf zu nehmen und das eigene Leben zu riskieren?
Der Roman beginnt eher ruhig, nimmt aber im Lauf der Geschichte an Dynamik und Spannung konstant zu. Ich habe sehr mit Else, Lulu und Otto mitgefiebert. Auch auf das Schicksal von Elses Mutter war ich sehr neugierig.

Fazit: Ein ruhig und einfühlsam erzählter Roman, der mich im Urlaub gut unterhalten hat.