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Veröffentlicht am 18.01.2022

Die 70ziger Jahre werden lebendig

Unser kostbares Leben
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Die beiden besten Freundinnen Minka und Caro wachsen behütet und privilegiert in der aufstrebenden Industriestadt Mainheim auf Minka ist die Tochter des Bürgermeisters, Carolas Vater ist der Direktor der ...

Die beiden besten Freundinnen Minka und Caro wachsen behütet und privilegiert in der aufstrebenden Industriestadt Mainheim auf Minka ist die Tochter des Bürgermeisters, Carolas Vater ist der Direktor der ansässigen Schokoladenfabrik.

Claire ist Kriegswaise und eine der Boatpeople, die von Deutschland aufgenommen wurde. Sie kommt ins Mainheimer Waisenhaus und wird später von Caros Familie adoptiert.

So wie sich die Mädchen weiter entwickeln, verändert sich auch ihre Umwelt und die Umweltschäden sind überall sichtbar.

Caro beginnt in der Redaktion der Frankfurter Rundschau ein Volontariat. Minka fängt ein Soziologiestudium an und wohnt im Hüttendorf im Königsfelder Wald, eine Protestcamp gegen den geplanten Autobahnausbau. Claire beginnt eine vielversprechende Wissenschaftskariere.

Jede lebt ihr Leben und doch bleiben die gemeinsamen Wurzeln. Als Caro ihren Verdacht, dass unerlaubte Versuche mit Psychopharmaka an Jugendlichen durchgeführt wurden, bestätigt sieht, versucht sie den Betroffenen Gerechtigkeit zu verschaffen - zusammen mit den Freundinnen aus Kindertagen.

Ich bin nur wenig älter als die beiden Freundinnen Minka und Caro. Somit war der Roman neben der berührenden und spannenden Geschichte der Mädchen auch ein Eintauchen in meine Erinnerungen. Plötzlich war alles wieder da : Hawaitoast, Mark Spitz, Petra Kelley, Großdemos. Deshalb besteht ein nicht unwesentlicher Reiz des Buches gerade in den Gemeinsamkeiten. Zeitweise hatte ich das Gefühl, die Autorin erzählt meine Geschichte.

Für mich von besonderem Interesse waren die Ereignisse im Hüttendorf und die Beschreibung des Lebens dort. Das war Neuland für mich und hat mich stark beeindruckt.

Tief berührt hat mich Claires Schicksal. Ich habe sie für ihre Stärke bewundert und habe mich gefreut, dass sie trotz der ganzen Widrigkeiten ihren Platz im Leben gefunden hat

Der Autorin gelingt es hervorragend, die damaligen Zeit lebendig werden zu lassen. Vieles ist heute gar nicht mehr vorstellbar wie ungeklärtes Abwasser einfach in einen Fluss einzuleiten. Es hat sich zum Glück vieles geändert .

Für mich war der Roman unglaublich schön zu lesen. Zum einen konnte ich in Erinnerungen schwelgen - gute und schlechte. Zum anderen hat mich die Handlung sehr kurzweilig unterhalten und die Figuren waren so lebensecht geschildert, dass ich das Gefühl hatte, sie zu

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Veröffentlicht am 16.01.2022

Eine Geschichte von Opfern und Tätern

Die Ungerächten
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April 1945 Der Krieg ist verloren. Die Besiegten fürchten zu recht das Urteil der Sieger und versuchen, alle Beweise zu vernichten . So schicken die Schergen des Todes die KZ-Häftlinge aus Sachsenhausen ...

April 1945 Der Krieg ist verloren. Die Besiegten fürchten zu recht das Urteil der Sieger und versuchen, alle Beweise zu vernichten . So schicken die Schergen des Todes die KZ-Häftlinge aus Sachsenhausen auf einen letzten Todesmarsch, darunter Pawel, seine Schwester und seinen Vater . Schwester und Vater überleben nicht und Pawel schwört Vergeltung.

Hannah Bloch , die Hitlers Tötungsmaschinerie entkommen ist, lebt nun in Frankfurt und scheint ein kleines Stück vom Glück zu haben. Sie arbeitet für die Amerikaner und hilft beim Aufspüren von Nazi-Verbrechern. In Scott hat sie eine neue Liebe gefunden. Als die Einheit aufgelöst wird, kehrt Scott in die USA zurück. Hannah bleibt zurück, weil sie die Verantwortlichen für die Euthanasie-Morde finden und den staatlichen Verfolgungsbehörden übergeben will. Doch die Ratten haben längst ihre Schlupflöcher ausgemacht und sind erfolgreich dabei, sich der irdischen Gerechtigkeit zu entziehen.

Hannah geht zurück nach Köln. Dort hofft sie alte Weggefährten ausfindig zu machen. Auch Pawel verschlägt es dorthin. Er ist mehr den je entschlossen, Rache an allen Deutschen zu üben. Er glaubt in Hannah eine Verbündete erkannt zu haben und Hannah fühlt sich durchaus von ihm angezogen.

Dem Autor ist es gelungen, ein mit vielen Emotionen belastetes Thema dem Leser in unterhaltsamer und zum Nachdenken anregender Form nahe zu bringen.

Zum einen schildert er in anschaulicher Weise die Zustände kurz nach Kriegsende. Wie erging es den Opfern des Naziterrors ? Was geschah mit den Tätern ? Wie kann man in einer zerstörten Stadt überleben ?

Hannah möchte ihre Peiniger der staatlichen Justiz zuführen. Leider muss sie erkennen, dass ein nicht kleiner Teil der Verbrecher wieder fest im Sattel sitzt. Auch die Siegermächte scheinen kein großes Interesse an der Verfolgung der Schuldigen zu haben. Gibt das Versagen der Justiz und das erlittene Leid der Opfer das Recht, selbst zu strafen ? Eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss.

Der Roman ist nicht immer leichte Kost, auch wenn es heitere Passagen gibt. Hannah trifft ihre alte Freundin Ruth wieder und beide sind im Schmugglergeschäft aktiv, das Kreativität verlangt.

Besonders wütend hat mich die Unterstützung der katholischen Kirche von Nazigrößen zur Flucht ins Ausland gemacht. In meinen Augen ein Verrat an allen Opfern des Unrechtsregimes.

Ich kann den Roman nur jedem empfehlen, der sich für deutsche Nachkriegsgeschichte interessiert. In meinen Augen gibt das gut recherchierte Buch einen bewegenden und vielgestaltigen Einblick in die damaligen Verhältnisse.

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Veröffentlicht am 13.01.2022

Tödliches Ränkespiel

Die Brücke der Ewigkeit
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Der Baumeister Jan Otlin muss als Kind miterleben, wie die Judithbrücke über die Moldau in einer Gewitternacht zerstört wird. Dabei gerät seine Mutter in tödliche Gefahr. Um Gottes Beistand zu erhalten, ...

Der Baumeister Jan Otlin muss als Kind miterleben, wie die Judithbrücke über die Moldau in einer Gewitternacht zerstört wird. Dabei gerät seine Mutter in tödliche Gefahr. Um Gottes Beistand zu erhalten, schwört Otlin eine neue Brücke an der selben Stelle zu bauen.

Maria Magdalena hat als Kind ihre Mutter durch die Pest verloren und ist seitdem auf der Suche nach ihrem Vater und findet in Prag so etwas wie ein Zuhause.

Der Steinmetz Rudolph strebt nach höherem und glaubt, sein Können würde nicht genügend gewürdigt. Aufgrund einer Weissagung hofft er seinen Ehrgeiz in Prag befriedigen zu können.

1357 beschließt Kaiser Karl eine neue Brücke über die Moldau zu bauen und beruft Jan Otlin zum neuen Brückenbaumeister. Er ahnt nicht, dass er dadurch Ereignisse in Gang setzt, die an Niedertracht kaum zu überbieten sind. Im Zentrum stehen Otlin und Rudolph, der Jan seine neue Position neidet. Um Jans Stellung einzunehmen, ist ihm jedes Mittel recht, sei es ein Pakt mit dem Teufel oder die Hilfe der zwielichtigen Sterndeuterin Ricarda Scorpio.

Dieses Buch hat mich bis zur letzten Seite gefesselt und alle meine Gefühle angesprochen.

Der Autor entführt mich in die Zeit, in der die monumentale Bauwerke des Mittelalters entstehen, die wir noch heute mit Ehrfurcht bestaunen wie den Veitsdom in Prag. Im Laufe der Ereignisse lerne ich einiges über die Brückenbaukunst und war verblüfft, wie versiert damals schon gearbeitet wurde.

Jan Otlin war mir von Anfang an sympathisch. Er brennt für seine Arbeit und kümmert sich wenig um seine Umwelt. Dadurch wirkt er manchmal etwas weltfremd.

Sein Gegenspieler Rudolph ist von Ehrgeiz zerfressen und gibt immer den anderen die Schuld für sein Versagen. Um sein Ziel zu erreichen, schreckt er vor nichts zurück. Es gab Momente im Buch, da hatte ich trotzdem fast Mitleid mit ihm. Das hat sich aber schnell gelegt, weil er durch seine Schändlichkeit jedes Verständnis verspielt.

Maria Magdalena ist das perfekte Opfer - naiv, gutgläubig und schutzbedürftig.

Die schillerndste Figur für mich war die Sterndeuterin Ricarda, eine intelligente, selbstbewusste und erfolgreiche Frau, die ihren Vorteil zu nutzen weiß. Mir war lange nicht klar, ob ich sie zu den guten oder bösen zählen soll.

Der Autor erzählt die Geschichte eher bedächtig. Das war ganz nach meinem Geschmack , weil ich mich so gut in die Zeit einfinden konnte und viele historische Details eingearbeitet wurden, die ein lebendiges und farbenprächtiges Bild der damaligen Zeit zeichnen . Dabei ist die Handlung packend und hat mir ein Wechselbad der Gefühle beschert angefangen von atemloser Spannung und Neugierde über Schrecken, Abscheu, Wut bis hin zu Mitgefühl und Trauer. Für mich war der Roman pures Lesevergnügen !

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Veröffentlicht am 06.01.2022

Es ist ein Krimi !

Die Uhrmacherin – Im Sturm der Zeit
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Schweiz 1873 Sarah hat ihren Verlobten durch einen Unfall verloren. Ihre Eltern drängen sie zu einer neuen Bindung. Um der Bevormundung zu entfliehen, nimmt sie eine Stelle als Hauslehrerin in dem kleinen ...

Schweiz 1873 Sarah hat ihren Verlobten durch einen Unfall verloren. Ihre Eltern drängen sie zu einer neuen Bindung. Um der Bevormundung zu entfliehen, nimmt sie eine Stelle als Hauslehrerin in dem kleinen Dorf Grenchen an. Ihr Arbeitgeber arbeitet in der aufstrebenden Uhrenindustrie. Bei einer Werksführung erliegt sie dem Zauber der Uhrenmechanik.

Grenchen scheint der ideale Ort, um zur Ruhe zu kommen. Weit gefehlt ! Das Dienstmädchen von Sarahs Arbeitgeber wird tot aufgefunden. Unfall oder Mord ? Ermittlungen werden aufgenommen. Da sich Sarah an ihren Verlobten erinnert fühlt, stellt sie eigene Nachforschungen an.

Überschattet wird das Geschehen durch zum Teil gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Christkatholen und den Anhängern der röm.-katholischen Kirche.

Als ich mit der Lektüre des Buches begann, habe ich eine Familiengeschichte im Zusammenhang mit der Uhrenindustrie erwartet. Faszinierende Einblicke in die Anfänge der industriellen Herstellung von Uhren habe ich bekommen. Der Autorin gelingt es hervorragend die Anziehungskraft der kleinen Wunderwerke dem Leser zu vermitteln.

Womit ich nicht gerechnet habe, dass ich mich mitten in einer packenden Mordermittlung wiederfinde.

Sarah ist eine intelligente, sympathische, junge Frau mit viel Empathie und Gerechtigkeitssinn, aber ihr fehlen kriminalistische Erfahrungen. Daher erscheinen ihre Bemühungen Licht ins Dunkel zu bringen manchmal etwas naiv und geradezu leichtsinnig. Durch ihren unverstellten Blick erhielt ich einen guten Einblick in die sozialen Strukturen der Schweizer Gesellschaft. Besonders lehrreich fand ich die Informationen über die damaligen religiösen Auseinandersetzungen, die mir nicht bekannt waren.

Auf offizieller Seite ermittelt der Landjäger Gideon Ringgenberg, der mir bei der ersten Begegnung eher unsympathisch war. Das ändert sich rasch. Auch er ist empathisch und ernsthaft um Gerechtigkeit bemüht. Was mir besonders imponiert hat, er kann Fehler zugeben und begegnet Sarah nach anfänglicher Geringschätzung auf Augenhöhe.

Die Klärung des Falles nach mehreren unerwarteten Wendungen ist überzeugend, wenn auch unvermutet und in meinen Augen tragisch.

Für mich war der Roman eine positive Überraschung : historisch gut recherchiert, packende Handlung , sympathische und lebensechte Figuren. In meinen Augen die Punkte, die ein lesenswertes Buch haben muss.

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Veröffentlicht am 05.01.2022

El Cid zurecht als Held gefeiert

Sie nannten ihn Cid. Eine spanische Legende
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Schon als Knappe sticht Rodrigo Diaz de Vivar als überragender Kämpfer aus der Masse heraus. Das bringt ihm nicht nur Bewunderer, sondern auch Neider. Zudem ist er intelligent, kann lesen und schreiben, ...

Schon als Knappe sticht Rodrigo Diaz de Vivar als überragender Kämpfer aus der Masse heraus. Das bringt ihm nicht nur Bewunderer, sondern auch Neider. Zudem ist er intelligent, kann lesen und schreiben, was damals nicht selbstverständlich war. Er liest viel und setzt sich mit der antiken Kriegskunst auseinander, was ihm in so mancher Schlacht den entscheidenden Vorteil verschafft.

Rodrigo ist der Bannerträger von Sancho II, dem König von Kastilien, dem er durch sein Kriegsgeschick den Sieg über seine beiden Brüder ermöglicht. Dank erhält er dafür nicht. Als er Jimena, Zeit seines Lebens seine große Liebe, heiraten will, verweigert Sancho II seine Zustimmung und gibt sie einem anderen zur Frau, von dem er sich größere Vorteile erwartet. Doch die Liebe zwischen Jimena und Rodrigo ist so stark, dass sie doch noch ein Paar werden . Trotz diesem Affront dient Rodrigo Sancho II weiterhin treu, bis Sancho II durch Verrat den Tod findet.

Seine Nachfolge tritt sein Bruder Alfonso an, der Rodrigo seine durch ihm beigebrachten Niederlagen nicht verzeihen kann. Doch auch hier hält sich El Cid an seinen Treueschwur, bis ihn Alfonso aufgrund einer falschen Anschuldigung in die Verbannung schickt. Rodrigo verdient ab da seinen Lebensunterhalt, in dem er für andere Herrscher Schlachten führt und gewinnt.

Den Beinamen El Cid erhält er von den Mauren, die seine Kampfstärke, Verlässlichkeit und Toleranz gegenüber den anderen Religionen zu schätzen wissen.

Sein Leben lässt El Cid bei der Verteidigung Valencias, wo er endlich zur Ruhe kommen wollte, im Kampf gegen die Almoraviden, die mit ihrem fanatischen Glauben, der Unterdrückung Andersgläubiger und dem Verbot von Musik, Tanz und Dichtkunst all das verkörpern, was El Cid immer verabscheut hat.

Der Autor schildert die letzten Stunden des Helden so anschaulich, dass ich schwören könnte, ich sei dabei gewesen und habe am Ende um diesen herausragenden Mann getrauert.

Der Roman breitet das bewegte Leben El Cids in bunten Bildern vor dem Leser aus und ich hatte das Vergnügen einen Ritter ohne Fehl und Tadel kennenzulernen - einen Helden, der zurecht in Erinnerung geblieben ist.

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