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HolidayGolightly

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2022

Wer bin ich?

Dschinns
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Das ist die immer wiederkehrende Frage, die sich die Charaktere in „Dschinns“ stellen müssen. Und sie lässt sich nicht leicht beantworten. Die Türkei haben die Kinder von Hüseyin und Emine kaum kennengelernt, ...

Das ist die immer wiederkehrende Frage, die sich die Charaktere in „Dschinns“ stellen müssen. Und sie lässt sich nicht leicht beantworten. Die Türkei haben die Kinder von Hüseyin und Emine kaum kennengelernt, die kurdische Sprache ihrer Vorfahren nie beherrscht. Die Familie ist für sie in Deutschland so wichtig wie die Luft zum Atmen, sie ist aber genauso eine Schlinge um den Hals, denn für die Eltern sollen alle möglichst „normal“ sein: Ein Mann hat sich als richtiger Mann zu beweisen, eine Frau muss sich unterordnen und darf auf keinen Fall zu viel wollen. Die Vergangenheit wird verdrängt, die Gegenwart verschwiegen und so kämpft jeder einsam seinen Kampf mit sich selbst und seinen Dämonen auf der Suche nach Identität. Fatma Aydemir findet dafür immer den richtigen Ton, mal laut, aber meistens leise, mal krude, hin und wieder geradezu poetisch. Ein wirklich beeindruckender Roman.

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Veröffentlicht am 20.08.2022

Akte des Widerstands

Die Wunder
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Vor dem Hintergrund eines sich nach und nach verändernden Spaniens erzählt Elena Medel die Geschichte zweier Frauen, die leicht zu übersehen wären. Großmutter Maria und Enkelin Alicia kennen sich nicht, ...

Vor dem Hintergrund eines sich nach und nach verändernden Spaniens erzählt Elena Medel die Geschichte zweier Frauen, die leicht zu übersehen wären. Großmutter Maria und Enkelin Alicia kennen sich nicht, versuchen aber beide auf ihre Art, sich in einer grauen Arbeiterwelt unter prekären wirtschaftlichen Bedingungen ein gewisses Maß an Freiheit zu erkämpfen und trotzen mit kleinen Akten des Widerstandes den gesellschaftlichen Normen. Es ist eine unsentimentale Betrachtung in einer feinen, poetischen Sprache. Die Handlung ist fragmentiert und springt zwischen den Jahrzehnten, verwebt dabei aber gekonnt die Lebensläufe der beiden Frauen. Medels Stärke zeigt sich vor allem in der Darstellung einzelner Schlüsselszenen und beim Blick in das Innenleben der Figuren.

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Veröffentlicht am 28.01.2022

Der letzte Mohikaner

Der letzte Sommer in der Stadt
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„Die Traurigkeit überfiel mich, als der Zug sich in Bewegung setzte. Als ich merkte, dass es für mich dasselbe gewesen wäre, wenn er in eine andere Richtung, in irgendeine Richtung gefahren wäre.“ Der ...

„Die Traurigkeit überfiel mich, als der Zug sich in Bewegung setzte. Als ich merkte, dass es für mich dasselbe gewesen wäre, wenn er in eine andere Richtung, in irgendeine Richtung gefahren wäre.“ Der letzte Sommer in der Stadt ist das Porträt eines Verlorenen und eines Verlierers, der in einer Welt von Bedeutungslosigkeit dahintreibt, einsam in einer oberflächlichen Gesellschaft und im permanenten Kampf mit dem Alkohol und einer unglücklichen Liebe. Gleichzeitig sehnt er sich nach Sinn in seinem Leben. Den größten Halt geben ihm dabei seine Bücher. All diese Charakteristika teilt er wohl mit dem Autor. Calligarich schrieb den Roman 1973 im Alter von 26 Jahren mit großen Vorbildern, wie Hemingway und Fitzgerald, im Kopf. An diese kann er nicht ganz heranreichen, trotzdem überzeugt er mit einer geschickten Gestaltung, feinem Humor inmitten all der Bitterkeit und einer sprachlichen Stärke, die besonders in den Beschreibungen Roms zutage tritt und den Roman gleichzeitig zu einer Ode an die Ewige Stadt werden lässt. Durchaus lesenswert!

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