Platzhalter für Profilbild

Fever

Lesejury Star
offline

Fever ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fever über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2022

Ein perspektivreicher, intensiver Kriminalroman

Freunde. Für immer.
0

„Freunde. Für immer“ von Kimberly McCreight spielt sich an nur einem Wochenende unter einer kleinen Freundesgruppe ab, birgt aber durch seine häufigen Perspektivwechsel, Zeitsprünge und den Blick in die ...

„Freunde. Für immer“ von Kimberly McCreight spielt sich an nur einem Wochenende unter einer kleinen Freundesgruppe ab, birgt aber durch seine häufigen Perspektivwechsel, Zeitsprünge und den Blick in die Vergangenheit der Figuren einiges an Spannung und Rätselpotenzial. Mit vielen klassischen Krimi-Elementen schafft es das Buch, seine Leserschaft ordentlich zum Grübeln zu bringen.

Jonathan, Derrick, Keith, Stephanie und Maeve sind alte College-Bekannte und hüten ein gemeinsames Geheimnis. Das ist jedoch nicht der Grund für ihren Wochenend-Trip in die abgelegene Region der Catskill Mountains, sondern eine Intervention für Keith, dessen Drogenproblem außer Kontrolle geraten ist. Unglücklicherweise bleibt die kleine Gruppe nicht unter sich, sondern wird von anhänglichen Partnern, Affären und missgestimmten Bauunternehmern gestört. Das Verschwinden von Keith und Derrick ruft schließlich Detective Julia Scutt auf den Plan, die ihrerseits gerne einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit ziehen würde …

Das Besondere an „Freunde. Für immer“ ist zweifelsohne seine außergewöhnliche Erzählweise: Neben den Perspektiven der fünf Hauptcharaktere kommen auch Julia Scutt sowie eine mysteriöse weitere Person und eine Person aus der Vergangenheit der Gruppe zu Wort. Dazu wird der Roman nicht chronologisch erzählt, sondern es werden nach und nach Puzzlestücke aus mehreren Zeitebenen zusammengesetzt: Julias Ermittlungen, das Wochenende unter Freunden und ihre gemeinsame Vergangenheit fügen sich erst nach und nach zu einem kohärenten Bild zusammen. Das verlangt mir als Leserin doch einiges an Konzentration ab, und das Buch tänzelt immer mal auf dem schmalen Grat zwischen Brillanz und Chaos. Nichtsdestotrotz schafft Kimberly McCreight es jedoch, dadurch auch einen starken Sog aufzubauen, denn ihre Figuren geben nur zögerlich Informationen über sich preis und schüren so allesamt Verdachtsmomente. Vorenthaltene Informationen sind ein großes Thema im Buch selbst, aber auch in der Erzählweise, was dafür sorgt, dass ich als Leserin mir ständig neue Fragen stelle, Theorien aufbaue und wieder verwerfe und am Schluss doch überrascht bin.

Ein spannender Kriminalroman, der trotz bzw. gerade wegen seiner leicht chaotischen Erzählstruktur in seinen Bann zu ziehen vermag.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.04.2022

Zauberhaft gestalteter Rätselspaß mit leichten technischen Problemen

Escape Game 3D – Leonardo da Vincis letztes Geheimnis
0

Endlich etwas Neues für Fans von Escape-Rooms! Mit „Das letzte Geheimnis des Leonardo da Vinci“ präsentiert der Ullmann-Verlag ein neues Spielprinzip, das die Möglichkeiten der modernen Technik voll ausschöpft. ...

Endlich etwas Neues für Fans von Escape-Rooms! Mit „Das letzte Geheimnis des Leonardo da Vinci“ präsentiert der Ullmann-Verlag ein neues Spielprinzip, das die Möglichkeiten der modernen Technik voll ausschöpft. Das 3-D-Escape-Game ist eine ausgezeichnete Mischung auch klassischem Buch und virtueller Realität, die leider noch ein paar Kinderkrankheiten hat.

Als Spielende machen wir uns auf eine Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte in einem französischen Schloss, auf der Suche nach geheimen Unterlagen des Universalgenies Leonardo da Vinci. Innerhalb von 2 Stunden müssen wir eine Reihe von kniffligen und abwechslungsreichen Rätseln knacken, die mithilfe von VR greifbar werden. Mit einem Smartphone oder Tablet lassen sich viele Seiten einscannen, wodurch man Räume und Objekte entdecken und ihnen ihre Geheimnisse entlocken kann. Über die künstlerische Gestaltung lässt sich nur Positives sagen,
an der technischen Umsetzung hapert es jedoch noch ein wenig. Ein Smartphone mit einer aktuellen Android-Version zeigte Inhalte nur unvollständig, mit einem älteren Modell eines Android-Tablets ließ sich alles problemlos darstellen.

Inhaltlich kann das Escape-Game jedoch auf ganzer Linie überzeugen: Die Rätsel sind anspruchsvoll, aber lösbar, und Hilfe in Form von Lösungshinweisen und (räumlich davon getrennten) Lösungen sorgt dafür, dass man im Zweifelsfall nicht stecken bleibt. Beides benötigt man aber nur in den seltensten Fällen. Die Zeitangabe von 2 Stunden ist eher großzügig bemessen.

Ein wunderschönes neues Spielkonzept und eine gelungene Geschichte, in die anspruchsvolle und interessante Rätsel integriert sind. Wenn jetzt noch die letzten technischen Hemmschuhe ausgeräumt werden, ist alles perfekt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 02.04.2022

Eine bewegende Geschichte, nüchtern erzählt

connect
0

„Connect“ von Thea Mengeler fällt sicher zuallererst durch seine wundervoll bibliophile Gestaltung auf: Mit farbigem Buchschnitt, bedrucktem Buchrücken und einem traumhaften Cover-Design hat der leykam-Verlag ...

„Connect“ von Thea Mengeler fällt sicher zuallererst durch seine wundervoll bibliophile Gestaltung auf: Mit farbigem Buchschnitt, bedrucktem Buchrücken und einem traumhaften Cover-Design hat der leykam-Verlag offenbar keine Kosten und Mühen gescheut, um ein rundum ästhetisches Buch herzustellen. Der Inhalt wird dieser aufwendigen Aufmachung zum Glück auch weitgehend gerecht.

Ava, eine 28-jährige Designerin, ist quasi mit ihrer Arbeit verheiratet. Als sie eine zunehmende Leere in ihrem Leben verspürt, gerät sie zufällig in Kontakt mit einer Sekte, Connect – nur, dass Ava sie nicht als solche wahrnimmt. Mehr und mehr Zeit verbringt sie bei den gemeinsamen Treffen und isoliert sich zunehmend von ihrem sozialen Umfeld. Gefährliche Strukturen nimmt sie als besondere Aufmerksamkeit wahr und verweigert sich möglichen kritischen Deutungen. Die Situation eskaliert, als Ava ihren Job hinwirft und ihr komplettes Leben Connect widmet.

Das Spannende an Thea Mengelers Debütroman ist seine Perspektive: Die Erzählerin Ava ist, ohne es zu merken, ein Opfer von Gehirnwäsche und vermittelt uns Lesenden entsprechend ihre verzerrte Wahrnehmung der Realität. Aus diesen unzuverlässigen Schilderungen müssen wir uns die „Wahrheit“ selbst zusammenpuzzeln und sehen uns so mit der Frage konfrontiert, wie wir an ihrer Stelle handeln, wie wir das Geschehen interpretieren würden. Denn die Beurteilung von außen fällt immer leicht („es ist ja völlig offensichtlich, dass das Betrug ist“), die Sicht einer Betroffenen verändert jedoch die Sicht.

Nicht ganz passend zu dieser vielschichtigen und hochemotionalen Thematik scheint der leider sehr nüchterne Sprachstil. Echte Empathie mit der Hauptfigur will sich aufgrund der sachlichen Schilderungen nicht so ganz einstellen, sodass eine deutliche Distanz zwischen mir als Leserin und Ava als Protagonistin bestehen bleibt. Ihr Schicksal berührt weniger auf einer emotionalen Ebene, sondern lässt sich eher auf einer rationalen Ebene begreifen und analysieren. Dadurch geht dem vielversprechenden Roman ein längerer Nachhall verloren, den er sonst zweifellos hätte hervorrufen können.

„Connect“ ist ein gelungener Roman mit einer hochinteressanten Thematik und einer überzeugenden Entwicklung, dem es leider ein wenig an Emotionalität mangelt. Alles in allem ein vielversprechender Start von Thea Mengelers Autorinnenkarriere.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.02.2022

Psychologisch interessant und emotional bewegend

Unser wirkliches Leben
0

„Unser wirkliches Leben“ von Imogen Crimp ist nur auf den ersten Blick eine klassische Liebesgeschichte: junge, mittellose Sängerin mit großen Träumen trifft, älteren, gut betuchten Mann und sie beginnen ...

„Unser wirkliches Leben“ von Imogen Crimp ist nur auf den ersten Blick eine klassische Liebesgeschichte: junge, mittellose Sängerin mit großen Träumen trifft, älteren, gut betuchten Mann und sie beginnen eine Affäre. Trotz dieses eher klischeehaften Set-ups ist der Autorin hier jedoch ein etwas anderer Roman gelungen, einer, der seine Protagonistin nicht als Liebeskranke mit einem Mann als einzigem Lebensinhalt darstellt, sondern ihr komplettes Leben ausleuchtet und ihr somit echte Tiefe verleiht.

Anna ist vom Land nach London gezogen, um am Konservatorium Operngesang zu studieren. Sie hält sich mit Singen im Jazzclub über Wasser und lebt kontinuierlich am Existenzminimum, um ihren großen Traum von der Opernkarriere zu verwirklichen. Von der überbehütenden und kontrollierenden Mutter und dem schweigsamen Vater zu Hause kann sie sich nicht viel Unterstützung erhoffen, denn diesen Lebensweg halten sie für viel zu unsicher. Als sie eines Abends Max kennenlernt, fühlt sie sich sofort zu ihm hingezogen, obwohl er sie von Anfang an auf Abstand hält. Ihre Beziehung entwickelt sich nach und nach in eine ungesunde Richtung, und Anna droht den Bezug zu sich selbst und ihren eigenen Wünschen zu verlieren, entfremdet sich von ihrem Umfeld und macht sich mehr und mehr abhängig von Max. Was anfängt wie ein seichtes Liebesdrama, entwickelt sich bald zu einem ernsthaften Psychogramm einer unsicheren jungen Frau, der es an Halt im Leben mangelt.

Trotz dieser erfreulichen Tiefe wartet „Unser wirkliches Leben“ auch mit einer ganzen Reihe von Klischees auf, und zwar nicht nur im Bereich der Liebesgeschichte, sondern vor allem auch, wenn es um das Leben von Künstler*innen geht. Die Geschichte suhlt sich häufiger recht stark in der Idee der mittellosen Künste und des freien Lebens. Zudem ist das Erzähltempo extrem gemächlich, wovon die Charakterentwicklung zwar enorm profitiert, was aber insgesamt dafür sorgt, dass sich einige Längen ergeben. So mancher Dialog wiederholt sich dabei, und dieselben Themen werden immer und immer wieder angesprochen. Prinzipiell unterstützt diese Erzählweise das Porträt von Anna und ihrer Gefühlswelt, ihr Sich-im-Kreis-Drehen und Nicht-von-der-Stelle-Kommen, der Grat zwischen Raffinesse und Ermüdung ist jedoch schmal und wird hin und wieder überschritten.

Trotz dieser leichten Schwächen ist „Unser wirkliches Roman“ ein Buch, das berührt und nachdenklich macht, mit einer Protagonistin, die mir als Leserin wirklich und wahrhaftig nahe kommt. Eine lohnenswerte Lektüre!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.02.2022

Betroffen machend und extrem spannend

Ich bin der Abgrund
0

„Ich bin der Abgrund“ von Donato Carrisi ist ein Psycho-Thriller im wahrsten Sinne des Wortes: Im Vordergrund steht nicht nur eine geschundene Psyche, sondern mehrere. Sie alle reagieren unterschiedlich ...

„Ich bin der Abgrund“ von Donato Carrisi ist ein Psycho-Thriller im wahrsten Sinne des Wortes: Im Vordergrund steht nicht nur eine geschundene Psyche, sondern mehrere. Sie alle reagieren unterschiedlich auf ihr Trauma. Die Spannung kommt bei diesem Psychogramm nie zu kurz, wenngleich der ein oder andere Zufall etwas unglaubwürdig daherkommt.

Der Müllmann, der namenlose Protagonist des Buchs (Namenlosigkeit herrscht im Buch übrigens prominent vor und verleiht ihm damit einen fast parabelhaften Anstrich), tötet Menschen. Aber nicht aus Lust, sondern aus einem Zwang heraus, der aus einem extremen Kindheitstrauma entstanden ist. Als er eines Tages mehr oder minder aus Versehen das Leben einer jungen Frau rettet, beginnt er eine Verbindung zu spüren, wie er sie zuvor nie erlebt hat. Diese Aktion weckt aber die Aufmerksamkeit der „Fliegenjägerin“, die sich auf seine Fersen heftet – eine Frau mit ihren ganz eigenen Dämonen, die sich der Ausrottung häuslicher Gewalt verschrieben hat. Eine spannende Jagd beginnt.

Das vorherrschende Thema im Buch ist Missbrauch – schonungslos wird geschildert, was jungen Menschen widerfährt und sie zu älteren, grausameren, resignierteren Menschen macht. Das macht diesen Thriller zu einem Buch, das nicht einfach auf billige Art schockieren und seinen Lesenden einen kalten Schauer über den Rücken jagen will, sondern betroffen machen, das Leid greifbar machen. „Ich bin der Abgrund“ präsentiert uns keine Monster, sondern vielschichtige, komplexe Charaktere mit echten Biographien, was ihm im Thriller-Genre eine gewisse Sonderstellung einräumt.

Diese Komplexität überträgt sich leider nicht immer auf den Handlungsablauf, der doch häufiger zu recht unglaubwürdigen Zufällen greift, um die Geschichte voranzutreiben. Das sorgt für so manches Stirnrunzeln, tut aber dem deutlich erkennbaren Spannungsbogen nur wenig Abbruch.

„Ich bin der Abgrund“ ist ein Psycho-Thriller, der den Menschen und seine Psyche an sich in den Vordergrund stellt, was ihm – trotz kleiner Schwächen auf Handlungsebene – meisterhaft gelingt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere