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Veröffentlicht am 20.12.2021

Die Brücke über die Moldau

Die Brücke der Ewigkeit
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Das Gewitter zerstört vieles, die Wassermassen reißen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Jan Otlin muss zusehen, wie seine Mutter durch das Unwetter rennt, den Ziegendieben hinterher und dann ...

Das Gewitter zerstört vieles, die Wassermassen reißen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Jan Otlin muss zusehen, wie seine Mutter durch das Unwetter rennt, den Ziegendieben hinterher und dann - die Judithbrücke war eingestürzt, tief unten klammert sich Jans Mutter noch fest. Da schwört der 12jährige, dass er eine neue Brücke bauen wird, sollte sie diesem Inferno entkommen.

Die historisch bedeutsame Karlsbrücke über die Moldau, welche die Prager Altstadt mit der Kleinseite verbindet, wird im 14. Jahrhundert errichtet. Die Grundsteinlegung der Karlsbrücke erfolgte 1357 durch Kaiser Karl IV. Eine Brücke für die Ewigkeit sollte es werden, Vorbild war die Steinerne Brücke zu Regensburg.

Der verantwortliche Architekt Pater Parler war mit anderen Bauwerken voll ausgelastet und in Jan Otlin fand er einen Baumeister, der „Die Brücke der Ewigkeit“ für den Kaiser ganz nach dessen
Wünschen erbauen konnte. Ein mühsames Unterfangen, immer wieder wurden Pfeiler beschädigt, Rückschläge gab es genug und doch war Aufgeben keine Option.

Der historische Hintergrund bildet das Gerüst und der oftmals beschwerliche Alltag der einfachen Leute, all das Zwischenmenschliche, die Freuden aber auch das Leid und die Boshaftigkeit so mancher werden gut dargestellt. Es gab sie schon immer, die ehrlichen Leutchen, aber auch diejenigen, die danach trachteten, den anderen zu schaden, sie zu vernichten. Wolf Hector hat ein gutes Gespür, solche Szenen glaubhaft darzustellen, verwebt die historischen Figuren mit seinen fiktiven Akteuren. So ist ein unterhaltsames Gesamtwerk entstanden, das mich so manches Mal staunen ließ. Wurde doch der Mörtel nicht nur mit herkömmlichen Materialien angemischt, sondern dank Eiern, Quark und Wein in seiner Festigkeit nochmal verstärkt. Die beiden letzteren Zugaben sind als römischer Mörtel historisch nachgewiesen, es ist eine kleine, aber feine Anekdote, die sehr passend ins Geschehen eingeflochten wird.

Prag um 1400 - das Cover zeigt die vollendete Brücke, das Gesamtbild passt zum Roman. Der Stadtplan auf der Innenseite, das Personenverzeichnis und die Zeittafel sind gerade für ein historisches Buch hilfreich, ebenso das Glossar im Anhang.

Historie – eingebettet in den Brückenbau zu Prag. Ein Stück Zeitgeschichte, lebendig dargestellt mit all den Ängsten, Sorgen und Nöten vor gut 650 Jahren. In vier Bücher ist die Handlung gegliedert, es gibt Rückblenden und immer dann, wenn es am spannendsten ist, wird der Focus auf einen anderen Handlungsstrang gelenkt. Dabei bildet der Anfang eines jeden Buches den Ist-Zustand von Jan und seiner Familie ab. Diese jeweils auf wenigen Seiten verfassten Berichte lassen viel Spielraum für Spekulationen, die Dramatik wird erst gegen Ende entschärft.

Das finstere Mittelalter kam des Öfteren klar zum Vorschein mit all seinen schlimmen Seiten, das Blutgerüst sei erwähnt, auf dem so mancher sein Leben aushauchte, obwohl unschuldig. (Gift)Mord und Totschlag in all seiner Grausamkeit war allgegenwärtig, die Frauen, die nichts galten, waren oftmals Freiwild.

Wolf Hector erzählt in seinem historischen Roman „Die Brücke der Ewigkeit“ die Entstehungsgeschichte der Karlsbrücke im 14. Jahrhundert. Ein Garant für kurzweilige und unterhaltsame Lesestunden.

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Veröffentlicht am 13.12.2021

Bezaubernd, witzig, herzlich

Geld oder Lebkuchen
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Genau richtig für die Vorweihnachtszeit, so dachte ich mir und hörte 6 Stunden und 31 Minuten in diesen Fast-Krimi, vertont von GOYALiT Jumbo Neue Medien und Verlag GmbH, hinein.

Ein wenig schlitzohrig ...

Genau richtig für die Vorweihnachtszeit, so dachte ich mir und hörte 6 Stunden und 31 Minuten in diesen Fast-Krimi, vertont von GOYALiT Jumbo Neue Medien und Verlag GmbH, hinein.

Ein wenig schlitzohrig ist er schon, dieser Ernst Mannsen. Es passt ihm so gar nicht, dass der langweilige Filialleiter der Bank ihm vorgezogen wird, dabei hat er - Ernst - seiner Meinung nach alles, was man so braucht, um eine erfolgreiche Dorfweihnacht organisieren zu können. Es war immer so, dass die bedürftigen Kinder sich zu Weihnachten was wünschen dürfen und ihre Wünsche erfüllt werden, dafür wurde extra ein Bankkonto eröffnet, Kassensturz ist angesagt und das Konto hoffentlich gut gefüllt. Aber – oh Schreck, es gibt gar kein Konto, der Filialleiter ist weg, Geld ist natürlich keins da – was nun?

Katja Danowski passt sich dieser herrlich frech-forsch-tragischen Komödie ausdrucksstark an. Mit viel Feingefühl erzählt sie davon, wie sie alle versuchen, das kommende Desaster aufzuhalten und in Bahnen zu lenken, die zwar nicht immer ganz legal sind, nicht so richtig hinterfragt werden dürfen, aber sie doch irgendwie versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Bildreich und lebensnah skizziert sie das beinahe skurrile Geschehen, ich lausche ihrer Stimme, die kraftvoll und ungestüm, dann wieder gelangweilt und ein wenig eingeschnappt ist, aber immer ganz nah an den Protagonisten bleibt.

Dora Heldt, die Autorin dieser bezaubernden Mär, schaut genau hin, denn hier erkennt sich jeder in irgendeiner Form wieder. Nein, nicht jeder – ich natürlich nicht, aber die anderen sind so, ganz bestimmt! Vielleicht überzeichnet sie das Miteinander ein wenig, kratzt an der Oberfläche und unter so manch rauer Schale verbirgt sich tief drinnen ein weicher Kern, der im Laufe der Zeit nur ein wenig verschüttet war. Warmherzig sind sie, ihre Akteure, natürlich auch mal ungestüm und energiegeladen, bisweilen ungerecht. Und doch haben sie alle das gleiche Ziel – sie sorgen sich um diejenigen, denen es nicht so gut geht, öffnen ihr Herz.

Eine Geschichte, wie das Leben sie zuweilen schreibt, charmant und augenzwinkernd ausgeplaudert von Katja Danowski. „Geld oder Lebkuchen“ – peng… Eine amüsante Weihnachtsgeschichte, ein kurzweiliges Hörerlebnis, das ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 10.12.2021

Erschütternd, fesselnd, raffiniert konstruiert

Die falsche Zeugin
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Leigh und Callie – zwei Schwestern, die ungleicher nicht sein könnten. Die eine ist eine erfolgreiche Anwältin, während die andere sich durchs Leben schlängelt, immer an Rande des Abgrunds. Ihrer beider ...

Leigh und Callie – zwei Schwestern, die ungleicher nicht sein könnten. Die eine ist eine erfolgreiche Anwältin, während die andere sich durchs Leben schlängelt, immer an Rande des Abgrunds. Ihrer beider Kindheit war hart, jeder verdiente Groschen hochwillkommen. Leigh gab ihre Stelle als Kindermädchen irgendwann an Callie ab, die über lange Zeit den kleinen Trevor betreute.

Im Sommer 1998 begegnen wir Leigh und Callie, um dann im Heute mit der Strafverteidigerin ihr doch recht komfortables Leben kennenzulernen. Ihrem Mandanten, der sie kurzfristig engagiert hat, wird Entführung, Vergewaltigung, schwere Körperverletzung und noch so einiges vorgeworfen, alle Indizien sprechen gegen ihn. Zunächst sträubt sich in Leigh alles, dessen Verteidigung zu übernehmen, letztendlich aber klemmt sie sich voll und ganz dahinter.

Es beginnt gemächlich, wenn auch nicht alltäglich. Ein interessanter Einstieg ins Buch, aber auch nicht mehr. Doch je weiter die Geschichte fortschreitet, je mehr Details bekannt werden, desto stärker ist die Sogwirkung. Zwei Haupthandlungsstränge wechseln einander ab. Die Autorin nimmt ihre Leser mit ins Gestern, als Schreckliches passiert ist und schwenkt geschickt ins Heute, um von Leigh zu erzählen, ihrer Familie, zu der auch Callie gehört. Auch wenn diese ein Leben jenseits der gutbürgerlichen Norm führt und sich die Schwestern selten sehen, sind sie gefühlsmäßig eng verbunden.

Corona ist im Jahre 2021 ein allgegenwärtiges Thema und auch hier ist die Pandemie angekommen, hält sich aber dezent im Hintergrund. Drogen in vielerlei Form spielen mit, der Missbrauch in all seiner Widerwärtigkeit kann vieles zerstören, menschliche Abgründe tun sich auf. Manches ist kaum auszuhalten, man möchte es nicht lesen und doch unbedingt wissen.

Karen Slaughter baut Spannung auf, sie bedient ihre Leser häppchenweise, schwenkt den Fokus immer dann in eine andere Richtung, wenn man eigentlich dran bleiben, diesen Strang weiterverfolgen möchte. Die fast 600 Seiten lesen sich zügig weg, auch wenn die Handlung nicht gerade lässig daherkommt. Im Gegenteil, es ist ganz schön harter Tobak, der hier serviert wird. Man muss des Öfteren schwer schlucken, das Kopfkino sendet permanent Bilder. Szenen, die sprachlos machen, die man trotz allem lesen muss. Sie gehören dazu, machen die Story stimmig. Ich bin parteiisch, schlage mich auf eine Seite, die Autorin hat ihren Charakteren viel Leben eingehaucht, sie sind mir zwar nicht nahe, aber doch glaubwürdig, lebendig.

„Die falsche Zeugin“ ist ein raffiniert konstruiertes Werk mit ausdrucksstarken Charakteren und einer erschütternden Story. Karen Slaughter hat mir wiederum mit ihrem vortrefflichen Schreibstil so manch schauderhafte, aber durchaus unterhaltsame Lesestunden beschert.

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Veröffentlicht am 07.12.2021

Famoser Thriller, exzellente Sprecherin

Der Herzgräber
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Heather muss sich um den Nachlass ihrer Mutter kümmern und so kehrt sie nach vielen Jahren zurück in ihr Elternhaus. Bei Durchsicht der Papiere findet sie unzählige Briefe eines verurteilten Serienkillers. ...

Heather muss sich um den Nachlass ihrer Mutter kümmern und so kehrt sie nach vielen Jahren zurück in ihr Elternhaus. Bei Durchsicht der Papiere findet sie unzählige Briefe eines verurteilten Serienkillers. Michael Reave sitzt seit 20 Jahren im Hochsicherheitsgefängnis, er hatte junge Frauen bestialisch getötet, ihnen das Herz herausgerissen, dieses im Wald vergraben, anstatt des Herzens Blumen hineingesteckt. Und jetzt ist wieder eine Frau genau auf diese Weise getötet worden – ein Nachahmungstäter?

Aus Heathers Sicht schildert die Autorin deren Leben und nimmt ihre Leser mit, der Verbindung ihrer Mutter zu Reave nachzuspüren. Das schon lange gestörte Verhältnis zur Mutter hat dazu geführt, dass Heather so gar nichts über sie weiß und so steht sie vor dem großen Rätsel – warum hat diese sich das Leben genommen, hatte regen Briefkontakt mit einem vielfachen Mörder unterhalten? Dazwischen sind Kapitel von früher, sowohl Michael Reaves Vergangenheit wird beleuchtet und auch aus Opfersicht erhalten wir Einblicke.

Was für ein Szenario! Welch schlimme Taten einen vermeintlichen Nachahmer finden, wie Spuren nachgegangen wird und dann doch ins Nichts führen, im Sande verlaufen – oder auch nicht. Jen Williams spinnt ihre Geschichte um den „Herzgräber“ mit feinem Instinkt immer weiter, lässt ihre Leser ins Leere laufen. Gönnt der Protagonistin auch mal entspannte Stunden. Durch den Wechsel ins Früher erfährt man Bruchstücke, die sich lange nicht zusammenfügen. Mit viel Gespür hat sie das Kunststück geschaffen, mich gleichermaßen zu fesseln und dem barbarischen Treiben mit Abscheu zu begegnen.

Eine packende Story mit grausamem Hintergrund, gelesen von Heike Warmuth. Ihre stimmliche Vielfalt lässt mich tief eintauchen in die bestialischen Gedanken des Monsters, spüre die Furcht und die Ohnmacht derer, die sich seiner nicht erwehren können. Die Sprecherin verleiht jedem Charakter sein eigenes Fluidum. Trotz der abscheulichen Szenen hörte ich ihr gerne zu, sie entführte mich in eine schreckliche Welt, erschuf Bilder in mir, deren Einzelheiten ich unbedingt wissen wollte, aber dann doch wieder ganz schnell loslassen musste.

Ein famoser Thriller, der mich bis zum Schluss gebannt zuhören ließ. Das ungekürzte Hörbuch vom Argon Verlag, gelesen von Heike Warmuth, empfehle ich sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 06.12.2021

Illusionen...

Die Täuschung
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Das Cover ist schon mal die Wucht. Aber es geht ja nicht nur um das Cover, es geht auch und vor allem um den Inhalt. Um das, was sich dahinter verbirgt – und es verbirgt sich so einiges. „Die Täuschung“ ...

Das Cover ist schon mal die Wucht. Aber es geht ja nicht nur um das Cover, es geht auch und vor allem um den Inhalt. Um das, was sich dahinter verbirgt – und es verbirgt sich so einiges. „Die Täuschung“ ist ein sehr gelungener Psychothriller aus der Feder von Astrid Korten - ein phantastischer Blick hin zur Magie und mehr…

Victor Adams - der große Illusionist Horus - ist nach einer Zahnwurzelbehandlung verwirrt. Wo ist er? Warum ist er hier? Was ist geschehen?

Schon immer begeistert sich Victor für alles, was mit Zauberei zu tun hat - für Illusionen, denn das ist die bessere, die einzig richtige Beschreibung für ihn und seine Leidenschaft. Mit dreizehn Jahren nimmt er an einer Talentshow teil, sein Onkel Noah bringt ihm alles bei, hat ihn von klein auf in die Welt der Magie eingeführt und Victor war ehrgeizig und sehr zielstrebig.

Nun ist Horus der schnellste Illusionist der Welt, assistiert von Julia. Ein eingespieltes Team sind die beiden, jetten um den Globus, sind erfolgsverwöhnt. Bis Julia verschwindet. Einfach so. Der große Horus und seine Illusionen – Inspektor Banks ermittelt, verdächtigt Victor, seine Assistentin getötet zu haben. Wie soll er das angestellt haben, sie inmitten einer Show einfach auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen? Ist Julias Tod auch nur eine Illusion oder doch Wirklichkeit?

Astrid Korten ist das perfekte Verwirrspiel geglückt. Sie wechselt geschickt vom Gestern ins Heute, erzählt ihren Lesern ganz viel und doch nie genug, um hinter die Kulissen zu blicken. Man kennt Victor und die Seinen, sein Leben, seine Fähigkeiten. Sein ganzes Streben ist die Illusion. Beim Lesen vergewissere ich mich des Titels, weiß genau, dass diese Täuschung mich ganz bewusst in die Irre führt. Und komme doch immer wieder im Nichts an, muss den Fokus in eine andere Richtung lenken.

Und zwischendurch die Zahnschmerzen. Wie geht das zusammen, was steckt hinter dieser mysteriösen Geschichte?

Ja, so mag ich das. Schon von Anfang an nimmt die Autorin mich mit, dieser Psychothriller verhext und verzaubert, beeindruckt und begeistert mich gleichermaßen.

„Die Täuschung“ ist exzellent in Szene gesetzt von Astrid Korten, eine Meisterin ihres Fachs.

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