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Veröffentlicht am 24.07.2021

Zwei Frauenschicksale

Wir für uns
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Die Autorin hat ein Faible für Mutter-Tochter-Geschichten. Nach „Schwestern bleiben wir immer“, „Töchter wie wir“, „Geteilt durch zwei“ nun das vorliegende Buch, in dem als zusätzlicher Aspekt noch eine ...

Die Autorin hat ein Faible für Mutter-Tochter-Geschichten. Nach „Schwestern bleiben wir immer“, „Töchter wie wir“, „Geteilt durch zwei“ nun das vorliegende Buch, in dem als zusätzlicher Aspekt noch eine Mutter-Sohn-Beziehung behandelt wird. Die eine Protagonistin Josie ist mit über 40 Jahren schwanger von ihrem verheirateten Geliebten und in ihrer Familie gibt es ein Ereignis, das die Mutter immer totgeschwiegen hat. Die andere Protagonistin Kathi wird kurz vor der Goldenen Hochzeit Witwe und erkennt, dass es in ihrer vermeintlich glücklichen Ehe auch Misstöne gegeben hat; außerdem erschüttert die jetzt von ihrem verheirateten Sohn bekannte Homosexualität die Grundfesten ihres Lebens. Die beiden Frauen freunden sich an und nehmen als gemeinsames Projekt die Eröffnung eines Dorfladens in Angriff.
Die Geschichte um die beiden Frauen ist sehr berührend und es ist sehr spannend, endlich gegen Ende zu erfahren, welches Geheimnis in Josies Familie liegt. Abwechslung beim Lesen bringt, dass verschiedene aktuelle Themen zur Sprache kommen, wie Abtreibung, Erkrankung mit Down-Syndrom, Homosexualität. Die Autorin geht hier sehr behutsam vor und erklärt sich hierzu noch ausführlich im Nachwort. Die Protagonistinnen sind gut herausgearbeitet und machen eine Entwicklung dahingehend durch, dass sie sich - auch durch den gegenseitigen Einfluss - allmählich verändern und sich schrittweise auf ihre Mutter bzw. ihren Sohn zu bewegen. Und so gibt es die schöne Chance eines neuen Umgangs mit ihnen. Vieles regt zum Nachdenken an.
Wer Familiengeschichten mag, ist mit diesem gut unterhaltenden Buch gut bedient.

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Veröffentlicht am 23.07.2021

Ein etwas anderer Roman über die DDR

Raumfahrer
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Themen, die typischerweise in Romanen über die DDR verarbeitet werden – Stasi-Bespitzelung, Lebensverhältnisse - werden hier einmal in etwas anderer Art verarbeitet, weshalb ich das Buch für sehr lesenswert ...


Themen, die typischerweise in Romanen über die DDR verarbeitet werden – Stasi-Bespitzelung, Lebensverhältnisse - werden hier einmal in etwas anderer Art verarbeitet, weshalb ich das Buch für sehr lesenswert halte.
Erzählt werden (und zwar eher episodenhaft) die Geschichten zweier Familien während der Zeit des Bestehens der DDR und der Zeit nach der Wende. Beide Familien sind miteinander verwoben, wobei das verbindende Element erst sehr spät sichtbar wird. Zum einen ist das die Familie Kern/Baselitz, deren einer Sohn ein bekannter zeitgenössischer Künstler ist und der schon vor dem Mauerbau in den Westen ging unter Zurücklassung vor allem des mit ihm eng verbundenen Bruders, dem das Nachreisen nie mehr gelang. Zum anderen ist da die Familie des jungen Erzählers Jan, geboren 1989, der sich durch die beharrliche Konfrontation mit einem Kern-Nachfahren daran macht, die Geschichte seiner verstorbenen Mutter zu ergründen. Das Auffallendste ist die Sprachlosigkeit in den beiden Familien über ihr Leben in der DDR und ihre Vergangenheitsbewältigung. Darunter hat Jan in der Gegenwart zu leiden, der mit geheimnisvollen Identitätsproblemen konfrontiert wird. Ein guter Ausblick wird auf die Entwicklung der DDR nach der Wende gegeben und wie diese so manchem Bürger den Boden unter den Füßen wegriss.



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Veröffentlicht am 14.07.2021

Muss eine Frau ein Kind haben?

Nie, nie, nie
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Die 35jährige namenlos bleibende Erzählerin will nicht Mutter werden. Ihr gesamtes soziales Umfeld sieht das anders, verhaftet in der traditionellen Vorstellung, dass nur eine Frau mit Kind der Norm entspricht. ...

Die 35jährige namenlos bleibende Erzählerin will nicht Mutter werden. Ihr gesamtes soziales Umfeld sieht das anders, verhaftet in der traditionellen Vorstellung, dass nur eine Frau mit Kind der Norm entspricht. Wenngleich ich persönlich die Beweggründe der Protagonistin nachvollziehen kann, nicht sie jedoch gutheißen, bleibt sie mir durchweg sympathisch. Denn sie reflektiert ihre Entscheidung immer wieder eingehend und schließt sogar nicht aus, sie später zu revidieren. Hingegen büßen die ihr nahestehenden Personen schon an Sympathie ein, wenn sie sich bemüßigt fühlen, auf die Erzählerin einzureden und sie umzustimmen versuchen. Sehr gefallen hat mir in der Geschichte, wie detailliert der familiäre Hintergrund der Erzählerin behandelt wird, vor allem die Rolle der Großeltern, von denen die eine Seite eigentlich Kinder ablehnte und nur welche bekam, um der gesellschaftlichen Erwartung ihrer Zeit gerecht zu werden, und die andere Seite jahrelang auf das sehnlichst erwartete Wunschkind warten musste.
Ein lesenswertes Buch, das zur Diskussion anregt und gleichermaßen von Frauen und Männern mit oder ohne Kinderwunsch gelesen werden kann.

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Veröffentlicht am 11.07.2021

Entscheidung für Freiheit oder Heimat?

Dreieinhalb Stunden
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Zu diesem Buch gibt es bereits den gleichnamigen Film, zu dem Autor zusammen mit Beate Fraunholz als Drehbuchautoren im Auftrag der ARD das Drehbuch anlässlich des 60. Jahrestags der Errichtung der Mauer ...


Zu diesem Buch gibt es bereits den gleichnamigen Film, zu dem Autor zusammen mit Beate Fraunholz als Drehbuchautoren im Auftrag der ARD das Drehbuch anlässlich des 60. Jahrestags der Errichtung der Mauer geschrieben hat. Er verarbeitet in ihm auch seine eigene Geschichte, denn seine Großeltern befanden sich am 13. August 1961 im Zug auf der Fahrt von Bremen nach Dresden und standen genau wie die Protagonisten dieses Buches vor der Entscheidung, in die dann vermutlich für immer geschlossene Heimat zurückzukehren oder vor der Grenze auszusteigen und ein neues Leben in Freiheit im Westen zu beginnen. In diesem Roman beleuchtet der Autor die Schicksale verschiedener Personen mit je eigenem persönlichem Hintergrund. Wir erleben mit, in welchem Zwiespalt sie sich befinden und fiebern mit ihnen mit. Nicht nur begleiten wir sie auf der noch dreieinhalb Stunden währenden Fahrt im Interzonenzug bis zum Grenzübergang zur DDR, sondern erhalten Einblicke in ihre Vergangenheit und ihre Träume. Alles bleibt spannend bis zum Schluss, denn bei jedem einzelnen fragen auch wir uns, wie wird er sich entscheiden?

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Autobiografische Familiengeschichte

HERKUNFT
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Sasa Stanisic ist ein Autor, der Hochachtung verdient. Erst im Alter von 14 Jahren aus dem ehemaligen Jugoslawien ohne jede Deutschkenntnisse nach Deutschland gekommen, beeindruckt er auch in diesem Roman ...

Sasa Stanisic ist ein Autor, der Hochachtung verdient. Erst im Alter von 14 Jahren aus dem ehemaligen Jugoslawien ohne jede Deutschkenntnisse nach Deutschland gekommen, beeindruckt er auch in diesem Roman durch seine Sprache. Es handelt sich um autobiografische Erinnerungen an seine Kindheit mit einem serbischen Vater, einer bosnisch-muslimischen Mutter in Visegrad nahe der serbischen Grenze, von wo die Familie flüchten musste. Vor allem aber ist es eine Hommage an seine Großmutter, die an Demenz erkrankt und zusehends vergisst. Berichtet werden viele schöne und traurige Momente, alles in einer besonderen Sprache. Der ungewöhnliche lange Epilog mit immerhin 70 Seiten wartet mit einem kreativen Ende auf, das ich so zuvor noch in keinem Roman gefunden habe.
Sehr lesenswert.

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