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Veröffentlicht am 31.01.2022

Verbrechen in der Welt der Bücher

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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Ein Skandal im Hause Winterscheid, einen renommierten Literaturverlag in Frankfurt, überschattet die Vorbereitungen zur Frankfurter Buchmesse. Die jahrelange Programmleiterin, ein prominentes Gesicht des ...

Ein Skandal im Hause Winterscheid, einen renommierten Literaturverlag in Frankfurt, überschattet die Vorbereitungen zur Frankfurter Buchmesse. Die jahrelange Programmleiterin, ein prominentes Gesicht des Verlages, beschuldigte einen angesehenen Buchautor des Plagiats und wurde daraufhin entlassen. Kurz danach wurde die Frau von ihren Freunden vermisst, in ihrem Haus findet die Polizei nur ihren dementen Vater und in der Küche Spuren eines Gewaltverbrechens. Bald geschieht der nächste Mord im Hause Winterscheid. Pia Sander und Oliver von Bodenstein ermitteln in beiden Fällen und stoßen auf Spuren eines Geheimnisses, das die Opfer und ihre Freunde jahrelang gehütet haben.

Beide Morde sind spektakulär. Die unfassbaren Verbrechen erzeugen gleich am Anfang des Krimis eine enorme Spannung. Diese lässt jedoch schnell durch die Schilderung der familiären und beruflichen Verbindungen im Verlagshaus nach. Es gibt so viele diverse Romanfiguren, die auf verschiedene Weise miteinander verbunden sind, dass ich irgendwann den Überblick verloren habe. Erst zum Schluss, gleichzeitig mit der Auflösung der Fälle, fügen sich alle Puzzleteile zusammen und geben das logische Bild ab.

Bewegend ist die Geschichte von Oliver von Bodenstein. Sein neuer Lebensabschnitt, die Sorgen um die sterbenskranke Ex-Frau und das skandalöse, inakzeptable Verhalten seiner Stieftochter machen ihm sehr zu schaffen.

Obwohl die Handlung an sich sehr interessant ist, fand ich sie an mehreren Stellen zu sehr in die Länge gezogen; Einiges wiederholt sich. Der Roman in einer flüssigen, leicht zu lesenden Sprache verfasst, ist trotz seines opulenten Umfangs schnell ausgelesen.

„In ewiger Freundschaft, das zehnte Band aus der Reihe mit Pia Sander und Oliver von Bodenstein, ist ein guter Krimi, aber auch nicht mehr.

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Veröffentlicht am 25.11.2021

Starke Anklage - provokativ und kontrovers

Drei Kameradinnen
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Das Feuer mit Flammen löschen?

Ein Zeitungsartikel über einen verheerenden Brand, bei dem viele Menschen ihr Leben verloren haben, eröffnet diesen Roman. Saya M. wurde dieses schrecklichen Verbrechens ...

Das Feuer mit Flammen löschen?

Ein Zeitungsartikel über einen verheerenden Brand, bei dem viele Menschen ihr Leben verloren haben, eröffnet diesen Roman. Saya M. wurde dieses schrecklichen Verbrechens verdächtigt.

Saya ist eine von den drei jungen Frauen, über die dieser Roman handelt. Mit ihren beiden Freundinnen Kasih und Hani verbindet sie eine nicht deutsche Herkunft und die in einer Wohnsiedlung zusammenverbrachte Jugend. Aus der Sicht der Kameradinnen ist der Migrationshintergrund dafür verantwortlich, dass ihr Leben nicht so verläuft, wie sie es sich wünschen würden. Die drei Freundinnen fühlen sich oft benachteiligt, beobachtet, verfolgt und diskriminiert. Besonders Saya leidet darunter und versucht auf eigene Art sich zu wehren und den eigenen, persönlichen Kampf auszufechten.

Die Geschichte wurde von Kasih erzählt, obwohl von einer fesselnden Erzählung kann hier keine Rede sein. Gleich am Anfang stellt die Verfasserin dieser Geschichte klar:
„Ich möchte fair bleiben, alle Missverständnisse aus dem Weg räumen und von vornherein kein Geheimnis daraus machen, was dieser Text ist und was er nicht ist.
Ich möchte das doch nicht.“
(Zitat S.10)

Und so kommt es, dass sie ihrer Leserschaft Ausschnitte aus dem Leben der drei Frauen präsentiert, ohne sich um die Chronologie und/oder den Wahrheitsgehalt zu kümmern. Dabei geht es in diesem Roman um sehr wichtige Themen, wie zum Beispiel: Alltagsrassismus, Diskriminierung, Migration, Rechtsextremismus in Deutschland. Es sind alles hochbrisante Themen, über die man nicht nur reden, sondern auch darauf reagieren müsste.

Als Leserin dieses Buches muss ich stattdessen unzählige Anschuldigungen, Vorurteile und Provokationen der Autorin, die sich der Stimme von Kasih bedient, hinnehmen. Dabei sind Kasih Aussagen oft unfair, widersprüchlich und verwirrend, die Bilder des Alltags übertrieben und/oder verzerrt dargestellt.

Ich konnte diesmal keine Sympathien für die Protagonistinnen des Romans empfinden, die Episoden aus dem Leben der drei Frauen konnten mich nicht wirklich bewegen. Ich bedauere es sehr, aber bei so brisanten Themen habe ich einfach mehr von diesem Roman erwartet. Auch bin ich unsicher, ob eine wütende Standpauke den gewünschten Effekt bringen würde. Kann man denn wirklich ein Feuer mit lodernden Flammen löschen?

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Veröffentlicht am 24.08.2021

C`est la vie….

Der Panzer des Hummers
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"Manchmal besteht das größte Mysterium einfach nur darin, dass die Dinge so sind, wie sie sind." (50)

Das hübsche Cover mit dem wunderschönen Bild und die vielversprechende Kurzbeschreibung haben mich ...

"Manchmal besteht das größte Mysterium einfach nur darin, dass die Dinge so sind, wie sie sind." (50)

Das hübsche Cover mit dem wunderschönen Bild und die vielversprechende Kurzbeschreibung haben mich zu dieser Lektüre verführt. Die Geschichte, die sich hinter dem Buchcover verbirgt, hat mich jedoch etwas enttäuscht. Eigentlich handelt es sich hier um keine einzelne Geschichte. Die Autorin zeichnet in dem Buch Bilder aus dem Leben der drei erwachsenen Geschwistern Gabel: Ea, Sidsel und Niels.

Ihre Eltern sind bereits verstorben. Die Geschwister leben selbständig ihr eigenes Leben. Ea, die älteste Schwester lebt seit Jahren in San Francisco. Sie versucht jetzt mit der Seherin Bee den Kontakt zu ihrer verstorbenen Mutter aufzunehmen. Warum sie das gerade jetzt tut, ist für mich nicht nachvollziehbar. Braucht sie wegen der anstehenden Veränderung in ihrem Leben womöglich den Rat ihrer starken Mutter?

Sidsel ist eine alleinerziehende Mutter und erfolgreiche Restauratorin in einem Kopenhagener Museum. Sidsels Leben dreht sich vor allem um ihre sechsjährige Tochter Laura; sie vernachlässigt dabei ihre eigenen Bedürfnisse und ihr eigenes Glück.

Niels ist alleinstehend, praktisch obdachlos, verdient sein Geld mit dem Plakatieren. Er will noch lernen, „eine Stadt aus dem Wissen in seinem Gehirn“ errichten (78), zerrt von seinen Erinnerungen an die Urlaubstage in Italien.

Auch über die Seherin Beatrice/Bee erzählt Caroline A. Minor ausführlich. Es ist eigentlich ihre Lebensgeschichte, die mich am meisten beeindruckt hat. Sie ist voller Ereignisse und bringt Farbe in ansonsten schwarzweiße Bilder der Geschichten über die Geschwister Gabel.

Es ist mir auch aufgefallen, dass tatsächlich die Frauen in diesem Buch starke Charaktere sind. Sie sind für die anderen da, sie treffen Entscheidungen und handeln dementsprechend.

Hervorragend fand ich die Geschichte über den Hummer sowie die Geschichte über den Markt der Lebenden und Toten. Die Letztere wurde von der Autorin – sie schreibt darüber in ihrer Danksagung - in Erick Muegglers Monographie „The Age of Wild Ghosts“ gefunden.

Der Titel des Buches ist eindrucksvoll, genauso wie die Geschichte des Hummers. Diese Metapher in Bezug auf die Lebenserlebnisse der Geschwister Gabel finde ich jedoch etwas überzeichnet. In diesem Zusammenhang habe ich mehr von der Handlung erwartet. Sie endet auch abrupt, lässt mich mit vielen offenen Fragen zurück.

„Der Panzer des Hummers“ ist ein moderner Roman über diversen Facetten des alltäglichen Lebens. Lesen Sie das Buch um sich die eigene Meinung darüber zu bilden!

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Thriller, Geschichte oder Fantasy?

Unter der Erde
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Der Thriller beginnt ziemlich spannend: Elias Haack ist mit dem Auto auf dem Weg zu seinem Großvater, den er seit mehr als dreißig Jahren nicht gesehen hat. Kurz vor dem Ziel hat Elias einen Unfall: nach ...

Der Thriller beginnt ziemlich spannend: Elias Haack ist mit dem Auto auf dem Weg zu seinem Großvater, den er seit mehr als dreißig Jahren nicht gesehen hat. Kurz vor dem Ziel hat Elias einen Unfall: nach einem lauten Knall kommt er von der Straße ab und verliert das Bewusstsein.

Die kürzen Einwürfe, welche die laufende Handlung oft unterbrechen, lassen vermuten, dass jemand Elias` Wiedertreffen mit dem 90-jährigen Großvater um jeden Preis verhindern will. Aber Elias ist zäh. Trotz der demnächst festgestellten Gehirnerschütterung marschiert er weiter zu Fuß und nimmt sogar an Opas Geburtstagsfeier teil. Am nächsten Morgen erwartet Elias böse Überraschung: der Großvater stirbt in der Nacht, zu einer Aussprache zwischen den beiden konnte es nicht kommen.

Es wurde aber noch schlimmer. Wegen Großvaters Tod wurde Elias prompt als Verdächtiger von dem örtlichen Polizisten verhört und darf eigentlich das Dorf nicht verlassen.

Bereits in diesem Moment bekam ich meine Zweifel an dieser Story. Soll es wirklich ein Thriller sein? Für mich wurde es zu dem Zeitpunkt höchstens ein Krimi mit einem einfältigen Dorfpolizisten. Warum erwähnt er mit keinem Wort Elias Unfall? Hat sich jemand von der Polizei den Unfallort angesehen? Wurden Spuren gesichert?

Auch der Protagonist Elias Haack, ein beliebter Autor der Krimi- und Horrorgeschichten, der für seine Bücher viel recherchiert hat (sein neuestes Buch gerade auf Platz fünf der Spiegel-Bestsellerliste, sein Foto schmückte die Titelseite des Sterns-Crime-Magazines) müsste eigentlich gescheiter sein. Er unternimmt aber nichts, tappt immer wieder in eine neue Falle und lässt den Albtraum seines Lebens einfach weiterlaufen. Ich fand das Ganze nicht gerade spannend, dafür aber sehr irritierend.

Viel interessanter fand ich die Familiengeschichte von Elias. Nach und nach erinnert sich Elias an seine Kindheit, an seine Mutter, sucht nach Fotos und Beweisen aus der Vergangenheit, und schließlich entdeckt Geheimnisse, die ihn zutiefst erschüttern.
Größtenteils unglaubwürdig fand ich dagegen die Geschichte des Dorfes und der merkwürdigen Dorfbewohner. Sie ist zwar von der Idee her sehr interessant, aber ihre Umsetzung so unrealistisch, dass Manches davon sogar absurd erscheint. Schade eigentlich, weil die grauenhaften Bilder des russischen Gefangenenlagers bewegen und womöglich auf historischen Ereignissen basieren.

Unabhängig davon, ob der Roman „Unter der Erde“ ein phantasievoller Thriller oder ein Thriller mit einem historischen Hintergrund ist, schockiert diese ausgefallene Geschichte an manchen Stellen. Sie bleibt länger in meiner Erinnerung.

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Veröffentlicht am 22.05.2021

Das Leben in einem "fremden" Land

Betrachtungen einer Barbarin
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Asals Eltern, die zur iranischen Elite gehörten und für den Schah gearbeitet haben, müssen nach der Islamischen Revolution das Land verlassen. Mit der damals einjährigen Asal fliehen sie nach Deutschland, ...

Asals Eltern, die zur iranischen Elite gehörten und für den Schah gearbeitet haben, müssen nach der Islamischen Revolution das Land verlassen. Mit der damals einjährigen Asal fliehen sie nach Deutschland, wo sie in Köln eine Mietwohnung beziehen. Asal wächst in Deutschland auf, besucht deutsche Schulen, geht aufs Internat – die Kosten trägt oft das Jugendamt.

Obwohl Asal die Heimat ihrer Eltern nur aus den stark geschmückten Erzählungen ihrer Verwandtschaft kennt, spricht sie sehr oft über Heimweh und Sehnsucht nach Orten, die sie nie besucht hat. Dabei kann sie nicht mal richtig Persisch sprechen. Ich frage mich, wie kann man irgendwas, was man nicht kennt, vermissen? Oder Sehnsucht danach haben?

In Deutschland fühlt sie sich fremd. Es ist vor allem ihr Aussehen, das sie in der Gesellschaft als Fremde abstempelt. Asal setzt sich mit der deutschen Kultur und Vergangenheit auseinander und kritisiert scharf das Land, in dem sie aufgewachsen ist und lange gelebt hat. Ausführlich beschreibt sie den NSU-Prozess, kritisiert und warnt vor Pegida und AfD.

In dem Essay „Spaziergang durch die Grüne Stadt“ erzählt sie über die Opfer des Nazi-Regimes, nach deren Namen die Straßen des Ortsteils benannt wurden. Besonders angetan ist sie von der tragischen Lebensgeschichte der Widerstandskämpferin Olga Benario-Prestes, die im Alter von 34 Jahren in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet wurde.

Die Autorin, die sich selbst als Barbarin- eine Fremde, vor der man Angst habe- definiert, hat selbst Angst um ihre Familie, sorgt sich um die Zukunft ihrer Kinder. Das bringt sie zum Beispiel mit solchen Sätzen zum Ausdruck: „Das Hochhalten der geglückten Vergangenheitsbewältigung der Deutschen ist Augenwischerei. Dieses Land neigt noch immer zu extremer Politik.“ (143)

In den 10 Essays, die dieses Buch bilden, setzt sie sich mit Migration, Flucht, Exil, Sexismus und Mutterschaft auseinander. Sehr offen spricht sie über ihre persönlichen Erlebnisse, wie Schwangerschaft oder Abtreibung.

Das Buch weckt viele Emotionen und die Autorin kann leicht missverstanden werden. Ich konnte nicht alle Ansichten der Autorin teilen. Dies eine aber auf jeden Fall: „Aber wenn man mit Menschen auskommen möchte, dann muss man sich auf sie einlassen“. (132)

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