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Veröffentlicht am 15.10.2017

Zwei Fremde kämpfen in der Wildnis um Leben und Liebe – schön, aber mit wenig Überraschungen

Sieben Tage voller Wunder
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Nach Bestsellern wie „Die Nacht schreibt uns neu“ oder „Der Klang deines Lächelns“ folgt nun mit „Sieben Tage voller Wunder“ ein weiterer Roman der britischen Autorin Dani Atkins. Das Buch wurde erstmals ...

Nach Bestsellern wie „Die Nacht schreibt uns neu“ oder „Der Klang deines Lächelns“ folgt nun mit „Sieben Tage voller Wunder“ ein weiterer Roman der britischen Autorin Dani Atkins. Das Buch wurde erstmals in Deutschland durch Knaur TB im Oktober 2017 veröffentlicht.
In der Geschichte dreht es sich um die, von ihrem Partner, betrogene Hannah. Sie macht sich nach einigen Wochen Auszeit in Kanada wieder auf dem Heimweg nach Großbritannien. Nur wird Flug 418 dort nie ankommen. Es kommt zum Flugzeugabsturz über den Bergen Kanadas. Die einzigen Überlebenden: Hannah und der sympathische Logan. Zusammen müssen sie versuchen zu überleben, doch werden die beiden Fremden es gemeinsam schaffen?

Ich bin bekennender Dani Atkins – Fan und habe jeden, auf deutsch, erschienenen Roman gelesen. Es war also logisch, dass ich auch diesen Schmöker bald in meinen Händen halten werde. Das Cover reiht sich perfekt ein: Die altbekannte Linie führt eine junge Frau und einen „geisterhaften“ Mann zusammen. Diese Bilder sind insgeheim schon kleine Spoiler. Das wird einem aber immer erst später bewusst. Im knapp über 230 seitigen Werk erzählt uns die 27-jähringe Hannah Truman aus ihrer Perspektive und Erinnerung heraus, was am Tag ihrer Abreise und den nachfolgenden 6 weiteren Tagen geschah.
Hannah erfüllt für mich den Stereotyp der Frau, die betrogen und belogen wurde, sich eine Auszeit nimmt und danach trotzdem nicht weiß, wie es weiter gehen soll. Die Grundlage ist nicht neu, aber durchaus eine gängige Ausgangsposition für einen Liebesroman. Und wie es der Zufall so will, trifft Hannah am Flughafen mehrere Male auf einen Mann, der ihr „inneres Radar“ anspricht. Und wie es die Autorin so will, verliert sie ihn auch wieder aus den Augen. Ich muss leider sagen, dass das und der natürliche Verlauf vorhersehbar sind. Damit der Leser aber nicht komplett in sinnloser Gefühlsduselei untergeht, spielen negative Gefühle wie Angst oder Panik eine tragende Rolle. Zum Beispiel war ich vollkommen gebannt bei der präzisen Beschreibung des Flugzeugabsturzes und fror mit Hannah und ihrer wieder getroffenen Bekanntschaft Logan in der schneebedeckten kanadischen Wildnis. Der Traum von der klischeehaften Bruchlandung auf einer „Liebesinsel“ wurde demnach nicht genutzt. Nur wer braucht denn so etwas, wenn man den Inbegriff eines Traummanns dabei hat. Er ist so toll, dass es schon wieder surreal wirkt: Retter, Tröster, Häuslebauer. Ich suchte Macken und fand keine, ich bin förmlich dahin geflossen. Dementsprechend geht es Hannah, so allein mit ihm... Schnell schleichen sich allerhand Vergleiche zum bisherigen Partner ein. Meines Erachtens zu oft, auch wenn ihr dadurch Dinge klarer erscheinen. Im Gegensatz zu Supermann Logan geht Hannah in ihren Taten regelrecht unter. Ihr immer wieder angesprochenes fotografisches Gedächtnis kommt irgendwie nie zum Einsatz und der Sinn dahinter ergibt sich erst zum Schluss. Sie ist eindeutig das Opfer, das gerettet werden muss. Ich hätte ihr gern eine Ohrfeige verpasst und gesagt, dass sie sich zusammenreißen soll, auch wenn ihre Emotionen sehr intensiv und nachvollziehbar sind. Ich habe deutlich wahrgenommen, dass sehr viele Menschen ums Leben gekommen sind, dass ihre Familie Qualen erleiden muss, weil sie nicht wissen, wo Hannah ist und dass sie selbst nicht weiß, ob sie lebend heraus kommt. Dramatisch, doch sie sie muss das nicht allein durchstehen!
Im Laufe des Geschehens kommen Offenheit, Humor und Romantik zwischen den beiden einzigen Protagonisten auf. Das lässt die Tragödie der Rollenverteilung für einen Augenblick vergessen. Aber nur für einen Augenblick: Denn Miss Atkins ist dafür bekannt, ihren Romanen einen überraschenden Schluss zu verpassen. Leider ist ihr das dieses Mal nicht gelungen. Die vorwiegend weibliche Leserschaft merkt bei zu perfekten männlichen Darstellern sicherlich schnell, dass etwas faul ist! Tut mir leid.

Fazit: Intensive und dramatische Emotionen, so kennt man Dani Atkins. Nur leider bringt der Trip nach Kanada zu viel Klischees mit sich. Meine Empfehlung an Frauen, die einen Helden suchen.

Veröffentlicht am 04.09.2017

Offener und tiefgründiger als der 1. Band

Paper Prince
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„Paper Prince – Das Verlangen“ ist der 2. Band der Paper-Triologie und erschien im April 2017 erstmals in deutsch bei Piper. Urheber der Bestsellerlisten füllenden Story ist ein amerikanisches Autorenduo, ...

„Paper Prince – Das Verlangen“ ist der 2. Band der Paper-Triologie und erschien im April 2017 erstmals in deutsch bei Piper. Urheber der Bestsellerlisten füllenden Story ist ein amerikanisches Autorenduo, dass unter dem Pseudonym Erin Watt arbeitet.
In diesem Buch wird klar, dass kein Geld der Welt Ella bei den Royal-Männern halten kann. Sie ist geflohen und Reed Royal ist Schuld daran. Die Sorge um Ella, lässt die Familie auseinander gehen und in ein tiefes Loch sinken. Wird Ella zurückkehren und alles wieder ins Lot bringen?

Ich hatte nicht vor, Band 2 zu lesen, da mich der 1. Band leider enttäuschte. Mit Überzeugungskraft und der Aussicht auf Verbesserung ließ ich mich dann doch überreden. Das Taschenbuch im dezenten blau und einer glitzernden Königskrone lag also in meinen Händen und begann genau dort, wo „Paper Princess“ endete. Kein Prolog, und auch im weiteren Verlauf wenig Rückblicke im Buch – Empfehlung: Man sollte Band 1 gelesen haben.
Fließend und emotional berichtet Reed Royal aus der Ich-Perspektive, was nach Ellas Verschwinden im Royal Palace und der Astor Park School passiert. Seine Schuldgefühle, Panik und Sehnsucht kommen in etlichen Kapiteln zur Geltung. Das hätte nervig sein müssen, aber mich hat sein kühler Kopf überrascht: Der Junge denkt nach! Die Oberflächlichkeit verschwindet zu einem großen Teil. Für mich als Leser endlich mehr Niveau. Selbst als er langsam die Nerven verliert, ist es nachvollziehbar. Wie würdest du reagieren, wenn der wichtigste Mensch in deinem Leben verschwindet? Natürlich ist es immer noch ein amerikanisches Teenie-Drama und die Situation spitzt sich weiter zu. Alle drehen durch, weil die Royals nichts mehr kontrollieren oder „führen“. Die Übertreibungen dienen allerdings der Spannung und dem Erscheinen von Nebendarstellern, die nichts Gutes im Sinn haben.
Zu meinem Erstaunen kam es nach einigen Kapiteln zum Perspektivenwechsel: Ella übernahm! Und dann wieder Reed. Im schlagfertigen Wechsel erfuhr ich von ihrem verzweifelten Katz- und Mausspiel. Ella, die Reed nie wieder an sich ran lassen möchte und Reed, der sie nie aufgeben wird... Ja, es ist vorhersehbar. Aschenputtel und ihr Prinz haben sich im Märchen doch auch gefunden, oder?
Beide gehen aus dieser Erfahrung als reifere Menschen heraus. Die Gespräche werden tiefgründiger, endlich gibt es einen Zusammenhalt. Die Rettung der Familie rückt in den Vordergrund. Reeds neues Motto scheint „Ich kümmere mich darum“ zu sein und selbst Cullum Royal entwickelt sich vom desinteressierten, zu viel Alkohol trinkenden Geschäftsmann in kürzester Zeit zum Helden. Das alles hatte mir in „Paper Princess“ gefehlt.
Diese Änderung tut der einfachen Lesbarkeit keinen Abbruch. Es gibt immer noch ordinären Humor und sexuelle Annäherungen. Mal mit einem Augenrollen, weil es so typisch jugendlich-amerikanisch ist. Mal mit einem vor sich hin Schmachten...Die Leidenschaft der beiden Hauptdarsteller wird nicht mehr nur durch Verlangen entfacht, sondern durch bedingungslose Liebe.
Keine Angst, das vor sich hin Schmachten wird durch Gegenspieler in Form perverser Mitschüler und Cullums Verlobten unterbrochen. Wenn ein Problem gelöst ist, taucht ein neues auf. Willkommen in einer Endlos-Schleife. Langeweile, Fehlanzeige! Es passieren tatsächlich noch unvorhersehbare Dinge. Ich hätte ich mir zum Abschluss weniger Drama gewünscht, denn eine schlechte Nachricht reicht normalerweise um mich aus dem Konzept zu bringen Dementsprechend muss ich mitteilen, dass es einen gigantischen Cliffhanger gibt.
Dieses Mal werde ich mir vornehmen auch „Paper Palace – Die Verführung“ zu lesen.

Fazit: Eine Verbesserung! Mehr Niveau und Überraschungen als im vorherigen Teil warten auf Young Adult - Fans. Allerdings sollte man Band 1 gelesen haben.

Veröffentlicht am 31.07.2017

Eine passable Lektüre, die mit dem zauberhaften Element „das Buch“ spielt.

BookLess 1. Wörter durchfluten die Zeit
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„Bookless – Wörter durchfluten die Zeit“ ist das 307 seitenlange Werk der deutschen Autorin Marah Woolf. Es ist der 1. Band einer Triologie und erschien erstmals 2013.
Oetinger veröffentlichte im Frühjahr ...

„Bookless – Wörter durchfluten die Zeit“ ist das 307 seitenlange Werk der deutschen Autorin Marah Woolf. Es ist der 1. Band einer Triologie und erschien erstmals 2013.
Oetinger veröffentlichte im Frühjahr 2017 eine Neuauflage der Geschichte um Lucy Guardian und die Welt der Bücher, die unterzugehen droht. Denn die Literatur verschwindet, gerät in Vergessenheit und nur Lucy vermag sich daran zu erinnern. Sie wird urplötzlich zur Hüterin und zur einzigen Rettung dieser Schätze. Der Kampf gegen das Vergessen, ihre Liebe und die fehlenden Stücke Ihrer Vergangenheit beginnt.

Der 1. Band ist mein „erster Marah Woolf“. Ich habe die Neuauflage geschenkt bekommen und weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich es gekauft hätte. Ein Coverkauf wäre es nicht geworden. Das Bild ist recht abstrakt und meiner Meinung nach nicht einladend. Die inhaltliche Prämisse, die Liebe zu Büchern, könnte man bildlich „feiner“ ausdrücken. Das machen nur die schönen literarischen Zitate vor jedem Kapitel weg. So hinterlassen Kafka oder gar Cornelia Funke ihre Spuren in „Bookless“.
Zum Buch selbst: Zuerst erzählt der Prolog traurigerweise einen Teil des Endes, daher mein Tipp: Lasst ihn weg! Der gleiche Wortlaut kommt euch nochmals entgegen. Schade eigentlich.
Die weiteren Seiten stellen in personaler Erzählweise Lucy und ihre Mitmenschen im Detail vor. Marah Woolf hat ein Faible für die Nutzung von Adjektiven und selten genutzten Wörtern (wie „wispern“), was mir eine gute bildliche Vorstellung gegeben hat. Und jetzt kommt das Aber: Mir fehlt die Atmosphäre Londons. Das bisschen Tee trinken holt es leider nicht rein. Ich möchte mich in die kühleren Tage des düsteren oder herbstlichen Londons hineinversetzen. Leider blieb das aus und der Ausdruck „mystisch“, den die Autorin für das Buch verwendet, auch.
Nichtsdestotrotz gefällt mir der Grundsatz, dass jeder das Recht hat, sich im Universum der Bücher zu verlieren, die Geschichten zu fühlen und sich ihr Wissen anzueignen.
Genau das verkörpert die Hauptprotagonistin Lucy Guardian mit der magischen Eigenschaft Bücher als Lebewesen wahrzunehmen.
Leider passt eins nicht ganz ins Bild: Lucy stempelt es (für sich) als „normal“ ab. Sie stellt meines Erachtens viel zu spät Nachforschungen dazu an. Wie naiv kann sie nur sein?
Spannender wurde es, als der Gegenpart in Form des gutaussehenden, düsteren Nathan auftritt. Die „Badboy – hin- und hergerissen – Liebesgeschichte“ ist zwar vorhersehbar und könnte noch tiefer gehen, aber was soll´s.
Dafür sind die gemeinsamen Dialoge abwechslungsreich. So, wie sie sich in eine Diskussion hineinsteigern, so temporeich überschlugen sich die Perspektiven des Erzählers von einen auf den anderen und wieder zurück. Die Seiten lesen sich dadurch sehr schnell. Das hat die Autorin definitiv drauf.
Dementsprechend ziehen sich die Gegensätze an: Gut gegen böse, bewahren gegen stehlen. Im Endeffekt: Eine alte Rivalität, die wieder auflebt und die Entscheidung, auf welche Seite Lucy sich stellen wird.
Ich bin abgetaucht in die Welt von altmodischen Regeln, Glauben und Verschwörungstheorien. Es klingt ein wenig nach Illuminati von Dan Brown. Nur, dass Dan viel tiefer in die Materie eintaucht. Bei Marah schwimmt man dahingehend noch an der Oberfläche. Durchaus möglich, dass viele Geheimnisse erst in den nächsten Bänden gelüftet werden sollen, aber selbst die Infos, die gegeben werden, könnte man hübscher ausschmücken. Beispielweise wird die Vorstellung von den Männern des Geheimbundes erwähnt, aber dann leider kein weiteres Detail dazu. Dann kann man es auch weglassen, oder?
Der eigentliche Abschluss beinhaltet leider einen Cliffhanger, auch wenn dieser hoffnungsvoll ausgeht. Man muss also weiter lesen um wirklich abschließen zu können.
Werde ich weiterlesen? Ich weiß es noch nicht. Mir hat an vielen Stellen der Kick gefehlt und sich ehe das Buch tatsächlich als Einführung in eine Triologie, die hoffentlich noch abenteuerlicher wird.

Fazit: Das Buch ist ein mittelmäßiger 1. Band und stellt die Einführung in die Triologie dar. Menschen und Bücher stehen im Vordergrund, kein Action geladenes Abenteuer – Daher etwas für geduldige Fantasy-Leser.

Veröffentlicht am 14.07.2017

Man muss mit Eleanor erst warm werden

Ich, Eleanor Oliphant
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„Ich, Eleanor Oliphant“ ist der Debütroman der britischen Autorin Gail Honeyman und erschien 2017 im Verlagshaus Lübbe. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Einzelgängerin Eleanor, die viel zu kritisch ...

„Ich, Eleanor Oliphant“ ist der Debütroman der britischen Autorin Gail Honeyman und erschien 2017 im Verlagshaus Lübbe. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Einzelgängerin Eleanor, die viel zu kritisch und wenig gelassen mit ihrer Umwelt umgeht. Doch alles ändert sich, als sie IHN trifft und damit beginnt etwas ganz Neues. Aber dann steht sie sich selbst im Weg und nur noch die Freundschaft kann ihr noch helfen.

Das Buch fiel mir bereits in einer Vorschau von Bastei Lübbe auf. Schon allein aufgrund des farbenfrohen Covers und des Titels hätte ich mir das Buch gekauft. Leider führt das Äußere dann doch in die Irre. Das soll es wahrscheinlich auch. Denn ich rede hier nicht von einer Liebesgeschichte aller Jojo Moyes oder Cecilia Ahern. Nein! Ganz zu schweigen von einer Komödie. Es ist ein Drama mit vielen kritischen Gesichtspunkten. Nur Eleanors interessante Wahrnehmung lockert es ab und an auf.
Und damit wären wir auch schon bei der 30-jährigen Buchhalterin Eleanor Oliphant. Aus der Ich-Perspektive schildert sie uns ihre Sicht der Dinge - eine ungewöhnliche, spezielle Sicht. Ich hatte meine Schwierigkeiten mit ihr warm zu werden. Eleanor ist kein mitfühlender Mensch, sondern sozial inkompetent. Dennoch intelligent, direkt und vor allem eins: Einsam. Es weckte teils Mitleid, teils Unverständnis in mir, dass sie sich selbst für kaum existent hielt. Die Frage, ob sie je jemand vermissen würde, konnte sie nicht beantworten. Liebe? Fehlanzeige. Warum? Zum Beispiel, weil „Mummy“ ein Biest ist und Eleanors Leben bestimmt ohne überhaupt in der Nähe zu sein. Wieso lässt sie sich nur die Lebensfreude nehmen? Die Brotkrumen zu dieser Antwort werden Stück für Stück bis zum überraschenden Ende gesät!
Dazu zählt auch die Ansprache eines gesellschaftlichen Fiaskos: Depressionen und deren Folgen. Sehr detailliert und in Eleanors trockener Art beschreibt die Autorin über geplante Ausflüge in die Stille und Leere. Grausam, aber wahr: Die dazugehörigen Kapitel fallen unter die Überschrift „gute Tage“.
Im Buch folgen, Gott sei Dank, noch glückliche Momente. Zum einen gesellt sich ihr Schwarm dazu, der bei Eleanor die schockierende Naivität eines Groupies auslöst. Was übrigens nicht zum Rest von Eleanors Charakterzügen passt.
Zum anderen erscheint das komplette Gegenteil auf der Bildfläche: Ihr Kollege Raymond. Eine wirklich geniale Idee der Autorin! Traum und Realität in Form der Männer gegenüber zu stellen.
Schritt für Schritt, wenn auch teils widerstrebend, lernt Eleanor durch die Beiden die „Außenwelt“ kennen. Dabei lässt der Umgang mit Menschen und das Taktgefühl noch zu wünschen übrig. Für den Leser allerdings gibt es den ein oder anderen Schmunzler, weil Eleanors neuen Erfahrungen und Abenteuer für den „normalen“ Menschen nichts Besonderes sind, für sie aber um so mehr.
Ich bin mit Eleanor nicht nur durch „gute Tage“, sondern weiter durch „schlechte““ und „bessere Tage“ getaucht. Zum Schluss kann ich sagen, dass ich mich mit ihr angefreundet habe. Aber der Weg dahin war schwer, da ich sie manchmal schütteln und zu ihr sagen wollte: „Mädchen, das kann auch anders funktionieren“. Ihr psychischer Zustand ist schon recht starker Stoff, was es wiederum interessant und nervenaufreibend zugleich macht.

Fazit: Definitiv nichts für Lovestory-Leser. Die Einsamkeit, ihre Folgen und wie man es besser machen kann, wurden wortwörtlich in Form der Eleanor Oliphant personifiziert. Das Buch ist etwas für anspruchsvolle Leser, die Verständnis für schwierige Charakterzüge haben.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Irenes Charakter rettet den 2. Band der Reihe

Die maskierte Stadt
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Nach dem Erfolg von „Die unsichtbare Bibliothek“ erschien im August 2016 der 2. Band „Die maskierte Stadt“ im Bastei Lübbe-Verlag. Die britische Autorin Genevieve Cogman setzt erneut auf die Bibliothekarin ...

Nach dem Erfolg von „Die unsichtbare Bibliothek“ erschien im August 2016 der 2. Band „Die maskierte Stadt“ im Bastei Lübbe-Verlag. Die britische Autorin Genevieve Cogman setzt erneut auf die Bibliothekarin und Bücherjägerin Irene in der Hauptrolle. Nachdem diese nun schon einige Monate als ortsansässige Bibliothekarin in „einem“ viktorianischen London lebt, besteht ihre aktuelle Aufgabe nicht darin, ein Buch zu finden. Sondern Kai! Denn Irenes Lehrling wurde entführt. Die Spur führt, völlig unvorbereitet, in ein chaotisches Venedig...

Ich war begeistert von der unsichtbaren Bibliothek. Natürlich habe ich daher den 2. Band erworben. Das Design des Covers wurde fortgeführt. Diesmal schmückt es die Karte der Stadt Venedig, Bücher und eine Karnevalsmaske. Alles ist dezent in blau gehalten. Es wirkt geheimnisvoll.
Ich war erstaunt als ich das Buch aufschlug: Vorab gibt es Fachliteratur für Studenten der unsichtbaren Bibliothek. Dem Leser soll das wohl ein bisschen Hintergrundwissen vermitteln. Ich fand es etwas trocken, Schulbuchcharakter eben. Aber nach wenigen Seiten ging es dann doch los. Miss Cogman erzählt nicht nur aus Irenes Perspektive, nein, es gibt auch ein paar „Intermezzos“ und zum Anfang einen „Prolog“ von Kai! Überraschung gelungen.
Die Autorin erspart mir auch einen Rückblick und legt sofort los. Mit einer detaillierten Beschreibung jeder Situation, jeder Person und jeder Umgebung zaubert sie Bilder in meinen Kopf - ich bin mitten im Geschehen. Man merkt, dass vorab, zum Beispiel zur Stadt Venedig, recherchiert wurde. Dazu noch die unglaubliche Wortgewandtheit und Umgangsformen, die sich in den vielen Dialogen der Charaktere bemerkbar machten. Das macht die Cogman aus
Leider hat das über die Geschichte nicht ganz hinaus geholfen. Denn es war oft langatmig. Zunächst vergingen locker 200 Seiten bis Irene überhaupt in Venedig war. Es drehte sich nur um Kais Spur und seine Rettung aus einem, für mich, sehr theatralischen Venedig. Die Nebendarsteller sind größtenteils Elfen. Miss Cogman gab diesen vor allem den Drang zur Dramatik. Ganz ehrlich, das nervte dann doch. Fantasy hin oder her, ich mochte am 1. Band, dass die Autorin einen guten Weg zwischen Realität, Literatur, Geschichte und Fiktion gefunden hatte. Die Literatur fiel komplett weg, das Thema Bibliothek kam nicht wirklich vor. Fiktion und magische Fähigkeiten überwogen. Mir entzog sich die Logik mancher Situation, auch wenn diese dem Elfenzaubers zuzuschreiben war. Vielleicht fehlte der Autorin die ein oder andere Idee? Schade. Altbewährte Nebendarsteller wie Vale hätten mehr aushelfen können. Für mich rettete Irene das Buch! Clever und bedacht in den gefährlichsten Situationen, das kann nur sie. Anders als im vorherigen Band: Unsere Heldin ist komplett unvorbereitet in ihr Abenteuer gestartet. Was für eine Neuigkeit! Irene überrumpelt und emotional handelnd. Für sich, für Kai, nicht für die unsichtbare Bibliothek. Natürlich kommt ihr Sarkasmus zur Geltung und auch so mancher Zweifel, aber das macht die Junior-Bibliothekarin menschlicher denn je. Natürlich überwindet Irene mit der Sprache einige Gefahren. Das wollte ich auch lesen. Naja, nur nicht so oft. Manchmal habe ich gehofft, dass sie es auch mal „ohne“ schafft. Also mit Körper und Geist allein. Ich könnte schwören, dass hätte unsere Hauptprotagonistin drauf gehabt...Auch hier fehlte es wohl an Ideen.
Gegenüber unserer Heldin standen sadistisch und sich kompliziert gebende Antagonisten. Natürlich soll man die Bösen nicht mögen, aber sie sollen faszinieren! Hier waren es einfach Stereotypen, mehr nicht.
Ob man es glaubt oder nicht, zum Ende hin, geht es dann rasanter zu! Die Dinge überschlagen sich nicht gleich, aber es zieht sich nicht mehr. Es folgen so richtige Überraschungsmomente! Vielleicht liegt es auch daran, dass Elfen keine große Rolle mehr spielen, wer weiß. Ein weiterer Pluspunkt, es gibt keinen großen Cliffhanger! Die Geschichte wird abgeschlossen. Dennoch wurde nicht vergessen, einen kleinen Anreiz zu geben. Schließlich gibt es noch einen aktuellen 3. Band.

Fazit: „Die maskierte Stadt“ lebt mehr von ihrer Hauptprotagonistin und den liebevoll umschriebenen Details als von der Geschichte selbst. Das Buch könnte auch ohne Vorkenntnisse zum 1. Band gelesen werden und bildet eine in sich geschlossene Geschichte.