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Veröffentlicht am 03.07.2021

Wieder sehr unterhaltsam

Die Damen vom Pariser Platz
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1926 kommt Gretchen nach Berlin, wo sie eine Stelle als Tippfräulein bei der Sängerin Isis erhält, Gretchens Freundin Henni lebt bereits in Berlin, und bald lernt Gretchen eine bunte Mischung junger Leute ...

1926 kommt Gretchen nach Berlin, wo sie eine Stelle als Tippfräulein bei der Sängerin Isis erhält, Gretchens Freundin Henni lebt bereits in Berlin, und bald lernt Gretchen eine bunte Mischung junger Leute kennen und hat einige turbulente Erlebnisse.

Ich freute mich sehr, endlich einen neuen Roman von Joan Weng lesen zu können. Das Besondere ihrer Romane ist u. a., dass man Charaktere aus früheren Romanen wiedertrifft, und auch hier ist das der Fall, so besucht man mit Gretchen Bernhard Greiff, und Claus von Bäumers bevorstehende Hochzeit wird mehrfach erwähnt - das weckt, zumindest bei mir, Erinnerungen das früher Gelesene und erzählt es ein bisschen weiter.

Die Charaktere sind wieder sehr gelungen, man sieht sie förmlich vor sich. Gretchen muss man einfach mögen, sie ist klug, loyal und hilfsbereit, zunächst fehlt es ihr noch ein bisschen an Selbstbewusstsein, doch das ändert sich im Laufe der Geschichte. Sie hofft, bald genug Geld für ein Studium zusammen zu bekommen, denn das ist ihr großer Traum. Hennis Verlobter Fred ist Künstler, arm aber mit Prinzipien, während Gretchens Nachbar von einer journalistischen Karriere träumt, und ihre Zimmerwirtin mit einem verheirateten Geliebten zufrieden ist, der ihr ihre Unabhängigkeit sichert – ein buntes Völkchen eben.

Joan Wengs Beschreibungen der Personen sind pointiert und bringen mich oft zum Schmunzeln. Die Geschichte läuft wie ein Film vor meinem inneren Auge ab, und ich fühle mich oft mittendrin. Auch die Atmosphäre des Berlins der 1920er Jahre wird gut eingefangen. Man merkt, dass die Autorin gut recherchiert hat. Der Roman unterhält mich wieder sehr gut, ich schmunzle, ich drücke Gretchen die Daumen, ärgere mich über den ein oder anderen Charakter, und möchte immer weiter lesen. Leider ist die Geschichte irgendwann zu Ende, aber die Hoffnung bleibt, Gretchen in einem anderen Roman der Autorin wiederzutreffen.

Mit ihrem neuen Roman hat mir die Autorin wieder gezeigt, dass sie zurecht eine meiner Lieblingsautorinnen ist. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten, war zusammen mit den Charakteren im Berlin des Jahres 1926, und freute mich, die Namen alter Bekannter zu lesen. Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.06.2021

Sehr amüsant

Mord in der Mittsommernacht
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Australien, Januar 1929: Es ist heiß, und am liebsten würde Phryne Fisher sich in ihrem Haus verkriechen, doch es werden zwei interessante Fälle an sie herangetragen, und so nimmt sie die Ermittlungen ...

Australien, Januar 1929: Es ist heiß, und am liebsten würde Phryne Fisher sich in ihrem Haus verkriechen, doch es werden zwei interessante Fälle an sie herangetragen, und so nimmt sie die Ermittlungen auf.

Augustin Manifolds Mutter glaubt nicht daran, dass ihr Sohn im Meer ertrunken ist oder gar Selbstmord begangen hat und bittet Phryne darum, seinen Tod aufzuklären.

Die Geschwister Bonnetti können die Erbschaft ihrer Mutter noch nicht aufteilen, denn es gibt Anzeichen, dass ihre Mutter in jungen Jahren ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hat, und auf Grund des Testaments würde auch dieses erben. Phryne soll untersuchen, ob es das Kind gibt, und wo es sein könnte.

Wer die Serie „Miss Fishers mysteriöse Mordfälle“ kennt, wird sich hier bestens zurechtfinden, auch wenn das Figurenensemble ein bisschen anders ist, als dort. Phryne Fisher ist ein wunderbarer Charakter, so frei- wie großzügig, empathisch, unabhängig, liebenswert, klug und humorvoll. Aber auch die anderen Charaktere sind gelungen gezeichnet, oft mit etwas spitzer Feder, aber immer so, dass man sie sich sehr gut vorstellen kann.

Neben der Aufklärung der Fälle – die im übrigen beide überraschend aber nachvollziehbar aufgeklärt werden – nimmt der Leser an Phrynes Privatleben teil, das nicht weniger lesenswert ist. Einzig auf die Einschübe in kursiv könnte ich gut verzichten, sie haben am Anfang verwirrt und am Ende in meinen Augen zu wenig zusätzliche Informationen geliefert.

Besonders gut gefällt mir der Erzählstil, die Bilder, die die Autorin zeichnet, die Worte, die sie Phryne in den Mund legt, bringen mich sehr oft zum Schmunzeln. Und auch das Kopfkino, das erzeugt wird, ist gelungen. Duch Kerry Greenwoods Beschreibungen sehe ich zudem nicht nur, ich rieche und höre auch, und empfinde die Hitze mit.

Vor einiger Zeit las ich „Tod am Strand“, das ich auch mochte, aber dieser Band hat mich so richtig überzeugt, am Ende – und das Ende ist genauso gelungen wie der Rest des Bandes – war ich richtig traurig, dass ich mich verabschieden muss.

Neben zwei gut konstruierten Fällen erlebt der Leser auch einiges von Phryne Fishers Privatleben mit – und amüsiert sich insgesamt köstlich. Der Humor ist tatsächlich das, was ich hier am meisten mag, direkt gefolgt von dem wunderbaren Erzählstil der Autorin, die mich umfassend mitnimmt in ihre Geschichte. Gerne vergebe ich hier volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 22.06.2021

Ein wichtiges Buch

Stauffenberg. Folgen
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2019 hat Sophie von Bechtolsheim „Stauffenberg – Mein Großvater war kein Attentäter“ veröffentlicht. Viele Menschen fühlten sich davon angesprochen, die Autorin bekam viel Post, darunter viele Briefe, ...

2019 hat Sophie von Bechtolsheim „Stauffenberg – Mein Großvater war kein Attentäter“ veröffentlicht. Viele Menschen fühlten sich davon angesprochen, die Autorin bekam viel Post, darunter viele Briefe, in denen andere über ihre Zeit bzw. die ihrer Angehörigen während des Nationalsozialismus und danach erzählten. Einige dieser Geschichten finden sich in diesem Buch. Es geht um Verfolgte, Flüchtende, Inhaftierte, Mitläufer, aber auch Nachgeborene, deren Leben davon beeinflusst wurde.

Jeder hat seinen eigenen Rucksack zu tragen – dieses Bild durchzieht die Geschichten, und passt hervorragend. Manche Rucksäcke sind leichter, andere schwerer, manche sind voll bis obenhin, andere kaum gefüllt, z. B. auch, weil die Nachkommen wenig über das Leben ihrer Familienangehörigen während dieser Zeit wissen (aber gerade deshalb darunter leiden), manche leeren sich durch das Erzählen, werden leichter, andere bedrücken weiterhin.

Schon Bechtolsheims Buch über Claus von Stauffenberg hat mich berührt, dieses tut es noch mehr. Manche Schicksale sind furchtbar, manche Leben haben sich grundlegend geändert, die Menschen sich gewandelt, manche konnten kaum oder nicht mehr über ihr Leben in dieser Zeit sprechen, Verwandte tun es für sie. Alle Geschichten aber haben eines gemeinsam: Sie zeigen einmal mehr, dass sich das niemals wiederholen darf – es ist daher ein wichtiges Buch, das viele Leser haben sollte, gerade auch, weil manche der Erzählenden sich damals manipulieren ließen und das erst später erkannten.

Verschiedene Lebensläufe, beeinflusst durch die Zeit des Nationalsozialismus – ein wichtiges Buch, das ich jedem ans Herz lege.

Veröffentlicht am 20.06.2021

Humorvoll und spannend

Die Totenärztin: Wiener Blut
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Wien 1908: Fanny Goldmann hat Medizin studiert und möchte gerne Rechtsmedizinerin werden –doch leider hat man ihr nur eine Stelle als Prosekturgehilfin angeboten. Als ein Obdachloser, eingeliefert wird, ...

Wien 1908: Fanny Goldmann hat Medizin studiert und möchte gerne Rechtsmedizinerin werden –doch leider hat man ihr nur eine Stelle als Prosekturgehilfin angeboten. Als ein Obdachloser, eingeliefert wird, interessiert sich niemand für dessen Obduktion. Fanny meint Ungereimtheiten auszumachen und obduziert den Mann heimlich – der Anfang eines gefährlichen Abenteuers.

Mit Fanny ist dem Autor eine liebenswerte Protagonistin gelungen, die klug und schlagfertig ist, aber manchmal auch ein bisschen naiv und zu wagemutig handelt. Man kann sich gut in sie hineinversetzen, und verstehen, dass sie mehr aus ihrem Leben machen will als Hausfrau und Mutter zu sein, sie hat es geschafft, Medizin zu studieren, und muss immer noch gegen Vorurteile ankämpfen. Auch Fannys Umfeld, sei es beruflich oder privat, ist dem Autor gut gelungen, Charaktere, wie sie wohl jeder kennt, die man sich zumindest gut vorstellen kann. Nach und nach trifft Fanny weitere Charaktere, wie den zwielichtigen „Blaumeise“, Leonitine Kuderna, eine moderne Frau, die Fanny fördern möchte, oder den gefährlichen Grafen Waidring – alle gut gezeichnete Typen.

Apropos „gut vorstellen“ – durch René Anours sehr bildhaften Erzählstil kann man sich nicht nur die Charaktere, sondern auch das Geschehen sehr gut vorstellen, was bei manchen Szenen (Obduktion) vielleicht nicht für jeden so gut ist – hier zeigt der Autor aber auch seine gute Recherche – aber den Roman insgesamt sehr lesenswert macht. Was mir besonders gut gefällt, ist die Mischung aus Humor und Spannung, immer wieder gibt es etwas zu Schmunzeln – Personen, Szenen, Dialoge, auch dafür hat der Autor ein Händchen, wie auch für die Recherche (medizinisch und historisch).

Sehr gut gefallen mir auch die vielen überraschenden Wendungen (auch wenn ich nicht über jede glücklich bin), und all die Verwicklungen, in die Fanny gerät, aus denen sich spannende, aber auch absurde Szenen ergeben – manchmal erscheint mir die Geschichte schon ein bisschen abgedreht, aber genau das gefällt mir. Bereits mit „Im Schatten des Turms“ hat mich der Autor überzeugen können, so langsam sollte ich ihn wohl zu meinen Lieblingsautoren zählen.

Die Ermittlungen in diesem Band sind zwar abgeschlossen, aber dennoch gibt es am Ende einen fiesen Cliffhanger, der zweite Band soll im Oktober 2021 erscheinen. Vier Monate, das geht ja noch.

Auch das Bonusmaterial kann sich sehen lassen, eine Karte des Wiens von 1908, ein Nachwort, in dem der Autor auf Fiktion und Wahrheit eingeht, und ein Glossar der österrischen und medizinischen Begriffe.

Ich fühle mich sehr gut unterhalten und freue mich darauf, Fanny und die anderen Charaktere bald wiederzutreffen. René Anour ist es gelungen, Spannung und Humor wunderbar zu verschmelzen, einen interessanten Kriminalfall zu konstruieren, und Charaktere zu kreieren, die alle gut gelungen sind. Dazu kommt noch gute Recherche und nützliches Bonusmaterial – natürlich gibt es dafür volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Berührte mich auf vielen Ebenen

Sturmglas
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Fünf Archen haben die Erde verlassen, um Menschen von der zerstörten Erde zu einer neuen Heimat zu bringen. Mattie hatte das Glück, ein Los für die australische Arche Freedom zu bekommen, und eigentlich ...

Fünf Archen haben die Erde verlassen, um Menschen von der zerstörten Erde zu einer neuen Heimat zu bringen. Mattie hatte das Glück, ein Los für die australische Arche Freedom zu bekommen, und eigentlich erwartet in einer geschützten Umgebung mit Ärzten an ihrer Seite aus dem Cryoschlaf zu erwachen. Doch nun trudelt sie in ihrer Cryokapsel mit tausenden anderen durchs All, die Arche offensichtlich zerstört, unter sich ein Planet. Wieder hat sie mehr Glück als manch anderer, der ins All driftet, und landet ohne schwere Verletzung auf der Oberfläche des Planeten. Schon bald merkt sie, dass zu der unbekannten Fauna auch Beutejäger, Raubtiere, Prädatoren zu gehören scheinen – und trifft endlich auch auf einen anderen lebenden Menschen.

In „Akkretion“ erzählte die Autorin die Geschichte zweier der fünf Archen, hier nun erfahren wir das Schicksal der dritten. Man war auf dem Weg nach Alpha Centauri, wo man sich gute Verhältnisse für den Fortbestand der Menschen erhoffte, doch wo Mattie letztlich gelandet ist, ist nicht sicher. Der Planet bietet gute Möglichkeiten fürs Überleben, aber eben auch eine Gefahr, die im Hintergrund lauert. Das Besondere aber sind die vielen Kristalle in allen möglichen Farben – der bildhafte Erzählstil der Autorin trägt dazu bei, dass man sich nicht nur sie wunderbar vorstellen kann.

Auch die Charaktere sind R. M. Amerein wieder gut gelungen, Mattie, aus deren Perspektive erzählt wird, ist eine unsicherer Person, die mehr als einmal über ihren Schatten springen muss. Sie hat eine künstlerische Ader und liebt es zu malen. Auch optisch sticht sie hervor. Cody, den Mattie als erstes trifft, mag ich besonders, er ist ein liebevoller Charakter, anders kann man das gar nicht sagen, und tut Mattie alleine deswegen schon gut. Ein weiterer wichtiger Charakter ist Skye, eine Soldatin, die manches schon wegen ihrer Ausbildung anders sieht. Und dann ist da noch eine rätselhafte Kreatur, die in meinen Augen besonders gut gelungen ist.

Der Roman, eher eine Novelle, ist recht kurz, aber mehr wäre nicht passend gewesen, am Ende ist alles gesagt. Das Ende wird womöglich nicht jedem gefallen, ich finde es grandios und im Nachklang absolut passend. Nachklingen wird der Roman auch sonst noch länger. Unbedingt sollte man auch das Nachwort lesen, in dem die Autorin noch manches wissenswerte erzählt.

Drei Archen, drei Schicksale – was wohl mit den anderen beiden passiert ist? Sicher werden wir das noch in einem weiteren Roman erfahren, ich freue mich darauf. „Akkretion“ und „Sturmglas“ kann man übrigens unabhängig voneinander lesen, auch die Reihenfolge ist egal. Sie spielen zwar im selben Universum, erzählen aber verschiedene Geschichten.

Auch der zweite Band der Archen-Odyssee ist absolut lesenswert und berührt mich auf vielen Ebenen. Gerne vergebe ich volle Punktzahl und eine Leseempfehlung, nicht nur für SF-Fans.

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