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Veröffentlicht am 15.06.2022

Schwäche sind Stärken am falschen Ort

Brummps
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„Du hast geglaubt, die großen Geschichten von Liebe, Freundschaft und Tod spielen nur unter Menschen, aber dann hast du einen Mistkäfer kennengelernt […]. Und nichts ist mehr, wie es war.“

Mit diesen ...

„Du hast geglaubt, die großen Geschichten von Liebe, Freundschaft und Tod spielen nur unter Menschen, aber dann hast du einen Mistkäfer kennengelernt […]. Und nichts ist mehr, wie es war.“

Mit diesen Worten endet die Geschichte von Jonny Ameise, der eigentlich ein Mistkäfer ist, und Butz, die – gar nicht ameisenhaft – keine Lust auf Arbeiten hat. Aber mit dem Ende anzufangen ist irgendwie nicht richtig. Ich sollte zum Anfang zurückgehen und schauen, was uns der Wald über diese ungewöhnliche Freundschaft zu sagen hat. Der Wald erzählt in Brummps. Sie nannten ihn Ameise nämlich, was passiert. Er weiß alles. Behauptet er jedenfalls …

Eigentlich hat Dita Zipfel Jonnys Geschichte aufgeschrieben und Bea Davies die Bilder dazu gemalt. Aber vielleicht hat der Wald ihnen vorher verraten, wo sie hinschauen müssen, um diesen wichtigen Moment in Jonny Leben beobachten zu können?

Jonny ist nämlich keine normale Ameise: er ist zu groß, zu tollpatschig und auch sonst ganz anders als die anderen Ameisen. Deshalb machen die sich oft über ihn lustig und mobben ihn. Nur nicht Butz, seine einzige Freundin. Butz ist selbst irgendwie anders und findet Jonny viel besser als ihre gemeinen Schwestern. Dass Jonny eigentlich ein Mistkäfer ist, weiß außer dem Wald und uns Lesenden, die die Illustrationen sehen können, niemand.

Eines Nachts ist Jonny so einsam und traurig, dass er im Halbschlaf anfängt zu brummen. Ganz erschrocken geht er zur Ameisenärztin und bekommt die Diagnose: Brummps! Achtung, Ansteckend! Sieh zu, dass du Land gewinnst! Da machen Jonny und Butz sich auf eine abenteuerliche Reise in den Wald jenseits des Ameisenhügels und finden unterwegs nicht nur eine Mistkäferin namens Maggie, die ganz toll tanzen kann, sondern auch sich selbst.

Davies Bilder erzählen dabei ebenso viel wie Zipfels Text: beinah comichaft spielen Illustrationen und Worte miteinander und bereiten so den Weg des Mistkäfers auf der Suche nach sich selbst. Die abwechslungsreichen dreifarbigen Zeichnungen verleihen der Geschichte einen unaufgeregten und doch fesselnden Anstrich, während die Sprache selbst zwischen kindlicher Erzählstimme und anmutiger Poesie pendelt. Dadurch – und dank der Illustrationen, die bei jeder Betrachtung neue Details offenbaren – lädt „Brummps“ geradewegs dazu ein, vorgelesen zu werden.

Einladend wirken auch die gut recherchierten Hinweise auf natürliches Ameisenverhalten, die neugierige Kinderaugen dazu verlocken, genau hinzusehen und vielleicht selbst ein kleines Wunder zu entdecken. Ach, was schreibe ich, auch Erwachsene werden zum Verweilen und Erkunden verführt!

Zipfel, Davies und der Wald erzählen eine Geschichte von Mobbing und Selbstzweifeln, von sehr realistischen Ängsten und Wünschen, von besten Freund*innen und der Suche nach sich selbst. Vielleicht sogar vom Finden. Die Probleme von ameisenkleinen Leuten können nämlich ganz schön groß sein – groß genug, um dieses tolle Buch darüber zu schreiben!

Dieses Zitat liebe ich übrigens:
“Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass eine Schwäche vielleicht eine Stärke am falschen Ort ist?“
Brummps, S. 113

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Veröffentlicht am 14.04.2022

Solide Science-Fiction

Das Babel Projekt – Lifelike
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Ich kannte bereits einige Bücher von Jay Kristoff, darunter Illuminae und Aurora, die er zusammen mit Amie Kaufman geschrieben hat. Lifelike steht auf meiner Wunschliste, seit ich das erste mal auf den ...

Ich kannte bereits einige Bücher von Jay Kristoff, darunter Illuminae und Aurora, die er zusammen mit Amie Kaufman geschrieben hat. Lifelike steht auf meiner Wunschliste, seit ich das erste mal auf den Social Media-Kanälen des Autors davon erfahren habe. Die Beschreibung war einfach toll, und das Buch genau so gut wie erwartet!

Von den einzelnen Charakteren und ihren Eigenheiten ganz abgesehen spielt die Geschichte in einer faszinierenden dystopischen Welt. Nach einer gewalttätigen Machtübernahme eines Großkonzerns mit vielen Toten durch, naja, ausgerechnet die Roboter, die dieser Konzern hergestellt hatte, ist die Menschheit nicht unbedingt gut auf diese eine Art von Robotern zu sprechen. Die Art, die den Menschen zum Verwechseln ähnlich ist. Lebensecht (=lifelike) sozusagen. Alle anderen Roboter werden natürlich weiterhin eingesetzt, gefühllos, kalt, nutzungsorientiert. Es hat etwas steampunkiges, wie das Buch anfängt. Aber das hält nicht lange an, bevor es richtig tief in die Science-Fiction einsteigt.

Jay Kristoffs typischer gewaltvoller Stil passt gut zur Geschichte, er ist nicht ganz so extrem wie bei Nevernight. Was erwartet man aber auch, wenn man sich mit einem jungen Mädchen anlegt, das Roboter in einer Kampfarena steuert, und sich mit fanatischen Psycho-Mönchen auseinandersetzen will?

Ich hätte mich bei dem Ende nicht gewundert, wenn es ein Einzelband geblieben wäre, aber der Autor hat 2 Fortsetzungen angekündigt bzw. auf Englisch schon veröffentlicht. Mal schauen, wie es weitergeht!

Fazit

Ein Spiel mit Macht und Religion, mit Wahn und Furcht und Mut und Familie und Freundschaft, eine Geschichte der Selbstfindung und der Neuentdeckung der eigenen Welt. Das ist Lifelike, und das sind die Folgebände, auf die ich verflixt neugierig bin. Lifelike hat Potenzial, mein Jahreshighlight zu werden!

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Bedrückend realitätsnah - und macht doch Hoffnung

Wie du mich siehst
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Wie auch V. E. Schwab steht diese Autorin schon einige Jahre weit oben auf meiner irgendwann-mal-Liste. Dieses Frühjahr habe ich mir endlich Zeit für eines ihrer Bücher nehmen können: Wie du mich siehst.

Wir ...

Wie auch V. E. Schwab steht diese Autorin schon einige Jahre weit oben auf meiner irgendwann-mal-Liste. Dieses Frühjahr habe ich mir endlich Zeit für eines ihrer Bücher nehmen können: Wie du mich siehst.

Wir begleiten Shirin in ihrem Highschool-Alltag und erleben mir ihr erstmals zarte Gefühle einem Jungen gegenüber. Doch Shirin führt nicht das “normale” Leben einer weißen amerikanischen Sechzehnjährigen, denn sie ist Muslima und trägt ein Kopftuch. Das führt zu sehr unangenehmen Situationen, um es mal sehr, sehr vorsichtig auszudrücken. Ihre Familie zieht außerdem häufig um, weshalb sie sich inzwischen keine Mühe mehr gibt, Anschluss zu finden. Und dann ist da plötzlich Ocean. Der Typ aus ihrem Bio-Kurs, der sie nicht von vornherein zu verurteilen scheint. Kann sie ihm trauen? Und viel wichtiger: kann sie ihren Schutzschild öffnen?

Triggerwarnung: Dieses Buch behandelt die Lebensrealität einer jungen Muslima in den USA und die damit zusammenhängenden Diskriminierungen. Folgende Themen werden explizit beschrieben: Rassismus, Sexismus, Mobbing, Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt gegen weiblich gelesene Menschen, anti-islamische Gewalt, Machtmissbrauch von Autoritätspersonen. Sexualisierte Gewalt kommt NICHT vor.
Diese Szenen können vor allem von betroffenen Personen als verstörend empfunden werden. Bitte schätzt selbst ein, ob ihr euch damit konfrontieren könnt oder möchtet.
In meiner Rezension versuche ich, weitestgehend auf genauere Beschreibungen zu verzichten. Teilweise ist das jedoch nicht möglich, wenn ich auf bestimmte Details eingehen möchte. Mein Fazit ist spoilerfrei und ohne triggernde Inhalte.

Meine Perspektive

Ich möchte betonen, dass ich nur sehr begrenzt wirklich nachvollziehen kann, was Shirin erlebt. Unsere Lebensrealität als Sechzehnjährige sah vollkommen unterschiedlich aus. Ich bin weiß, in der Theorie christlich erzogen, trage keine Merkmale irgendeines Glaubens an meinem Körper, steche nicht aus der Masse hervor. Shirin dagegen ist nicht-weiß, trägt einen Hijab, geht auf eine Schule, die anscheinend hauptsächlich von Weißen besucht wird. Und ihre Geschichte spielt ein Jahr nach 9/11 in den USA.

Aber Shirin ist auch mit Dingen konfrontiert, die ich selbst erlebe oder erlebt habe: Sexismus zum Beispiel. In einer Szene beschreibt sie, wie ihr Bruder nach einer Prügelei mit keinerlei sozialen Konsequenzen leben muss, aber ihr die Menschen mit noch mehr Ablehnung begegnen als zuvor. Dabei war sie an der Prügelei nicht einmal beteiligt – ihr Bruder hat sich in ihrer Abwesenheit und ohne, dass sie ihn dazu aufgefordert hätte, einen Mitschüler vorgeknöpft, der Shirin ein Gebäckstück an den Kopf geworfen hatte. Trotzdem gab man ihr die Schuld daran. Rassimus ist das nicht mehr, der hätte auch ihren Bruder getroffen. Nein, das Mädchen, das Kopftuch trägt, ist schuld.

Es ist natürlich irgendwie Sinn des Buches, heftiges Mobbing und verstörende Erlebnisse zu beschreiben und dann über die möglichen Folgen aufzuklären. Mafi hat laut Verlag einen autobiografischen Ansatz verfolgt und aus meiner oben beschriebenen Perspektive erscheint mir alles davon sehr authentisch und realistisch. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – habe ich das Lesen oft unterbrechen müssen, weil ich erst mal ein paar Kapitel verarbeiten musste

Sehr lehrreich

Weniger emotional aufgeladen und damit entspannter zu lesen sind die Szenen, in denen Shirin ihr Hobby beschreibt: Breakdance. Für meinen Geschmack war es etwas zu viel “neuer dance move hier, spannender dance battle dort”, aber das liegt an meinem persönlichen Geschmack. Gut gefällt mir aber an diesem Aspekt, dass er den Figuren ein Leben gibt, das außerhalb von Diskriminierungserfahrungen stattfindet – auch, wenn die Furcht vor solchen immer in der Luft liegt.

Ich mag auch, dass Ocean nicht der klischeehafte reiche, weiße happy-go-lucky Sonnyboy ist, in dessen Leben alles perfekt läuft. Auch er hat ein problematisches Umfeld, mit dem er zu kämpfen hat. Dass er auch tatsächlich kämpfen sollte, wird ihm aber erst so richtig klar, als er sich mit Shirins Lebensrealität auseinandersetzen muss. Das hat Ocean für mich realer gemacht, greifbarer und weniger schablonenartig, wie es sonst leider oft mit Jugendbuchcharakteren ist. Und das macht auch die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Shirin und Ocean nahbarer.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Wie du mich siehst für Teenager sehr lehrreich ist und augenöffnend wirkt: das Buch erklärt nicht nur den Privilegierten viel über die von Privilegierten verursachten Probleme im Alltag der Betroffenen und regt damit dazu an, aktiv dagegen anzugehen (aka “break the wheel”) , sondern beinhaltet auch so einige Lektionen in Bezug auf Selbstreflexion der Betroffenen. Okay, das war ein komplizierter Satz. Kurzgefasst: Jeder Leserin dieses Buches kann viel daraus mitnehmen, ob betroffen oder nicht. Und dabei hebt die Autorin nicht den sprichwörtlichen Zeigefinger und sagt “du musst xy machen/mit xy aufhören!”, sondern baut das sehr geschickt in Shirins Geschichte ein.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich aus Büchern mit Protagonistinnen im Highschool-Alter herausgewachsen bin. Mir fällt es inzwischen oft schwer, die Probleme von Sechzehnjährigen gespannt zu verfolgen und mit jeder Entwicklung mitzufiebern. Da bei Wie du mich siehst der Fokus aber weniger auf den so oft so klischeehaft beschriebenen Problemen von Schülerinnen liegt (heimliche Schwärmerei, erste Liebe, Cliquenkrieg, Verrat unter “Freundinnen”, wer mit wem, der Lehrer mag mich nicht, meine Eltern erlauben mir gar nichts, …) habe ich mich trotz des recht langsamen Leseflusses nicht gelangweilt. Auch das Ende passt gut zur Geschichte und zum Stil, in der diese geschrieben ist. Ich hätte mir trotzdem etwas mehr closure gewünscht.

Fazit

Wie du mich siehst ist bedrückend, realitätsnah und beängstigend – und gibt doch Hoffnung darauf, dass es besser werden kann. Dass man selbst es besser machen kann. Das Buch regt an, die eigene Haltung kritisch zu betrachten und den Mund aufzumachen, wo es nötig ist. Ich werde es so schnell nicht vergessen und in den nächsten Monaten jeder
m Jugendlichen empfehlen, die*der mich nach einem Buchtipp fragt.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Die Rettung aus der Leseflaute!

Night Rebel 3 - Gelübde der Finsternis
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Jeanine Frost ist eine bekannte Größe in meinem Bücherregal – zumindest im digitalen. Ich habe die gesamte Cat & Bones–Reihe mitsamt Ablegern gelesen (einzige Ausnahme: Night Prince 4) und als in der Verlagsvorschau ...

Jeanine Frost ist eine bekannte Größe in meinem Bücherregal – zumindest im digitalen. Ich habe die gesamte Cat & Bones–Reihe mitsamt Ablegern gelesen (einzige Ausnahme: Night Prince 4) und als in der Verlagsvorschau von blanvalet Night Rebel angekündigt wurde, war es für mich gar keine Frage, OB ich die Bücher lesen würde, sondern WANN. Rückblickend war das eine sehr gute Entscheidung. Denn diese Bücher haben mich nicht nur gut unterhalten, sondern sogar aus einer Leseflaute herausgeholt.

Kontext in der Reihe um Cat & Bones

Wie Lexy (s. “Weitere Meinungen …” auf meinem Blog, Link unten) war auch mir vor dem Lesen nicht auf den ersten Blick klar, dass Night Rebel komplett mit der Geschichte von Cat und Bones verknüpft sein würde. Das lag daran, dass es so lange her war, dass ich die Bücher gelesen hatte. Ian war mir noch ein Begriff und auch bei dem Namen Veritas klingelte etwas bei mir, aber der restliche Inhalt des Klappentextes war mir fremd. Deshalb hatte ich eher damit gerechnet, dass Night Rebel wirklich ein Ableger oder Spin-Off der Reihe würde und nicht Teil davon. Besonders, da es als “Der spektakuläre Auftakt der neuen Reihe von …” beworben wird (O-Ton Verlagsseite).

Tatsächlich hat die Reihe um Cat & Bones bereits mehrere Einzelbände hervorgebracht, in denen die Beziehungen anderer Paare aus derselben Welt entwickelt wurde. Diese wurden aber sowohl optisch als auch in der Beschreibung fester mit der Ursprungsreihe verknüpft, weshalb ich einfach den Bezug nicht direkt hergestellt habe. Auch, weil diese drei Bücher komplett andere Cover verpasst bekommen haben. Allein das Symbol zwischen dem Namen der Autorin und dem großen Titel Night Rebel findet sich auch auf den restlichen Covern der Reihe, der ganze Rest sieht komplett anders aus.

Zeitlich ist die Handlung nach der Geschichte von Cat und Bones angesiedelt. Das bedeutet: Um der Geschichte von Ian und Veritas problemlos folgen zu können, sollte man die übrigen Bücher kennen. Figuren und Verbindungen zwischen einzelnen Personen sollten bekannt sein. Eine Figur, die erst recht spät in der Reihe um Cat und Bones auftaucht, spielt zum Beispiel in Veritas’ Motivation eine große Rolle.

Ein (Re-)Read der letzten paar Bände lohnt sich also meiner Meinung nach sehr, bevor man mit Night Rebel anfängt. Ich hätte eine kurze Auffrischung meiner Erinnerungen gut gebrauchen können. Ich habe zwar in den letzten Monaten immer mal wieder in die englischen Hörbücher zu der Reihe hineingehört, aber nachdem ich euch neulich von meinen Schwierigkeiten mit Hörbüchern erzählt habe sollte es nicht verwunderlich sein, dass das bei mir nicht viel brachte.

Wer sich einen besseren Überblick verschaffen möchte, welche Bücher es in der Reihe gibt und um welche Paare sich diese drehen, sollte mal einen Blick auf die Verlagsseite zur Reihe werfen. Dort sind sie gut sortiert aufgeführt.

Inhalt und Figurenentwicklung

Während Cat und Bones immer einen besonderen Platz in meinem Bücherherz haben werden – schon allein, weil sie das erste Paar waren, das mich in Kontakt mit Jeanine Frost gebracht hat -, mag ich Ian und Veritas tatsächlich noch ein kleines bisschen mehr. Die beiden verbindet zwar am Anfang in erster Linie ihre jeweilige Rache an dem Dämon Dagon (übrigens klingeln bei dem Namen in dem Kontext meine “Das gab’s schon in Supernatural!”-Glöckchen), für die sie sich zusammentun. Je weiter die Geschichte aber voranschreitet, desto näher kommen sie sich und desto inniger wird die Beziehung. Night Rebel ist übrigens ein sehr treffender Name, sowohl für Ian als auch für Veritas.

Es wäre kein Jeanine Frost-Roman, wenn es nicht auch eine ordentliche Portion Sex und Erotik gäbe. Aber diesen beiden kaufe ich ihre Beziehung sofort ab, während es bei allen anderen Paaren der Reihe für meinen Geschmack einen Tick zu plötzlich, zu aufgesetzt wirkte. Ian und Veritas haben die nötige Zeit, die es braucht, um eine echte Verbindung aufzubauen, obwohl sie sich gefühlt zu 75% der Geschichte nicht am selben Ort aufhalten. Das fand ich sehr angenehm zu lesen.

Auch fühlen sich Ian und Veritas vielschichtiger an als beispielsweise Denise und Spade. Ihre Charaktere wirken ausgereifter. Gerade auch Veritas’ Hintergrundgeschichte bringt eine ganz neue Ebene zur Handlung hinzu. Die übrigen Pärchen der Reihe haben ab und zu ihren kleinen Fan-Service-Auftritt, aber der Fokus liegt, wie in dieser Reihe üblich, auf dem Hauptfiguren-Paar.

Ich möchte nicht zu viel über den Inhalt sprechen, ganz einfach um Spoiler zu vermeiden. So viel sei aber gesagt: Die Entwicklung der Handlung über die drei Bände ist schlüssig, sowohl alleinstehend betrachtet als auch im Kontext der ganzen Reihe. Die Figuren – sowohl die Protagonist*innen als auch die Nebencharaktere – sind interessant oder erfüllen zumindest den ihnen zugedachten Zweck, die Gespräche amüsierten mich mehr oder weniger immer und die Sexszenen haben es in sich.

Fazit

Ich mag die Art und Weise, wie Jeanine Frost Vampire schreibt. Diese Bücher unterhalten mich jedes Mal aufs Neue und, wie ich schon erwähnt hatte: sie haben mich dieses Mal sogar aus einer Leseflaute gezogen. Ian und Veritas sind ein tolles Paar mit großen Problemen, deren Geschichte ich sehr gern verfolgt habe.

Rezension auf dem Blog mit funktionierenden Verlinkungen: https://buchstabensalat.net/rezension-night-rebel-reihe/

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Feministische Sciene-Fiction-Dystopie mit Klimakrise

Das ferne Licht der Sterne
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Irgendwie habe ich es in den letzten Monaten mit Weltraum-Romanen. Das liegt vielleicht daran, dass mir Anfang des Jahres Aurora erwacht von Amie Kaufman und Jay Kristoff so gut gefallen hat, vielleicht ...

Irgendwie habe ich es in den letzten Monaten mit Weltraum-Romanen. Das liegt vielleicht daran, dass mir Anfang des Jahres Aurora erwacht von Amie Kaufman und Jay Kristoff so gut gefallen hat, vielleicht auch daran, dass aktuell scheinbar viele solcher Titel erscheinen. Wie auch immer; als bei NetGalley Das ferne Licht der Sterne angeboten wurde, habe ich das Buch direkt angefragt. Der Klappentext verspricht nämlich mehr als “nur” Science Fiction: Hier geht es um das Aufbrechen von patriarchalen Strukturen, globale Umweltzerstörung, Beziehungen zwischen Freunden und Familien und ja, nebenbei auch um eine Reise durchs Weltall.

[Klappentext]

Diese Welt würde ich auch verlassen wollen

Naomi Lovelace, Valerie Black, Hixton, Hart und Lebedev – das ist die Crew der Atalanta, dem geklauten Raumschiff. Diese fünf Frauen machen sich aus verschiedenen Gründen auf den Weg ins All. Einer davon ist, dass die amerikanische Politik zunehmend Frauen ausschließt. Grundsätzlich. Es ist zum Beispiel gesetzlich vorgeschrieben, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes entweder fünf Jahre nicht arbeiten dürfen oder auf den finanziellen Bonus verzichten müssen. Den bekommt man außerdem nur für das erste Kind. In der Praxis ist das also eine Art Ein-Kind-Regel. Bei Beförderungen werden Frauen darüber hinaus immer mehr übergangen. Frauen, die erfolgreich in ihren Berufen sind, werden schleichend durch Männer ersetzt. Kurz gefasst: Frauen werden wieder zu Haus und Herd zurückgedrängt.

Zusätzlich geht der Planet Erde vor die Hunde. In mehreren Szenen tragen die Charaktere Atemschutzmasken, um sich vor dem Smog zu schützen. Das tun sie nicht freiwillig, auch das wird durch Gesetze geregelt. Die Feinstaubbelastung der Luft ist dermaßen hoch, dass die Masken unter freiem Himmel nur wenige Stunden oder Minuten am Tag abgesetzt werden können. Es gibt Rohstoffverknappung, Slumbildung durch massenhafte Fluchtbewegungen – die Suche nach einem anderen, bewohnbaren Planeten ergibt also durchaus Sinn. Die im Klappentext erwähnte “letzte Chance fürs Überleben der Menschheit” trifft es ganz gut.

Die Autorin schafft es, diese düstere, beinah hoffnungslose Ausgangssituation sehr genau zu beschreiben. Ich konnte mir die einzelnen Szenen oft bildlich vorstellen und hatte selbst oft den Drang, diese dargestellte, dystopische Welt hinter mir zu lassen. Die Menschheit hat den Planeten zugrunde gewirtschaftet und ist jetzt dabei, durch politisches Strippenziehen Frauen aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen – puh. Hoffen wir, dass es in der Realität nie (wieder) so schlimm wird wie in Das ferne Licht der Sterne.

Naomi und Valerie sind intelligente Frauen, die in ihren eigenen Bereichen sehr erfolgreich sind. Naomi hat sich einen Namen als Biologin gemacht und träumt schon Ewigkeiten davon, ihre Fähigkeiten beim Terraforming eines neuen Planeten einzusetzen. Valerie, ihre Adoptivmutter, hat das Geld und auch selbst den Forscherinnentrieb, um solche Träume wahr werden zu lassen und investiert in entsprechende Projekte oder startet diese einfach selbst.

Das Projekt “Cavendish” zielt darauf ab, einen neuen, bewohnbaren Planeten für die Menschheit erreichbar zu machen. Dazu wurde mit einer kniffligen Technik eine Art Weltraumschleuse entwickelt, die Langstreckenreisen im Weltall verkürzen soll. Diese Schleuse funktioniert – sofern ich die Science Fiction-Erklärung richtig verstanden habe – wie ein Wurmloch: man fliegt hier rein und kommt dort, weit entfernt, nach viel kürzerer Zeit wieder heraus, als wenn man die Strecke normal geflogen wäre.

Allerdings wurde sie noch nie mit lebender Biomasse durchquert. Das soll die Crew der Atalanta testen. Als die NASA beschließt, die rein weibliche Crew kurz vor dem Start durch ein rein männliches Team zu ersetzen, bringt das das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen und Valerie, Naomi und drei weitere Fachfrauen kapern das Raumschiff. Eine Rückkehr zur Erde ist nicht geplant: Es muss nur das Signal zur Erde gelangen, dass der Sprung durch die Schleuse geglückt ist.

Die Figuren in Das ferne Licht der Sterne finde ich spannend. Mit jedem Kapitel lernen wir mehr über das Beziehungsnetz zwischen ihnen. Auf engem Raum mit akribisch genauen Arbeitsabläufen ist die Reise durch den Weltraum eine Belastungsübung für alle von ihnen, doch sie funktionieren wie eine gut geölte Maschine – jedenfalls am Anfang. Je länger die Reise geht, je näher sie ihrem Ziel kommen, desto deutlicher wird, dass etwas ganz und gar nicht nicht stimmt.

Der Thriller

Hier wird die Science-Fiction-Dystopie zum Thriller. Mit einer tickenden Uhr im Hinterkopf – schließlich hat ein Raumschiff nur begrenzten Treibstoff und nur eine genau berechnete Menge an Nahrungsmitteln – versucht Naomi herauszufinden, was genau nicht stimmt. Was steckt hinter den Geheimnissen, die sie nach und nach aufdeckt? Was verbirgt das Raumschiff selbst? Und wem kann sie trauen?

Laura Lam erzählt die Geschichte dieser Frauen auf zwei Zeitebenen: die Zeit der Reise mit der Atalanta und einige Jahre zuvor, um die Zusammenhänge von Figuren und Ereignissen zu erklären. Ich habe anfangs zum Beispiel nicht verstanden, warum zwischen Naomi und Valerie so eine Spannung herrscht, obwohl sie eine so deutliche Zuneigung zueinander verspüren. Das wird im Lauf der Geschichte sehr deutlich erklärt – zur gegebenen Zeit. Auf diese Weise schweben wir Lesenden öfter mal im Ungewissen und ich habe mich mehrfach dabei ertappt, verschiedenen Figuren die Schuld in die Schuhe zu schieben. Je weiter ich las, desto genauer zeichnete sich ab, wer der Bösewicht ist. Und wer auf der Seite der Guten steht.

Dabei sind Gut und Böse, Schwarz und Weiß gar nicht so einfach voneinander zu trennen. Stattdessen gibt es sehr viele Graubereiche. Die Autorin stellt uns gekonnt vor existenzielle Fragen: Bin ich bereit Menschen zu opfern, die davon nichts mitbekommen würden, um eine kleine Gruppe zu retten und damit das Fortbestehen der Mission, der Menschheit einen Weg auf einen neuen bewohnbaren Planeten zu ebnen, zu gewährleisten? Ist es besser, die Erde aufzugeben und einen neuen Planeten zu suchen, oder sollten wir versuchen, die Erde bestmöglich zu “reparieren”? Vertraue ich darauf, dass mir nahestehende Personen nach meinen eigenen Moral- und Wertvorstellungen handeln oder schnüffle ich ihnen hinterher, um sicherzugehen – und riskiere dabei einen Verrat?

Großartig geschrieben

Zu Beginn fiel es mir schwer, richtig hineinzukommen, aber nach den ersten zwei Kapiteln konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen. Ich habe Das ferne Licht der Sterne innerhalb von 2 Nächten durchgelesen, nachdem ich es – wegen besagter Anfangsschwierigkeiten und einigen sehr stressigen Phasen in meinem Leben – ganze 6 Monate vor mir her geschoben habe. Hätte ich im Juni gewusst, dass ich nur fünf Seiten weiterlesen müsste, damit die Handlung an Fahrt aufnimmt, ich wäre so viel früher fertig gewesen!

Denn ab dem Punkt geht es so richtig ab. Es gibt kein Kapitel, in dem nichts Wichtiges passiert, keine zwei Seiten am Stück, die ich nicht irgendwie spannend fand. Laura Lam schreibt – und Kristina Koblischke übersetzt – auf eine Weise, die mich nach mehr Informationen lechzen lässt und wenige Kapitel später für meine Geduld belohnt. Das passt super zur erzählten Geschichte. Die Rückblicke in die Anfangszeiten des Projekts, das Studierenden- oder Eheleben von Naomi haben Fragezeichen in meinem Kopf durch Ausrufezeichen ersetzt. Kurze Interaktionen in klitzekleinen Szenen ließen meine Alarmglocken schrillen und dezente Andeutungen haben mir eine Lösung verraten, bevor das Buch überhaupt das Problem vorgestellt hat. Es hat richtig Spaß gemacht, dieser Geschichte zu folgen!

Es ist gar nicht so einfach, eine Rezension zu Das ferne Licht der Sterne zu schreiben, ohne zu viel zu verraten. Ich kann nicht über alle Figuren sprechen, manche Beziehungen beinhalten zu große Spoiler. Auch einige Themen kann ich nicht erwähnen, ohne zu deutlich auf das Ende hinzuweisen. Ich empfehle deshalb einfach allen, die sich für die eingangs genannten Themen interessieren, einen Blick in Das ferne Licht der Sterne zu werfen. Oder zwei.

Fazit

Hätte mir vorher jemand gesagt, die Kombination aus Science Fiction im Weltall, dystopischer Klimakrise und Feminismus würde so gut funktionieren – ich wäre mindestens skeptisch gewesen. Ich beschäftige mich mit diesen ernsthaften Themen nämlich lieber nacheinander, nicht mit allen auf einmal. Aber hier funktioniert es. Und das richtig gut.

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