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Veröffentlicht am 04.06.2017

Grandios

Geständnisse
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Über dieses Buch bin ich gestolpert. Ein roter, blutender Apfel? Habe ich bereits etwas über das Buch gehört? In der Bibliothek steht es unter den "Literaturempfehlungen" und ich dachte: Wer hat es besprochen ...

Über dieses Buch bin ich gestolpert. Ein roter, blutender Apfel? Habe ich bereits etwas über das Buch gehört? In der Bibliothek steht es unter den "Literaturempfehlungen" und ich dachte: Wer hat es besprochen bzw. empfohlen? Ich nahm es mit nach Hause und fand dann dieses Zitat:

"Also vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue, und lesen Sie Kanae Minatos Roman "Geständnisse" [...]"  

(Quelle: Denis Scheck, Druckfrisch, http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/druckfrisch/sendung/denis-scheck-empfiehlt-gestaendnisse-von-kanae-minato-100.html)

Jetzt wollte ich mir unbedingt selbst eine Meinung bilden. Setze mich hin und las das Buch an einem Stück zu Ende. Ich klappte es zu und mir fiel nur ein Wort ein: grandios! Es hört sich platt an so ein Wort aufzuschreiben, aber es beschreibt in einem Wort einfach alles.

Kanae Minato konstruiert geschickt viele verschiedenen Menschen, Szenen und Gefühle zu einem großen Knall. Es ist wie der Adamsapfel im Paradies, es ist die Wurzel allen Übels, die sie beschreibt. Das Böse hat unscheinbare Gesichter und kann sich aus allem entwickeln - auch aus Schülern.

Beginnend wird aus der Perspektive der Lehrerin erzählt, die gnadenlos eröffnet, dass sie weiß, wer ihre Tochter getötet hat. Sie erzählt, dass sie sich gerächt hat, sie erzählt, dass sie es nicht quält, dass jemand sterben wird. Es ist ein eigenartiges Gefühl, auf Moriguchi hinabzublicken, in ihre Seele, die wirklich verletzt ist. Ihr Tun zieht viele kleine Taten nach sich. Aus anderen Perspektiven versucht die Autorin einen Thriller zu konstruieren, der zum Teil auch auf Zufällen beruht, die im wahren Leben sehr unwahrscheinlich wären. Trotzdem sind sie sehr wirkungsvoll und verweben viele Leben miteinander.

Beide Schüler, die mit dem Tod ihrer Tochter zu tun haben, gehen unterschiedlich mit dem Wissen ihrer Lehrerin um. Es ist auch eine Kritik am japanischen Schulsystem, in dem Kinder auf Leistung gedrillt werden, vereinsamen und sich von der Welt selbst abschotten. Sie ziehen manchmal nicht nur sich selbst in den Abgrund. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die beiden Schüler eine Menge Menschen beeinflussen und nicht nur für viel Ärger, sondern auch für Sprachlosigkeit sorgen.

Immer wieder bin ich völlig baff, welche Verzweigungen entstehen oder womit die Autorin mich erschreckt. Manche Dinge habe ich nicht vorher sehen können. Zerrüttete Familien, gebrochene Herzen, manische Kinder und von Rache getriebene Menschen - alle könnten den Apfel essen, um aus dem Paradies vertrieben zu werden. Sie haben sich für das Böse entschieden und ich war fasziniert davon. Wie ein kleiner Stein alles ins Rollen bringen kann, wie ungläubig ich dabei zugeschaut habe, dass Rache unstillbar ist und Menschen durchtrieben sind.

Lange nicht mehr haben mich kurze Sätze, wenig poetisch und doch zielsicher, gefesselt und zum Staunen gebracht. Wer es noch nicht gelesen hat, sollte unbedingt zu "Geständnisse" greifen.

(erschien auch auf buecherchaos.de)

Veröffentlicht am 01.06.2017

Jonna Linna - ein guter Ermittler

Der Sandmann
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Vorab zum Autor: Lars Kepler war für mich die Thriller-Entdeckung der letzten Jahre. Da ich mittlerweile weniger davon lesen und eher in nordische Gefilde abgerutscht bin, ist Kepler wirklich spitze. Ich ...

Vorab zum Autor: Lars Kepler war für mich die Thriller-Entdeckung der letzten Jahre. Da ich mittlerweile weniger davon lesen und eher in nordische Gefilde abgerutscht bin, ist Kepler wirklich spitze. Ich bin jetzt beunruhigt, ob dieses der letzte Band über Joona Linna ist, da ich widersprüchliches gelesen habe. Wer mehr weiß: Immer her mit der Info!

Edit: Ich sehe gerade, es steht „Kriminalroman“ auf dem Buch. Nun ja, für mich sind es eher Thriller ?

Joona schließt mit manchen Fällen schneller ab, als mit anderen. Aber warum mag er es nicht, wenn er recht hat und ein junger Mann auftaucht, der 13 Jahre als verschwunden galt? Ein alter Fall muss wieder aufgerollt werden und die Zeit rennt, denn die Schwester des Mannes sitzt noch in der Falle . . .



Die Protagonisten

Joona ist mein Lieblingsermittler und ich hoffe, er ermittelt noch einige Bücher lang. Seine Lebens- und Leidensgeschichte wird zwar auch thematisiert, aber in den richtigen Dosen. Es hat vier Bücher gebraucht bis ich gewisse Rätsel in seinem Leben verstanden habe und es sind noch nicht alle aufgeklärt.

Manchmal wirkt Joona etwas zu schlau, denn er hat oft Recht. Andere Polizisten handeln falsch und Joona hat vorher natürlich, um das Richtige gebeten. Wenn es mich zu sehr nervt schaue ich darüber hinweg, denn der Fall ist dann meistens sehr spannend.

Es gibt auch ein Wiedersehen mit Joonas Freundin, die ich schon immer sehr mochte. Ansonsten bekommen einige Polizisten mehr Redezeit und auch einige Randfiguren. Aber das Autorengespann Lars Kepler hat nur zwei Protagonisten richtig ausgebaut mit allem Schnickschnack Jonna und Jurek Walter, den Inhaftierten. Mir reicht es völlig, denn so kann ich mich auf das wesentliche konzentrieren und muss nicht die Biografien von etlichen anderen Randpersonen lesen und ertragen ?



Kulisse

Joonas Welt Gemisch mit etwa Russland. Wobei ich die Russland Episode zwar schlüssig finde (für alles gibt es einen Grund), aber gebraucht hätte ich sie nicht. Die Autoren halten sich auch eher nicht Beschreibungen der Umwelt auf. Wenn es um einen Tatort geht, werden zwei oder drei Sätze darüber gesagt, aber meist sind es Joonas Gedanken, die mehr zu meiner Vorstellung beitragen.



Handlung

13 Jahre lang sind zwei Kinder verschwunden, dann taucht ein junger Mann plötzlich wieder auf. Joona vergisst seine Fälle nie, aber der Fall mit Jurek Walter hat ihn nie wieder losgelassen. Jetzt ist es an der Zeit, dass Joona endlich den Komplizen findet, den er schon immer hinter allem vermutet hat. Das wird gar nicht so einfach, denn der Ermittler hat viele Opfer erbringen müssen, um Jurek damals ins Gefängnis zubringen. Er muss sich erneut dem Mörder und seiner Vergangenheit stellen.

Sehr gut gefallen hat mir die Erzählperspektive, die zwar auktorial ist, aber das Vergangene erzählt. Ich erfahre während des Lesens den ganzen Fall, fühle ich aber nie gelangweilt, denn in der Gegenwart geht es natürlich auch weiter. Außerdem haben sie Autorin einen Schreibstil ohne viele Schnörkel, erzählen, was erzählt werden muss und bauen schwarze Flecken ein, bei denen der Leser sofort mehr wissen will.

Die Anspielungen auf den Sandmann sind schlüssig und lösen sich mit der Zeit auch auf. Ob ich das ganze Buch danach benannt hätte, ist glaube ich eine gute Frage. Es ist ein kryptischer Titel, ein anderer hätte es vielleicht auch getan.

Das Ende endet böse, denn es gibt einen gewaltigen Cliffhanger, das nur vorab. Mehr verrate ich natürlich nicht. Gesagt sei noch, dass es gut ist, die Reihe von Anfang an zu lesen, das Joonas Leben ein Puzzle ist, dass nur langsam zusammengesetzt wird. Wer wirklich wissen möchte, was alles dazu beigetragen hat, wer er ist und warum er so ist, fängt mit dem Hypnotiseur an. Das erste Buch von den Keplers ist auch das blutigste der Reihe ?



Die Gestaltung


Seit vier Bänden sehen die Bücher alle ähnlich aus und das ist toll! Zusammen sehen sie spitze aus und auch wenn der Inhalt zählt, ich mag es wenn ein Besucher erkennen kann, dass es sich um eine Reihe bzw. einen Ermittler handelt.



Die Bewertung

Joona hat mich mal wieder überrascht und glücklich gemacht. Ich war mitgerissen vom Täter, habe mich über ein Wiedersehen mit Jonna gefreut und sogar gelitten. Der Thriller ist an sich nicht wirklich blutig, strahlt aber eine große geistige Qual aus.

Veröffentlicht am 01.06.2017

Dieses Buch gewann mein Herz

Fünf Tage, die uns bleiben
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Inhalt:
Mara, erfolgreiche Anwältin und liebevolle Ehefrau und Mutter, lebt seit einigen Jahren mit einer schrecklichen Gewissheit: Sie leidet an einer unheilbaren Krankheit. Um ihrem Mann und ihrer kleinen ...

Inhalt:
Mara, erfolgreiche Anwältin und liebevolle Ehefrau und Mutter, lebt seit einigen Jahren mit einer schrecklichen Gewissheit: Sie leidet an einer unheilbaren Krankheit. Um ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter einen qualvollen Leidensweg zu ersparen und ihnen als glücklicher Mensch in Erinnerung zu bleiben, beschließt sie, sich nach dem Auftreten bestimmter Symptome das Leben zu nehmen. Nun bleiben ihr noch fünf Tage. Fünf Tage, um sich von den Menschen zu verabschieden, die sie am meisten liebt. Fünf Tage, um letzte Spuren in ihren Herzen zu hinterlassen. Fünf Tage, um für immer loszulassen …



Die Protagonisten

Maras Seite der Geschichte, ist die traurige, die endgültige. Trotzdem verspürt der Leser bei ihr eine Art Kraft. Etwas, was sie immer wieder voran treibt. Sie ist eine mutige Person, setzt sich Ziele und Grenzen. Früher war sie ehrgeizig im Job, heute auf anderen Gebieten. Es ist schön, ihre Gedanken zu kennen und es ist auch schön, in traurigen Situationen bei ihr zu sein.

Maras kleine Tochter ist ein Sonnenschein, kann aber auch ganz schön gemein sein. „Kindermund tut Wahrheit kund“ heißt es, und so benimmt sich die kleine auch oft. Es kommt zu kuriosen Momenten, traurigen und emotionalen.

Ihr Mann spielt auch eine große Rolle. Er ist zwar nur ein Statist, denn er macht sich Sorgen, redet manchmal mit ihr, aber er ist auch ein Feld in der Brandung für den Leser.



Kulisse

Es gibt zwei Kulissen. Einmal das Leben von Mara, die einen Ehemann hat, eine kleine Tochter und liebe Eltern. Ihr Leben ist von Sorgen bestimmt, da sie mit ihrer Krankheit Leben muss. Wie schlimm es ist und wie es schlimmer wird, wird eindrücklich geschildert, sodass ich oft mitgelitten habe. Egal ob Supermarkt, im Auto der Zuhause bei Mara – der Leser ist immer mit dabei.

Scott hat eine Frau und einen kleinen Jungen, um den er sich kümmert. Sein Leben spielt sich in seiner Schule und seinem Zuhause ab. Es herrscht eine ganz andere Atmosphäre dort, denn Scott hat mit anderen Probleme zu kämpfen.



Handlung

Maras Geschichte beginnt traurig. Der Leser erfährt sehr viel über ihre Krankheit und erlebt den Krankheitsverlauf hautnah mit. Dabei gibt es manchmal kurze Rückblicke in ihr Leben und vor allem auch zu dem Zeitpunkt, in dem sie gesagt bekommt, dass sie sehr krank ist.

So etwas ist nie einfach. Auch für den Leser nicht, denn Maras Leben ist erdrückend, hilflos und nur an manchen Tagen glücklich. Sie hat ein Ziel: nur 5 Tage bleiben ihr, um Lebewohl zu sagen. Noch einmal mit ihrem Mann kuscheln, mit ihren Freundinnen essen und ihre Tochter wecken. Aber wie viel erträgt ein Mensch? Wie viel kann an fünf Tagen schief gehen? Und wird das Ende tatsächlich das Ende sein?

Gerade die letzte Frage habe ich mir immer und immer wieder gestellt. Sie kreist dem Leser beharrlich im Kopf herum. Irgendwie hofft und bangt man immer noch.

Damit der Roman nicht zu sehr nach Abschied und Traurigkeit schmeckt, hat die Autorin ihn die zwei Geschichten geteilt. Scott hängt an seinem „Kleinen“, der aber nicht zu seiner Familie gehört. In fünf Tagen muss der Junge zurück in sein altes Leben. Scott hat sein Herz an ihn vergeben. Auch diese Situation ist nicht leicht, aber viel glücklicher als Maras. Dass beide sich kennenlernen, musste sein, damit der Leser einen Zugang zu beiden Leben erhalten kann.

Aber es ist nicht besonders kitschig und auch nicht weit hergeholt, keine Angst. Das Buch ist ziemlich realistisch, auch wenn ich nicht alle Huntington- Symptome nachgeschlagen habe.

Es ist ein Buch, das das Herz berührt. Dabei ist es egal, ob jemand krank ist oder ein kleines Kind ein Zuhause verlassen muss.





Die Gestaltung

Der Scherenschnitt auf dem Cover gefällt mir besonders gut. Nicht besonders gelungen finde ich den Klappentext. Er verrät zu viel und gibt Dinge preis, die der Leser lieber im Verlauf der Geschichte erkennen sollte.



Die Bewertung

Durch die zweigeteilte Geschichte hatte ich die Möglichkeit zu weinen und zu lachen. Die erdrückende Atmosphäre wird dadurch sehr gut aufgelockert und eine erdrückende Geschichte, bekommt einen Hoffnungsschimmer. Wer „Einfach unvergesslich“ oder „Mein Leben ohne gestern“ mochte, wird auch an diesem Buch gefallen finden.

Veröffentlicht am 01.06.2017

Anders, aber trotzdem gut

Playground – Leben oder Sterben
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Vor allem bekannt von Lars Kepler sind die Thriller rund um Joona Linna. Ich habe die Thriller fast alle gelesen und war überrascht, als ich beim Stöbern über diesen neuen Roman gestolpert bin. Erst dachte ...

Vor allem bekannt von Lars Kepler sind die Thriller rund um Joona Linna. Ich habe die Thriller fast alle gelesen und war überrascht, als ich beim Stöbern über diesen neuen Roman gestolpert bin. Erst dachte ich, dass es ein weiterer Thriller um meinen Lieblingsermittler wäre, aber dem war nicht so.

In diesem Roman dreht sich alles um Jasmin, die ein schreckliches Erlebnis hat. Leider glaubt ihr niemand, dass sie das Totenreich gesehen hat und es später wieder verlassen kann. Alles beginnt im Krieg, denn Jasmin ist eine starke Führungspersönlichkeit und behauptet sich in der Männerdomäne. Als sie angeschossen wird und einige Männer nicht retten kann, steht ihr Herz still. Danach ist nichts mehr wie es war, denn sie glaubt daran, dass der Übergang zum Totenreich aussieht wie eine chinesische Stadt.

Es beginnt alles mit dieser Vorstellung, die mich wirklich fasziniert hat. Ich stand mit Jasmin an der Hafenreling, blickte auf die alten chinesischen Schiffe, die war alle kennen. Ich sah die Lampions und roch das Opium. Das Autorenduo schaffte es sofort mich in ihren Bann zu ziehen.

Doch der Körper und vor allem Jasmins Geist können mit der Vorstellung nicht leben. Als sie beginnt mit Menschen aus ihrer Umgebung darüber zu reden, wird sie schnell als verwirrt abgestempelt und soll in Therapie. Ihre Geschichte zieht sich über Jahre hin, die wir als Leser nicht komplett miterleben. Kepler macht es sich einfach: ein paar Sätze katapultieren uns in den weiteren Lebensverlauf von Jasmin. Sie bekommt ein Kind, hat kurzzeitig einen Mann an ihrer Seite und lebt danach bei ihrer Mutter. All das bleibt seltsam undurchsichtig und rückt in den Hintergrund. Aber es fehlt nicht.

Im Fokus steht der Kampf zwischen Illusion und Realität. Der Glaube des Menschen, dass nach dem Tod etwas kommt, ist so alt wie die Welt selbst. Entweder erwartet uns ein Licht, Menschen, die wir liebten und die vor uns gegangen sind oder gar der Himmel? Die, die zurückbleiben, können es nicht wissen und auch nicht verstehen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wird klar, dass das Autorenduo mehr mit ihrer Geschichte ausdrücken möchte, als nur Spannung und Erschütterung. Im Endeffekt geht es um den Seelenfrieden eines Menschen, der schnell erschüttert werden kann und um das Gefühl, alles tun zu müssen, wenn jemand anders in Gefahr ist.

Der Spannungsbogen flacht in der Mitte des Buches etwas ab, wenn wir Jasmin noch einmal an die Hafenreling begleitet und uns nicht alles vorstellen können. Manche Situationen sind absurd und als das Leben von der anderen Seite in die Realität eingreift, muss der Leser es erst einmal verstehen und darüber nachdenken. Manchmal ist es zu viel: der Schmerz von Jasmin, das Gefühl, dass da etwas ist und die Qual, die das Buch verbreitet. Zudem ist es spannend und wirkt manchmal wirklich wie ein Thriller. Man muss es mögen, um es nicht langweilig zu finden, wenn es tatsächlich um den Gedanken des Totenreichs geht.

Das Duo hat dennoch bewiesen, dass es andere Geschichten schreiben kann, die mich genauso mitnehmen, wie ihr herkömmlicher Ermittler. Sehr gut gefallen hat mir wirklich Jasmin, die eine starke Persönlichkeit ist und zu den literarischen, weiblichen Figuren gehört, die ich nicht vergessen werde.

Veröffentlicht am 01.06.2017

Da wird mir warm ums Herz

Herzfischen
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Klappentext:

Der ehemalige Kinderstar Josy kommt im Alltag nur schwer zurecht. Als dann das Café ihres geliebten Patenonkels Hugo vor dem Ruin steht, hat sie eine nicht ganz so legale Idee: Sie fischt ...

Klappentext:

Der ehemalige Kinderstar Josy kommt im Alltag nur schwer zurecht. Als dann das Café ihres geliebten Patenonkels Hugo vor dem Ruin steht, hat sie eine nicht ganz so legale Idee: Sie fischt flirtwillige Männer aus dem Meer der Partnerschaftsseiten im Internet, deren Herzen und Geldbeutel weit offenstehen. Doch einer ihrer ausgenommenen Fische engagiert eine Online-Security-Agentur, und so ist ihr bald der ehrgeizige Simon auf der Spur. Simon und Josefine werfen nun beide ihre Köder aus – doch was passiert, wenn gleich zwei Herzen im Netz landen?


Die Protagonisten

Josy ist gerade zu Beginn des Buches eine arme Protagonistin. Sie sammelt schöne Schuhe und Kleider, die sie doch nicht anziehen kann. Immer wieder wird sie erkannt, als das, was sie einmal war: Fernsehstar. Aber eigentlich ist sie nur noch in Chats zuhause, versteckt sich selbst und ist ziemlich pleite. Zwar jammert Josy in einer Tour, wird dabei aber nie nervig. Es ist einfach einiges schief gelaufen und sie tut mir leid. Gleichzeitig kann sie sehr witzig und sarkastisch sein, wenn sie den richtig Schlagabtausch mit dem richtigen Menschen führt.

Ihr Patenonkel Hugo ist der süßeste, ältere Mann, den ich in letzter Zeit in einem Buch kennengelernt habe. Er versteckt seine Probleme, aber auf eine liebenswürdige Art, sodass man ihm nicht böse sein kann. Außerdem ist er ein ehrlicher, herzensguter Mensch, der alles für Josy tun würde.

Simon ist ein sehr ernster Menschen, der seine Arbeit immer gut machen möchte. Dass er dabei auch Menschen verletzten kann, steht dabei für ihn nicht im Vordergrund. Er ist für mich der geborene Hipster, der in Trendcafés lebt, ein schnelles Auto fährt und Frauen vernascht. Kann so ein Mensch sympathisch sein? Im Laufe der Geschichte macht Simon für mich die größte Entwicklung durch, die aber trotzdem immer nachvollziehbar bleibt und nicht ins Utopische abrutscht,

Natürlich ist Walli eine ebenso wichtige Person, denn er ist ganz genau das, was Simon nicht ist. Ein Schokoladenjunkie, maßlos, frech und faul. Die beiden bilden ein ungleiches Paar, das für einige lustige Gespräche sorgt.



Kulisse

„Herzfischen“ wandert zwischen den Dingen: alte Stadt gegen neue Bezirke. TV-Karriere und Niemandsland, Leben leben oder Einsamkeit. Jeder kennt die Geschichten von früheren Tdolen, die immer nur auf eine Rolle fixiert werden. Ich erinnere mich zum Beispiel an Yvonne Catterfeld, die ich viel lieber Singen hören und nicht mehr mit GZSZ verbinde. Aber auch sie könnte Josefines Problem vielleicht verstehen.



Handlung

Eigentlich geht es immer um die Liebe. Wer möchte keinen Menschen an seiner Seite haben, den er liebt? Wer möchte nicht geliebt werden? Noch komplizierter wird es nur, wenn das Leben auch sonst ganz schön doof ist. Wenig Freunde, kaum Geld und wenig Selbstbewusstsein sind nur einige Probleme, die in Josys Leben eine zusätzliche Rolle spielen. Sie ist etwas eigenartig und versteckt sich hinter alle ihren Problemen. Nur im Chat kann sie (fast) sein, wer sie wirklich ist – mit einigen Ausnahmen. Als sie keinen Ausweg mehr sieht, beginnt sie Männer zu „fischen“. Manchmal sitzt das Geld ziemlich locker und es geht alles gut, bis Josy einen Verfolger bekommt, der es in sich hat.

Die Idee des Romans ist wirklich süß. Zwei Menschen beginnen sich gegenseitig zu verfolgen, vielleicht zu mögen und doch zu hassen. Der Rest der Welt bleibt aber auch nicht stehen. Immer wieder steht Josy vor einem Berg an Problemen, die mit der Zeit immer schlimmer werden. Aber was soll sie machen? Oftmals reagiert sich völlig menschlich. Sie läuft weg, versteckt sich oder geht in die Offensive. Leider ist ihr Gespür nicht immer das richtige und es kommt zu komischen oder sehr ernsten Situationen.

Mir hat das Leben von Josy sehr gut gefallen. Sie ist eine Protagonistin mit der, der Leser, viel erleben kann. Außerdem gibt es Situationen, die jeder Menschen schon einmal erlebt hat. Zudem sind die anderen Charaktere alle sehr ausgefallen. Sie sind liebenswert, manchmal aber auch etwas weniger liebenswert ? Sie bilden ein schönes Potpourri aus Marotten, Ecken und Kanten und liebenswerten Lügen.

Manchmal ist der Roman vorhersehbar, was aber auch damit zusammenhängt, dass der Leser sich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen kann. Es wird offensichtlich, wie Josy als nächsten handeln wird und so weiß der Leser in etwa, was passieren wird.

Der Punktabzug ergibt sich daraus, dass ich das Ende etwas als zu schnell abgewickelt empfand. Dies ist ein persönliches Empfinden, das nicht jeder haben muss. Sonst kann ich das Buch jedem Liebhaber von lustigen Geschichten, die einen ernsten Kern haben, empfehlen. Ich werde das Buch sicher, dass ein oder andere Mal verschenken und empfehlen.





Die Gestaltung

Ihr könntet mit dem Buch in die Badewanne gehen, wahrscheinlich hält es sogar Nieselregen aus! Es hat einen Plastikumschlag, den ich soll finde, da ich bis jetzt noch kein Buch hatte, das diese Gestaltung aufwies. Außerdem erwartet Euch ein kleines Daumenkino und der kleine „Herzfischer“ ist doch niedlich, oder?



Die Bewertung

Überraschend lustig, ein wenig vorhersehbar, aber mit viel Herz – so kann ich den Roman beschreiben. Eine gute Lektüre für die jetzt folgenden kalten Wintertage, damit Euch warm ums Herz wird.

(erschien auch auf Buecherchaos.de)