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Veröffentlicht am 24.06.2022

Ich bin begeistert

Die Liebenden von Bloomsbury – Virginia und die neue Zeit
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Nach dem Tod des Vaters ziehen die Geschwister Vanessa und Virginia mit ihren Brüdern in ein Haus im Londoner Stadtteil Bloomsbury. Dort möchte sich die studierte Künstlerin Vanessa mit ihrer Malerei beschäftigen, ...

Nach dem Tod des Vaters ziehen die Geschwister Vanessa und Virginia mit ihren Brüdern in ein Haus im Londoner Stadtteil Bloomsbury. Dort möchte sich die studierte Künstlerin Vanessa mit ihrer Malerei beschäftigen, während Virginia plant sich im Schreiben auszuprobieren. Doch aus der Wohngemeinschaft wird viel mehr als das. Es ergibt sich, dass das Haus ein Treffpunkt für Intellektuelle wird, die dort ihre Ideen und Gedanken austauschen. Die Schwestern genießen diese Zusammenkünfte, denn dort erleben sie Momente der Freiheit, sie werden respektiert. Doch die Gesellschaft der damaligen Zeit verlangt für Frauen die Bindung einer Ehe, in welcher diese Freiheit nicht zum Tragen kommt. Doch um für die Zukunft versorgt zu sein, wird Virginia trotzdem zu einer Heirat gedrängt.

Bisher kannte ich Virginia Woolf lediglich vom Namen her. Mit diesem Roman bot sich mir nun die Gelegenheit, einen Einblick in ihr Leben und Schaffen zu erhalten, und gleichzeitig der Atmosphäre einer vergangenen Epoche nachzuspüren. Einen ersten Kontakt dazu konnte ich gleich mit dem edlen Cover knüpfen, das im Nachhinein ausgesprochen gut zur Erzählung passte.

Mit ihrem anspruchsvollen Schreibstil spiegelte die Autorin die Energie des Lebensgefühls wider, welches die junge Gemeinschaft damals begeisterte. Vor allem gefiel mir die Sorgfalt, mit der gefühlt jedes Wort wohlüberlegt gesetzt wurde und damit viele Passagen bedeutsam, fast schon poetisch, werden ließ.

Vanessa und Virginia wurden meines Erachtens fabelhaft dargestellt. Die schwierige Dynamik zwischen den beiden nahm mich im Laufe der Handlung immer mehr gefangen, denn kaum dachte ich verstanden zu haben, wie ich deren Persönlichkeiten einzuordnen hätte, überraschte mich die eine oder andere mit einer neuen Verhaltensvariante.
Allerdings fand ich die anstößigen Gedanken und Witze der intellektuellen Gruppe eher befremdlich, was ich aber als Aufbruch in ein revolutionäres Denken und Handeln verbuche.

Glücklicherweise war es relativ leicht für mich, eine Verbindung zu den komplexen Charakteren aufzubauen, daher wurde diese Geschichte alles in allem zu einer lebendigen Lektüre. Ich dachte anfangs nicht, dass sich unter den Masken der Etikette so viel Tiefgründigkeit zeigen würde. Mehr oder weniger hatte ich während der Handlung das Gefühl den Atem anzuhalten, bis Virginia etwas unsicher begann ihre Kraft und ihr Talent zu entblättern. Als hätte die Erzählung nur auf diesen Moment gewartet, um dann alle Figuren in ihre Entwicklung loszulassen. Diese unbewusste Verflechtung fand ich wunderbar.

Ich denke Stefanie H. Martin hat hier großartige Recherchearbeit geleistet, was ich sehr wertschätze. Meiner Meinung nach ist das Buch auf verschiedenen Ebenen anspruchsvoll, was aber in keinster Weise abschrecken soll. Die Geschichte lässt sich gut lesen und wer einen Sinn für ausdrucksstarke Sätze hat, sichert sich hier sogar noch einen Bonus.
„Die Liebenden von Bloomsbury“ empfehle ich gerne weiter und ich bin schon gespannt, welche Wege Virginia in Band 2 offen stehen.

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Veröffentlicht am 09.06.2022

Ganz schön frech

Wie man sich einen Lord angelt
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Was tut man nicht alles für die Familie! Nach dem Tod ihres Vaters fühlt sich die junge Kitty Talbot für ihre Geschwister und das Landgut der Familie verantwortlich. Um ihr Einkommen zu sichern muss sie ...

Was tut man nicht alles für die Familie! Nach dem Tod ihres Vaters fühlt sich die junge Kitty Talbot für ihre Geschwister und das Landgut der Familie verantwortlich. Um ihr Einkommen zu sichern muss sie nun heiraten. Als Mr. Linfield jedoch unerwartet ihre Verlobung löst, erwacht Kittys Kampfgeist. Kurzerhand fährt sie nach London zu ihrer Tante und setzt dort ihr ganzes Geschick ein, um einen geeigneten Heiratskandidaten zu finden.

Entschlossen, zielgerichtet und klug. Das ist Kitty Talbot, die mir als Protagonistin bestimmt in Erinnerung bleiben wird! Meine Wahrnehmung für diese Figur hat im Laufe des Romans eine bemerkenswerte Entwicklung erlebt. Anfangs war mir Kitty nämlich viel zu berechnend und gerissen, später fand ich sie eindrucksvoll raffiniert und nervtötend, und zum Ende hin hatte ich sie ins Herz geschlossen. Ihre Ideen und Strategien, um einen Mann für sich zu gewinnen, empörten und amüsierten mich zugleich. Kein Wunder, dass dieser Charakter den überwiegenden Teil der Handlung einnahm. Kitty als stark zu bezeichnen, wäre wohl noch untertrieben.

Glücklicherweise wurden der Protagonistin ansprechende Nebenfiguren zur Seite gestellt, die zwar einen etwas leiseren, aber dennoch einflussreichen Stand in der Handlung hatten. Ich mochte alle, vor allem die etwas schrulligen, welche Kittys Dynamik ständig in Gang hielten.

Auf amüsante Art und Weise zeigte die Autorin aber auch die problematische Seite des Frau-Seins in der gehobenen Gesellschaft der damaligen Zeit. Anfangs fand ich dieses Thema sehr oberflächlich, doch später konnte ich die Not der Protagonistin sogar verstehen. Umso mehr freute mich die ehrliche, zarte Bande, die sich zwischen Kitty und James einschlich, womit sie unterbewusst auch die starre Förmlichkeit der Adelsgesellschaft durchbrachen.

Mit „Wie man sich einen Lord angelt“ hatte ich eine sehr unterhaltsame Lesezeit. Eine freche Geschichte, in liebenswerter Atmosphäre und mit herzerwärmenden Entwicklungen, die ich gerne und guten Gewissens weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 06.06.2022

Fantastisch

Up to Date – Drei Dates machen noch keine Liebe – oder doch?
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Siobhan, Miranda und Jane kennen sich nicht. Doch sie haben eines gemeinsam: Alle treffen sich am Valentinstag mit Joseph Carter! Doch dieser taucht bei keiner Verabredung auf. Jede für sich hat jetzt ...

Siobhan, Miranda und Jane kennen sich nicht. Doch sie haben eines gemeinsam: Alle treffen sich am Valentinstag mit Joseph Carter! Doch dieser taucht bei keiner Verabredung auf. Jede für sich hat jetzt natürlich Fragen an den Angebeteten. Aber der benimmt sich seltsam. Was ist bloß mit Joseph los?

Mit dieser Geschichte hat sich die Autorin in mein Leserherz geschlichen! Ihre außergewöhnliche Idee hat mich positiv überrascht, denn ich hatte eine völlig andere Vorstellung von diesem Roman. Hinsichtlich des Covers und des Buchteasers erwartete ich eigentlich eine freche, amüsante Liebesgeschichte, die ich in der Form zwar nicht bekam, darüber allerdings überhaupt nicht unglücklich war.

Schnell stellte mich die Erzählung vor viele Rätsel, wobei es vor allem der Protagonist Joseph in sich hatte. Ich mochte ihn, konnte seinen Charakter aber schlecht einordnen, weil sein Verhalten so unsinnig schien, vor allem in Bezug auf die drei Protagonistinnen. Im Nachhinein ein echter Clou der Autorin!

Die weiblichen Hauptfiguren Siobhan, Miranda und Jane fand ich unheimlich interessant. Sie waren so verschieden und auf unspektakuläre Weise besonders, wobei jede von ihnen ausgiebig betrachtet wurde. Tatsächlich rückte Joseph meiner Meinung nach phasenweise in den Hintergrund und ließ seinen Damen den Vortritt. In deren Geschichten versteckten sich viele Entwicklungen und Erkenntnisse, aber auch romantische Momente, was mir in Kombination sehr gut gefiel.

Ein weiterer Pluspunkt war für mich die Atmosphäre. Für mich schwang im Hintergrund stets ein wenig mysteriöse Stimmung mit, zusätzlich zu den sensibel dargestellten Lebenssituationen und Gefühlen der Protagonisten. Dabei wirkte die Geschichte nie überladen oder überdramatisiert, sondern natürlich und sehr persönlich.

Die Auflösung des Rätsels um Joseph entpuppte sich als das Sahnestück des Romans. Mit diesem Finale hatte ich so nicht gerechnet, und als alle Puzzlestücke an ihren Platz fielen, war ich ziemlich sprachlos. Ich habe mir auch das ein oder andere Tränchen verdrückt. An diesen Roman werde ich mich wohl noch lange erinnern.

Wundervolle Charaktere, bedeutsame Lebensphasen und ein Rätsel, das mich nicht loslassen wollte, beförderten „Up to Date“ zu einem Highlight meines Lesejahres. Empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Großartige Unterhaltung

Die Ladys von Somerset – Die Liebe, der widerspenstige Ambrose und ich
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London, 1807: Die belesene und theaterbegeisterte Emma gerät in finanzielle Not und muss sich daher eine Anstellung als Gesellschafterin suchen. Ihre Arbeitgeberin, Lady Darlington, erwartet Großes von ...

London, 1807: Die belesene und theaterbegeisterte Emma gerät in finanzielle Not und muss sich daher eine Anstellung als Gesellschafterin suchen. Ihre Arbeitgeberin, Lady Darlington, erwartet Großes von Emma: Sie soll ihrer Tochter Anthea Literatur-Kenntnisse übermitteln, um eine Verlobung mit Lord Livingston zu erzielen. Doch so einfach ist es nicht, denn plötzlich taucht der attraktive Ambrose Beauchamp auf, der allen anwesenden Frauen den Kopf verdreht.

Die Regency-Romance-Welt hat es mir angetan, und dafür ist zum Teil auch Julie March verantwortlich. Ihre Geschichte hob definitiv meine Laune, da Emmas turbulente Erlebnisse äußerst charmant erzählt wurden, ganz im Rahmen des damaligen Zeitgeistes. Mir wurde zu keinem Zeitpunkt langweilig, da ich die abenteuerlichen Beziehungen zwischen den Figuren und deren unfreiwillige Komik höchst amüsant fand.

Ich mochte die Bodenständigkeit und das Engagement der klugen Emma und ihre Fähigkeit mit Zuversicht und Mut durch alle Schwierigkeiten zu navigieren, und damit auch den tragischsten Momenten ein Pflaster aufzukleben. Aber auch den etwas windigen Dandy Ambrose habe ich nach und nach in mein Leserherz geschlossen. Beide Protagonisten zeigten eine vorsichtige Annäherung, die aber deutlich spürbar war und bis zum Ende eine fantastische Entwicklung enthüllte. Ich habe das gefühlsbetonte Auf und Ab der beiden mit großem Vergnügen verfolgt.

Die Geschichte präsentierte sich für mich im Großen und Ganzen überraschend vielfältig und humorvoll. Die Autorin konnte die Stimmung einzelner Szenen sehr gut festhalten. Darüber hinaus spiegelten sich die Manieren der Epoche in ihrem Schreibstil wider, ihre Wortwahl betonte die Höflichkeit und Erziehung der Gesellschaft im Roman. Alles passte perfekt.

„Die Ladys von Somerset – Die Liebe, der widerspenstige Ambrose und ich“ hat mir unterhaltsame Lesestunden beschert. Emmas Erlebnisse waren regelrechte Abenteuer, mit reizenden Figuren und einem entschlossenen Blick nach vorne. Empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 05.05.2022

Wahnsinnig gut ausgeklügelt

Freunde. Für immer.
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Auf dem College waren sie unzertrennlich. Doch die Freunde Stephanie, Maeve, Derrick, Keith und Jonathan hüten auch ein Geheimnis, das niemand erfahren darf. Jahre später trifft sich die frühere Clique ...

Auf dem College waren sie unzertrennlich. Doch die Freunde Stephanie, Maeve, Derrick, Keith und Jonathan hüten auch ein Geheimnis, das niemand erfahren darf. Jahre später trifft sich die frühere Clique für ein Wochenende in einem Ferienhaus in den Catskill Mountains, wo Derrick und Keith plötzlich verschwinden. Bald darauf findet die örtliche Polizei eine entstellte Leiche, und damit wird der Fall an Detective Julia Scutt übergeben. Julia ahnt eine Verbindung zu einem früheren Verbrechen und beschließt, die Collegefreunde einmal näher zu beleuchten.

„Freunde. Für immer.“ ist für mich das erste Buch aus der Feder von Kimberly McCreight. Das Cover ist mir gleich ins Auge gesprungen. Ich war neugierig, welche Art Thriller sich hinter diesem edlen, gepflegten Erscheinungsbild verbarg.

Im Nachhinein sehe ich dieses Buch als Glücksgriff, denn ich war ziemlich schnell von der Geschichte gebannt. Der „Thrill“ lag für mich vor allem in der Ungewissheit und der Frage, ob man einen Menschen wirklich kennt, bzw. ihn einschätzen kann. Dieser Aspekt wurde hier fantastisch in Szene gesetzt, während wiederholte Zeitsprünge im Leben der einzelnen Charaktere überraschende Begebenheiten aufdeckten.

Den Schreibstil der Autorin fand ich recht nüchtern, als stellte sie die verschiedenen Blickwinkel einfach nur vor, und überließ damit mir die Entscheidung über die Vertrauenswürdigkeit einer Figur. Das machte die Sache jedoch noch interessanter, und ich durfte fleißig mutmaßen, wer in welcher Situation wohl nicht ganz ehrlich war. Allerdings musste ich meine Meinung mehrmals ändern, weil Kimberly McCreight die wahre Persönlichkeit ihrer Protagonisten erst nach und nach entblätterte. Unheimlich spannungsgeladen aufgebaut!
Leider kam mir der Handlungsstrang bezüglich der Detective Julia etwas zu schwach daher. Hier hätte ich mir mehr Ausarbeitung gewünscht, was die Geschichte meiner Meinung nach nicht schmälerte.

Ich mochte die Idee der Story, hinter der ich anfangs gar nicht so viel Dynamik vermutete. Auch die Protagonisten sah ich erst als recht durchschaubar an. Doch die individuellen Ziele innerhalb des Beziehungsgeflechtes ließen jede Figur außerordentlich unberechenbar erscheinen. Je mehr ich las, desto weniger konnte ich das Buch aus der Hand legen. Ich war wie gefangen in meiner Neugier!

„Freunde. Für immer.“ empfehle ich gerne weiter. Wer Psychothriller mag, der kommt hier voll auf seine Kosten, denn größeres Blutvergießen sucht man hier vergeblich. Ich bin jetzt schon gespannt, was die Autorin als nächstes für uns auf Lager hat.

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