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Veröffentlicht am 16.01.2022

Ein Feigenbaum erinnert sich

Das Flüstern der Feigenbäume
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1974, Zypern. Kostas und Defne sind Teenager und haben sich ineinander verliebt. Er ist Grieche, sie Türkin. Ihre junge Liebe ist für die Zyprer schon so schwer zu akzeptieren. Aber als dann der große ...

1974, Zypern. Kostas und Defne sind Teenager und haben sich ineinander verliebt. Er ist Grieche, sie Türkin. Ihre junge Liebe ist für die Zyprer schon so schwer zu akzeptieren. Aber als dann der große politische Umbruch im Land einhergeht, wird es für das junge Paar unmöglich weiterhin zusammen zu bleiben. Ihre Zuflucht ist die Taverne "Die Glückliche Feige". In eben jener steht ein großer und prächtiger Feigenbaum, welche Zeugin von Glück, aber auch großem Leid werden wird.

Ende der 2010er-Jahre, London. Eben jene Feige, welche einst auf Zypern stand, befindet sich nun mit Kostas und seiner Tochter Ada in einem Vorort im nördlichen London. Der Feigenbaum wird winterfest gemacht, was bedeutet, er wird in die Erde eingegraben.

Nun ist es für ihn an der Zeit, uns Lesenden die (verbotene) Liebesgeschichte Kostas' und Defnes zu erzählen. Sie erzählt uns von einer wunderschönen Insel, welche in zwei Hälften geteilt wurde, aber auch wie wunderschön das Ökosystem dort ist.

Elif Shafak bezaubert die Lesenden mit ihren wunderschönen Worten, welche jedoch oft in menschlichen Grausamkeiten enden. Ich war anfangs etwas skeptisch der Geschichte gegenüber. „Wie soll das denn funktionieren? Eine Geschichte, erzählt von einem Baum?!“, ich hatte ja keine Ahnung. Elif Shafak hat einen so komplexen Roman geschaffen, welcher u.a. mit Wissen über die Natur Zyperns angereichert wurde und dennoch nie an Spannung verliert. Nach „Unerhörte Stimmen“ ist dies der zweite Roman von ihr, welchen ich lesen. Und es wird nicht der Letzte gewesen sein.

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Veröffentlicht am 29.12.2021

Bitte mehr von Darius!

Darius der Große verdient mehr
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Im zweiten Band der "Darius der Große"-Reihe geht es einmal mehr ums Erwachsenwerden.
Darius ist nach seinem Iran Besuch bei seinen Großeltern wieder im Alltag an der US-amerikanischen Schule angekommen ...

Im zweiten Band der "Darius der Große"-Reihe geht es einmal mehr ums Erwachsenwerden.
Darius ist nach seinem Iran Besuch bei seinen Großeltern wieder im Alltag an der US-amerikanischen Schule angekommen
und ist Team der hiesigen Fußballmannschaft.
Er hat seinen Traumjob im Teeladen Rose City Teas und seinen ersten richtigen Freund.
Alles könnte so perfekt sein, ist es jedoch nicht.
Obwohl Darius von der Mehrheit seiner Schulkamerad*innen und Familienmitgliedern in seiner Ganzheit akzeptiert wird,
fühlt er sich oft nicht wohl in seiner Haut und hat ein kritisches Selbstbild.

In "Darius der Große - verdient mehr" erfahren wir vom Background der Familie von Darius Vater und dessen Depressionen,
unter welcher auch Darius selbst leidet.
Darius versucht so gut es geht Kontakt mit Sohrab, seinem besten Freund aus dem Iran, zu halten. Dies gestaltet sich zusehends schwieriger...

War die Hauptthematik aus dem ersten Band, die kulturelle Zugehörigkeit Darius' und die Vereinbarung seines Queer-seins mit dessem,
geht es im zweiten Band eher um das Erwachsenwerden allgemein.
Was tut mir gut? Für was bin ich bereit? Was macht mich glücklich und was nicht?

Es werden viele Erzählstränge aus dem ersten Band wieder aufgenommen und weitergesponnen,
welches natürlich den Reiz des zweiten Bands ausmacht.
Ich habe selten ein Buch mit so vielen diversen und liebevoll gezeichneten Charakteren gelesen und würde mir sehr einen dritten Band wünschen!

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Veröffentlicht am 31.10.2021

Von Angst und Zügen

Irgendwas in mir
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Hugo ist 13 Jahre alt und spielt gerne Lacrosse. Er wirkt wie ein durchschnittlicher Junge in der Pubertät. Eine liebende Mutter und eine handvoll Freunde geben ihm sozialen Halt. Mit dem Lernstoff in ...

Hugo ist 13 Jahre alt und spielt gerne Lacrosse. Er wirkt wie ein durchschnittlicher Junge in der Pubertät. Eine liebende Mutter und eine handvoll Freunde geben ihm sozialen Halt. Mit dem Lernstoff in der Schule scheint es ebenso keine Probleme zu geben.
Und trotzdem entscheidet er sich, von einen Tag auf den Anderen, nicht mehr zur Schule gehen zu wollen. Hugo klagt über Übelkeit, die sich physisch nicht erklären lässt. Nichts und niemanden kann ihn davon überzeugen, wieder die Schule zu besuchen. Um ihn herum spinnt sich ein Strudel aus Angst und Scham. Hugos Situation scheint ausweglos, bis schließlich ein ganz besonderer Mensch in sein Leben tritt...

In „Irgendwas in mir“ erzählt Hendrik von Drachenfels die, gar nicht mal so ungewöhnliche, Geschichte eines sogenannten „Schulverweigerers“. Mit großem Feingefühl wird der/die Lesende an das Thema Ängste herangeführt. Vor allem eventuelle Ursachen und auch die Auswirkung auf die Familie Erkrankter und deren Freunde, finden hier Platz. Ich habe selten ein so einfühlsames Buch über mentale Gesundheit im Jugendalter gelesen. Hendrik von Drachenfels hat mit seinem Debütroman ein Werk geschaffen, welches Verständnis für schwierige Lebens- und Gefühlswelten öffnet und sich meiner Meinung nach auch sehr gut als Schullektüre eignet.

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Veröffentlicht am 09.10.2021

Pageturner zum Nachdenken

Reality Show
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Stell dir vor, du sitzt an Heiligabend mit deinen Lieben vor dem Fernseher. Doch anstatt des eigentlich Weihnachtsfilms, läuft auf allen Kanälen des Landes die REALITY SHOW. Eine Show für alle, die an ...

Stell dir vor, du sitzt an Heiligabend mit deinen Lieben vor dem Fernseher. Doch anstatt des eigentlich Weihnachtsfilms, läuft auf allen Kanälen des Landes die REALITY SHOW. Eine Show für alle, die an einer „neuen Demokratie“ interessiert sind und diese selbst gestalten wollen. Zehn hochkarätige Kandidatinnen werden vorgestellt. Jeder mit einer Agenda, schlimmer als die vorige.
Darunter u. a. Lobbyistinnen, Managerinnen umsatzstarker Unternehmen, Menschen, die ihr Reichtum auf Ausbeutung von Mensch und Ressourcen aufgebaut haben.

Nun darfst du, das Publikum des Abends, entscheiden, ob und wie die Kandidat*innen zur Rechenschaft gezogen werden. Du darfst sogar über das Strafmaß entscheiden, welche unverzüglich ausgeführt wird. Deinem Vorschlag sind keine Grenzen gesetzt. Was zählt ist, was die Mehrheit wählt. Demokratie, also!

Anne Freytag hat mit REALITY SHOW einen wunderbar unterhaltsamen Roman geschrieben, welcher jedoch auch dem/der Lesenden den moralischen Spiegel vorhält. Hier werden so viele Themen kritisch angesprochen und hinterfragt. Beispielsweise der Umgang mit Social Media, Fast Fashion, Geschäfte mit personenbezogenen Daten, politische Strukturen, Rechtsprechung … um nur ein paar Themen zu nennen. Hierbei wird sehr viel Platz, für eigene Gedanken gelassen. Ich fühle mich als Lesende angesprochen mitzudenken. Das mag ich sehr gerne an diesem Roman von Anne Freytag. Nicht nur berieseln lassen, von der REALITY SHOW, auch aktiv sein (und wenn dies nur in Gedanken passiert).

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Kindheitserinnerungen

Die Überlebenden
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„Er hatte alles erzählt, was er noch von der Kindheit wusste, hatte berichtet, was er und seine Brüder durchgemacht, worüber er aber nie mit irgendjemandem gesprochen hatte, nicht mal mit ihnen. Er hatte ...

„Er hatte alles erzählt, was er noch von der Kindheit wusste, hatte berichtet, was er und seine Brüder durchgemacht, worüber er aber nie mit irgendjemandem gesprochen hatte, nicht mal mit ihnen. Er hatte von Birkenreisern und Butterblumen erzählt, und auch von den schwersten Erinnerungen, den Dingen, die ihn verändert hatten.“ (DIE ÜBERLEBENDEN, S. 280)

So oder so ähnlich könnte sich „Die Überlebenden“ kurz und knapp zusammenfassen lassen. All die kleinen, echten und schmerzhaften Anekdoten Schulman's lassen beim Lesen eine Art Melancholie spüren, von welcher ich nicht wusste, dass ich sie spüren könnte. War meine Kindheit doch so anders, als die des Protagonisten Benjamins. Weder bin ich in Schweden aufgewachsen, noch habe ich die Sommer meiner Kindheit in einem kleinen abgeschiedenen Haus am See verbracht.
Trotzdem hat Alex Schulman es geschafft, seine Erlebnisse universell (be-)greifbar zu machen und mich durch seine fragmentarischen Erzählungen zutiefst berührt.

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