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Veröffentlicht am 04.11.2021

Kann Niveau eines genialen Prologs nicht halten

Nightsky Full Of Promise
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Mounia Jayawanth ist eine neue deutsche Stimme bei Lyx, die ihre neue NA-Reihe in Berlin spielen lässt. Nach Anabelle Stehl ist sie nun also die zweite, die es mit einem deutschsprachigen Setting versucht ...

Mounia Jayawanth ist eine neue deutsche Stimme bei Lyx, die ihre neue NA-Reihe in Berlin spielen lässt. Nach Anabelle Stehl ist sie nun also die zweite, die es mit einem deutschsprachigen Setting versucht und es wird erneut bewiesen, dass es definitiv nicht das Ausland braucht, um ein typisches NA-Gefühl entstehen zu lassen. Zwar haben die meisten der gewählten Namen nun keinen deutschen Flair, aber damit kann ich dennoch leben, da sich gerade im Bereich der Spitznamen viel Hinwendung zum Amerikanischen gibt, deswegen kann ich diesen Mix gut nachvollziehen. Ansonsten ist mir gleich aufgefallen, dass Jayawanth mit ihrem Debüt „Nightsky Full of Promise“ eine sehr moderne Sprache anbietet. Teilweise etwas flapsig, aber das hat mich gar nicht so sehr gestört, weil das Ganze in einem sehr humorvollen Schreibstil eingebettet war, der mich oft zum Lachen gebracht hat, so dass ich das im Gesamten sehr stimmig fand. Insgesamt würde ich sogar die Prognose wagen, dass speziell Jayawanth im Lyx-Programm etwas Unverwechselbares entwickelt wird. Jedenfalls habe ich so ähnliches bislang noch nicht gelesen.

„Nightsky Full of Promise“ startet mit einem wirklich sehr guten Prolog. Die erste Begegnung von Sydney und Luke hat etwas wirklich Magisches an sich. Solche ersten Begegnungen wünscht man sich für sich selbst und auch für alle Geschichten, die man in diesem Genre so zu lesen bekommt. Selbst diese Wendung ganz am Ende ändert an diesem Eindruck nicht das geringste, denn Wette hin oder her, man hat einfach gemerkt, dass sich hier zwei Figuren begegnet sind, für die es unwiderruflich Klick gemacht hat. Dieser besondere Anfang hat aber natürlich auch die Messlatte für den weiteren Roman sehr hoch gelegt und da muss ich wirklich sagen, dass sich Jayawanth anschließend schwer getan hat, dieses Niveau auch weiterhin anzubieten. Während der Schreibstil sowie der damit transportierte Humor eine gern gesehene Konstante waren, so ist der Rest doch noch sehr unbeständig, was ich für ein Debüt aber wirklich nicht zu heftig kritisieren will, denn all die Fehler, die gemacht wurden, sind nicht für immer in Stein gemeißelt, sondern daran kann man arbeiten und gerade der Prolog zeigt ja eindrucksvoll, wie viel Potenzial in Jayawanth schlummert.

Besonders schwierig hat sich für mich die Darstellung von Sydney erwiesen. Ich fand sie am Anfang wirklich sehr sympathisch und im Grunde ist sie das auch durchweg, weil man merkt, dass sie wirklich eine sehr feine Person ist, aber verbunden mit der Tatsache, dass sie ihren Mund viel, viel zu lange nicht aufmacht, ist einfach ein Frustpotenzial entstanden, was sich nicht mehr eindämmen ließ. Mir ist bewusst, dass solche Romane davon leben, dass gewisse Konflikte verschleppt werden, um Spannung zu erzeugen, aber hier hat es Jayawanth definitiv zu gut gemeint. Es war nicht nur eine Nuance zu spät, es war ordentlich zu spät, als mal endlich alle Fakten auf den Tisch kamen. Denn zu dem Zeitpunkt hatte sich Sydney ihr Grab definitiv tief gebuddelt und es gab kaum noch etwas für sie zu entschuldigen. Luke wiederum war durchweg beständiger in seiner Art und hat dadurch natürlich mehr Sympathien gewinnen können. Dennoch ist gerade seine Familie aber auch mit dem Stilmittel der Übertreibung gestaltet worden. Ja, Konflikte müssen sein, aber es gibt eben ein Maß, das Fingerspitzengefühl erfordert und da kann man schnell mal drüber oder drunter landen. Insgesamt gab es vieler so kleiner Momente, wo die Figuren zu sehr zwischen den Extremen pendeln, dazu gehören auch die besten Freundinnen Maya und Vicky, aber auch andere. Dass das wohl auch nur Übungssache ist, habe ich für mich daran gemerkt, dass ich die große Riege der Nebenfiguren eigentlich echt mochte und dass es eben nur zwischenzeitlich zu Ausreißern gekommen ist.

Durch die Übertreibung an vielen Ecken und Enden leidet dann natürlich auch die Liebesgeschichte ein wenig. Denn dadurch, dass beide viel füreinander verheimlichen sind auch die richtig schönen Momente immer von einer dunklen Wolke überschattet. Da kann trotz ganz viel Chemie die Unbeschwertheit vom Prolog nicht mehr bestätigt werden. Zudem wurde auch zu viel Gesprächsbedarf durch Sex gelöst und das mehrfach. Das fand ich dann auch etwas seltsam. Dem gegenüber war ich aber wiederum begeistert, dass Jayawanth sich nicht scheut, wichtige Themen anzupacken. Sei es Rassismus oder sei es Feminismus. Die Themenblöcke sind erfrischend unaufgeregt verpackt worden. Hier wird nicht mehr der Keule geschwungen, hier wird eher nebenbei der Standpunkt klar, aber auch ein wirklich überzeugender Standpunkt, der mich sehr berührt hat und mich gespannt werden lässt, was sie auf Dauer mit den anderen Bänden noch anbieten wird.

Fazit: Jayawanth liefert mit „Nightsky Full of Promise” ihr Debüt ab, das typische Symptome eines Neulings zeigt. Das finde ich daher auch gar nicht so schlimm, zumal sich in meiner Kritik auch gezeigt hat, dass die angesprochenen Punkte in Zukunft leicht zu beheben sind. Am Wichtigsten ist ohnehin, dass Jayawanth schon jetzt eine ganze eigene Erzählstimme hat, da klappt die Balance in der Art und Weise, wie man ohne Übertreibungen besser zu erzählen weiß, irgendwann ganz von alleine. Gerade der Prolog hat wirklich gezeigt, dass die eingeschlagene Richtung sehr, sehr gut werden kann.

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Veröffentlicht am 26.10.2021

Eher oberflächliches Wiedersehen mit Vermont

Was wir in uns sehen - Burlington University
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Nachdem mich Sarina Bowen zuletzt nicht mehr so inhaltlich umgehauen hat wie noch mit ihrer „True North“-Reihe, war ich auf die „Burlington University“-Reihe dagegen wieder sehr gespannt, denn immerhin ...

Nachdem mich Sarina Bowen zuletzt nicht mehr so inhaltlich umgehauen hat wie noch mit ihrer „True North“-Reihe, war ich auf die „Burlington University“-Reihe dagegen wieder sehr gespannt, denn immerhin ist es von meiner geliebten Reihe ein Spin-Off und beschäftigt sich mit den beiden jüngsten Shipley-Kindern, den Zwillingen Daphne und Dylan. Die Leseprobe hat mich zwar schon etwas stutzig gemacht, da die ersten Seiten mit Dylan und Chastity von einigen Klischees geprägt war, aber ich habe mir gesagt, dass es einfach gut werden muss. Oder doch nicht?

Schon die „Ivy Years“-Reihe war eher für ein jüngeres Publikum mit Collegethematik gedacht, was für mich aber nicht an allen Stellen so gut gepasst hat, weil für mich einfach die tiefergehenden Themen und das Familiäre von True North gefehlt hat. Bei der neuen Reihe ist es nun leider so, dass sie an vielen Stellen auch eher zu oberflächlich ist, wobei wenigstens das Familiäre noch gegeben ist, denn die Shipleys und andere Figuren der Reihe tauchen oft genug auf. Es war also echt schön, alle nochmal wiederzuerleben und zu erfahren, wie es gerade bei ihnen läuft. Aber das konnte dann eben auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Dylan und Chastity in ihrer Charakterausarbeit nicht das Niveau erreicht haben, was ich sonst bei den Figuren der Reihe kennengelernt habe.

Ausgangspunkt dieser Schwierigkeiten sind definitiv die Oberflächlichkeiten, mit denen Dylan und Chastity eingeführt werden, denn diese sind nicht mal eben wieder abzubauen. Dylan ist der, der niemanden wirklich an sich heranlässt, weil er sich die Schuld am Tod seines Vaters gibt und glaubt, dass er für keine Beziehung gemacht ist. Zwar hat er eine Freundin, aber das ist auch eher nur der Bequemlichkeit geschuldet, mit Liebe hat das nichts zu tun. Dann haben wir Chastity, die in einer Sekte groß geworden ist und für alles Sexuelle bestraft wurde, also erstmal als sehr prüde dargestellt wird, aber eben doch mit einem versauten Gedankengut. Wobei der Ausdruck von „versaut“ nun nicht von mir stammt, denn Chastity sagt das ständig über sich selbst, was ich dann auch schon gleich grenzwertig finde, weil an Sex denken nun wahrlich nicht automatisch versaut gleichkommt. Aber so hat er sich ständig eingeredet, dass sie nur unschuldig ist und sie hat ihm immer hinterher geschmachtet. Das hat die inhaltliche Dichte nicht unbedingt ausgeprägt werden lassen. Alles rund um die Bonbon-Produktion ist wirklich sehr süß gemacht, das habe ich gerne mitverfolgt, aber so richtig ans Eingemachte ging es sehr spät.

Bei Chastity werden irgendwann noch ihre Ängste angepackt, die sie durch ihr vorheriges Leben unwiderruflich aufgebaut hat. Da gab es wirklich gute Ansätze, aber doch ist es auch etwas dünn geblieben. So fand ich auch ihre Texte, die sie für den Schreibkurs anfertigen musste, sehr, sehr dünn. Bei Dylan hat sich Bowen dann doch mehr Mühe gegeben. Gerade sein Gespräch mit seinem größeren Bruder Griffin war sehr stark sowie eben dann das Trauma rund um den Tod seines Vaters. Das hat mich mitgenommen und es war ein logischer Prozess, der abgebildet wurde. Leider waren danach seine Beziehungszweifel wie weggewischt und generell war er in seinem Denken bezüglich Chastity nur wenig konsequent. Nach der gemeinsamen Nacht will er erst Abstand, um sie dann doch wieder zu verführen, ohne dass wir zwischendurch seinen Sinneswandel mitverfolgen konnten.

Fazit: So richtig begeistert bin ich vom Auftakt der Burlington-Reihe nicht Natürlich kann man „Was wir in uns sehen“ sehr gut weglesen und es gab sehr süße Momente, tolle Wiedersehen mit vielen Figuren aus der True North-Reihe, aber beide Hauptfiguren waren in ihrer Darstellung nur befriedigend, weil es zu viele Klischees und zu wenig Stellen wirkliche Tiefe gab. Ich sehne mich weiterhin danach, mal wieder die Bowen zu erleben, die ich durch True North lieben gelernt habe.

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Herrlich leicht und doch oberflächlich

Boston College - Nothing but You
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Nachdem ich gerade ein Buch aus dem Genre High Fantasy besorgt habe, was mich wirklich an meine Grenzen getrieben hat, habe ich gerne zum Auftaktband von „Boston College – Nothing But You“ gegriffen, weil ...

Nachdem ich gerade ein Buch aus dem Genre High Fantasy besorgt habe, was mich wirklich an meine Grenzen getrieben hat, habe ich gerne zum Auftaktband von „Boston College – Nothing But You“ gegriffen, weil mir klar war, dass es eine leichte Lektüre werden würde. Das ist es auch geworden, was ich als Abwechslung wirklich sehr genossen habe, aber dennoch konnte auch mein Bedürfnis nach Abwechslung nicht darüber hinwegtäuschen, dass es insgesamt doch eine eher knappe und damit auch oberflächliche Erzählung geworden ist.

Auch wenn ich Lyla und Beck beide sehr gemocht habe, so hatte ich doch den Eindruck, dass ein großes Ungleichgewicht bei der Darstellung ihrer Privatleben geherrscht hat. Während Beck sicherlich nicht die Perspektive war, die richtig tief gegangen ist, so war er doch derjenige, der mit dem Verlust seiner Eltern ein schweres Schicksal hat und nun vor der Aufgabe steht, das Familienunternehmen zu führen. Mit seiner kleinen Schwester, die bei der ungeliebten Tante lebt, war also genug Konfliktpotenzial gegeben, das auch voll ausgeschöpft wurde. Einzig seine Leidenschaft für das Eishockey erschien mir vor allem auf dem Papier zu bestehen, ich hätte mir doch gewünscht, dass das deutlich mitreißender gestaltet worden wäre, denn schließlich besteht für Beck eigentlich kein Zweifel, dass er eine Profikarriere anstrebt statt eine als Geschäftsmann.

Bei Lyla wiederum war es völlig umgekehrt. In ihren Gedanken waren wir viel näher an den Gefühlsthemen dran, man konnte mit ihr deutlich mehr mitleiden. Doch ihre Familie hat nur namentlich eine Rolle gespielt, ansonsten nicht. Das ist definitiv eine Verschwendung, da viele von Lylas Komplexen schließlich aus ihrem Elternhaus kamen, wie beispielsweise die Verdeckung ihrer Kurven. Da war es doch sehr seltsam, dass es nicht eine Begegnung mit den Eltern gab. Insgesamt fand ich es so auch schade, dass Lyla kein Konfliktpotenzial in die Geschichte mitbrachte. Sie ist die Beständige und Beck wird so ein wenig zum Buhmann gemacht, was aber völlig ungerechtfertigt ist. Zumal ich es bei Lyla schade fand, dass ihre ständige Betonung, eine Feministin zu sein, aber überhaupt nicht der Realität entsprach. Das ändert nichts an meinen Sympathien für sie, doch was sie da immer betont hat, hatte nichts damit zu tun, was sie dann mit ihrer Liste erreichen wollte. Denn letztlich hat sie sich doch zum Opfer von gesellschaftlichen Zwängen gemacht, Selbstbehauptung im positiven Sinn war das gewiss nicht.

Abseits von den Charakteren ist es definitiv so, dass das Erzähltempo angenehm schnell war. In der Konsequenz hat das natürlich wiederum bedeutet, dass nicht jeder innige Moment auch tatsächlich so rübergekommen ist. Das hat man besonders an den intimen Szenen bemerkt, die regelrecht überhastet geschildert wurden. Da es ein ‚überwältigendes‘ Erlebnis für Lyla werden sollte, musste ich doch schmunzeln, denn überwältigend stelle ich mir doch anders vor. An sich war es einfach eine eher oberflächliche Liebesgeschichte, die aber wirklich süß war. Auch wenn das Gleichgewicht nicht immer stimmte, würde ich zudem insgesamt urteilen, dass die Geschichte rund erzählt ist.

Fazit: Der Auftakt zur Reihe „Boston College“ war für mich wirklich die dringende benötigte ‚leichte‘ Lektüre, was beweist, dass ‚leichte Lektüre‘ nicht immer ein vernichtendes Urteil an sich sein muss. Natürlich sagt man das nicht zu einem Buch, das überall dorthin geht, wo es wehtun muss, so ist es eben eine eher oberflächliche Erzählung, die aber in einem Rutsch unheimlich unterhält. Man sieht die Defizite, aber man kann sie gut verzeihen, weil es insgesamt einfach wirklich angenehm ist.

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Veröffentlicht am 04.08.2021

Am Scheideweg

Totenschrein (Ein Sayer-Altair-Thriller 3)
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2018 war „Todeskäfig“ von Ellison Cooper definitiv der Thriller des Jahres für mich, da er so faszinierend und spannend geschrieben worden ist. Der zweite Band, „Knochengrab“, hatte sicherlich nicht mehr ...

2018 war „Todeskäfig“ von Ellison Cooper definitiv der Thriller des Jahres für mich, da er so faszinierend und spannend geschrieben worden ist. Der zweite Band, „Knochengrab“, hatte sicherlich nicht mehr ganz den Glanz des ersten Kennenlernens, aber da stellte sich für mich schon deutlich an, dass ich mit den Figuren bereits eng zusammengewachsen bin. Nun steht also bereits der dritte Band der Reihe, „Totenschrein“, in den Bücherregalen und hier erfahrt ihr meine Meinung.

Nach der Lektüre des Thrillers ist mir relativ schnell bewusst geworden, dass sich die Reihe gerade definitiv am Scheideweg befindet, wo sie ganz gewaltig aufpassen muss, um nicht langsam aber sicher in Richtung „gewaltige Enttäuschung“ abzurutschen. Den dritten Band würde ich definitiv noch nicht als Enttäuschung bezeichnen, aber es sind schon deutliche Ansätze zu bemerken, die gerade nicht unbedingt Hoffnung machen. Coopers Hauptfigur Sayer zeichnet sich neben ihrem Job als FBI-Agentin dadurch aus, dass sie auch leidenschaftliche Neurowissenschaftlerin ist, die in die Psyche der Serientäter einsteigt. Das war und ist für mich ein sehr spannender Aspekt, der gerade im ersten Band auch brutal gut ausgespielt wurde. In diesem Band ist davon aber leider nicht mehr viel zu sehen. Zwar ist da immer noch die Verbindung zu dem ominösen Studienteilnehmer, der so präsent wie nie zuvor ist, aber es geht nicht mehr um die konkreten Untersuchungen an sich. Auch in dem Fall selbst werden ihre Fähigkeiten dazu kaum ausgespielt und es ist einfach schade, dass so ein Alleinstellungsmerkmal nicht konsequent beibehalten wird.

Kommen wir nun zum dargestellten Kriminalfall, den ich rein vom Papier her als extrem gut bezeichnen würde, denn ein Bus mit 24 Jugendlichen zu entführen, wovon ruckzuck die Hälfte tot ist, oh wow, das ist eine Ausgangslage, die man in Krimis und Thrillern jetzt nicht gerade häufig präsentiert bekommt. Ich war davon wirklich so beeindruckt, dass ich dachte, so jetzt kommt ein richtiger Knall, weil es nach diesem Auftakt doch nur überragend werden kann. Aber tatsächlich werden die Ermittlungen und die Spurensuche in Richtung des Täters nicht gerade intelligent und spannend erzählt. Das liegt leider zu einem großen Teil daran, dass sich in die Ermittlungen eine zweite Teilhandlung einschleicht, wo man mit zunehmend Verlauf merkt, dass diese von der Autorin als wichtiger eingeschätzt wurde. Das sorgt zum einen dafür, dass viel zu früh offensichtlich ist, wer der Täter ist und es sorgt dafür, dass der Weg dahin nicht raffiniert und mit Wendungen erzählt ist, sondern nur etwas dauert, weil es von außen manipuliert wird.

Die zweite Teilhandlung wiederum hätte nun wirklich sehr spannend werden können, aber in dieser konkreten Umsetzung fand ich fast schon, dass sie soapig gestaltet wurde. Hier wurde mit vielen Klischees gespielt, was dann wiederum dafür gesorgt hat, dass der Überraschungseffekt sich gelegt hat, denn in Soaps ist bekanntlich vieles bereits im Vorfeld zu prognostizieren. Es tut mir leid, aber für diese doch sehr brisante Teilhandlung, weil sie Sayer so extrem beeinflusst, hätte man sich ein besseres Setting einfallen lassen müssen. Einfach besser, raffinierter und all so etwas hätte es sein müssen. Auch die Rolle des Studienteilnehmers war dann irgendwann vorherzusehen und dass darf Cooper einfach nicht passieren. Vor allem wenn ich bedenke, dass im ersten Band diese Kritik nicht ansatzweise anzubringen war. All diese Kritik ist nun sehr schade, denn die Figuren, die nun schon drei Bände dabei sind und so viel Profil gewinnen konnten, sind mir wirklich ans Herz gewachsen, aber diese Tendenz muss definitiv durchbrochen werden!

Fazit: „Totenschrein“ ist noch nicht als Enttäuschung zu klassifizieren, aber auch nicht weit davon entfernt. Der Kriminalfall war vom Papier her vielversprechend, doch wurde durch eine zweite Teilhandlung völlig ausgebremst. Die zweite Teilhandlung war zwar wichtig, ist aber zu vorhersehbar gestaltet worden. So ist von Coopers Brillanz erstmal nicht viel zu sehen. Die Reihe befindet sich hiernach am Scheideweg. Bekommt die Autorin das Ruder noch mal umgerissen?

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Veröffentlicht am 05.06.2021

Potenzial im entscheidenden Punkt nicht genutzt

Ein letzter erster Augenblick
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Als ich eine Leserunde zu „Ein letzter erster Augenblick“ von Holly Miller entdeckte, war ich sofort neugierig. Denn zum einen ist das Cover wirklich herrlich romantisch, dann handelt es sich um ein Debüt ...

Als ich eine Leserunde zu „Ein letzter erster Augenblick“ von Holly Miller entdeckte, war ich sofort neugierig. Denn zum einen ist das Cover wirklich herrlich romantisch, dann handelt es sich um ein Debüt und zum anderen waren die ersten veröffentlichten Rezensionen so positiv, dass ich mit dem Klappentext im Hinterkopf begeistert zugesagt habe, aber von dieser Begeisterung war schon nach dem ersten Drittel nicht mehr viel übrig und nach hinten raus konnte das Ruder leider auch nicht mehr umgerissen werden.

Charakterlich macht das Buch überhaupt nichts falsch, denn Joel und Callie sind für mich beides Figuren, die mir sofort vertraut waren, da ich mit beiden vielen Eigenschaften teile. Die beiden passten auch hervorragend zusammen, das hat man auch von Anfang an gemerkt. Wenn die beiden ihrem Glück dann auch nachgeben, ist das auch einfach Zucker, was sich zwischen ihnen abspielt. Aber dieser Teil hat leider nicht ausgereicht, um mich wirklich nachhaltig an die Seiten zu fesseln. Denn ich muss gestehen, dass ich anhand des Klappentextes vor allem an Joels Fähigkeiten interessiert war und was das für ihre Liebesgeschichte bedeutet. Doch genau diese Fähigkeiten sind seltsamerweise eher mit Handschuhen angepackt worden. Man hat sich das, was Joel dabei erlebt, zusammensuchen müssen, weil immer stückchenweise neue Informationen hinzugefügt wurden. Aber ich hätte mir gewünscht, dass wir wirklich mit Joel in diesen Träumen sind, die die Zukunft bestimmen. Dass wir alles hautnah miterleben und begreifen, was für eine Bürde das sein muss, je nachdem, was er so zu sehen bekommt. Aber die Autorin hat leider nur an der Oberfläche gekratzt, was mir das Gefühl gegeben hat, dass ich mich gerade in Joels emotionale Belastung gar nicht so einfinden kann.

Da oft eine intensive Auseinandersetzung mit Joels Fähigkeiten fehlte, hatte ich leider auch oft das Gefühl, dass sich die Geschichte sehr gezogen hat. Das hat mich sogar irritiert, denn die Perspektive zwischen Joel und Callie wechselt wegen kurzen Kapiteln sehr oft hin und her, das spricht eigentlich für Dynamik, aber die Dynamik hat sich nicht auf mich als Leserin übertragen. Vielleicht ist der Effekt auch nicht eingetroffen, weil ich nicht das bekommen habe, was ich im Vorfeld erwartet habe, aber ich fand, dass es angesichts der Oberflächlichkeit nicht viel gab, was mich angetrieben hat. Im letzten Drittel der Geschichte kommt dann der Aspekt, der der Klappentext schon angekündigt hat (sehr unglücklich!) und es wird tatsächlich spannender, da Callie und Joe nun vor der zentralen Herausforderung für sie als Paar stehen. Hier hatte die Geschichte tatsächlich mal Zug, auch weil es nun um wirklich tiefgehenden Schmerz ging, der nicht kalt lassen konnte.

Dennoch tut sich die Geschichte am Ende keinen Gefallen. Zwar regt die Auflösung der Handlung zum regen Nachdenken über Schicksal und ähnliche Thematiken an, aber ich hätte mir meinen Gedanken noch ganz anders gemacht, wenn es das Buch wirklich geschafft hätte, im finalen Showdown das zu liefern, was ich in einem wirklich herzzerreißenden Buch dann auch erwarte. Ich war am Ende nicht mehr bei Joel und Callie, denn sogar die vielleicht wichtigste Szene im gesamten Buch war dann ernüchternd schnell abgehakt. Das ist dann doch sehr dürftig.

Fazit: „Ein letzter erster Augenblick“ kann leider das Versprechen, das schon auf der Klappbroschüre thesenhaft angedeutet wurde, nicht einhalten. Die Figuren waren wirklich vielversprechend, aber die Geschichte, die man mit Joels Fähigkeiten hätte erzählen können, wurde nicht geboten. Echte Emotionen sind dadurch nur rar aufgeflackert und am Ende war dann wirklich kaum noch Magie zu spüren. Schade!

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