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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2021

Fantasievoll, spannend, abwechslungsreich und klug

Aribella und die Feuermaske
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Ein sehr schönes Kinderbuch hat der dtv Verlag mit „Aribella und die Feuermaske“ herausgebracht. Der Autorin ist es gelungen, Fantasy und Spannung perfekt in einer Geschichte zu verbinden, so sehr, dass ...


Ein sehr schönes Kinderbuch hat der dtv Verlag mit „Aribella und die Feuermaske“ herausgebracht. Der Autorin ist es gelungen, Fantasy und Spannung perfekt in einer Geschichte zu verbinden, so sehr, dass jugendliche (und ältere) Leser sich gerne entführen lassen in die magische Welt von Aribella und auf eine Fortsetzung hoffen.

Aribella und Theo, ein Fischerjunge, sind beste Freunde. Theos Vater lässt Aribella sogar mit auf sein Fischerboot, obwohl Mädchen dort eigentlich nichts verloren haben. Der Vater von Aribella verharrt seit vielen Jahren in Trübsinn, seit er seine Frau verloren hat, was Aribella auch sehr traurig macht. Als sie Theo gegen Gian, einen unverschämten und bösen Jungen, verteidigen will, schießen ihr vor Wut Flammen aus den Fingern. Sie muss fliehen, weil man nun glaubt, sie sei eine Hexe. Ein Mann mit einer funkelnden Maske bringt sie in seiner Gondel nach Venedig, und für Aribella beginnt ein neues Leben unter Magiern, die die Stadt beschützen. Bis ein Blutmond dunkle Mächte erwachen lässt und Venedig in große Gefahr gerät…

Dies und noch viel, viel mehr erzählt uns Anna Hoghton auf außerordentlich spannende Weise. Die an Überraschungen reiche Geschichte wird bilderreich und detailfreudig geschildert. Venedig in seiner vollen Schönheit mit seinen Palästen und luxuriösen Gondeln, aber auch alle in Erscheinung tretenden Personen und Ereignisse erstehen dank der farbig-intensiven Erzählweise der Autorin plastisch-deutlich vor unserem inneren Auge. Die drohende Gefahr lässt die Spannung bis zum Schluss ständig wachsen. Aber gleichzeitig ist das Buch auch eine Huldigung an das Lesen: „Die Fähigkeit zu lesen ist die mächtigste Kraft von allen. … Lesen ist Magie.“ Dass die Menschen unterschiedliche Begabungen und Fähigkeiten haben, macht die Gemeinschaft überhaupt erst stark. Wie wertvoll Freundschaft ist, zeigt das Buch ebenso, denn gerade durch die Liebe zu den Freunden wächst Aribellas Macht. Und noch ein Satz fiel mir auf: „Bewerte ein Buch nie nach seinem Einband und einen Menschen nie nach seiner Maske.“ Wie wahr.

Fazit: Ein spannungsreiches, fantasievolles, lebendig-abwechslungsreiches Kinderbuch mit einigen klugen Botschaften.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Münchnern aufs Maul gschaut

Betongold
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Der Smokey, der Schani und der Moni sind seit ewigen Zeiten Freunde. Als der Schani, von Beruf Immobilienhai, tot in einer Baugrube liegt, wird Smokey unruhig. Denn er war bis vor 5 Jahren Mordermittler, ...


Der Smokey, der Schani und der Moni sind seit ewigen Zeiten Freunde. Als der Schani, von Beruf Immobilienhai, tot in einer Baugrube liegt, wird Smokey unruhig. Denn er war bis vor 5 Jahren Mordermittler, bis ihn „der alte Russe“, der Morbus Bechterew, zum vorzeitigen Ruhestand zwang. Mit legalem Cannabis und langen Spaziergängen durch München versucht er, Herr der Schmerzen und Herr der dunklen Gedanken zu werden. Wir erfahren aus Erinnerungen und gegenwärtigem Geschehen, also auf zwei Zeitebenen, was der Smokey und seine Freunde so erlebt haben, wie sie auseinandergedriftet sind und doch bis heute irgendwie Freunde geblieben sind. Smokey ist schon allein von Berufs wegen auf der Suche nach der Wahrheit, denn ganz einfach so kann der Schani nicht in die Baugrube reingefallen sein. Der Wirt Moni und seine Kneipe sind die verlässliche Anlaufstation von Smokey. Aber nix bleibt wie es war.

Zwar steht unter dem Buchtitel „Kriminalroman“. Aber der Kriminalfall ist eigentlich nur eine Nebensache. Denn es geht doch sehr viel mehr um die „Großkopferten“ von München und die Stadtteilganoven und Spekulierer und wie sie alle Dreck am Stecken haben. Und dass die Gabi vom Smokey weggegangen ist zum Klausi hin. Und alle haben sie es nicht leicht. Geschrieben ist das Buch fast wie eine Art Drehbuch. Die Handlung wird gespielt von waschechten Münchner Spezln, äh, Akteuren, die den Dialekt wirklich beherrschen, mit all seinem hinterkünftigen Humor und seiner sparsam-direkten Ausdrucksweise. Die Autorin hat das Lokalkolorit von Giesing perfekt eingefangen. Das Buch hat dadurch einen ganz eigenen Charme. Viel Trauriges, viel Komisches, und das alles so frappierend echt beschrieben, dass man meint, mitten in München im Wirtshaus zu sitzen zwischen den Grantlern und Ganoven, mit all den zerdepperten Lebenshoffnungen und den traurigen Versuchen, etwas Besonderes darzustellen und sich dabei dennoch zu fühlen wie eine ausgezuzelte Weißwurst.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Unterhaltsamer, brillant recherchierter Roman mit Tiefgang

Berlin Friedrichstraße: Novembersturm
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Was für eine fleißige Autorin, die nach den Büchern über die Charité nun den ersten Band einer neuen Trilogie vorlegt, wiederum brillant bis in die letzten Feinheiten recherchiert. Wirklich beeindruckend!

Wir ...



Was für eine fleißige Autorin, die nach den Büchern über die Charité nun den ersten Band einer neuen Trilogie vorlegt, wiederum brillant bis in die letzten Feinheiten recherchiert. Wirklich beeindruckend!

Wir befinden uns im Jahr 1920. Das Jahrhundertbauwerk Bahnhof Friedrichstraße ist im Roman eigentlich nur ein Aufhänger, ein Symbol für den Weg Berlins zur Weltstadt. Sehr viel mehr geht es um drei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, um ihre individuellen Lebenswege, die den sehr spannenden Spagat zwischen moderner, selbstbestimmter Frau und angepasster traditioneller Frauenrolle verkörpern, um die nahezu unüberbrückbare Kluft zwischen Arm und Reich zu zeichnen. Luise ist Sekretärin bei der Sittenpolizei. Sie hat ihre große Liebe Johannes im Krieg verloren, er ist verschollen. Der junge Architekt Robert bekommt den Auftrag, am Neubau des Bahnhofs Friedrichstraße und an der Planung der ersten U-Bahn Berlins mitzuarbeiten. Er heiratet Luise und stürzt sich in die Arbeit. Ilse, die Schwester von Johannes, ist Künstlerin durch und durch. Sie liebt Frauen, sie liebt Tanz und Gesang und sie hat ein besonderes Händchen, wunderbare Kleider zu entwerfen. Ella lebt im Hinterhaus, ist wenig gebildet, arbeitet als Verkäuferin. Im Verlauf der Jahre erleben wir mit, wie die politischen Veränderungen ihren Tribut fordern, wie Arbeitslosigkeit, Inflation, Judenhass und die wachsende Macht der Braunhemden das Leben aller verändert.

Ulrike Schweikert schreibt wie gewohnt fesselnd und detailreich. Man ist sehr schnell gefangen in den Geschehnissen rund um Luise, Ilse und Ella. Dank der bildhaften, eindrücklichen Beschreibungen fühlt man sich den Personen und ihren Erlebnissen sehr nahe. Großartig, wie es der Autorin gelingt, so vielen Berühmtheiten dieser Zeit ein Plätzchen im Roman einzuräumen. Ganz unspektakulär in die Handlung eingestreut richtet sie den Blick auf diese Persönlichkeiten, die mir dank meines fortgeschrittenen Alters allesamt auch noch ein Begriff waren. Welch eine interessante Zeit, in der man solch besonderen Menschen begegnen konnte. Ulrike Schweikert hat diese intellektuell und künstlerisch besondere Zeit gekonnt und ohne unnützen Ballast sehr fein dargestellt. Auf ebenso bewundernswerte Weise ist es der Autorin gelungen, in ausgewogenem Maß die einschneidenden politischen Bewegungen in den Jahren 1920 bis 1933 in ihren folgenschweren Zusammenhängen darzustellen und deutlich zu machen, auf welchem Nährboden rechtes Gedankengut wachsen kann. Genau dadurch hebt sich der Roman weit heraus aus der Masse der reinen Unterhaltungsromane.

Fazit: Ein unterhaltsam-fesselnd zu lesender Roman, mit historisch fundiertem Tiefgang

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Veröffentlicht am 22.09.2021

Ein hinreißender Roman, liebevoll-berührend

Im letzten Licht des Herbstes
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Dieses Buch war für mich eine glückliche Überraschung. Irgendwie hatte ich mir wegen des Titels und des schönen herbstlichen Covers einen Roman über das Alter bzw. das Altern vorgestellt, ernst und schwer. ...


Dieses Buch war für mich eine glückliche Überraschung. Irgendwie hatte ich mir wegen des Titels und des schönen herbstlichen Covers einen Roman über das Alter bzw. das Altern vorgestellt, ernst und schwer. Tatsächlich jedoch durfte ich eine Geschichte lesen, die mich gefangen nahm mit seiner lichtvollen Wärme und Menschlichkeit.

Clara, das siebenjährige Mädchen, wartet seit Wochen am Fenster auf die Rückkehr ihrer Schwester, die verschwunden ist. Zudem liegt die geliebte Nachbarin, die alte Mrs. Orchard, im Krankenhaus. Clara hatte ihr fest versprochen, für den Kater Moses zu sorgen, ihn zweimal am Tag zu füttern und mit ihm zu spielen. Und was man verspricht, muss man halten. Eines Abends zieht ein Fremder in Mrs. Orchards Haus ein, und Claras Welt gerät restlos aus den Fugen, denn der Fremde macht sich im Haus breit, räumt Dinge um, die Clara, wenn der Mann das Haus verlässt, wieder zurechtrücken muss. Denn es muss alles so bleiben wie es immer war, damit Mrs. Orchard gesund zurückkommt. Dann wird auch die Schwester wieder zurückkehren.

Aus verschiedenen Perspektiven wird eine Geschichte erzählt, die in vieler Hinsicht traurig ist, gleichzeitig jedoch auch beglückend. Da ist Clara, dieses tapfere Mädchen, das sehr gewissenhaft seine übernommenen Pflichten erfüllt und durch selbst auferlegte Riten die Rückkehr der Schwester beschwören will. Da ist Mrs. Orchard, die im Krankenhaus, dem Tode näherkommend, von Erinnerungen getragen, sich mehr und mehr einer alten Schuld, einer Schuld aus Liebe, stellt. Und da ist Liam, dieser Fremde in Mrs. Orchards Haus, der nur wenige Wochen da bleiben wollte. Er trägt schwer an schlechten Erinnerungen, und wir Leser erfahren Stück für Stück von alten Verstrickungen. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Mary Lawson hat einen faszinierenden Schreibstil, denn sie geht mit so liebevollen Augen ins Detail, dass der Leser sich stets mitten im Geschehen befindet und mitempfindet. Eine wunderbare Autorin, ein wunderbares Buch, empathisch, berührend, sanft und feinfühlig. Kurzum: hinreißend!

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Ein wahrlich großartiges Kinderbuch

Vincent und das Großartigste Hotel der Welt
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Um Großartigkeit geht es in der Geschichte. Und großartig ist dieses Kinderbuch, dessen zwei Facetten das Lesen doppelt sinnvoll machen. Da ist vordergründig eine absolut schräge, aus einem Riesensack ...


Um Großartigkeit geht es in der Geschichte. Und großartig ist dieses Kinderbuch, dessen zwei Facetten das Lesen doppelt sinnvoll machen. Da ist vordergründig eine absolut schräge, aus einem Riesensack an Fantasie hervorquellende Geschichte. Und da ist hintergründig eine Botschaft, die man sein ganzes Leben lang benötigt, weil sie ermutigend und stärkend wirkt: Jeder ist auf seine Weise großartig, und die wahren Freunde zeigen uns unsere Großartigkeit, ganz ohne Neid und Selbstsucht.

Vincent fühlt sich als der gewöhnlichste Junge der Welt. Zuhause dreht sich alles um seinen äußerst schwierigen Bruder Thom, dessen aufwändige Pflege die Kräfte der Eltern völlig auffrisst. Als Vincent von seinem Großvater dessen Schuhputzer-Kiste erbt und bereits sein erster Kunde ihn für seine Arbeit gut bezahlt, fühlt er sich als stolzer Unternehmer und schon ein klein wenig weniger gewöhnlich. Als er zum Schuhputzer des Großartigsten Hotels der Welt berufen wird, beginnt die großartigste Geschichte, die ich je in einem Kinderbuch gelesen habe. Das Hotel hat für jeden Gast genau das richtige Zimmer. Florence, die nicht älter ist als Vincent, aber während der Abwesenheit ihrer Eltern die große Last der Leitung des Hotels zu tragen hat, ist sehr besonders. Sie trägt Stiefel, die beim Gehen Bach’s Cellosuite Nr. 1 in G-Dur spielen! Hören Sie sich unbedingt dieses Stück an: Es ist wahrlich herzerhebend! Als Vincent jedoch in das Zimmer der Zukunft blickt, beginnt für ihn eine konfliktreiche Zeit zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Richtig und Falsch. Die ganze Fülle der fantasievollen Geschichte, gerade auch in seiner Doppelbödigkeit, muss man unbedingt selbst lesen!

Jeder braucht ein bisschen Großartigkeit, das lehren uns Vincent und Florence in diesem großartigen Kinderbuch. „Wahrhaft Großartiges hat mit Besänftigung der Seele zu tun, nicht mit Größe oder Luxus“ heißt es im Buch. Wie wahr! Die Autorin lässt uns teilhaben an einer Geschichte, die überbordend ist an fantasievollen Ideen. Sie erzählt mit einem ganz eigenen Humor, spannend-schräg und kurzweilig. Ihre Fantasie füttert unsere Gefühle (Taschenhunde!) ebenso wie unsere Neugier. Sie lehrt uns Empathie und das wahre Wesen der Freundschaft. Dies und noch viel mehr können wir im Großartigsten Hotel der Welt entdecken. Lisa Nicol würdigt übrigens auch noch auf besondere Weise den Co-Autor, der sich immer wieder mal in die Geschichte einmischt und über den wir erst im Nachwort etwas erfahren.

Fazit: Ein wahrlich rundum großartiges Kinderbuch, zum Wieder- und Wiederlesen!

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