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Veröffentlicht am 15.09.2021

Vom Leben in einem B&B in Cornwall

Chaos in Cornwall
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Beim Lesen des Romans von Elisabeth Kabatek hatte ich das Gefühl, zwischen Doc Martin und Louisa in Portwenn auf einem Hügel zu stehen und auf das Dörfchen und den Hafen hinunter zu blicken. Ein winziger ...

Beim Lesen des Romans von Elisabeth Kabatek hatte ich das Gefühl, zwischen Doc Martin und Louisa in Portwenn auf einem Hügel zu stehen und auf das Dörfchen und den Hafen hinunter zu blicken. Ein winziger Hafen mit Fischerbooten, die nun bei Ebbe auf dem Sand liegen. Einige Männer in gelben Wachshosen flicken Fischernetze. Truro und Bodmin sind nicht weit. Leser meiner Rezensionen werden es ahnen: Ich war wieder mit einem Buch in meiner zweiten Heimat Cornwall.

Doch worum geht es in diesem lockeren, unterhaltsamen Roman? Margarete aus Stuttgart ist gerade ohne Job. Vor vier Wochen hat sie Roland kennengelernt. Der lädt sie zu einer Urlaubsreise nach Cornwall ein. Doch bereits in der ersten Nacht bereut sie, diese Einladung angenommen zu haben. Solch einen Spießer wie Roland hatte sie sich nicht vorstellen können. Sie nimmt Reißaus, samt seinem Auto. Dabei strandet sie in dem kleinen Küstendorf Port Piran. Dort lernt sie die Alt-Punkerin Mabel kennen, die ein Bed & Breakfast unterhält. Mabel mag die Deutsche nicht, doch zähneknirschend muss sie Einiges schlucken, während sich Margarete vor Roland flüchtet und sich versteckt.

Elisabeth Kabatek stellt uns Cornwall auf sehr angenehme Weise vor. In die Handlung mit den vielen die Beziehungen und Konfliktee der Figuren sind jede Menge Tipps für Cornwall-Reisende verborgen. Landschaft, Pubs, Menschen, Läden. Sie sind so beschrieben, wie auch ich Cornwall kenne und liebe.

Die Konflikte, aus denen die Spannung bezogen wird, basieren auf den Beziehungen der Figuren untereinander. Filmcrew, Nachbarn, Pensionsgäste und Freunde sind sich nicht alle untereinander grün. Und gerade Mable hütet ein Geheimnis, von dem sie glaubt, es am besten zu verstecken, wenn sie eine mürrische und spröde B&B-Inhaberin gibt und keinen in ihr Innerstes schauen lassen will.

Am Anfang des Buches hatten mich allerdings Ausdrücke aus weiblichen Frauenmund abgeschreckt. „Schwitze wie ein Schwein“ und „den Pissern in Rechnung stellen“ waren nicht dazu geeignet, einen Leser bei der Stange zu halten. Sie passen nicht in die Atmosphäre dieses wunderschönen Romans und tauchen später auch nicht wieder auf.

Ein unterhaltsamer und liebenswerter Roman bleibt »Chaos in Cornwall« allemal. Wer auch in Gedanken gern in die cornischen Gefilde reist, sollte diesen Roman nicht vermissen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

Veröffentlicht am 20.08.2021

Hart, härter, gnadenlos!

Blacktop Wasteland
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Mit diesem Roman lernt der Leser mögliche Hintergründe kennen, die dazu führen, dass ein Familienvater zum Verbrecher wird.

Im Mittelpunkt des Romans steht Beauregard, Inhaber einer Autowerkstatt, verheiratet, ...

Mit diesem Roman lernt der Leser mögliche Hintergründe kennen, die dazu führen, dass ein Familienvater zum Verbrecher wird.

Im Mittelpunkt des Romans steht Beauregard, Inhaber einer Autowerkstatt, verheiratet, eine Tochter und zwei Söhne. Die Mutter hat Beauregard in einem Seniorenheim untergebracht. Sein Vater ist bereits tot. Er ist Afro-Amerikaner. Der Roman startet mit einem illegalen Autorennen. Beauregard nimmt mit Kelvin, seinem Cousin und Angestellten daran teil. Er braucht dringend das Geld, um die Pacht für seine Werkstatt und das Schulgeld bezahlen zu können. Und dann kommt auch noch das Seniorenheim und verlagt $48.000 von ihm, weil die Mutter falsche Angaben gemacht hatte. Doch schon kurz nach dem Autorennen wird klar, dass er von dem Veranstalter des Rennens betrogen wurde. Dieser Veranstalter organisiert landauf und landab solche rennen nur, um Leute abzuziehen und zu betrügen. Es steckt eine Masche dahinter.

Das Ziel des Protagonisten Beauregard ist von vornherein sehr klar: nie mehr in den Knast, nie mehr Verbrechen, nur noch legal Geld verdienen und sich um die Familie kümmern. Raus aus dem Stigma, dass alle Farbigen nur Verbrecher sein können. Doch obwohl er die Autowerkstatt schon einige Zeit besitzt, muss er sich eingestehen, dass es nicht so einfach ist, eine Familie auf legale Weise zu ernähren. So häufen sich immer mehr Probleme auf. Sein finanzieller Engpass wird immer größer.

S. A. Cosby, selbst ein Afro-Amerikaner, schildert die Situation gnadenlos. Die Dialoge sind voller Slang. Der Protagonist ist sehr sympathisch und als Leser wünscht man ihm das beste. Dennoch sieht man, wie er in den Strudel des Verbrechens hineingezogen wird. Behörden, Versicherung etc. Es scheint keine Möglichkeit zu geben, aus dem Teufelskreis auszubrechen.
Blacktop WastelandBlacktop Wasteland

Ich habe mit diesem Roman, den ich im Original gelesen habe, eine sehr schmutzige Seite Amerikas kennengelernt. Die Geschichte wird aus einer Perspektive erzählt, die man selten in Romanen geboten bekommt. Man kennt ähnliche Bilder aus den Nachrichten und sieht die Farbigen oft in den Gangs. Aber wie sie in die Gangs getrieben werden, wird oft nicht ausgesprochen. Ich las in diesem Roman, wie das Gegenteil praktiziert wird.

Es hat mich fasziniert. Die Gründe für den Abwärtsstrudel zu erfahren, hat mir haben mir sehr gut allen. Selbstredend, dass die Geschichte von Beauregard sehr spannend ist.

Diesen Roman als Kriminalroman zu bezeichnen, würde ihm nicht gerecht werden. Denn er ist überwiegend weitaus mehr als nur das. Es geschehen zwar Verbrechen, er ist ein Verbrecherroman und der Leser verlässt das Milieu der Verbrechen nicht, aber er ist auch ein großer Familienroman, denn in ihm geht es ausschließlich darum, wie ein Mann versucht, alles für seine Familie zu tun. Jeder Schritt ist abgestimmt auf den Zusammenhalt seiner Familie. Lediglich die Umstände, in denen dies bewältigt werden muss, sind desaströs.

Ein höchst empfehlenswerter Roman für alle, die mal hinter die Kulissen der Verbrechen schauen wollen deren Sicht.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

Veröffentlicht am 12.08.2021

Eine berührende Geschichte von Olive und Jack

Die langen Abende
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Wenn man es in so vielen Romanen immer wieder mit Gangstern und Serienmördern zu tun bekommt, ist die knisternde Spannung in »Die langen Abende« von Elizabeth Strout eine angenehme Abwechslung.

»Die langen ...

Wenn man es in so vielen Romanen immer wieder mit Gangstern und Serienmördern zu tun bekommt, ist die knisternde Spannung in »Die langen Abende« von Elizabeth Strout eine angenehme Abwechslung.

»Die langen Abende« erzählt viele Geschichten aus dem alltäglichen Leben in einer Kleinstadt im Osten der USA. Elizabeth Stroud schafft es hervorragend, die Gedanken und Gefühle ihrer Figuren zu beschreiben. Sie ist so nah dran, dass jeder Leser etwas in und an den Figuren entdeckt, was auch auf seine eigene Familie zutrifft.

Geht es um die beiden Protagonisten oliv und Jack, die beide vor wenigen Monaten bzw Jahren ihre Ehepartner verloren haben. In ihrem kleinen Örtchen Crosby Maine haben sie sich kennengelernt, freunden sich an, beginnen sich zu lieben. Natürlich geht das nicht ohne Streit und Konflikt. Aber beide fühlen sich von ihren Familien, das heißt ihren Kindern, im Stich gelassen. Sie fühlen sich einsam und finden deshalb umso weniger zusammen einander.

Leben von Olive und Jack läuft in gemeinsam und in getrennten Kapiteln ab. Sie denken viel darüber nach, wie das Leben richtig gemeistert haben, ob ihre Ehe und die Erziehung der Kinder richtig gelaufen war. Vielleicht haben Sie ja auch aus falscher Loyalität zu lange zu ihrem ersten Ehepartner gestanden?

Sehr einfühlsam beschreibt Elizabeth strout die Gefühlswelt ihrer Figuren. Dabei dreht es sich nicht ausschließlich um die beiden Protagonisten. Der Leser lernt einen ganzen Mikrokosmos einer Kleinstadt eine kaktenen und kann dem Schluss gelangen: Die an, denen geht es auch nicht anders. Mich verblüfft dabei immer wieder, dass die Gefühle und die Ansichten der Menschen auf jedem Punkt der Erde offenbar sehr ähnlich sind. Dass es sich bei diesem Roman um einen amerikanischen handelt, ist nur dem Lokalkolorit der Kleinstadt zu entnehmen dem Verhalten der Figuren.

»Die langen Abende« ist ein Roman, den man in vollen Zügen genießen kann, ohne dass dabei der Humor auf der Strecke bleibt. Ich mag ihn sehr. Er hatte mich nach den ersten Sätzen an die Romane »Die Korrekturen« von Jonathan Franzen und »Diese alte Sehnsucht« Richard Russo erinnert, die ich ebenfalls schon auf meinem Blog besprochen habe.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

Veröffentlicht am 12.08.2021

Robicheaux – wie der Name schon sagt

Mein Name ist Robicheaux
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Dieser Roman ist der wohl persönlichste Roman über die Figur des Dave Robicheaux. Ich habe ihn im Original gelesen, obwohl er auch bei Pendragon unter dem Namen »Mein Name ist Robicheaux« erschienen ist ...

Dieser Roman ist der wohl persönlichste Roman über die Figur des Dave Robicheaux. Ich habe ihn im Original gelesen, obwohl er auch bei Pendragon unter dem Namen »Mein Name ist Robicheaux« erschienen ist .

Was macht diesen Roman nun zu einem ganz besonderen Roman dieser Reihe von James Lee Burke? Zunächst beginnt er nicht mit einem krachenden Kriminalfall. Es geht vielmehr um die Figuren in diesem Roman und wie sie ihren Tagesablauf gestalten. Robicheaux arbeitet im Sheriffbüro und Helen Soileau. Von einem aufstrebenden Politiker und Geschäftsmann wird er gebeten, ihn mit einem Schriftsteller bekannt zu machen, der ebenfalls im Iberia Parish lebt. Dabei soll es um Geschäfte gehen, um die Verfilmung eines Romans. Eine andere lokale Größe hat ebenfalls Interesse, diesen Film zu produzieren. Es gibt Geplänkel hin und her.

Dann geschieht der Mord an einem kleinen Ganoven. Robicheaux gerät in Verdacht. Seine Chefin beauftragt seinen Kollegen, der aus Florida kommt, mit den Ermittlungen. Und dann passieren noch viele weitere Sachen, die unheimlich die Spannung des Geschehens in die Höhe treiben, aber nicht wie ein großer Kriminalfall wirken. Es sieht eher alles nach gewöhnlicher Polizeiarbeit aus. Es werden viele kleine Details aus dem Leben der Figuren berichtet. Durch einen erneuten alkoholischen Absturz des Protagonisten wird auch diese Problematik beleuchtet. Und die Sorge um einen kleines Jungen des Mordopfers treibt Robicheaux’ Freund Clete Purcel um. Robicheaux’ Adoptivtochter Alafair möchte außerdem den Roman des Schriftstellers in ein Drehbuch verwandeln. Über allem stehen mit der Produktion des Films die Verstrickungen von Politik, Wirtschaft und Verbrechen.

Wenn der Roman auch der persönlichste für die Figur Robicheaux ist, so beleuchtet er doch auch viele persönliche Züge des Schriftstellers James Lee Burke. Dazu gehören die Erfahrungen zum Alkohol genauso wie die Liebe zu Louisiana. Und wenn im Roman die Adoptivtochter Alafair an einem Schreibtisch aus einer Eichentür, die auf vier Pflöcken, steht, arbeitet, dann ist auch das eine wahre Begebenheit aus dem Leben des Schriftstellers zu einer Zeit, als seine Manuskripte nicht mit sehr viel Wohlwollen angenommen wurden.

Außerdem trägt eine von Burkes Töchtern tatsächlich die Namen Alafair und macht ihrem Vater als Bestseller-Autorin und als Co-Autorin von Mary Higgins Clark starke Konkurrenz. Die beiden Alafairs im Leben von Burke haben also auch das Schreiben gemeinsam.

Wer einmal in die Welt von Dave Robicheaux eingetaucht ist, sollte sich diesen Romane nicht entgehen lassen, um auch das letzte Körnchen Wahrheit um die Freunde und Familie dieser sehr zwiegespaltenen Figur kennenzulernen. Wer noch am Anfang der Robicheaux-Reihe steht, sollte vielleicht hiermit beginnen, um einen Überblick zu erhalten. Zwar gibt es hier auch blutige Nasen und Beulen, aber dieser Roman ist lange nicht so brutal wie manch ein anderer.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

Veröffentlicht am 31.07.2021

Der Rächer treibt sein Unwesen in London

Der Rächer
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Als ich die Ankündigung des Thrillers von Toni Kent las, erinnerte ich mich schlagartig an seinen Debütthriller »3-2-1 Im Kreis der Verschwörer«, den ich ebenfalls in meinem Blog besprochen habe. Nun war ...

Als ich die Ankündigung des Thrillers von Toni Kent las, erinnerte ich mich schlagartig an seinen Debütthriller »3-2-1 Im Kreis der Verschwörer«, den ich ebenfalls in meinem Blog besprochen habe. Nun war ich gespannt auf eine mögliche Fortsetzung.

»Der Rächer« ist aber keine Fortsetzung der Handlung, wohl aber eine im Leben der Figuren des ersten Romans. Protagonisten sind der Anwalt Michael Devlin, inzwischen zum Kronanwalt befördert, und seine – nun – Verlobte, die TV-Reporterin Sarah Truman.

In seinem Haus wird ein Lordoberrichter bestialisch getötet, zerstückelt und an der Wand gekreuzigt. Die Ermordung eines Mannes solchen Kalibers, der sich aufgrund seines Berufes nicht wenig Feinde gemacht hatte, setzt die Polizei gewaltig unter Druck. Eine der renomiertesten und besten Leiterinnen einer Mordkommission in London, Joelle Levi, wird mit dem Fall betraut. Sarah ist als Reporterin ebenfalls sofort am Ball. Nur der Kronanwalt hat noch in einem anderen Fall zu tun. Obwohl er das Opfer kennt, sein Freund ein enger Dreund des Opfers war, ist dessen Tod für ihn dienstlich nicht von Belang. Es ist nur Gerichtsklatsch und er hat damit nichts zu tun. Bis dann …

Da Toni Kent selbst als Anwalt in London arbeitet, sind ihm die juristischen Vorgänge, die er sehr haarklein genau in »Der Rächer« schildert, längst geläufig. Er schildert zunächst die Tätigkeiten und Abläufe der von mir oben genannten drei Figuren. Im Falle des ermordeten Richters sieht man den Ablauf der Ermittlung aus der Sicht des Polizeiapparat und aus der der Medien. Über den Kronanwalt baut sich dessen aktueller Prozess auf. Und eine weitere Handlung, die die Arbeit der Mordermittler stört, ist die Ermordung weiterer Leute, die nichts mit dem ersten Opfer zu tun haben.

Über einen langen Zeitraum läuft für die Leser alles parallel. Stets ist man darauf bedacht, nichts zu verpassen, was vielleicht Rückschlüsse auf einen anderen Strand zulässt.

Tony Kent versteht es meisterlich, die Figuren trotz aller Widersprüchlichkeit sympathisch erscheinen zu lassen. Dass das Geschehen ein blanker Nervenkitzel bleibt und auch die Beziehungen zu knistern beginnen, ist offenbar selbstverständlich.

Die vielen Details aus der britischen Justiz sind mir persönlich ein willkommener Gegenpol zu den vielen amerikanischen Gerichtsromanen, die ich gelesen habe. Ich habe selbst die kleinsten Details genossen. Die Dialoge im Gericht selbst vor den Geschworenen sind genau solche Leckerbissen wie ähnliche Dialoge bei dem Bestsellerautor Michael Connelly.

Natürlich gibt es zudem viel britisches Lokalkolorit. Durch meine Erfahrungen in England kamen mir viele kleine Begebenheiten im Tagesablauf sehr bekannt und authentisch vor.

»Der Rächer« von Tony Kent ist ein Thriller, den ich in jedem Fall sehr empfehlen kann.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

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