Profilbild von ConnieRuoff

ConnieRuoff

Lesejury Profi
offline

ConnieRuoff ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit ConnieRuoff über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.06.2023

Es waren zwei Königskinder ...

Ryanas Weg
0

„Die Sterne haben meinem Vater zu meiner Geburt gesagt, dass ich mit einem Reiterfürsten ein mächtiges Geschlecht begründen würde.“

„Ryanas Weg“ von Aileen o’Grian, spielt in einer Welt, in der Frauen ...

„Die Sterne haben meinem Vater zu meiner Geburt gesagt, dass ich mit einem Reiterfürsten ein mächtiges Geschlecht begründen würde.“

„Ryanas Weg“ von Aileen o’Grian, spielt in einer Welt, in der Frauen geduldet sind, wenn sie ihre vorgesehene Rolle einnehmen. Bei der Geburt der Zwillinge, muss König Magrow davon überzeugt werden, seine Tochter leben zu lassen.

Trotz der Seherin lehnt der König seine Tochter ab. Sie ist ihm zu eigenständig und zu aufsässig. Ryana muss immer mehr auf ihre Freiheit verzichten und den Platz einer gehorsamen Tochter einnehmen, damit sie sich gut in die zukünftige Rolle der untertänigen Ehefrau einfügt.

Nachdem ihre Mutter stirbt, sind nur noch ihr Bruder Sigrun und ihre Tante Mahila auf ihrer Seite.

Aber, es wäre keine Geschichte, die Aileen o’Grian erzählt, wenn sich das Blatt nicht wenden würde.

Ryana und ihr Zwillingsbruder Sigrun haben eine enge Bindung. Ryana hat die Gabe, Visionen zu haben. Visionen, die sich erfüllen. Es ist keine einfache Gabe. Wenn Ryana nicht die Königstochter wäre, hätte sie die Seherin Sappha zu ihrer Nachfolgerin gemacht, aber für eine Königstochter war das nicht möglich.

Worum geht es in „Ryanas Weg“
Es geht um eine junge Frau, die in Zwängen von Gesellschaft und Bestimmung lebt. Es ist nicht wichtig, welche Ziele, sie selbst möchte. Sie verschwendet keinen Gedanken daran. Sie fühlt sich ihrem Volk verpflichtet, der Vorsehung zu folgen.

Aileen o’Grian entwickelt diese Geschichte, die einmal als Kurzgeschichte gedacht war, als den Weg einer jungen Königin. Diesen Weg würde ich gerne weiter begleiten und hoffe sehr, dass die Autorin uns noch weitere Abschnitte des Weges, den Ryana geht, erzählen wird.

Wird sie ihre Liebe, den jungen Haarun, wiedersehen? Ist Lunow tatsächlich, der ihr vorhergesagte Reiterfürst?

Wird sich erfüllen, dass Ryana und Haarun nach 18 Jahren zusammenkommen, wie es die Seherin voraussagte?

Fazit/Kritik „Ryanas Weg“ Aileen o’Grian
Ich habe mich sehr gefreut, das neue Buch von Aileen o’Grian lesen und rezensieren zu dürfen. Vielen Dank, liebe Aileen, für das Rezensionsexemplar.

Ich war sehr gespannt, weil es nicht zur Rowan-Reihe gehört und auch keine Despotie ist. Nein! Es ist ein Märchen oder eine phantastische Geschichte, die auf magische Wesen verzichtet. Es sind Seher dabei und Aileen hat mir im nachfolgenden kleinen Interview verraten, dass vielleicht ein wenig mehr Magie kommen wird.

Die Handlung gefällt mir sehr gut. Es gab sicherlich Zeiten, in denen die erzählte Handlung „normal“ war. Und dass Frauen in Klischees gepresst werden, ist ja nicht nur heute so.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.03.2023

Das Leben geht einfach weiter ...

Rote Kreuze
0

Das Leben geht einfach weiter … – „Rote Kreuze
Das Buch „Rote Kreuze“ von Sascha Filipenko beginnt mit der Begegnung zweier Fremden, die zu Freunden werden. Beide haben mehr Leid erfahren, als für ein ...

Das Leben geht einfach weiter … – „Rote Kreuze
Das Buch „Rote Kreuze“ von Sascha Filipenko beginnt mit der Begegnung zweier Fremden, die zu Freunden werden. Beide haben mehr Leid erfahren, als für ein einzelnes Leben zu verkraften sein kann, und dennoch stehen beide hier, und beginnen sich zu öffnen und sich füreinander zu interessieren. Das macht die Tragik ihrer Leben nicht ungeschehen, aber es hilft beiden, sie zu ertragen.

„Das war’s, denke ich, Vorhang. Ein Leben ist zu Ende – und ein anderes Leben beginnt. Eine transzendente Null. Mit meinen dreißig Jahren bin ich nun ein Mensch mit entzweigerissenem Schicksal. Ich darf es noch einmal versuchen. Was ist dagegen schon einzuwenden. Selbstmord ist nicht mein Ding; außerdem habe ich jetzt eine Tochter.“

Alexander rubbelt das rote Kreuz an der Tür seiner neuen Wohnung ab. Die Nachbarin Tatjana Alexejewa gesteht ihm, dass sie das Kreuz gemalt hat, weil bei ihr Alzheimer diagnostiziert wurde, und sie damit nach Hause findet. Sie möchte ihm ihre Geschichte erzählen:

„Eigentlich keine Geschichte, sondern eine Biographie der Angst. Ich möchte Ihnen erzählen, wie das Grauen einen Menschen unvermittelt packt und sein ganzes Leben verändert.“

Es ist das erste Buch, das ich von Sasha Filipenko lese und es hat mich mit voller Wucht getroffen.

Ich nahm sprachlos an den Gesprächen teil. Diese Sprachlosigkeit lag nicht an der Unmöglichkeit ins Geschehen einzugreifen. Nein, es hat mich überwältigt. Ich hörte, wurde manchmal zornig, manchmal traurig und mehr als einmal weinte ich.

Sasha Filipenko schildert, wie es den Menschen in der UDSSR in der Zeit unter Josef Stalin ging. Tatjana Alexejewa hat sie durch- und überlebt.

Nun hat man den Beginn einer Alzheimer Krankheit festgestellt. Und sie glaubt zu wissen, warum sie daran erkrank ist:

„Weil Gott Angst hat vor mir. Zu viele unbequeme Fragen kommen da auf ihn zu.“

Sie hat nur noch einen Wunsch: sie möchte ihr ganzes Leben weitererzählen. Es muss Gehör finden

Alexander, kurz Sascha, ist gefangen in seinem eigenen, unglaublichen Schicksal. Hat es sich zum Guten gewendet? Es fällt ihm am Anfang schwer, sich der neugierigen übergriffigen Nachbarin zu öffnen.

Sasha Filipenko gelingt es, die Tragödien dieser zwei Menschenleben so zu erzählen, dass die Leser:innen langsam, immer nur so viel erfahrend, dass es gerade noch erträglich zu fühlen ist, auszubreiten.

Das Hörbuch „Rote Kreuze“
Das im Diogenes Verlag erschienene Hörbuch „Rote Kreuze“ ist 4 Stunden und 59 Minuten lang. Es wird von Robert Stadlober gesprochen.

Robert Stadlober gelingt es, sowohl den immer wieder aufblitzenden Sarkasmus des Widerstands von Tatjana Alexejewa in Szene zu setzen, aber genau so zieht er die Hörer:innen mit leisen einfühlsamen Tönen in seinen Bann. Obwohl es schmerzt, will man weiterhören.

Zum Autor Sasha Filipenko
Pressebildsashafilipenkocfoto-lukas-lienhard-diogenes-verlag
"Rote Kreuze"
Sasha Filipenko wurde 1984 in Minsk geboren. Er ist ein belarussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Die Romane werden von Ruth Altenhofer übersetzt.

Systemkritik ist die Botschaft seiner Bücher. Sicherlich ist das auch der Grund, warum er in seiner Heimat Belarus unerwünscht ist. Bis 2020 lebte er in Petersburg, dann verließ er mit seiner Familie Rußland und lebt jetzt in der Schweiz.



Fazit/Kritik „Rote Kreuze“
Beim Lesen bzw. Hören des Buchs wurde mir wieder einmal bewusst, dass der Mensch das größte und gefährlichste Raubtier ist, dass es gibt. Mit Ironie untermauert Sasha Filipenko die Gespräche seiner Protagonisten. Er schreibt in einer Sprache, die gesprochen wird.

Das Buch ist mehr als aktuell. Putin verherrlicht Stalin, obwohl oder vielleicht gerade, weil ihm die Geschichte Russlands, und das Wirken Stalins genau bekannt ist.

1932/33 verfolgte Josef Stalin das Ziel, den Freiheitswillen der Ukraine zu brechen und die sowjetische Herrschaft zu festigen. Um zur Industriemacht zu werden, brauchte die Sowjetunion dafür Technologie aus dem Westen, und das einzige Zahlungsmittel, das zur Genüge verfügbar war, war Getreide. Mehr als ein Viertel davon produzierte die Ukraine. Dieses Getreide wurde der Ukraine weggenommen und dadurch wurde eine Hungersnot erzeug, der schätzungsweise drei bis sieben Millionen Menschen zum Opfer. Das ging unter dem Begriff Holodomor in die Geschichte ein.

Sasha Filipenko erzählt immer wieder in seinen Büchern vom 20. Jahrhundert in der Sowjetunion.

Es ist wichtig, sich mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen, um das aktuelle politische Geschehen wirklich verstehen und einordnen zu können.

Heute beginne ich mit seinem neuen Buch „Der Kremulator“.

„Rote Kreuze“ Sasha Filipenko
Pressebildrote-kreuzeDiogenes-Verlag
Hardcover Leinen
288 Seiten
erschienen am 26. Februar 2020

978-3-257-07124-5

Veröffentlicht am 02.07.2021

Ein nützlicher Ratgeber für jeden Schreibenden

Ich habe ein Buch geschrieben – Was nun?
0

Zusammenfassung/Inhalt „Ich habe ein Buch geschrieben, was nun?
Ruprecht Frieling hat mit „Ich habe ein Buch geschrieben was nun?“ einen Ratgeber für Autoren geschrieben, der nicht beim Schreibprozess ...

Zusammenfassung/Inhalt „Ich habe ein Buch geschrieben, was nun?
Ruprecht Frieling hat mit „Ich habe ein Buch geschrieben was nun?“ einen Ratgeber für Autoren geschrieben, der nicht beim Schreibprozess hilft, sondern dabei, das Geschriebene zum Leser zu bringen.

Ein Buch zu schreiben und dem Leser darzubieten, beinhaltet, einen guten Plot zu finden, mit authentischen Charakteren, eine glaubhaften Handlung mit großer Spannung zu versehen und ein gutes Lektorat. Und als ob das nicht schon eine Heldenaufgabe wäre, kommt jetzt die Frage:

„Was nun?“

Ruprecht Frieling zeigt in seinem Buch in 28 Kapiteln, wie der Autor sein Werk, beim Buchhändler ins Regal und letztendlich zum Leser bringt, ohne formale Anforderungen zu übersehen oder zu verletzen. Berücksichtigt werden Themen wie Urheberrecht, Urheberschaft und:

Wie schütze ich meinen Buchtitel? Was muss ich bei der Wahl meines Buchtitels berücksichtigen, schließlich wird durch ihn, das Buch unverwechselbar? Sicherlich auch immer eine Frage, was gerade so in Mode ist. Wichtig ist:



„Ein Titel sollte den Inhalt des Buches klar und deutlich wiedergeben.“
Frieling, Ruprecht: Ich habe ein Buch geschrieben was nun?



Überhaupt wie gestalte ich das Outfit meines Buches? Angefangen vom Buchcover bis zum Klappentext, kommt der Autor auch zu einemThema, das immer wieder Fragen aufwirft, zumindest bei mir.

Wie schreibe ich ein Exposé?
Der Autor sucht mit dem Exposé einen Abnehmer für sein Werk. In wenigen Sätzen, soll das Exposé Thema und Inhalt des Manuskriptes oder fertigen Buches vorstellen. Oder in Ruprecht Frielings Worten:



„Sie sind der Lockstoff, der dem Empfänger signalisiert: Hier schlummert genau das Manuskript, das du schon so lange suchst!“


Aber das sind ja nicht die einzigen Fragen, die sich stellen, sobald man ein fertiges Manuskript in den Händen hält. Benötigt man ein Korrektorat, leistet man sich ein teures Lektorat? Wie hilfreich sind Literaturagenten? Ist es besser einen Verlag direkt anzusprechen? Und wie mache ich das?

Welche Vor- bzw. Nachteile bringt es, unter dem Klarnamen oder unter einem Pseudonym zu veröffentlichen?

Auch Sachverhalte wie, was ist eine ISBN, werden erläutert. Warum ein ebook keine Internationale Standard-Buch-Nummer (ISBN) benötigt, und warum manchmal doch, und weswegen es trotzdem empfehlenswert sein kann, eine zu beantragen.

Bin ich eigentlich steuerpflichtig? – „Ich habe ein Buch geschrieben, was nun?“
Wenn ich dann endlich mal zum Verkauf komme, muss ich dann den Erlös versteuern? Eigentlich schreibe ich doch nur zum Spaß! Ist es Liebhaberei? Wieviel muss ich verdienen, dass es keine Liebhaberei mehr ist.



"Ziel jedes Autors dürfte aber sein, Gewinne zu erzielen, um im besten Fall sogar von seiner Tätigkeit leben zu können. Insofern ist es empfehlenswert, von Anfang an auf eine korrekte Steuererklärung zu setzen."


Fazit/Kritik „Ich habe ein Buch geschrieben, was nun?“
Es gibt viele Möglichkeiten und Wege, Abnehmer für das Manuskript, was ja so etwas wie „das eigene Baby“ ist, zu suchen. Also nicht gleich bei Amazon veröffentlich, sondern überprüfen, ob es nicht eine Alternative gibt, die dir als Autor näher oder sympathischer ist. Dabei ist dieser Ratgeber sehr hilfreich. Der Autor Ruprecht Frieling weiß, wovon er spricht.

In diesem Ratgeber findet der interessierte Autor bis zum Umgang mit den Sozialen Medien, alles was er berücksichtigen muss, um das inzwischen auf die Veröffentlichung wartende „Baby“, mit der passenden Ausstattung und einem ansprechenden Outfit zu versehen.

Ich finde den Ratgeber sehr hilfreich. Ich glaube, dass für jeden Schreibenden, die Informationen wichtig sind. Ich kann den Ratgeber nur empfehlen.

Informationen zum Autor Ruprecht Frieling
Der Frieling Verlag war mir ein Begriff, seitdem ich 2005 bei der Ausschreibung „Krankheitsbewältigung durch Schreiben“ mitmachte. (Mein damaliger Beitrag „Die Kraft des Schreibens“) Wie man in dem unteren Ausschnitt aus Wikipedia sehen kann, betrieb Ruprecht Frieling zu diesem Zeitpunkt den Verlag nicht mehr.



Am 1. Februar 1983 gründete er die Werbe- und Verlagsgesellschaft Frieling & Partner GmbH, die er bis zum 16. Dezember 2002 betrieb. Er entwickelte das Unternehmen unter dem Slogan „Verlag sucht Autoren“ zu einem der bekanntesten deutschen Selbstkostenverlage und veröffentlichte mehr als zehntausend Texte neuer Autoren in Sammelwerken und Jahrbüchern. Dreitausend weitere Werke erschienen in Einzelbüchern. Der Journalist Henryk M. Broder bewertete sein Programm im Spiegel als „das schrägste, originellste und individuellste Verlagsprogramm weit und breit“.
Wikipedia



Ich lernte Ruprecht Frieling aber doch noch über die Sozialen Medien kennen. Er hat mir viele gute Hinweise bzgl meines Blogs oder auch zum Thema Rezension (Wie schreibt man eine Rezension?) gegeben. Er weiß, wovon er spricht, und teilt sein Wissen gerne mit Anderen. Es freut mich sehr, meine Rezensionen in dem 2006 von ihm gegründeten offenen Forum Literaturzeitschrift, veröffentlichen zu dürfen.

Viele Selfpublisher kennen ihn bestimmt als Mitbegründer und Stellvertretenden Präsidenten des Selfpublisher-Verbandes e.V.

2013 erhielt Prinz Rupi für die Produktion des Ring der Nibelungen mit Stefan Kaminski ON AIR auf DVD den Preis der deutschen Schallplattenkritik.

Auf der Seite der Autorenwelt stellt sich der Autor mit folgenden Worten vor:



Ruprecht Frieling aka »Prinz Rupi« ist Autor, Verleger und Produzent. Der Mann mit dem Hippie-Herzen liebt Bücher, Blues, Bach, Wagner, Dada, Surrealismus sowie alles, was schräg ist.


Wie man sicherlich erahnen kann, bin ich ein Fan von Ruprecht Frieling! Sicher gäbe es noch einiges zum Autor zu sagen. Besucht einfach seine Seiten im Internet. Da ist für jeden etwas dabei.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 10.03.2021

Der Einstieg in Dürrenmatts Werk

Aus den Papieren eines Wärters
0

Seit Ende Januar lesen wir in der Facebook Gruppe „Wir lesen Dürrenmatt“, das Prosawerk. Mit „Aus den Papieren eines Wärters“, Frühe Prosa, haben wir begonnen und lesen entsprechend der Werkausgabe weiter. ...

Seit Ende Januar lesen wir in der Facebook Gruppe „Wir lesen Dürrenmatt“, das Prosawerk. Mit „Aus den Papieren eines Wärters“, Frühe Prosa, haben wir begonnen und lesen entsprechend der Werkausgabe weiter. Falls schon die Rezensionen zu den Erzählungen vorliegen, sind die Titel mit Links hinterlegt.

Der vorliegende Band ist sicherlich für Neulinge im Kosmos Dürrenmatt schwierig, aber um Dürrenmatts Werk zu verstehen und zu begreifen, ist meines Erachtens, dieser Band der Wichtigste. Hier finden wir die Urformen vieler späteren Werke. Werke, die immer wieder von ihm bearbeitet wurden, weil er noch mehr aus dem Stoff herausholen musste.

Aus den Papieren eines Wärters Friedrich Dürrenmatt
Frühe Prosa I-IV
„Diese Prosa ist nicht als ein Versuch zu werten, irgendwelche Geschichten zu erzählen, sondern als ein notwendiger Versuch, mit sich selbst etwas auszufechten, oder, wie ich vielleicht besser, nachträglich, sage, einen Kampf zu führen, der nur dann einen Sinn haben kann, wenn man ihn verlor.“

Nachwort zum Sammelband Die Stadt, Verlag der Arche, zürich 1952,
Vor allem in den ersten Erzählungen bzw. Parabeln, fehlt noch Dürrenmatts Humor. Er hatte den Humor, als Ausweg wahrzunehmen und einzubauen, noch nicht erkannt. Im weiteren Werk hat laut Ulrich Weber der Humor eine aufklärerische Funktion und ist ein Mittel der Distanz bzw. ein Verfremdungseffekt.

1952 veröffentlichte Dürrenmatt noch beim Arche Verlag in Zürich sein viertes Buch: Die Stadt, Prosa I-IV. Die darin enthaltenen neun Texte entstanden zwischen 1942 und 1952.

Das Bild des Sisyphos erschien 1947 zuerst in der Wochenpresse. Die Falle erschien 1950 unter dem Titel der Nihilist in einer kleinen illustrierten Ausgabe und Piatus erschien 1949 als limitierter Einzeldruck. Die restlichen Texte wurden erstmals 1952 publiziert.

In den Werkausgaben wurden die frühen Erzählungen ein wenig anders arrangiert:

Pressebild duerrenmattDiogenes Verlag 72dpi
In diesem Band sind 9 Erzählungen, die sich laut Dürrenmatt-Handbuch und Ulrich Weber in vier Einheiten gliedern lassen:

Frühe Prosa 1:
Die ersten zwei Text beschäftigen sich mit Gottes Weigerung, die von der Menschheit verpasste Gnade seiner Menschwerdung, die Erlösung zu wiederholen. (Vgl. Rüedi, Peter: Dürrenmatt oder die Ahnung vom Ganzen. S. 246).

„Weihnacht“,

„Der Folterknecht“,

„Die Wurst“ hieß zuerst, „Die Zungenwurst“. Eine Groteske, die sich wohl auch auf den kannibalischen Fall Haarmann, dem Kannibalen aus Hannover, der in die Schweiz floh, bezieht. Peter Rüedi nennt die Erzählung ein „schrilles Präludium zu F. D.s späterem Generalthema Justiz, Recht und Gerechtigkeit. „

und „Der Sohn“

Frühe Prosa II:
„Der Hund“,

„Das Bild des Sisyphos“: Ist die Geschichte eines Malers, der unbedingt aus Nichts etwas Schaffen will. Nihilismus lässt grüßen. (Rezension folgt)

„Der Theaterdirektor“(1945): Die Wissenschaft ist sich uneins, ob sich der Text auf Hitler und das Nazi-Deutschland bezieht oder nicht. Für Ulrich Weber und Peter Rüedi ist es zweifellos ein Gleichnis für Terror des Nationalsozialismus, der von einer Massenhysterie begleitet wird. (Rezension folgt).

„Die Falle“ Die Geschichte eines Selbstmörders der mordet. Rezension folgt.

Frühe Prosa III:
„Die Stadt“ (Rezension folgt). Im vorliegenden Band ist „Im Großen jene Fassung des Jahres 1947″ wiedergegeben. Die ehemalige Titelerzählung ist das Kernstück des Prosabandes, in der F. D. die Dramaturgie des Labyrinths als Gleichnis einführt. Hinter der Stadt finden wir Platons Höhlengleichnis verborgen.

Frühe Prosa IV:
„Der Tunnel“,

„Pilatus“,

„Aus den Papieren eines Wärters“ entstand aus dem Versuch „Die Stadt.

Die Rezensionen reiche ich in den nächsten Wochen nach.

Dürrenmatts Stil – Frühe Prosa
Die Groteske
Die Groteske ist die überzeichnete Darstellung ungeheuerlicher Taten. F.D., wie er sich selbst nennt, bildet die Brutalität der Welt, in Verbindung mit der schlimmst möglichen Wendung, sarkastisch ab.

Der Nihilismus
Der Geist der Zeit und der Philosophie in Form des Existentialismus hatten Einfluss auf das Werk. In den Erzählungen „Das Bild des Sisyphos“, „Der Theaterdirektor“ und weiteren Texten des Bandes sind die Protagonisten Nihilisten.

An die Tür der Studentenbude heftete Dürrenmatt einen Zettel, der neben seinem Namen die Berufsbezeichnung »Nihilistischer Dichter« trug.

Weber, Ulrich: Friedrich Dürrenmatt. Eine Biographie.
Das Gleichnis
Peter Rüedi verweist hier auf Sören Kierkegaard und seine Theorie der indirekten Mitteilung:

„Gleichnisse sind an sich mehrdeutig, eindeutig werden sie nur durch den Deuter, durch den Leser, durch den Zuschauer, und das nur, wenn er vom Gleichnis betroffen ist.

Das Labyrinth.
Auf das Labyrinth werde ich in einem späteren Artikel weiter eingehen.

Biographische Daten – „Aus den Papieren eines Wärters“
In der Biografie Ulrich Webers (Rezension) kann man nachlesen:

Biographie Friedrich Dürrenmatt. Eine Biographie. Ulrich Weber
Pressebildfriedrich-duerrenmattDiogenes-Verlag
1941 sympathisiert Dürrenmatt mit Hitler und tritt einer frontistischen Jugendorganisation bei. Er schreibt sich an der Philosophisch-historischen Fakultät in Bern ein und belegt Neuere Deutsche Literatur, Germanistik und Kunstgeschichte.

Im Juli 1942 wird er von der Rekrutenschule eingezogen, wird aber nach drei Wochen wegen Kurzsichtigkeit entlassen und in den Hilfsdienst versetzt. (Ulrich Weber beschreibt die Zeit sehr humorvoll.)


Danach setzt er sein Studium in Zürich fort. Dabei lernt er seine erste Freundin, Christiane Zufferey kennen und hält sich viel im Kreis um den Maler Walter Jonas auf. Der Text „Weihnacht“ entsteht.

1943-1946 setzt Dürrenmatt in Bern sein Studium mit den Fächern Psychologie, Nationalökonomie und dem Schwerpunkt Philosophie, fort. Er beschäftigt sich mit Platon, Kant, Kierkegaard, Nietzsche und Schopenhauer und plant eine Dissertation über „Kierkegaard und das Tragische“, die er nie umsetzen wird.

Während seiner Zeit des Militärischen Hilfsdienstes (1944/45) in Interlaken und La Plaine fällt er die Entscheidung, Schriftsteller zu werden. Im gleichen Jahr ist seine erste literarische Publikation „Der Alte“ in der Berner Tageszeitung.

F. D. trennte sich von Christiane, verliebte sich in Lotti Geisler und heiratete. Das junge Paar lebte in Basel. Das Geld war knapp. 1949 war Lotti mit dem zweiten Kind schwanger und zwei Jahre später kam das dritte Kind. Es musste Geld in die Kasse kommen.

1949 wird bei F. D. eine schwere Diabetes diagnostiziert. Die Krankenhauskosten sind riesig. F. D. wird von Freunden unterstützt und lebt von Auftragsarbeiten, Theaterkritiken und dem Auftrag, für den „Schweizer Beobachter“ einen Fortsetzungsroman zu schreiben, „Der Richter und sein Henker“.

Die kontinuierliche Wiederkehr der Stoffe
In den Stoffen lässt sich nachlesen, dass es einen Arbeitstitel „Weihnacht II“ gibt, der schließlich in dem Roman „Durcheinandertal“ seine Bestimmung findet.

Besonders der Stoff „Die Stadt“ ließ ihn nicht los. Er betrachtete „Aus den Papieren eines Wärters“ als Zwischendokument.

„In einem neuen Anlauf vollendete ich den Stadt-Stoff zwanzig Jahre später in einem Werk, das unter dem Titel „Der Winterkrieg in Tibet“ in Stoffe I-III erscheinen wird: erst dann war ich ihm denkerisch gewachsen. Daß er in der Frühen Prosa erscheint, bin ich ihm und mir schuldig.

Aus den Papieren eines Wärters. Anmerkung II.
Fazit Frühe Prosa „Aus den Papieren eines Wärters“
Die Erzählungen des 19. Bandes der Werkausgabe sind schwer zu interpretieren und manchmal genauso schwer zu ertragen. Sie transportieren eine große Auseinandersetzung mit der Religion und dem Glauben oder in F. D.s Worten:

„Ich bin ein Protestant und ich protestiere.“

Weber, Ulrich: Friedrich Dürrenmatt. Eine Biographie.
Durch die frühen Texte, kann man sich Dürrenmatts Bilder und Gleichnisse gut verinnerlichen und verstehen. Das bedeutet, dass auch das Verständnis der weiteren Texte dadurch erleichtert wird.

Hierbei möchte ich mich, nochmals herzlich bei der Facebook Gruppe „Wir lesen Dürrenmatt“ bedanken. Durch die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Texten, wurden unterschiedliche Interpretationsansätze durchgespielt. Jeder interpretiert mit seinen Erinnerungen, seiner Kindheit, seinen Erfahrungen, seiner Bildung und seinen Vorlieben und dem eigenen Charakter. Umso zahlreicher diese Voraussetzungen sind, desto komplexer und aufschlussreicher sind die Ergebnisse.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2021

Ein prima Mittel gegen Corona Frust

Infiziert - Wir gehen viral
0

Mitwirkende an der Anthologie „Infiziert“
Anthologie „Infiziert:“ Patrick Kaltwasser, Luna Day, Adrian R. Stiller, Tea Loewe, Tanja Haas und Marissa Barks.

Darf man über Corona lachen?
Ich möchte als ...

Mitwirkende an der Anthologie „Infiziert“
Anthologie „Infiziert:“ Patrick Kaltwasser, Luna Day, Adrian R. Stiller, Tea Loewe, Tanja Haas und Marissa Barks.

Darf man über Corona lachen?
Ich möchte als erstes betonen, dass weder die Mitwirkenden der Anthologie noch ich, Sars-CoV-2 nicht ernst nehmen. Ich glaube, ich darf in unser aller Namen sprechen, dass wir die Pandemie sehr ernst nehmen. Ich glaube aber, dass wir nur mit Humor durch diese Krise kommen. Oder mit Friedrich Dürrenmatts Worten:

„Und während ich weiterlaufe, immer weiter, fragt einer plötzlich, einer neben mir, einer an dem ich auf meinen Wanderungen stets vorbeigelaufen bin und den ich doch anreden wollte, ein Schauspieler: Na schön, aber wie soll man das Ganze denn spielen?
Und ich antworte, während mich die Nacht verschluckt, wie sie alle verschluckte, alle, alle:

Mit Humor!

aus „Der Mitmacher – Ein Komplex“. WA 14.

Ich habe mir vier Geschichten bzw. Gedichte ausgesucht, die mir am besten gefallen. Aber vielleicht gefallen dir die anderen Geschichten besser. Also am besten: Selbst lesen!

Zur Anthologie Infiziert
„Sieben Silben fürs Gesäß“
Will dich auf Händen tragen.
Schmiegst dich zart an meine Haut,
Weich küssen deine Lagen,
Hauchzart und so leicht geraut.
O mein Toilettenpapier.

Du flauschige Legende,
All Tag ein Wiedersehen,
Bis zur Jahrtausendwende.
Lass dich nie wieder gehen.
O mein Toilettenpapier.

Bist der Retter in der Not,
Und im Herz der goldʼne Pfeil.
Du bist mein Elftes Gebot.
Wie ein Kuss aufs Hinterteil.
O mein Toilettenpapier.

Spendest Sicherheit und Schutz.
Der Badschrank ist voll von dir.
Bist das Gegenteil von Schmutz.
Du, plus mein Ego, ist gleich Wir,
O mein Toilettenpapier.

Patrick Kaltwasser

Als Thor und ich diese „Ode ans Toilettenpapier“ lasen, sorgte das für große Heiterkeit in der Familie. Ich fragte umgehend den Autor Patrick Kaltwasser, ob ich das Gedicht (natürlich mit Angabe des Autors), zitieren darf. Vielleicht könnt ihr auch darüber lachen und die Hamsterkäufe sind uns allen noch gut in der Erinnerung. Wobei wir gerade beim Thema sind:

„Hamster Boy“ Patrick Kaltwasser in Anthologie Infiziert
Wie war das noch mal mit den Hamsterkäufen? Aber zuerst: Wie geht es eigentlich unseren Haustieren bei einer Pandemie? Stellen wir uns einmal vor, wir wären ein putziger kleiner Hamster in einer Zoohandlung. Nehmen wir einmal an, das Personal des Ladens könnte die Tiere nicht mehr versorgen und sie wären auf sich selbst gestellt. Keine schöne Vorstellung. Die Tiere hätten wohl keine Überlebenschance. Zum Glück gibt es Hamsterboy, der die kleinen Nager durch lebensgefährliche Abenteuer in die große Nagerstadt führt und vor Don Kralle beschützt. Hoffentlich wird Hamsterboy verfilmt!

„Warum kaufen alle Zweibeiner Hamster?“ Er plumpste zurück auf seinen Po und überlegte. „Ja, vielleicht sind wir Hamster für die Rettung der Menschen besonders wichtig?“ Da fiel ihm seine Lieblingssendung ein. „Nicht wichtig“, sagte er zu sich selbst, „sondern Superhelden. Wir Hamster sind Superhelden und können die Zweibeiner retten. Mit unserer Hilfe geht es allen wieder gut.“

„Lopas Aufstieg“ von Tea Loewe in Anthologie Infiziert
Tea Loewe lässt eine Klopapierrolle zu Wort kommen. Wie ist es, ein so begehrtes Gut zu sein. Diese Hochachtung so vieler Menschen zu erhalten. Kommt die Rolle mit dem Ruhm klar? Wie lange wird ihr Ruhm dauern? Doch auch eine Klopapierrolle ist vergänglich.

„Ganz ehrlich: Dass mein Leben als Cellulose-Faser-Verbund nach der Wiedergeburt derartig für den Arsch sein würde, habe ich so nie erwartet. Wenigstens trägt unsere Tüte den vielsagenden Titel „Superweich – für den empfindlichen Bereich“. Das ist auch das Mindeste.“

Wer es lieber ernster mag: „Von heute auf morgen anders“ Luna Day in Anthologie Infiziert
Stell dir vor, du machst mit Freunden einen Segeltörn und bist 2 Monate auf hoher See. Als du wieder an Land bist, ist die Welt nicht mehr die gleiche. Das Schicksal hat dich aus dem Hinterhalt überfallen.

Nach der Überfahrt des Atlantik kamen wir an der Küste von Miami an.
„Was ist los?“ fragte ich Mark.
Mein Ersatzpapa stand fluchend am Funkgerät.
„Sie antworten nicht und uns geht der Sprit aus!“
„Was ist das Problem? Wir legen an und holen uns neuen.“

Kritik Anthologie Infiziert
Ich habe ja schon erwähnt, dass Humor eine prima Sache ist, die uns hilft mit vielen Schwierigkeiten besser fertigzuwerden. Wir nehmen uns ein wenig aus dem Geschehen und betrachten es humorvoll von Außen. Aber nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht. Das Buch hat auch ernste Geschichten. Wir leben nun mal mit der Pandemie, ob wir wollen oder nicht.

Der zweite Grund, warum das Geld für dieses Buch gut angelegt ist:

Der gesamte Erlös dieses Buches unterstützt Initiativen und Institutionen, die sich für Kulturschaffende einsetzen. Das ist doch wirklich ein guter Grund.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere