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Veröffentlicht am 23.11.2021

Nett, mehr aber auch nicht

Mit uns wäre es anders gewesen
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Paris 1989
Beide Studenten Amélie und Vincent begegnen sie sich an der Sorbonne, verbringen eine Nacht zusammen mit Spaziergängen an der Seine und mit tiefgründigen Gesprächen. Weil sie sich sehr gut verstanden ...

Paris 1989
Beide Studenten Amélie und Vincent begegnen sie sich an der Sorbonne, verbringen eine Nacht zusammen mit Spaziergängen an der Seine und mit tiefgründigen Gesprächen. Weil sie sich sehr gut verstanden und die Anziehungskraft sehr stark war, verabreden sie sich für den nächsten Tag. Vincent kam pünktlich, Amélie mit einer Stunde Verspätung. Was danach kommt, ist nicht nur ein verpasster Treffen...

Ich muss gestehen: Grund der Klappentext habe ich hinter diesem sehr hübschen Buchcover, eine tiefgründige Liebesstory erwartet. Doch was ich gelesen hab, war alles andere eine klassische Liebesgeschichte. Es ist eher ein „Lebensroman“ in dem über zwei Menschen, die für aneinander bestimmt waren, aber jeweils einen anderen Weg gegangen sind, berichtet wird, und zwar im Zeitraum von 30 Jahren. Der Anfang war gut, denn die Autorin hat geschickt einiges verborgen, sodass ich die Gründe wissen wollte, doch ab Mitte ging es Bergab. Da greift Abécassis auf die Themen, wie Rollen in der Ehe, Selbstopferung wegen Kinder ect., welche, die ich nicht nachvollziehen konnte. Amélie und Vincent waren für mich sehr ichbezogen. Deren Perspektive, Gedanken, Verhandeln und Verhalten wirkten mir teilweise nicht nur egoistisch, sondern auch alters unangemessenen.

Dieses Büchlein mit 140 Seiten ist perfekt geeignet für die Leser, die sich nicht mit dickere Bücher beschäftigen wollen, aber nach dem stressigen Alltag etwas lesen möchten.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Top Sprache, irritierende Handlung

Phon
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Als Nadja hochschwanger und schwer verliebt in ihren 20 Jahre älteren Mann Lew -der erst ihr Professor in der Uni war- ins abgelegenen Dorf in Westrussland einzieht, war sie Anfang 20 und voller Lebensenergie. ...

Als Nadja hochschwanger und schwer verliebt in ihren 20 Jahre älteren Mann Lew -der erst ihr Professor in der Uni war- ins abgelegenen Dorf in Westrussland einzieht, war sie Anfang 20 und voller Lebensenergie. Das mitten im Wald gelegenen Dörfchen zieht sie nicht nur ihre beiden Kindern naturverbunden groß, sondern auch einige Tierarten. Denn das Zoologen Paar, bzw. Zoologe Lew, -Nadja hat ihr Studium nicht abgeschlossen- haben hier ein Tierforschungslabor eingerichtet, in dem auch Stadtkinder übers Sommer unterrichtet wird. Ein paar Jahre läuft es alles gut. Sie unterhalten die Kinder, retten die Bärenbabys und forschen über Tiere. Bis eines Tages eine Holländische Journalistin ins Dorf kam und was Grausames passiert, worüber in ganz Russland berichtet wird.

Mittlerweile ist Nadja nicht mehr jung und Lew ist gebrechlich. Deren Laboratorium existiert nicht mehr und die beiden sind die letzten Bewohner des Dorfes, dessen Einwohnerzahl seit Jahrzehnten offiziell Null beträgt. Außer ihr Sohn, der sie ab und zu wegen Einkäufen besucht, ein Pferd, ein Hund, eine am Dauern meckerndes Ziegenpärchen und ein rede Begabte Rabe haben das ältere Ehepaar nichts und niemanden um sich. Nur der Himmel scheint in letzter Zeit durchgedreht zu sein, denn Tag Täglich hören Nadja und Lew komische, unnatürliche Geräusche, als würde Gott mit Möbeln rücken. Naht das jetzt der Weltuntergang oder sind die beiden völlig verrückt geworden? Und Warum möchte die Holländerin nach fast 30 Jahren zurück ins Dorf kommen? Was hat das alles mit einem Lokführer Zutun, welcher der Nadja aus ihrem Leben erzählt?

Eine Geschichte, die mich in zwei gespaltet zurückgelassen hat. Einerseits mochte ich die dunkle, mystische Story, ganz besonders die Sprache sehr, anderseits der Erzählstil der Autorin und der Aufbau des Buches ist so gewöhnungsbedürftig und verwirrend, sodass ich mit meiner Geduld kämpfen musste. De Moor spielt gern mit Wörtern und Sätzen, dabei lässt ihre LeserInnen völlig allein beim überlegen, gibt kein Hinweise und man muss vieles zwischen den Zeilen lesen. Eigentlich mag ich sehr solche Art der Erzählung, doch hier bliebt einiges offen, dass mich nicht nur irritiert, sondern stellenweise genervt hat.

Obwohl es durchaus interessant war, wurde das Buch für meinen Geschmack zu chaotisch geschrieben. Tolle Story, wunderbare Sprache, keine Frage, dennoch hier fehlt jede menge Tiefgang und der Rote Faden. Schade...

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Veröffentlicht am 27.09.2021

Etwas spezial

Der Kolibri
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Sandro Veronesis erzählt in seinem mit „Premio Strega 2020“ (wichtigsten Literaturpreis des Italiens) ausgezeichneten neuen Roman die Lebensgeschichte eines Augenarztes. Er erzählt über ein Mann, der eine ...

Sandro Veronesis erzählt in seinem mit „Premio Strega 2020“ (wichtigsten Literaturpreis des Italiens) ausgezeichneten neuen Roman die Lebensgeschichte eines Augenarztes. Er erzählt über ein Mann, der eine Tragödie die nächsten erleben musste, und zwar fast 70 Jahrelang, aber trotzdem versuchte seine Familie zusammenzuhalten.

Der Kolibri heißt Marco Carrera. Nicht dass er sehr flink wie ein Kolibri ist, sondern als Kind kleiner war als seine Altersgenossen. Er wächst in einer gutbürgerlichen Familie als mittleres Kind auf, spielt gern Tennis, noch gern Glücksspiele. Er studiert Medizin, verliebt sich in das sieben Jahre jüngere Nachbarmädchen, heiratet aber eine Flugbegleiterin und bekommt eine Tochter. Soweit so gut? Ja natürlich, denn was ich hier niedergeschrieben hab, ist chronologisch! Doch wie Herr Veronesis Marcos Lebensgeschichte erzählt, ist alles andere als zeitlich geordnet. Beim Lesen war ich selbst wie ein Kolibri. Mal bin ich vorwärts geflattert, mal rückwärts. Manchmal waren die Zeitspannen so auseinander entfernt, sodass ich immer wieder zurückblättern musste. Bin ehrlich: bis ich alles gemerkt habe, habe ich das halbe Buch gelesen! Obwohl Veronesis Sprache sperrig und der Aufbau sehr chaotisch ist, die Geschichte entwickelt eine Sogwirkung und ich wollte unbedingt weiterlesen, um die Gründe zu verstehen.

Dieser Roman ist wie ein kubistisches Bild, erst nach genauerer Betrachtung erkennt man Einzelheiten. Nicht schlecht, sondern etwas spezial.

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Veröffentlicht am 18.07.2021

Schwebezustand

Raumfahrer
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Der Krankenpfleger Jan, der 1989 nach der Wende geboren ist, kennt die DDR-Zeiten aus dem Geschichtsunterricht, nur die Folgen sind für ihn spürbar. Auf der Einkaufstrasse stehen die Hälfte die Geschäfte ...

Der Krankenpfleger Jan, der 1989 nach der Wende geboren ist, kennt die DDR-Zeiten aus dem Geschichtsunterricht, nur die Folgen sind für ihn spürbar. Auf der Einkaufstrasse stehen die Hälfte die Geschäfte leer, in damaligen Neubauwohnungen wohnt kaum jemand und bald wird es auch Jans Krankenhaus schließen. Er wohnt mit seinem Arbeitslosen Vater zusammen, wo er ihm jeden Abend mit einem warmen Feierabendbier erwartet dafür aber viel schweigt. Trostlosigkeit, Vergangenheitsbewältigung, Armut und Sprachlosigkeit bestimmen Jans Leben. Doch plötzlich taucht ein alter Mann, zeigt ihm ein Foto und macht eine Bemerkung über seine Eltern. Ob Jan will oder nicht, muss er jetzt mit der Vergangenheit konfrontieren....

„Mutter, Vater. Für Jan waren sie Raumfahrer. Schwebten in einer Zwischenwelt, ihrem Ausgangspunkt entrissen. Während sie schwebten, hatte sich die Welt schon ein Dutzendmal weitergedreht.“

Und ich war mittendrin in diesem Schwebezustand! Denn Rietzschel's Erzählstil war für mich sehr sprunghaft. Mal war ich mit Jan hier im Ort, mal reiste ich mit seinen Gedanken in seine Kindheit. Dann kommt der nächste Protagonist und erzählt von Eigenendkindheit, von Nachkriegszeit, Mauerbau, Nachwendezeit und alles im Wechsel in sehr kurzen Kapiteln. An stattdessen solche kurze bruchstückhafte Aufbau, hätte ich mir lange aber strukturierte Handlung gewünscht. Zwischen so abrupt wechselnde Themen und Zeiten sind die Figuren mir ferngeblieben.

Ein Roman der mich trotzt seiner starken Sprache nicht erreicht hat aber sicher seine Leserschaft finden wird.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Großartige Sprache, mehr aber auch nicht

Schicksal
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In Zeruya Shalevs neuen Roman stehen zwei völlig verschiedene Frauen im Mittelpunkt, deren Lebenswege schicksalhaft miteinander verbunden sind. Eine davon ist die 90-jährige Rachel. In ihrer Jugend war ...

In Zeruya Shalevs neuen Roman stehen zwei völlig verschiedene Frauen im Mittelpunkt, deren Lebenswege schicksalhaft miteinander verbunden sind. Eine davon ist die 90-jährige Rachel. In ihrer Jugend war sie in der Untergrundbewegung Lechi betätigt und kämpfte sie mit ihrer Jugendliebe, ihr erster Ehemann Meno gegen die britischen Besatzer. Heute ist sie zweifache Mutter, die keine innige Beziehung mit ihren Söhnen hat, lebt verwitwet, verbittert alleine und denkt immer wieder an die damaligen Kameraden an. Nur nicht an Meno, denn sie hat das Kapitel vor 70 Jahren als er sie verlassen hat, abgeschlossen. Bis eines Tages sie eine Frau im Theater anspricht.

Shalevs zweite Protagonistin ist 49-jährige Architektin Atara, die unbeliebte Tochter aus Menos zweite Ehe. Auch Atara in zweite Ehe verheiratet, hat eine Tochter von erste Ehe, die in den USA studiert, einen Stiefsohn und einen gemeinsamen Sohn mit Ehemann Alex. Sie war glücklich und zufrieden bis Ataras Vater sie auf dem Sterbebett liebevoll Rachel nennt. Da wusste sie, dass sie seine erste Frau suchen muss, um einige Fragen zu klären.

Mit ihren Figuren erzählt die israelische Autorin aus zwei Perspektiven eine Geschichte, die aus vorstaatliche Israel bis heute erreicht. Doch für mich war es einfach zu wenig Israel. Dafür habe ich zwischen viel zu viele, die nicht wirklich zusammenpassende Themen wie Eheprobleme, Religion, Architektur, Enttäuschungen, Muttersein, Trauma etc. gehüpft. Ja, wortwörtlich gehüpft, denn ich konnte die Themen nicht zusammen verbinden. Sie fängt mit einem wichtigen Thema an aber folgt sie nicht bis zum Ende. Israels Kultur, die Land und die Leute sind hier nur nebenbei erwähnt, was ich sehr schade fand. Auch mit den Protagonistinnen war ich enttäuscht. Persönlich fand ich Rachel und ihre Kapitel, wo sie aus den alten Zeiten erzählt hat, sehr interessant, doch je ich weiter gelesen hab, desto kürze und Bedeutungsarme sind die geworden. Und Vorgang auf für Atara! Eine schwer ichbezogene Frau, die mir nur Kopfschütteln verursacht hat. Für meinem Geschmack widmet sich die Autorin sehr detailreich an ihre Eheprobleme und an ihre Trauer.

Zeruya Shalev ist eine großartige Erzählerin doch allein ihre wortgewaltige Sprache hat es hier nicht gereicht. Das Buch ist extrem Geschmackssache und definitiv kein Schmöker zum Entspannen.

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