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Veröffentlicht am 15.04.2022

Vom Verlieren und (Wieder-)Finden

Das Fundbüro der verlorenen Träume
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Dot liebt ihren Job im Fundbüro: Umgeben von Dingen, die verloren und zurückgelassen wurden kann sie ihren eigenen Schmerz, entstanden aus einem tragischen Verlust, ignorieren. Und wenn sie einem Menschen ...

Dot liebt ihren Job im Fundbüro: Umgeben von Dingen, die verloren und zurückgelassen wurden kann sie ihren eigenen Schmerz, entstanden aus einem tragischen Verlust, ignorieren. Und wenn sie einem Menschen einen Gegenstand zurückgeben kann blüht Dot auf. Umso mehr trifft sie die Geschichte von Mr. Appleby, einem sympathischen älteren Gentleman, der eine Tasche im Bus hat stehen lassen. In dieser befindet sich das Portemonnaie seiner verstorbenen Frau und somit ein Gegenstand von großem ideellen Wert. Dot setzt alles daran ihn zu helfen und macht auf der Suche nach Mr. Appelbys Tasche ohne es zu bemerken auch selbst eine Entwicklung durch, die sie wieder näher ans Leben und ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse führt.

Zugegebenermaßen hat mich das Cover von „Das Fundbüro der verlorenen Träume“ zunächst nicht vom Hocker gehauen. Es wirkt auf mich etwas altmodisch und irgendwie zu leer, auch wenn das Motiv durchaus zum Inhalt passt. Leider ist es so unauffällig, dass ich es im Buchladen wohl kaum bemerkt hätte. Der Titel hat indes sofort mein Interesse und meine Neugierde geweckt.

Helen Frances Paris´ Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig, ich habe etwas gebraucht, um mich in diesen einzulesen. Lässt man sich darauf ein liest sich das Buch dann aber flüssig, wenn auch an einigen Stellen etwas ausschweifend aufgrund unnötig detaillierter Beschreibungen. Gut gefallen mir der unterschwellige Humor und insgesamt die Dialoge. Wobei besonders herausragend die göttlichen, oftmals doppeldeutigen und gut durchdachten Kapitelüberschriften sind – hier musste ich einige Male laut loslachen! Auch sehr kreativ, dass diese optisch als die im Buch beschriebenen Anhänger für die Fundgegenstände dargestellt werden. Authentisch und sensibel beschrieben wurden ebenfalls emotionale Stellen wie beispielsweise alles zum Thema Verlust. Gut beschrieben waren auch Atmosphären, wobei besonders die nostalgische im Fundbüro hervorzuheben ist. Der Blick hinter die Kulissen wirkte auf mich authentisch und war interessant.

In die Geschichte an sich bin ich gut hineingekommen, Dots Arbeit im Fundbüro konnte ich mir gut vorstellen. Schwieriger wurde es dann, je weiter sich die Geschichte entwickelt hat und weitere Nebenstränge, insbesondere aus Dots Privatleben, hinzukamen – irgendwann wusste ich gar nicht mehr, in welche Richtung der Inhalt sich gerade bewegt. Schade fand ich zudem, dass der Handlungsstrang um Mr. Applebys Tasche so abrupt endet, ich hätte mir nach dem Klappentext einen verstärkten Fokus hierauf erhofft. Das war mir persönlich zu wenig behandelt. Irgendwann überschlagen sich die Ereignisse und rutschen teilweise ins Abstruse. Hier kam dann nach längeren zähen Stellen plötzlich alles auf einmal. Einige Begebenheiten erschienen mir unpassend und unglaubwürdig, dann gab es aber auch wieder herzerweichende, wunderschöne Szenen. Für mich war das Buch ein Hin- und Her der Gefühle und ich habe lange geschwankt, ob es mir nun gefällt oder nicht. Insbesondere das Ende hatte für mich große Schwächen und ich war absolut nicht davon überzeugt.

Auch Dot als Protagonistin konnte ich bis zum Ende hin nicht wirklich greifen. Einerseits wirkt sie sehr empathisch und liebevoll im Umgang mit den verlorenen Gegenständen und ihren Kunden; sobald es ins Private geht aber labil und unnahbar. Sie zieht sich zurück und verkriecht sich so sehr, dass ihr Verhalten irgendwann pathologische Züge annimmt. Ihr Schmerz und ihre Trauer werden greifbar, ihr daraus resultierendes Verhalten allerdings nicht unbedingt.

Insgesamt stehe ich dem Buch zwiespältig gegenüber. Ich wurde zwar gut unterhalten von der Geschichte, aber richtig überzeugt hat sie mich dann doch nicht.
Schade, denn das ungewöhnliche Setting im Fundbüro und die Story um Mr. Applebys Tasche hatte durchaus Potenzial, welches in meinen Augen aber nicht optimal ausgeschöpft wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.03.2022

Teil 2 der Jigsaw-Man-Reihe – zwar ohne Jigsaw-Man, aber bekanntem Ermittlerteam

Jigsaw Man - Der tote Priester
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DI Anjelica Henley kämpft um ihre Ehe, als sie zu einem neuen Fall gerufen wird: In einer Kirche wurde der örtliche Pastor auf brutalste Weise ermordet aufgefunden, gestorben an unzähligen Messerstichen. ...

DI Anjelica Henley kämpft um ihre Ehe, als sie zu einem neuen Fall gerufen wird: In einer Kirche wurde der örtliche Pastor auf brutalste Weise ermordet aufgefunden, gestorben an unzähligen Messerstichen. Bei der Untersuchung des Tatorts der nächste Schock: In einem unauffälligen Nebenraum stößt Anjelica auf einen halbtoten jungen Mann, der schwer misshandelt wurde. Wie hängen die beiden Fälle zusammen? Gibt es überhaupt einen Zusammenhang? Mit wie vielen Mördern hat das SCU diesmal zu tun? Und was ist das Motiv? Während Anjelica und ihr Team sich mit diesen Fragen beschäftigen tauchen weitere Leichen auf, deren Verletzungen denen des Mannes in der Kirche sehr ähnlich sind. Haben es die Ermittler erneut mit einem Serienmörder zu tun?

„Jigsaw Man – Der tote Priester“ ist der zweite Band von Nadine Matheson´s „Jigsaw Man“-Reihe. Leider ist dieser Titel mehr als unglücklich gewählt bzw. ins Deutsche übersetzt: Im Buch selbst wird mehrfacht betont, dass es sich beim Opfer um einen Pastor und nicht um einen Priester handelt. Zudem erwartet der Leser ein Wiedersehen mit Peter Olivier, der im ersten Band als der „Jigsaw Man“ aus dem Titel eingeführt wurde – und im zweiten Band nicht mehr als nebenher erwähnt wird. Sehr ungeschickt und für mich absolut irritierend. Auch insgesamt habe ich einige inhaltliche logische Fehler identifiziert, was bei einem derartigen Buch nicht passieren sollte. Passend zu Band eins ist hingegen das Cover, dass durch sein Muster und die zugehörige Haptik wieder sehr ansprechend wirkt.
Ebenso hat mich der Schreibstil der Autorin wieder überzeugt. Das Buch nimmt schnell Fahrt auf und erzählt das Geschehen aus mehreren Perspektiven. Auch inhaltlich wird zwischen Ermittlung, Privatleben und Hintergrundinformationen abgewechselt. Die relativ kurzen Kapitel lassen sich zudem zügig lesen und somit werden einzelne Erzählstränge, die sich doch etwas hinziehen oder mit Informationen aufwarten, die mich weniger interessiert haben, schnell wieder von spannenden abgelöst. Nadine Matheson schreibt sehr detailliert, was bisweilen aber auch für meinen Geschmack etwas ausgeartet ist, z.B. bei der Beschreibung von Wunden, Folter, Misshandlungen und Gewalttaten. Das hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht, um die Spannung hoch zu halten.

Da Band eins von mir bereits vor einiger Zeit gelesen wurde hatte ich zunächst Bedenken, wieder ins Setting rund um das Londoner Team der SCU hineinzufinden. Glücklicherweise haben diese sich als unbegründet erwiesen, durch Zusammenhänge oder kurze Erläuterungen war ich sehr schnell wieder up-to-date. Passend dazu war der Beginn der Geschichte, der die Nachwirkungen aus Band eins noch einmal hat Revue passieren lassen. Sehr schnell startet aber auch die eigentliche Hauptgeschichte mit dem Auffinden des toten Pastors und die Ermittlungen beginnen unverzüglich. Die parallel laufenden Handlungsstränge voller Rätsel und offener Fragen haben mir gut gefallen. Leider kommen diese zwischenzeitlich nur langsam voran und die Handlung verlegt sich auf das chaotische Privatleben von Anjelica Henley, welches mich irgendwann nur noch hat mit den Augen rollen lassen. Glücklicherweise schreiten dann die Ermittlungen aber wieder voran und das Rätsel neigt sich dem Ende. Gut gefallen hat mir in den letzten Kapiteln das methodisch-detaillierte Vorgehen und Teamwork der SCU. Das Ende hat mich dann leider wieder etwas zwiespältig zurück gelassen. Manche Wendungen bzw. Lösungen habe ich erwartet, manche nicht. Hinsichtlich eines Handlungsstranges habe ich mich aber irgendwie ein bisschen betrogen gefühlt, da ich gerne selbst miträtsle und hier gar nicht die Chance dazu hatte, da der entscheidende Hinweis ohne Vorankündigung aus dem Nichts auftauchte. Ein anderer Handlungsstrang hingegen wurde super gelöst, hier war die Heranführung nachvollziehbar und der Schuldige authentisch. Insgesamt waren am Ende aber doch noch einige Fragen offen, vor allem gestört hat mich die nach dem Tätermotiv, welches leider nie richtig aufgeklärt wurde. Ich hoffe, dies wird in Band drei noch nachgeliefert.

Insgesamt kommen im Buch sehr viele Personen vor, so dass es zeitweise schwierig ist den Überblick zu behalten. Ich war froh, das Team rund um Henley bereits aus Band eins zu kennen. Das Ermittlerduo Henley – Ramouter ergänzt sich meiner Meinung nach sehr gut, insbesondere letztere ist für mich der absolute Sympathieträger der Reihe. Henley hingegen hat mich irgendwann nur noch genervt, von ihrem ständigen Hin- und Her und ihrer Unentschlossenheit und Unzuverlässigkeit bezogen auf ihr Privatleben wollte ich irgendwann einfach nichts mehr lesen. An manchen Stellen gab es für mich zu viel private Probleme und zu wenig Ermittlungsarbeit.

Alles in allem habe ich Band zwei der „Jigsaw-Man-Reihe“ gerne gelesen und mich über das Wiedersehen mit der SCU gefreut. Das Buch war spannend und kurzweilig. Gestört haben mich jedoch der unpassende Titel, die zu tiefen Einblicke in Henleys Privatleben und das für mich in Teilen unbefriedigende Ende. Insgesamt war „Jigsaw Man – der Tote Priester“ ein Buch, dass ich gerne gelesen habe, aber für mich leider kein Highlight.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 30.01.2022

Süße Story, seltsames Ende

#London Whisper – Als Zofe ist man selten online
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Zoe traut ihren Augen kaum – gerade eben ist die Nachwuchs-Influencerin noch auf einer Mitternachts-Party in ihrem Londoner Internat gewesen und hat in einen seltsamen, vom Mondschein beschienenen Spiegel ...

Zoe traut ihren Augen kaum – gerade eben ist die Nachwuchs-Influencerin noch auf einer Mitternachts-Party in ihrem Londoner Internat gewesen und hat in einen seltsamen, vom Mondschein beschienenen Spiegel geblickt, da wacht sie plötzlich im selben Gebäude, aber in einer ganz anderen Epoche auf! Offenbar ist Zoe durch die Zeit gereist, denn sie befindet sich im London der Regency-Zeit, genauer gesagt im Jahre 1816, und hat soeben eine Elite-Schule für Zofen abgeschlossen. Bevor Zoe sich richtig orientieren kann tritt sie bereits ihre erste Stelle als Zofe der ängstlichen Miss Lucie an, welche sich am liebsten vor der ganzen Welt verkriechen würde. Durch ihre quirlige Art und Tricks aus der Zukunft gelingt es Zoe, Miss Lucie dennoch für die anstehende Ballsaison vorzubereiten. Als ihre Begleitung trifft sie auf Lucies erstem Ball auf einen außergewöhnlichen jungen Lord: Hayden Falcon-Smith scheint ebenso wenig ins viktorianische Zeitalter zu passen wie Zoe selbst. Kein Wunder, auch er entpuppt sich als Zeitreisender. Wird es den beiden gelingen, ins 21. Jahrhundert zurück zu kehren, bevor die Zeitreise ihren Tribut fordert?

An #London Whisper fällt zunächst das Cover positiv auf. Es ist durch seine bunten Farben und vielen ineinander gehenden Motive sehr lebhaft und birgt bereits einige Ansatzpunkte: Es wird deutlich, dass die Geschichte in London spielt, dass ein junges Mädchen als Protagonistin fungiert und dass moderne Medien wie das Smartphone eine Rolle spielen werden. Den Untertitel finde ich genial, "Als Zofe ist man selten online" hat mich zum Lachen gebracht und gleichzeitig verwirrt, da der Satz sehr paradox ist. Ein überzeugender erster Eindruck, der viel Lust auf das Buch macht. Die schön als graphisches Stilelement eingebauten, kursiv mit Blumenmuster abgedruckten „WhisperWhisper-Briefe“ fand ich ebenso eine gute Idee, wobei ich persönlich ihren Inhalt eher oberflächlich und enttäuschend fand und selbst für die damalige Zeit nicht nachvollziehen konnte, warum alle Damen sie als so revolutionär empfinden.

Auch der Anfang der Geschichte hat mich zunächst sehr verwirrt, er ist zu diesem Zeitpunkt absolut nicht verständlich. Am Ende stellt sich dann heraus, dass es sich dabei um das letzte Kapitel handelt, das an den Anfang gesetzt wurde. Ein Kunstkniff, der mich mehr gestört als beeindruckt hat, denn somit endet das Buch komplett offen mit wahnsinnig vielen Fragezeichen. Kaum hat mich die Autorin neugierig auf den weiteren Verlauf der Story gemacht, bricht diese genau dann urplötzlich wie aus dem Nichts ab, als es endlich actionreich wird. Für mich ein total seltsames, befremdliches wenn nicht sogar unglückliches Ende, ich blieb konsterniert und sehr unbefriedigt zurück. So offensichtlich, dass es einen 2. Band geben wird, enden wenige Bücher.

Insgesamt gab es im Buch sehr viele nicht weiter eingeleitete Zeitsprünge und so haben mir an einigen Stelle viele wichtige Hintergründe und Details gefehlt, z.B. wie es Zoe die ersten Tage im alten London ging, was sie vermisst, was sie an Unterschieden wahrnimmt… sie ist einfach dort gelandet und im nächsten Kapitel war sie voll im Alltag als Zofe integriert – da gab es doch sicherlich sehr viel Missverständnisse, Verzweiflung und Unsicherheiten dazwischen. Schade, die Geschichte an sich ist sehr kreativ, aber es wurde alles irgendwie nur oberflächlich behandelt und angeteasert. Aniela Leys Schreibstil konnte mich somit leider nicht überzeugen, auch wenn die altertümliche Sprache – insbesondere in den Dialogen mit Prickelton – gut getroffen wurde. Ich hätte mir sehr viel mehr Details und Erklärungen gewünscht anstatt nur an der Oberfläche zu kratzen.

Was mir aber gut gefallen hat sind die Figuren. Ich fand es total süß, wie sich Zoe ihr Wissen aus dem 21. Jahrhundert zunutze macht und versucht, die Unterdrückung von Frauen zu ändern. Ihre quirlige, unkonventionelle und emphatische Art wurde passend dargestellt, es war schön zu sehen wie sie sich um Miss Lucie bemüht, diese auftaut und sich das Verhältnis der beiden entwickelt. Hayden bleibt leider etwas blass, aber sowieso ist Hund Prickelton mein heimlicher Held – einfach köstlich, seine Gedanken lesen zu können. Warum Zoe sich mit diesem verständigen kann wird mir zwar noch nicht ersichtlich, aber ich habe mich sehr über den arroganten Schoßhund amüsiert.

Insgesamt habe ich mir eine phantastische, witzige, romantisch-verspielte Geschichte gewünscht, da ich die Idee hinter der Story sehr kreativ fand. Leider wurde dieses große Potenzial in meinen Augen nicht vollständig ausgeschöpft, ich hätte mir viel mehr Details und einen runderen Abschluss mit nicht ganz so vielen offenen Punkten gewünscht. Dennoch hatte ich eine unterhaltsame Lesezeit mit Zoe, Lucie und Prickelton als sympathische Figuren.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Szenen einer Ehe

Unter Freunden
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Floras Weltbild bricht zusammen, als sie eines Tages beim Aufräumen den lange verschollen geglaubten Ehering ihres Mannes Julian findet. Flora beginnt, ihr Ehe- und Familienleben zu hinterfragen und versucht ...

Floras Weltbild bricht zusammen, als sie eines Tages beim Aufräumen den lange verschollen geglaubten Ehering ihres Mannes Julian findet. Flora beginnt, ihr Ehe- und Familienleben zu hinterfragen und versucht herauszufinden, warum Julian den Ring so viele Jahre vor ihr versteckt gehalten hat. Doch auch ihre beste Freundin Margot scheint tiefer in das Geheimnis um den verschwundenen Ring verstrickt zu sein, als sie vorgibt.

„Unter Freunden“ beleuchtet scheinbar selbstverständliche Beziehungen zu Partnern, Kindern und Freunden genauer und wirbelt scheinbar eindeutig geklärte Verhältnisse komplett durcheinander. Trotz aufwühlender Geschehnisse ist das Buch in einem unaufgeregten, beinahe sachlich wirkenden Stil verfasst, liest sich aber dennoch flüssig. Die Wortwahl ist ansprechend und voller kleiner Weisheiten. Die Autorin spielt mit Perspektiven- und Zeitenwechseln, die allerdings manches Mal etwas plötzlich kommen und aus dem Lesefluss reißen. Prinzipiell finde ich es aber interessant in die Sichtweisen der verschieden Frauen einzutauchen, hätte mir aber auch noch das ein oder andere Kapitel aus Männersicht gewünscht, da diese für mich so blass blieben. Leider ist auch an manchen Stellen die Übersetzung aus dem Englischen nicht ganz so gut gelungen und durch seltsam anmutende Ausdrücke und viele Sätze mit Bindestrichen deutlich als solche erkennbar.
Die Geschichte an sich ist interessant, plätschert an vielen Stellen aber vor sich hin. Der große Knall mit dem gefundenen Ring und seiner Geschichte entlädt sich schon relativ früh und es wird viel Raum für Floras Gedanken, (Selbst-)Reflektionen und Konsequenzen daraus gegeben. Das hat das Buch an manchen Stellen etwas langatmig werden lassen. Die Autorin schildert viele alltägliche Begebenheiten, mit denen man sich als Leser gut identifizieren kann – positive wie negative. Besonders fasziniert hat mich das besondere Setting des Buches, welches in der Welt der Theater und Schauspielerwelt angesiedelt ist. Diesen künstlerischen Aspekt, der noch dazu den Unterschied der Szenen an Amerikas Ost- und Westküste darlegt, fand ich sehr interessant! Insgesamt legt das Buch den Fokus auf die einzelnen Persönlichkeiten und ihre Beziehungen zueinander. Dabei gab es einige berührende und schöne Geschichten, aber auch unverständlich und konstruiert wirkende. Der Selbstreflektion der Figuren werden viele Seiten gewidmet, was mir persönlich manches Mal zu viel war. Insbesondere Flora wird ausgiebig betrachtet und jeder noch so kleine Aspekt von allen Seiten behandelt. Das unaufgeregte Ende wiederum passt gut zum Rest des Buches und bleibt in Teilen offen, da keine klaren Verhältnisse geschaffen werden, der Leser sich dafür aber eigene Gedanken zum weiteren Fortschreiten der einzelnen zwischenmenschlichen Beziehungen machen kann.

Insgesamt fand ich „Unter Freunden“ eine nette Lektüre, die mich aber leider nicht komplett überzeugen konnte. Ich war einfach nicht gefesselt und hatte kein besonderes Verlangen danach, die Geschichte weiter zu lesen. Ich hätte mir mehr Spannung und Emotionen gewünscht. Dennoch war es interessant, Floras Schauspielwelt mit all den dort vorkommenden zwischenmenschlichen Beziehungen kennenzulernen und zu hinterfragen.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Anders als erwartet

Schlagfertig
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Der Schlagfertigkeitstrainer Michael Traindt hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Er möchte seinen Lesern mithilfe seines Werks „Schlagfertig. Wie man Gespräche im Job meistert und Familienfeiern überlebt“ ...

Der Schlagfertigkeitstrainer Michael Traindt hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Er möchte seinen Lesern mithilfe seines Werks „Schlagfertig. Wie man Gespräche im Job meistert und Familienfeiern überlebt“ dazu verhelfen, bei verbalen Angriffen nie wieder sprachlos zu sein, sich zu blamieren und bloßgestellt zu werden. Denn die meisten Menschen leider unter ihrer Sprachlosigkeit, wenn sie unerwartet überrumpelt und getroffen werden – die schlagfertige Antwort fällt einem erst im Nachhinein ein. Dem möchte Michael Traindt Abhilfe schaffen und hat sich somit direkt mein Interesse gesichert.

Gut so, denn leider hätte ich aufgrund des Covers zugegebenermaßen niemals zu dem Buch gegriffen: Es gefällt mir überhaupt nicht! Auf mich wirkt es unfertig, unpersönlich und unkreativ. Gut, dass mich der Klappentext anspricht, rein aufgrund des Cover hätte ich das Buch in der Buchhandlung wohl leider gar nicht erst in die Hand genommen.

Ein weiteres Argument für das Buch ist die Selbstbeschreibung des Autors. Aufgrund seiner Vita und seines Hintergrunds spreche ich ihm eine hohe Kompetenz zu, mich auf dem Themengebiet der Schlagfertigkeit noch einiges beibringen zu können. Denn mit zahlreichen Aspekten der zwischenmenschlichen Kommunikation und Rhetorik habe ich mich bereits ausgiebig beschäftigt, schlagfertige Antworten hingegen empfinde ich als hochkomplex und herausfordernd.

Doch leider liegt hier genau das Manko des Buches: Ich war mit meinem Vorwissen wohl einfach nicht die richtige Zielgruppe. Die ersten vier Kapitel beschäftigen sich ausschließlich mit „vorbereitenden“ Themen, mit Empathie gegenüber dem Angreifer, um ihn besser zu verstehen, mit der Kenntnis des eigenen Rollenverständnisses, dem Bewusstwerden über eigene Antreiber, Kernwerte und Glaubenssätze – kurzum: Mit Themen der Kommunikation, Zwischenmenschlichkeit, Selbstfindung und Persönlichkeitsentwicklung. Natürlich verstehe ich, dass diese Hintergrundinformationen und -kompetenzen eng mit der Fähigkeit des schlagfertigen Antwortens zusammenhängen und der Autor erklärt auch ausführlich, warum er jedes einzelne Thema ausführt und seinen Stellenwert für die Schlagfertigkeit; mich allerdings hat er dadurch etwas ermüdet und enttäuscht, denn ich hatte andere Inhalte erwartet.

Das, was ich mir versprochen hatte, kommt dann erst im letzten Kapitel: Dieses hat endlich meine Erwartungen hinsichtlich schlagfertiger Reaktionen erfüllt! Super gefallen hat mir dort die Einteilung in verschiedene Arten von Angriffen, welche mir sicherlich auch in der Beurteilung ähnlich gearteter Situationen zukünftig weiterhelfen können. Dieses komplexeste Kapitel hätte für meinen Geschmack gerne noch ausführlicher ausfallen dürfen.

Sehr zu loben ist die Herangehensweise und der Schreibstil des Autors. Er untermalt die Theorie durch anschauliche und des Öfteren auch persönliche Beispiele aus seiner Berufspraxis, aber auch seinem Privatleben. Er lässt den Leser tief in seine Geschichte blicken und gibt interessante wie amüsante Hintergrundinformationen, wie es überhaupt zu seiner Berufswahl und dem Buch gekommen ist. Insbesondere seine witzigen Anekdoten haben mir sehr gut gefallen und mich des Öfteren zum Schmunzeln gebracht. Die Balance aus Sympathie- und Wissensträger gelingt Michael Traindt ausgesprochen gut! Ein gleichermaßen nahbarer, wie auch professioneller Autor. Gut gefällt mir auch, dass er Zitate und Informationen belegt und seine Quellen im Literaturanhang aufführt.

„Schlagfertig“ ist somit kein trockenes Sachbuch, sondern es besticht durch einen ausgewogenen Mix an Theoriewissen, Anekdoten und Tipps. Letztere sind zudem eindrücklich aufbereitet, z.B. in Tabellenform mit der Möglichkeit eigener Übungen durch den Leser. Trotzdem kann ich leider nicht behaupten, dass das Buch wahnsinnig viel bei mir bewirkt oder verändert hätte – dazu habe ich mich wohl bereits zu stark mit den einleitenden Themen der Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung befasst. Insofern waren für mich persönlich kaum neue Themen oder Erkenntnisse dabei. Ein Einsteiger in die Thematik wird wahrscheinlich aber sehr viel für sich mitnehmen können. In meinem Fall sind das lediglich die Ideen und Tipps aus dem letzten Kapitel, welche ich aber tatsächlich als sehr kreativ und hilfreich empfinde.

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