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Veröffentlicht am 07.12.2021

Eine Hommage an ein ewiges Bauwerk - gelungen!

Die Brücke der Ewigkeit
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Die Brücke der Ewigkeit ein historischer Roman von Wolf Hector aus dem Ullstein Verlag

Zärtlich wie sonst nur über Drudas Haut fuhr er mit den Fingerbeeren über das Pergament und zeichnete die mit Rötelstift ...

Die Brücke der Ewigkeit ein historischer Roman von Wolf Hector aus dem Ullstein Verlag

Zärtlich wie sonst nur über Drudas Haut fuhr er mit den Fingerbeeren über das Pergament und zeichnete die mit Rötelstift gezogenen Linien nach – die fünfzehn Brückenbögen, die Eisbrecher davor, die drei Türme darüber, das steinerne Geländer. Er richtete sich auf, trat zwei Schritte vom Schreibpult zurück und betrachtete die Zeichnung auf dem alten Pergament aus fünf Fuß Entfernung – ein guter Bauplan, wahrhaftig! S.184

Aus einem Gelübde der Angst und Hoffnung erwächst in einer Gewitternacht 1342 ein Versprechen. Otlin gelobt, Prag eine neue Brücke zu bauen, wenn Gott seine Mutter aus den Fluten der Moldau rettet, nachdem die alte Judithbrücke hinfort gerissen wurde. Jahre später kann er dieses Versprechen einlösen.

Der Autor versteht es meisterhaft, diese wahrhaft interessante Entstehungsgeschichte der Karlsbrücke in Prag spannend und authentisch zu erzählen. Sein Schreibstil ist einzigartig und es macht einfach Freude diese historisch fundierte Geschichte zu lesen. Alltägliche Situationen, Begebenheiten, das Umfeld und die Dialoge sind auf die Zeit der Handlung abgestimmt. Die Kenntnisse und sehr gute Recherche zeigen ein eindrucksvolles Bild des damaligen Pag. Gerade die detaillierten Beschreibungen dieser wunderschönen Stadt haben mir sehr gut gefallen. Die flüssige Erzählweise konnte mich von der ersten Seite des Buches bis zum letzten Umblättern begeistern.
Ich mochte den Roman gar nicht mehr zur Seite legen, denn trotz der 600 Seiten, liest sich die Geschichte flott weg.

Des Weiteren passt das begleitende Cover hervorragend zum Text. Die Karte von Prag um 1400 gibt einen groben Überblick, um sich besser orientieren zu können.
Man begleitet die Protagonisten über mehrere Jahrzehnte. Die Legende zu Anfang ist dabei hilfreich. Diese setzten sich aus historisch belegten und fiktiven Figuren zusammen. Alle Figuren sind lebhaft beschrieben, agieren und wirken echt sowie zeitgemäß. Besonders Jan Otlin und Maria-Magdalenas Schicksale haben mich bewegt. Eine Zeittafel hilft bei der zeitlichen Einordnung der Ereignisse und das Glossar bei ungekannten bzw. schon fast verschwunden geglaubten Wörtern.

Fazit: Jedem, der sich für historische Begebenheiten interessiert, kann ich diesen Roman wärmstens empfehlen. Neben interessanten Fakten, erliest man sich eine emotionale und spannende Geschichte. Ein wirklich fesselnder Roman!

Nur das Pseudonym ärgert mich! Ich mag Pseudonyme einfach nicht. Vermutlich steckt eine Marketingstrategie des Verlages dahinter?! Ich werde und möchte das nicht verstehen! Ärgerlich, wenn man sich mit historischen Romanen in der Literaturszene und beim Leser etablieren konnte und dann über ein Pseudonym degradiert wird, welches nicht einmal ein anderes Genre umfasst. Dennoch musste dieser Roman erzählt werden, weil er einfach richtig gut ist, danke dafür!

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Gelungen!

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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In ewiger Freundschaft Taunus Krimi Band 10 von Nele Neuhaus (Ullstein Verlag)

„Wir feiern zusammen, wir arbeiten zusammen, und wir stehen uns gegenseitig bei, wenn es einem von uns nicht gutgeht“, bekräftigte ...

In ewiger Freundschaft Taunus Krimi Band 10 von Nele Neuhaus (Ullstein Verlag)

„Wir feiern zusammen, wir arbeiten zusammen, und wir stehen uns gegenseitig bei, wenn es einem von uns nicht gutgeht“, bekräftigte Dorothea. „Deshalb sind wir heute auch alle hier.
„Das ist wirklich eine sehr schöne Geste“, sagte Pia... S.237

Eine vermisste Programmleiterin des renommierten Buchverlags Winterscheid in Frankfurt wurde nach über dreißig Jahren gekündigt. Sie scheint sich an einem ihrer Autoren rächen zu wollen, indem sie ihn des Plagiats bezichtigt. Zeitnah werden Leichen gefunden und die Ermittlungen laufen weit bis in die Vergangenheit der Opf­er hinein.
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Nele Neuhaus liefert hier einen richtig spannenden Plot. Der Fall und die Einblicke rund um das Verlagshaus Winterscheid und deren Autorenwelt sind höchst interessant. Die Geheimnisse, Reibereien und internen Spielchen gehen wohl nicht spurlos an allen Mitarbeitern vorbei.

In ihrem neuen Fall legt die Autorin einige Spuren, verschachtelt einzelne Geschichten und strickt die Fäden zu einem komplexen Ganzen zusammen. Vielleicht wirkt das Geschriebene nicht ganz so spektakulär und der Spannungsbogen wird von Zeit zu Zeit etwas überdehnt, doch an Emotionalität fehlt es dem Roman nicht. Die Einblicke in das Privatleben der Ermittler sowie die zahlreichen Nebengeschichten gestalten den Krimi abwechslungsreich. Man fiebert mit den Figuren mit. Gerade Oliver von Bodensteins Geschichte berührt das Herz. Da man die Protagonisten über einen langen Zeitraum begleitet und deren Geschichten verfolgt hat, entsteht eine gewisse Bindung. Man kann sich sehr gut in die Figuren hineinversetzen. Da diese zahlreich auftreten, war ich sehr erfreut über das vorangestellte Personenregister.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Authentizität mit der die Autorin ihre Protagonisten agieren lässt. Lebensnah und mit einem vielfältigem Hintergrundwissen werden Situationen und Dialoge präsentiert.

Einflechtungen und Rückblicke auf bereits erzählten Stoff erschienener Bände passen wunderbar zu dieser Jubiläumsausgabe. Das hat Nele Neuhaus gekonnt inszeniert. Eine schöne Idee, in kleinen Spitzen einen Blick zurückzuwerfen.
Das packende und wendungsreiche Finale konnte mich durchweg überzeugen. Ich bin gespannt auf weitere Geschichten rund um das K11 in Hofheim und empfehle „In ewiger Freundschaft“ gern weiter!

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Sie können nun ihre Stimme abgeben!

Reality Show
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Reality Show ein Roman von Anne Freytag dtv
Verlag

Fragt man wütende Menschen nach ihrer Meinung, bekommt man nicht selten Antworten, die am Vorhandensein des so viel gepriesenen Menschenverstandes zweifeln ...

Reality Show ein Roman von Anne Freytag dtv
Verlag

Fragt man wütende Menschen nach ihrer Meinung, bekommt man nicht selten Antworten, die am Vorhandensein des so viel gepriesenen Menschenverstandes zweifeln lassen, Zorn ist kein guter Ratgeber, ganz im Gegenteil, er ist Öl im Feuer. (S.202)

Ich teile die Meinung von Opa Fritz, der den Wunsch nach Gerechtigkeit und Rache durchaus verstehen kann. In welche Zwickmühle und damit verbundene Konflikte Anne Freytag ihre Protagonisten und somit den Leser hineinmanövriert, ist schon ein erstaunliche Ungeheuerlichkeit. Der Plot und die Fragen dahinter sind so genial und aktuell wie nie. In schnellen Bilder, wechselnden Szenen und Zeiten versteht die Autorin ihre Figuren und deren Stimmungen in Szene zu setzen. Der interessante und intelligente Schreibstil untermauert die aufkommenden Fragen und zieht somit den Leser vollkommen in diese gegenwärtige, teils absurde Geschichte. Man muss sich darauf einlassen und, genau wie die Zuschauer, Stellung beziehen. Häppchenweise entsteht ein gesellschaftskritisches Portrait verpackt in einem genialen Thriller.

Zur besinnlichsten Zeit des Jahres, an Heiligabend übt eine überschaubare Gruppe Gerechtigkeit mit einer Live-Übertragung der Geiselnahme aus verschiedenen Häusern der Opfer. Diese sind Drahtzieher und korrupte Schattenmänner der Gesellschaft, die sich bereichern und Andere manipulieren. Das Urteil über die Kandidaten dieser Reality Show fällen die Zuschauer. Sie sind jetzt die Richter mit allen Konsequenzen. Das ist verlockend und gefährlich zugleich. Mal schauen, ob alle so weitsichtig denken und handeln wie Opa Fritz?

Fazit: Anne Freytag steht für interessante Themen und intellektuelle Literatur. Ihre Romane sind anders, immer ein überraschendes Abenteuer und äußerst emotional. In meist kurzen Sätzen erzeugt sie Bilder im Kopf der Leser, die noch lange im Gedächtnis bleiben. So auch in ihrem gelungen konstruierten Pageturner „Reality Show“, spannend bis zum Schluss! Eine klare Leseempfehlung, wie alle ihre anderen bisher erschienen Bücher!

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Ein Teil unseres Lebens

Was bleibt, wenn wir sterben
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Was bleibt wenn wir sterben ein Erfahrungsbericht von Louise Brown (Diogenes Verlag)

Ich wollte meine Leseerfahrungen schon viel eher teilen. Leider kreuzte dieses Buch zu einem unpassenden Zeitpunkt ...

Was bleibt wenn wir sterben ein Erfahrungsbericht von Louise Brown (Diogenes Verlag)

Ich wollte meine Leseerfahrungen schon viel eher teilen. Leider kreuzte dieses Buch zu einem unpassenden Zeitpunkt mein Leben, ein Todesfall in meiner Familie und so musste ich die Lektüre erst einmal beiseitelegen. Die Endlichkeit war so überwältigend, dass ich erst ein wenig Abstand brauchte, um mich auf diese Lektüre einlassen zu können. Wahrlich kann ich andere Lesermeinungen bestätigen, dass diese Literatur einfühlsam geschrieben ist und Trost spenden kann. Letztendlich konnten mich die sensiblen Worte der Autorin in den Momenten der Trauer nicht trösten. Zu intensiv und groß waren und sind die Gefühle noch immer.

„Aber irgendwann müssen wir Raum schaffen für leichtere Gedanken. Um aus dem Stillstand wieder in Bewegung zu kommen.“ S.174

Auch ich werde dann dieses Büchlein von Louise Braun zur Hand nehmen und ihre Worte lesen und erneut auf mich wirken lassen. Denn mit ihren von Herzen kommenden Trauerreden und dem angenehmen Umgang mit den Trauernden beschreibt sie einen respektvollen und würdigen Weg, der Lieben zu gedenken. Die Trauer und das Andenken gehören zu unserem Leben dazu und ich danke der Autorin für ihre Erfahrungen und Anekdoten aus ihrem “Berufsleben“.

Dieses Buch berührt durch seine Leichtigkeit im Umgang mit den Themen Tod, Sterbebegleitung und Trauerbewältigung. Es macht nachdenklich auf eine angenehme Art. Gern empfehle ich „Was bleibt, wenn wir sterben“ weiter.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Worauf es im Leben ankommt

Dich hab ich nicht kommen sehen
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Dich hab ich nicht kommen sehen von Nina Resinek (Bastei Lübbe Verlag)

„Psychisches Wohlbefinden“... War das nicht ein Mythos, bestenfalls eine Ausnahme, eine Abweichung vom normalen Funktionieren der ...

Dich hab ich nicht kommen sehen von Nina Resinek (Bastei Lübbe Verlag)

„Psychisches Wohlbefinden“... War das nicht ein Mythos, bestenfalls eine Ausnahme, eine Abweichung vom normalen Funktionieren der Seele? Im Laufe des Lebens wurde die Otto Normalseele ja mit allerlei Zeug bekleckert, und Rotweinflecken gingen bekanntermaßen schwer raus. S.21

Mari versucht einen Neuanfang in Berlin. Neue Wohnung, neuer Job, neue Bekannte und Freunde. Dabei kreuzt auch Leo Maris Weg. Er wirbelt einigen Staub auf und lässt ihr Inneres erzittern. Leos berührt durch seine stille Art. Er ist geerdet und der komplette Gegensatz zu Mari. Sie ist flatterhaft und perfektionistisch veranlagt. Sie will gut sein in allen Dingen, die sie anpackt. Daher befindet sich gerade in ihrem beruflichen Bereich, einer Anwaltskanzlei, in der Zwickmühle, Eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen sowie Anforderungen, die an sie gestellt werden und ihren Wünschen, die sie noch nicht so recht greifen kann. Ihr Weg im Buch bringt sie zurück in eine gewisse Balance und zu der Erkenntnis, was wirklich zählt im Leben.
Dabei begleiten sie die unterschiedlichsten Figuren.
Diese Charaktere sind allesamt gelungen, vielfältig und aus dem Leben gegriffen. Jeder hat seine Eigenarten und Schrulligkeiten. Sie bezaubern durch ihren Details und mir gefallen sie alle.
Der Schreibstil, die Geschichte und der Roman selbst sind skurril. Diese Art eine Geschichte zu erzählen, der intelligente Humor und die zahlreichen Wortspiele sind mal etwas ganz anderes. und machen das Ganze daher so interessant. Der Text zwingt den Leser bei der Sache zu bleiben. Man muss wirklich jeden Satz lesen und kann hier nichts überfliegen. Mich hat es bei Laune gehalten und ich diesen Roman nicht aus der Hand legen wollen. Genau das finde ich so klasse und macht für mich Genialität aus. Das ganze Buch zeigt, das nichts perfekt sein muss, im Leben nicht und auch nicht in einem Buch!

Fazit: Lustig, fantasiereich, und unglaublich skurril. Wer sich darauf einlässt, kann einige Wahrheiten zwischen den Zeilen herauslesen. Für mich ist Nina Resineks Roman ein kleiner Schatz, weil er satirisch zeigt, worauf es im Leben, im Job und in Beziehungen ankommt.

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