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Veröffentlicht am 19.07.2021

Serienauftakt nach Maß

Hundstage für Beck
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Nick L. Beck, traumatisierter LKA-Kommissar, überfährt im alkoholisierten Zustand mit seinen Auto eine junge Frau. In seinem benebelten Zustand stellt er voller Panik den Tod der Frau fest, verpackt sie ...

Nick L. Beck, traumatisierter LKA-Kommissar, überfährt im alkoholisierten Zustand mit seinen Auto eine junge Frau. In seinem benebelten Zustand stellt er voller Panik den Tod der Frau fest, verpackt sie in blaue Säcke und versenkt sie in einen Gully.
Wegen eines für seine Partnerin tödlich verlaufenden Polizeieinsatzes, hatte Beck sich in die Provinz versetzen lassen. Genau dort wird er am nächsten Tag um Amtshilfe bei einem Vermisstenfall gebeten.
Die Vermisste ist die junge Frau, die er in der vorherigen Nacht überfahren hat, aber hat er sie wirklich bei den Unfall getötet?


Dies ist ein Serienauftakt nach Maß.
Ein ehemals erfolgreicher Kommissar vom LKA am Boden. Er lässt sich zum „Dorfbullen“ degradieren, er trinkt, er nimmt Valium und er begeht Fahrerflucht, nachdem er glaubt, im Suff einen Menschen überfahren zu haben. Tiefer geht es nicht mehr.
Er trifft auf eine Kommissarin vom LKA, die unfreiwillig versetzt wurde, weil sie schwanger ist. Sie will sich bewehren und beweisen, dass sie in vorderster Front der Mordkommission gehört.

Die Beiden werden langsam und richtig gut den Lesern nähergebracht. Zu beiden Protagonisten kann man ein ambivalentes Verhältnis aufbauen, was sich im Laufe der Ermittlungen immer wieder ändert. Da beide Ermittler nicht zur Mordkommission gehören, ist ihre Arbeitsweise etwas unorthodox. Sie arbeiten außerhalb der normalen Richtlinien in verschiedene Richtungen und werden dann doch vom Ergebnis überrascht. Der Leser kann mit ihnen meist auf Augenhöhe miträtseln. Die Lösung ist, auch für mich überraschend, aber logisch und nachvollziehbar.

Gedankenspiele eines vermeintlichen Serienmörders und die ersten drei Kapitel des Folgebandes als Leseprobe hätten es gar nicht bedurft, um die Vorfreude und Ungeduld des Leser zu schüren. Ich denke, jeder Teilnehmer dieser Leserunde fiebert dem nächsten Buch entgegen.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Fast zu schön

Der Wind singt unser Lied
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Ein Anruf ihres Vaters und ein harmlos ausgegangener Unfall lassen Toni, die Weltenbummlerin, die es nie lange an einem Ort ausgehalten hat, grübeln und verunsichert zurück. Soll sie an den Ort zurück, ...

Ein Anruf ihres Vaters und ein harmlos ausgegangener Unfall lassen Toni, die Weltenbummlerin, die es nie lange an einem Ort ausgehalten hat, grübeln und verunsichert zurück. Soll sie an den Ort zurück, vor dem sie 15 Jahre geflüchtet ist, der einmal ihre Heimat, ihr Zuhause war.

Kurz entschlossen macht sie sich in Costa Rica mit bangen Gefühlen auf den Weg.



Eine Geschichte voll unerfüllter Erwartungen begegnet uns hier.

Nie geäußerte Wünsche und Hoffnungen können auch nie erfüllt werden. Das birgt schon eine gewisse Tragik, dass man mit denen, die einem am nächsten stehen am wenigsten offen spricht. In dieser zwischenzeitlich etwas zu rührenden Familiengeschichte wird gerade an diesem Phänomen gearbeitet.

Die handelnden Personen werden von Meike Werkmeister sehr genau beschrieben. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein Stückchen mehr, so dass alle Puzzleteile am Ende ein genaues Bild ergeben. Nach und nach erfahren wir auch den Grund für Tonis langanhaltenden Flucht.

Anfänglich machte mich die Beschreibung von Tonis Heimkehr und Wiedereingliederung ungeduldig. Alles erschien gut und schön oder auch doch nicht. Als Leser spürte ich schon, dass es unter der Oberfläche rumorte, aber ich hatte das Gefühl, dass die Autorin nicht „zu Potte“ kam.

Im Laufe der Geschichte wurde aber wieder deutlich, dass Frau Werkmeister eine Meisterin ist im Schreiben über gefühlsträchtige Themen, ohne in Kitsch abzurutschen. Als Wohlfühlbuch würde ich diesen Roman trotzdem nicht bezeichnen, weil dafür die Themen zu ernst und tragisch sind.

Die Liebe zu St. Peter-Ording, Norderney und sämtliche Küstengebiete wird dem Leser in all ihren Roman vor Augen geführt und lässt uns schon den Sand zwischen den Zehen spüren oder den Wind in den Haaren. Auf jeden Fall machen diese Romane Spaß und schenken Lebensfreude, aber vielleicht auch Nachdenken über die eigene Familie.

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Veröffentlicht am 01.07.2021

Allein joggen?

Die Karte
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Als Lennart Wolff beim Müllrausbringen noch einen tiefen Blick auf die erleuchteten Panoramascheiben des Nachbarhauses, dem Haus der Lesben, werfen will, entdeckt er einen Spanner. Der Spanner könnte auch ...

Als Lennart Wolff beim Müllrausbringen noch einen tiefen Blick auf die erleuchteten Panoramascheiben des Nachbarhauses, dem Haus der Lesben, werfen will, entdeckt er einen Spanner. Der Spanner könnte auch ein Einbrecher sein, der die Gegend auskundschaftet. Er will ihn auf jeden Fall verfolgen und stellen. Aber der Verfolgte wehrt sich und sticht Lennart mit einem Messer ins Auge. Nach Versorgung des Opfers und Tatortsicherung gelingt es dem Täter trotzdem seinen Plan weiterzuverfolgen. Er lauert seinem ersten Opfer auf, stranguliert sie mit einem Hundehalsband und filmt mit ihrem eigenen Handy ihren Todeskampf.

Eine aufreibende Jagd, die Jens Kerner an seine Grenzen bringt, beginnt.



Ein spannender Thriller, der die Gefahren der Lauf-Aufzeichnung mittels Fitness-Tracker mit anschließendem Posten im öffentlichen Netz aufzeigt.
Das ist sicher nicht die Intension dieses Thrillers, aber ich denke, die Joggerinnen und Jogger sollten sich bewusst machen, welche Informationen sie ins anonyme Netz geben.

Andreas Winkelmann hat in nahezu gewohnter Manier eine spannende, verzwickte und Gänsehaut produzierende Geschichte geschrieben.

Das ist bereits der vierte Fall von „Kerner und Oswald“ und obwohl ich erst einen „Der Fahrer“ vorher gelesen hatte, sind mir die beiden Ermittler ans Herz gewachsen.
Die Mischung beziehungsweise die Gegensätze machen ein ideales Team aus ihnen. Der impulsive Jens Kerner, der zwei gescheiterte Ehen hinter sich hat und einen guten Freund verliert, ist immer kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und droht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Becca Oswald dagegen bewahrt Ruhe, ist analytisch und greift helfend ein, wenn Jens droht unterzugehen. Das die Beiden privat nun auch noch ein Paar werden, freut mich sehr. Insofern warte ich sehnlichst auf den nächsten Fall.

Dieser Fall war spannend, teilweise atemberaubend, aber es war mir in einigen Situationen „too much“, zu viele Leichen und zu viele Klischees.

Auch dem Herrn Winkelmann sollte klar sein, dass nicht alle Lesben Männerhasser sind. Genauso klar dürfte sein, dass nicht alle Männerhasser zwangsläufig Lesben sein müssen.
Das fand ich etwas übertrieben.

Von diesen Klischees abgesehen, waren die vielen Handlungsstränge zum Verzweifeln, was ich nicht negativ bewerten möchte. Ich hatte allerdings zwischenzeitlich die Befürchtung, dass der Autor das nie wieder zusammenbringen kann, um auch noch eine nachvollziehbare Lösung zu präsentieren. Das ist ihm allerdings gelungen.

Dass wir Leser immer wieder Einblick in die Gedanken des Täters hatten, war abwechslungsreich und stärkte die Aufmerksamkeit, weil man hoffte, so einen Hinweis zu erhaschen.

Das Ende war nachvollziehbar und noch mal richtig nervenaufreibend, aber die beiden nachfolgenden Unterkapitel haben mich wieder etwas runterkommen lassen.

Ich freue mich auf Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 11.06.2021

Tragische Entscheidungen

Nordwestzorn
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Anna Wagner kehrt zurück nach SPO St. Peter-Ording um die Leitung der neugegründeten Vermisstenstelle zu übernehmen. Sie stürzt sich gleich auf einen Cold Case-Fall, der Fall eines vermissten Jungen, Florian, ...

Anna Wagner kehrt zurück nach SPO St. Peter-Ording um die Leitung der neugegründeten Vermisstenstelle zu übernehmen. Sie stürzt sich gleich auf einen Cold Case-Fall, der Fall eines vermissten Jungen, Florian, der vor 16 Jahren spurlos verschwand.
Sie kann sich auf die Hilfe von Hendrik Norberg, dem Dienststellenleiter, stützen, erfährt aber von den damals ermittelnden Beamten nur Ablehnung.
Das stachelt ihre Neugier und neutrale Ermittlungsbereitschaft an.


Svea Jensen hat eine richtig spannende und unterhaltsame Fortsetzung ihrer Nordwest-Reihe vorgelegt. Das erste Buch dieser Reihe habe ich leider nicht gelesen, hatte aber überhaupt keine Schwierigkeiten in die Geschichte zu kommen.
Frau Jensen gewährt uns Leser tiefe Einblicke in die Polizeiarbeit und in angenehmer Weise auch in das Privatleben der Ermittler. Auch lernen wir die ungemütlichen Typen im Polizeiapparat kennen, die Karrieristen und Typen, die Probleme mit sexistischen Verhalten haben, also Typen, wie es sie in jeder Firma gibt. Bei der Polizei ist es allerdings schwerwiegender.

Die drei Kollegen in SPO werden sehr gut beleuchtet, sodass ihre Arbeitsweise sich aus ihren einzelnen Charakteren ergibt und nachvollziehbar wird.

Ich sehe in diesem Buch einen soliden Krimi. Der Spannungsbogen zieht sich in einem großen Bogen bis zum Ende, was logisch und nachvollziehbar ist. Was nicht heißt, dass ich die Lösung so erwartet hätte. Die Zusammenarbeit der Kollegen in SPO sowie die private Hintergrundgeschichte steigern die Vorfreude auf weitere Folgen dieser Reihe.

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Veröffentlicht am 05.06.2021

Unfassbar.....gut!

Das Geheimnis von Zimmer 622
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Während seines neuen Buchprojekts über seinen verstorbenen Verlegers Bernard de Fallois verbringt der Schriftsteller einige Tage in den Bergen im Hotel Palace. Mit der jungen Scarlett Leonas stöbert er ...

Während seines neuen Buchprojekts über seinen verstorbenen Verlegers Bernard de Fallois verbringt der Schriftsteller einige Tage in den Bergen im Hotel Palace. Mit der jungen Scarlett Leonas stöbert er einen alten Mordfall, der sich in diesem Hotel in Zimmer 622 ereignete, auf. Bis heute, ca. 15 Jahre nach dem Mord, wurden weder die Umstände, die zu diesem Mord führten, noch der Täter ermittelt worden.
Neugier und Abenteuerlust treiben die Beiden in ein Verwirrspiel von Sehnsüchten, Liebe, Eifersucht und Machtspielen.



Ich musste tatsächlich das Buch erst einige Zeit auf mich wirken lassen, um nach den Pünktchen aus voller Überzeugung „gut“ zu schreiben. Während des Lesens entfuhren mir einige Stoßseufzer bei den vielen Umbrüchen, Abbrüchen und stetigen Rückrückblenden. Man musste schon sehr konzentriert Lesen, um immer an der richtigen Stelle des Geschehens zu sein.

So viele Täuschungsmanöver, immer wieder war ich perplex, welche Wendungen nun wieder die Geschichte nimmt. Manchmal hatte ich die Vorstellung wie Joel Dicker beim Schreiben vor sich hin schmunzelt im Bewusstsein, den Leser wieder einmal vergnatzt zu haben.

Wenn ich die Geschichte Revue passieren lasse, interessiert mich eigentlich weniger, ob sie realistisch und nachvollziehbar ist. Sie ist einfach unheimlich unterhaltsam mit vielen Überraschungen erzählt.

Und das ist richtig gut.

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