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Veröffentlicht am 21.06.2017

Kampf gegen Korruption in der Justiz

Bestechung
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Grishams neuester Roman ist wieder einmal ein Justizthriller, also ein Genre, in dem er sich schon früher sehr erfolgreich bewiesen hat.

Ermittlerin ist Lacy Stoltz, eine Mitarbeiterin der Rechtsaufsichtsbehörde ...

Grishams neuester Roman ist wieder einmal ein Justizthriller, also ein Genre, in dem er sich schon früher sehr erfolgreich bewiesen hat.

Ermittlerin ist Lacy Stoltz, eine Mitarbeiterin der Rechtsaufsichtsbehörde in Florida, die für Berufsaufsicht und standeswidriges Verhalten von Richtern zuständig ist. Durch einen Mittelsmann eines anonymen Whistleblowers erhält sie Informationen über eine in höchstem Grade korrupte Richterin, Claudia McDover. Diese steht in Verbindung zu einer kriminellen Vereinigung namens Küsten-Mafia. In korruptem Zusammenwirken haben sie vor Jahren den Bau eines Kasinos auf Indianerland und andere Bauvorhaben erwirkt. Im Zuge ihrer Ermittlungen gegen die korrupteste Richterin in der amerikanischen Geschichte, bei denen sie sich Hilfe vom FBI holt, stößt Lacy auf zwei mysteriöse Morde im Indianer-Milieu, für die ein Unschuldiger nach einem nicht gesetzeskonformen Urteil McDovers in der Todeszelle sitzt, und gerät selbst in Todesgefahr.

Die Geschichte ist allein schon lesenswert durch den informativen Einblick, den sie in das Justizwesen und den Justizaufbau in Amerika gibt. Beides unterscheidet sich ja sehr von deutschen Verhältnissen. Sie fesselt bis zum Schluss, da der Richterin und der hinter ihr stehenden Mafia das Handwerk erst recht spät gelegt werden kann. Wie ein roter Faden zieht sich auch die Frage nach der Identität des Whistleblowers durch das Buch. Als positiv empfinde ich, dass gewaltreiche Szenen kaum eine Rolle spielen. Zwar gibt es Schilderungen über vergangene Morde und auch einen schweren, blutigen Verkehrsunfall. Dabei bleibt es dann aber auch. Nicht einmal der auf den Whistleblower angesetzte bewaffnete Auftragskiller wird zu seiner Waffe greifen. Der Autor lässt seine Figuren einfach nur ermitteln. Als etwas übertrieben wirkt das Ende, das eigentlich nur noch eine Aufzählung der unzähligen Verhaftungen, Verurteilungen und Zerschlagungen des Mafia-Imperiums ist – halt typisch amerikanisch.

Das Buch sei Lesern spannender, unblutiger Thriller empfohlen.

Veröffentlicht am 10.06.2017

Moderne Version von Austens "Stolz und Vorurteil"

Vermählung
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Ich muss gestehen, den Klassiker „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen nie gelesen zu haben, wenngleich ich grob über seinen Inhalt informiert bin. Daher kann ich nicht wirklich beurteilen, in welchem ...

Ich muss gestehen, den Klassiker „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen nie gelesen zu haben, wenngleich ich grob über seinen Inhalt informiert bin. Daher kann ich nicht wirklich beurteilen, in welchem Maße sich das vorliegende Buch – gemäß der Aufschrift auf dem Cover „Jane Austen neu erzählt“ – an den berühmten Klassiker anlehnt. Doch scheint es mir eine durchaus gelungene Adaption zu sein. Die Geschichte spielt im amerikanischen Cincinnati im Jahr 2013. Im Mittelpunkt stehen die fünf Bennet-Schwestern im Alter von 23 bis 39 Jahren, die ihre Mutter - sozialen Wohltätigkeitsprojekten und der Kaufsucht verschrieben, - lieber heute als morgen verheiratet sehen würde. Die beiden ältesten und einzig berufstätigen Schwestern kehren zwecks Unterstützung ihrer Eltern ins Elternhaus zurück, das die drei jüngsten nie verlassen haben. Der alles umspannende Rahmen ist die Reality-TV-Show „Vermählung“, in der Chip Bingley eine Rolle spielt. Neben verschiedenen amourösen und nicht immer den konservativen Vorstellungen der Mutter entsprechenden Verhältnissen spielen auch Themen wie Rassismus, Homosexualität, anonyme Samenspende, biologische Uhr, Vorbehalte gegenüber unverheirateten Frauen eine Rolle. Von sehr subtilem Humor sind die verbalen Äußerungen der Bennet-Eltern und die Wortgefechte zwischen Liz und dem arroganten Arzt Darcy. Bis zur Lektüre der ersten 400 Seiten hätte ich das Buch glatt mit fünf Sternen bewertet. Doch leider enttäuschte mich das letzte Fünftel. Hier steht nur noch die Reality-Show im Focus, was leicht kitschig anmutet und nicht zu den Charakteren passt, wie sie bis dahin dargestellt wurden. Auf jeden Fall lesen sich die immerhin 576 Seiten mit sage und schreibe 181 Kapiteln recht flott.

Veröffentlicht am 11.05.2017

Kann es Glück im Krieg geben?

Die Liebe in diesen Zeiten
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Anders als es der Klappentext vermuten lässt, handelt es sich nicht so sehr um eine Liebesgeschichte als vielmehr um eine Erzählung über den Zweiten Weltkrieg. Die Handlung spielt in den frühen Tagen dieses ...

Anders als es der Klappentext vermuten lässt, handelt es sich nicht so sehr um eine Liebesgeschichte als vielmehr um eine Erzählung über den Zweiten Weltkrieg. Die Handlung spielt in den frühen Tagen dieses Krieges. Im Mittelpunkt stehen vier junge Briten: Mary, aus gutem Hause, rebellisch, meldet sich zur Truppenunterstützung; ihre beste Freundin Hilda, die sich immer als in Marys Schatten stehend fühlt, weil Mary ihr die Männer ausspannt; Tom, Mitarbeiter einer Schulbehörde, verschafft Mary einen Job und wird ihr Geliebter; Toms bester Freund Alistair, Restaurator, der sich schnell freiwillig meldet.
Die Geschichte wechselt im Wesentlichen zwischen Marys und Alistairs Perspektive. In London erlebt Mary die Angriffe der deutschen Luftwaffe zunächst als Hilfslehrerin, dann als Rettungswagenfahrerin. Alistair ist auf Malta stationiert, um die Kontrolle über die belagerte, strategisch wichtige Insel zu behalten, und ist ständigen Bombardierungen der deutschen und italienischen Luftwaffe ausgesetzt. Beide begegnen sich nur einmal und verlieben sich ineinander. Verkompliziert wird alles durch Marys Beziehung zu Tom und Hildas Interesse an Alistair.
Die Erzählung bietet neben mir bisher nicht geläufigen Informationen zum Zweiten Weltkrieg – wie die Belagerung Maltas (wo der Großvater des Autors diente) und das Schicksal nicht aus London evakuierter Kinder – weitere interessante Aspekte: Morphinsucht, Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung. Das Buch ist gut geschrieben. Auffällig sind die fast schon scherzhaften Dialoge der Romanfiguren, die den Kriegshorror überdecken sollen. Das offene Ende ließ mich etwas unbefriedigt zurück.

Veröffentlicht am 06.05.2017

Ein folgenschweres Kindheitstrauma

Ich, Eleanor Oliphant
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Die 30jährige Eleanor Oliphant führt ein sozial völlig zurückgezogenes Leben. Unter der Woche arbeitet sie als Buchhalterin und das Wochenende schlägt sie mit Pizza, Pasta, Um-die-Ecke-gedacht-Rätseln ...

Die 30jährige Eleanor Oliphant führt ein sozial völlig zurückgezogenes Leben. Unter der Woche arbeitet sie als Buchhalterin und das Wochenende schlägt sie mit Pizza, Pasta, Um-die-Ecke-gedacht-Rätseln und Wodka tot. Sie ist sehr intelligent, wortgewandt, weltfremd und vor allem einsam. Nach einem mysteriösen Ereignis in ihrer Kindheit, das ihr Gesicht entstellte, lebte sie in Pflegefamilien und Heimen. Jetzt hingegen geht es ihr genau richtig, wie sie sich selbst beständig versichert. Aber ist es tatsächlich so? Immerhin hortet sie Schmerztabletten und ist, fast einer Stalkerin gleich, völlig besessen von einem Musiker. Als sich Raymond, ein Kollege aus der IT-Abteilung, mit ihr anfreundet, beginnt sich ihr Leben zu verändern.
Eleanor selbst erzählt ihre Geschichte. Angesichts ihres doch monotonen Lebens erfährt diese eine tolle Aufheiterung durch Eleanors beständige innere Monologe, die schrullig, lustig und von trockenem Humor sind. Eleanor hat zu allem etwas zu sagen, z.B. fragt sie sich im Kosmetiksalon beim Anblick schwarzer Handtücher, welche hygienischen Mängel die Farbe wohl verbergen soll oder bei der Bestellung einer Lieferpizza, wie sie das mit dem frischen Basilikum machen, ob der Pizzabote eine Pflanze bei sich hatte. Eleanors traumatische und der psychotherapeutischen Behandlung bedürftige Vergangenheit, an die sie selbst kaum Erinnerungen hat, kommt erst nach und nach zu Tage. Da es aber schon frühzeitig Hinweise darauf gibt, dass ihr Leben für Eleanor wohl doch nicht o.k. ist und sie sich hinter einer Maske versteckt, bleibt die Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten. Angesichts der positiven Entwicklung, die Eleanor durch die Inanspruchnahme professioneller Hilfe und der ihres Freundes erfährt, stimmt das Ende hoffnungsvoll.

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Veröffentlicht am 21.04.2017

Entscheidung zwischen Stadt- und Inselleben

Seeluft macht glücklich
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Die Krankenhausangestellte Jasmin aus Köln, einsam, an Burnout leidend, begibt sich zur Erholung auf die Insel Föhr. Dort trifft sie den Ferienhausverwalter Thore, der nur noch fort will, um seiner Ex-Freundin ...

Die Krankenhausangestellte Jasmin aus Köln, einsam, an Burnout leidend, begibt sich zur Erholung auf die Insel Föhr. Dort trifft sie den Ferienhausverwalter Thore, der nur noch fort will, um seiner Ex-Freundin nicht mehr zu begegnen. Spontan tauschen beide für einige Wochen ihre Wohnungen. Sie finden so viel Gefallen an ihrem neuen Leben, dass sie vor der Entscheidung stehen, Stadt- bzw. Inselleben ganz an den Nagel zu hängen. Allerdings sind sie auch einander über regen Telefon- und SMS-Verkehr nahe gekommen ...
Wieder ein typischer Janne Mommsen-Roman, der in der Lieblingslandschaft des Autors spielt. Neu ist allerdings, dass die Handlung zusätzlich in Köln angesiedelt ist. Auf diese Weise werden dem Leser sowohl das beschauliche Leben auf einer friesischen Insel als auch das im fröhlichen Rheinland nahe gebracht. Zu beidem hat der Autor gut recherchiert, so dass alles recht wirklichkeitsnah herüber kommt. Das gilt vor allem für die Einschübe in friesischem bzw. Kölner Dialekt und die Beschreibungen der Insel- bzw. Stadtbewohner mit ihren so typischen Eigenschaften. Inhaltlich haben wir es mit einer seichten Liebesgeschichte zu tun, die einmal anders beginnt, deren Ende aber doch rasch voraussehbar ist. Thematisiert wird auch durchaus Ernstes wie Einsamkeit, Burnout, Krankheit. Die Protagonisten stehen vor wesentlichen Entscheidungen bzgl. ihres weiteren Lebens und machen in der kurzen Zeit wichtige Veränderungen durch. Wenngleich es in der Realität doch nicht immer so zugeht wie im vorliegenden Buch (wo es etwas zu viele Zufälle und Fügungen gibt), ist es doch als unterhaltende Lektüre zu empfehlen.