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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.06.2017

Familiengeschichte im Zeitraffer

Mit jedem Jahr
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Als Harvey sechs ist verunglücken ihre Eltern tödlich bei einem Autounfall. Ihr einziger Verwandter ist Jason, der Bruder ihres Vaters. Dieser war bereits im Gefängnis, weil er jemanden halbtot geprügelt ...

Als Harvey sechs ist verunglücken ihre Eltern tödlich bei einem Autounfall. Ihr einziger Verwandter ist Jason, der Bruder ihres Vaters. Dieser war bereits im Gefängnis, weil er jemanden halbtot geprügelt hat. Er trank zu oft und zu viel, verlor bei einem Unfall ein Bein und hat seine Aggressionen nicht unter Kontrolle. Harveys Mutter hatte daher - und nicht nur aus diesem Grund -
entschieden, dass jeglicher Kontakt mit ihm zu unterbleiben hat.
Eine Sozialarbeiterin, die sich mit der Akte "Harvey" auseinandersetzen muss, setzt jedoch einiges daran, dass das Kind zu seinem Onkel kommt. Dessen Lebensumstände sind nicht gerade ideal für ein kleines Kind, doch mit viel Engagement erreicht sie, was sie sich vorgenommen hat.
Von Beginn an ist Jason gewillt, sein Leben in den Griff zu bekommen, allem voran seinen Jähzorn. Dem Alkohol hat er schon zuvor abgeschworen.

Das Buch beginnt mit 3 einleitenden Kapiteln, als Harveys Leben noch in Ordnung war. Das eigentliche Buch spielt 20 Jahre später, als Harvey längst erwachsen ist und inzwischen in Paris arbeitet. Jason kommt zu Besuch aus den USA und sie hat ein Vatertagspaket gepackt, mit mehreren kleinen, bedeutungsvollen Päckchen, von denen er täglich eines öffnen soll.
Es erzählt also immer wieder in passenden Rückblicken, wie sie zu ihrem Dad (Jason) kam und welche besonderen Ereignisse sie in den vergangenen 20 Jahren näher brachten. Die verschiedenen Zeitebenen wechseln entsprechend oft, doch hatte ich eigentlich nie Probleme mit der zeitlichen Orientierung.

Diese Herangehensweise fand ich tatsächlich sehr interessant, zumal sie mir schon zu Anfang versicherte, dass alles gut gelingen wird. Dankenswerter Weise wird recht sachlich berichtet - nicht ohne ab und an auf die Gefühlswelt der Protagonisten einzugehen. Bewegend fand ich die Momente, in denen das Kind seinem Alter gemäße Fragen stellte oder Schlussfolgerungen zog - absolut realistisch und manchmal entwaffnend, wenn man selbst Kinder hat und sich an dieses Alter erinnert.
Die Schreibweise ist sehr gut zu lesen. Angenehm unaufgeregt, auch wenn es inhaltlich schon einmal härter zugeht. Man fühlt sich wie ein Beobachter den es einfach interessiert, wie sich das alles entwickeln konnte.

Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen und ich kann es wärmstens empfehlen.

Achtung: Spoiler!
Zum Ende des Buches wird so einiges klarer, was mir zunächst nicht einleuchtete, nämlich warum die Sozialarbeiterin Wanda unermüdlich alles daran setzt, dass Harvey ausgerechnet zu jemandem mit einem Vorleben wie Jason kommt. Das empfand ich als total unrealistisch und ich bin dem Autor dankbar, dass er mir dieses Mysterium entschlüsselt hat.
Ich denke nicht, dass es sich beim Ende der Story um einen unrealistischen "Zufall" handelt, sondern dass Wanda sehr wohl darüber informiert war - daher rührte auch ihr Engagement. Auch Harveys Eltern war der Umstand bewusst. Das wird klar, wenn man sich einige Stellen zu Beginn des Buches noch einmal in Erinnerung ruft.
Lediglich Jason wusste von gar nichts und ich hätte ihm so gewünscht, dass er es auch erfahren würde. Aber zum Glück ist er ja nur eine Romangestalt.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Leider nicht ganz wie erwartet

Washington Black
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Washington Black wächst als Sklavenjunge auf einer Plantage auf Barbados auf und erzählt in diesem Buch von seinem Leben von 1830-1836. Der Verwalter der Plantage ist ein brutaler Master, der weder mit ...

Washington Black wächst als Sklavenjunge auf einer Plantage auf Barbados auf und erzählt in diesem Buch von seinem Leben von 1830-1836. Der Verwalter der Plantage ist ein brutaler Master, der weder mit Folter noch Hinrichtungen Probleme hat. Auch, wenn sie lediglich zur Machtdemonstration bzw. als Drohgebärde dienen. Als der Bruder des Verwalters auf der Plantage eintrifft, erbittet er sich die Arbeitskraft des kleinen Wash als Gehilfen, was ihm auch gewährt wird. Ab da hat Wash es deutlich besser als die allermeisten Sklaven der Plantage. Titch - so der Rufname des Bruders - behandelt ihn ausgesprochen gut und sorgt auch wirklich gut für ihn. Er ist dabei, eine Art Luftschiff zu bauen, das an einen steuerbaren Heißluftballon erinnert. Als ein schreckliches Ereignis Wash in Lebensgefahr bringt, beschließt Titch mit ihm in dem Luftschiff von der Insel zu fliehen.

Die Flucht gelingt natürlich, wenn auch nicht sehr lange in eben jenem Luftschiff, und treibt die beiden ungleichen Protagonisten zu einigen Winkeln der Erde. Verfolgt werden sie vom Hass des Plantagenbesitzers, der ein Lösegeld auf die Ergreifung seines Sklaven ausgesetzt hat, was Kopfgeldjäger auf seine Spur setzt. Von der Reisegeschichte werde ich nichts genaueres berichten, denn das nimmt nur die Spannung während der Lektüre.

Der Schreibstil ist einfach toll! Ich habe trotz einiger Story-Schwachpunkte dieses Buch einfach verschlungen und immer voll Ungeduld darauf gewartet, endlich weiterlesen zu dürfen. Das macht viele Ungereimtheiten und Schwächen wett. Wer Spaß an einem unterhaltsamen Abenteuerroman hat, der wird hier gut bedient. Durch den ersten Abschnitt, der sich verstärkt mit der Sklaverei beschäftigt, hat es durchaus einen gehobenen Stellenwert. Alle Folgeabschnitte hingegen sind eher Coming of Age Abenteuerroman. Nicht vom Stil her, aber vom Inhalt. Dass dieser Roman an Jules Verne erinnert, kann ich nachvollziehen. Auch da kam es nicht darauf an, wie realistisch die Geschichte war, sondern nur wie mitreißend.

Leider gibt es viele Zufälle in diesem Buch, die in der Masse etwas unrealistisch sind. Auch bleibt vieles im Unklaren. Charaktere, die sich im Buch entwickeln, verschwinden einfach auf Nimmerwiedersehen und finden nicht einmal gegen Ende des Buches auch nur Erwähnung. Obwohl manche Rolle den Lesenden so erreichte, dass man einfach wissen will, was aus ihm geworden ist. Da holt einen der größte Nachteil der Ich-Erzählung ein. Man kann immer nur sehen und hören, was der Protagonist erlebt. Der Rest bleibt im Dunkeln. Aber es gäbe sicherlich genügend Tricks, diesen Punkt zu umgehen und die Leute nicht so enttäuscht zurück zu lassen.

Das Buch erfuhr vor dem hiesigen Erscheinen im englischsprachigen Raum viel Lob und wurde sogar Buch des Jahres. Das weckte natürlich Hoffnungen auf eine großartige Lektüre, die es leider nicht erfüllen konnte. M. E. verzettelt sich die Autorin etwas in der Geschichte. Was vielversprechend beginnt auf der Plantage im Sklavenalltag, verweilt nach der Flucht über weite Teile in einer etwas fadenscheinigen Abenteuer-Geschichte. Zuviel scheint nicht durchdacht bzw. geradezu unrealistisch (und damit meine ich definitiv nicht den Wolkenkutter). Man bekommt im Verlauf der Story immer mehr das Gefühl, es werden ungehobelte Bauklötze aufeinander geschichtet, nur um den Zweck zu heiligen, einen möglichst hohen Turm zu errichten, egal wie krumm und schief er am Ende dasteht. Und mit ungehobelt meine ich nicht die Schreibweise, die wirklich hervorragend ist. Nur ihretwegen konnte mich der Roman bis zum Ende fesseln.

Leider verzettelt sich die Story in Nebenschauplätzen, an denen quasi nichts passiert und alles nur so vor sich hin dümpelt, bis wieder einer der grandiosen Zufälle eintritt und sie in die nächste Richtung schubst. Der Teil auf der Plantage zeugt von Aufklärungsbereitschaft. Der Lesende erfährt viel über das Leben und Leiden der schwarzen Bevölkerung als Sklaven und auch über die Allmacht der weißen Herrschaft. Aber genügt dieser Ansatz im vielleicht ersten Viertel des Buches, es über den grünen Klee zu loben? Reicht der Beginn auf einer Sklavenplantage aus für ein Buch des Jahres? Denn was dann folgt erfüllt in meinen Augen kaum irgendeinen Anspruch sondern dient nur dem Fortkommen der teils abenteuerlichen Geschichte, die auf ein Finale zuzusteuern scheint, das am Ende gar nicht wie erwartet stattfindet. Das Ende ernüchtert auch den noch so begeistert Lesenden und lässt zumindest mich mit einigen Fragezeichen zur gelesenen Handlung zurück. Es erscheint fast so, als hätte die Autorin gewisse Punkte abarbeiten wollen, aber dann während des Schreibens vollkommen den Überblick verloren, wie sie all diese Punkte miteinander sinnbringend verknüpft bekommt.

Gestört hat mich definitiv, dass mit der Buchbeschreibung und dem Cover eine völlig falsche Erwartung an den Roman geweckt wird. Die gestellte Frage, was Freiheit bedeutet, wurde m. E. nicht beantwortet und bei mir nicht einmal im Ansatz aufgeworfen - so leid es mir tut.

Fazit: Durchaus unterhaltsames Abenteuer-Buch mit Ansätzen zur Rassismus-Problematik, das an Underground Railroad in dieser Hinsicht bei Weitem nicht heran reicht.

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Veröffentlicht am 23.06.2017

Informativ und zeitnah

Jetzt bin ich hier
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Es handelt sich hier um eine Anthologie mit dem Kernthema Migrant bzw. Flüchtling. Ein Thema, wie es aktueller nicht sein kann in der heutigen Zeit. Sehr viele Flüchtlinge/Migranten haben Texte, Gedichte ...

Es handelt sich hier um eine Anthologie mit dem Kernthema Migrant bzw. Flüchtling. Ein Thema, wie es aktueller nicht sein kann in der heutigen Zeit. Sehr viele Flüchtlinge/Migranten haben Texte, Gedichte und Bilder zu diesem Buch beigetragen. Sie handeln nicht alle von der Flucht oder der ersten Zeit in der BRD, sondern eine Reihe auch von der Zeit vor der Flucht oder ihrer Kindheit.

Die Texte haben mir allesamt gut gefallen, da sie einen kleinen Einblick geben in das Leben eines Migranten. Die Geschichten von Sasha Naydenova Kartchev ragten schon deutlich aus den übrigen Erzählungen heraus. Ich fand sie wirklich ganz ausgezeichnet, auch wenn sie nicht eigene Erlebnisse schilderten. Dafür waren sie sehr ausdruchsstark und haben mich regelrecht mitgenommen, was bei den übrigen Erzählungen eher nicht der Fall war. Da war es mehr eine Informationsaufnahme, aber mitgegangen bin ich nicht wirklich.

Leider waren auch sehr, sehr viele Gedichte enthalten, mit denen ich aber auch wirklich überhaupt nichts anfangen konnte. Ich habe sie schlicht überblättert. Auch auf die Bilder hätte ich gerne verzichtet und statt dessen mehr Erzählungen gelesen (z. B. von Kartchev . Dennoch denke ich, dass sicher etliche Leser die Abwechslung mit Bildern und Gedichten genießen werden.

Insgesamt ein lohnenswertes Buch, weil es uns die Gefühls- und Gedankenwelt vor allem der Flüchtlinge doch näher bringt. Leider wird es vermutlich ohnehin von Leuten gelesen werden, die diesen gegenüber eh offener eingestellt sind. Trotzdem: Es lohnt sich!

Veröffentlicht am 23.06.2017

Sehr gemischt

Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte
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Anfang der 70er Jahre: Byron und James sind 11 Jahre alt und richtig gute Freunde, auch wenn James Eltern das aufgrund eines unglücklichen Vorkommnisses nicht gerne sehen. Byrons Mutter ist etwas "anders" ...

Anfang der 70er Jahre: Byron und James sind 11 Jahre alt und richtig gute Freunde, auch wenn James Eltern das aufgrund eines unglücklichen Vorkommnisses nicht gerne sehen. Byrons Mutter ist etwas "anders" als die übrigen Mütter ihrer Schule, auch wenn sie sich große Mühe gibt, in deren Fahrwasser mitzuschwimmen. Aus Gründen der Kalendergenauigkeit werden der Weltzeit 2 Sekunden zugefügt. Beide Jungen grübeln darüber, wo diese Sekunden herkommen, wann sie eingefügt werden und was sie wohl bewirken werden. Da geschieht ein Unfall: Byrons Mutter fährt im Nebel ein kleines Mädchen auf einem Fahrrad leicht an, ohne es mitzubekommen. Nur Byron sieht das Mädchen am Boden liegen, verschweigt dies jedoch, um seine Mutter nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Er ist sicher, dass just in dem Moment des Unfalls seine Uhr für 2 Sekunden angehalten hat und er steigert sich in diese fixe Idee immer mehr hinein. Er gibt diesem Zeit-Phänomen die Schuld und schweigt dementsprechend anhaltend über das Geschehen. Gemeinsam mit James startet er Überlegungen und Forschungen darüber, wer das Kind war und warum nirgends etwas darüber berichtet wurde.



Das Buch spielt in 2 Zeitebenen: zum einen in der Zeit der damaligen Geschehnisse, zum anderen in der jetzigen Zeit mit dem Protagonisten Jim, der seit seiner Kindheit immer wieder in einer psychiatrischen Klinik untergebracht war und dort tlw. mit Elektroschocks behandelt wurde. Diese Ebenen wechseln sich ständig ab mit jedem Kapitel.

Der Schreibstil war hervorragend! Hätte mir der Stil nicht so gelegen, hätte ich es sicher nach der Hälfte weggelegt, denn mit der Story an sich hatte ich ernsthafte Probleme. Das liegt nicht etwa an Byrons Vater, der ein unmöglicher Typ und in meinen Augen auch ein echter Familien-Tyrann war. Zum Glück jedoch war er während der Arbeitswoche nicht zu Hause, sondern arbeitete in einer anderen Stadt und kam immer erst am Wochenende zu seiner Familie. Dann war aber auch alles vorgeschrieben:

Seine Frau hatte pünktlichst am Bahnhof zu stehen um ihn abzuholen, mit 2 adretten, braven Kindern, versteht sich.
Seine Frau hatte die Kleidung zu tragen, die er ihr geschenkt hatte und die ihm gefiel.
Das Haus hatte gepflegt und ordentlich zu sein, genau wie der Garten.
Seine Frau hatte Bericht zu erstatten, was wer unternommen hatte die Woche über und wie die übrigen Frauen doch neidisch sind auf ihren Jaguar, den er ihr kurz zuvor gekauft hat (um die Nachbarn und anderen Eltern neidisch zu machen - aus keinem anderen Grund!).
War irgendetwas nicht nach seinen Vorstellungen, dann fuhr er entrüstet vorzeitig zurück - nachdem er sie noch im Schlafzimmer richtig hergenommen hatte.
Aber damit kann ich umgehen. So sind eben manche Untypen in Büchern gestrickt und das macht ja auch irgendwie die Würze aus. Aber mit der Frau kam ich überhaupt nicht klar, die ja eigentlich den positiven Part stellen sollte in dieser Verbindung. Leider fällt es etwas schwer, darüber zu schreiben, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Daher werde ich diese Rezi als erste mit einem Spoiler kennzeichnen.

Irgendwann gesteht Byron seiner Mutter den Unfall und diese forscht nun ihrerseits nach, wer wohl das Kind gewesen sein könnte und was sie ihm wohl Schlimmes angetan hat bei dem Unfall. Gemeinsam fährt sie mit Byron zu der betreffenden Familie, die in einer Art Armenviertel wohnt. Es stellt sich heraus, dass das Mädchen lediglich eine Schramme hatte und sie selbst gar nichts von einem Autounfall gewusst hatten. Da Byrons Mutter ein sehr schlechtes Gewissen plagt - der Unfall ist immerhin schon einige Wochen her - geht sie ins nächste Kaufhaus und kauft einige Sachen für die arme Familie. Mit der Zeit sieht deren Mutter hingegen ihre große Chance kommen. Sie nutzt das schlechte Gewissen schamlos aus, lässt sich beschenken und plötzlich hat das Mädel so sehr unter der Verletzung zu leiden, dass sie kaum noch das Knie bewegen kann. Es wird ein großes Pflaster auf das Knie geklebt, das angeblich dann doch genäht wurde, da es so schlecht verheilte. Je schlimmer sich die Verletzung entwickelt (irgendwann kann sie angeblich das Knie gar nicht mehr anwinkeln und wird es vermutlich auch nie mehr können), desto mehr lässt sich Byrons Mutter ausnehmen. Fast täglich kommt nun Mutter - oft nebst Tochter - in Byrons Haus zu Besuch, lässt sich dort beköstigen und verwöhnen und lässt auch noch einiges verschwinden.

Diese für mich total unrealistische Trotteligkeit der Mutter ist für mich absolut unglaubwürdig. Sogar die beiden Kinder Byron und James ahnen, was da vor sich geht. Mir ging das dermaßen auf die Nerven, dass ich wirklich nur dankbar war für jedes folgende Kapitel mit dem abgedrehten Jim, der unter argen Zwangshandlungen leidet und noch ärgere Probleme im Umgang mit Menschen hat. Dieser Handlungsstrang hielt mich am Buch - sonst hätte ich vermutlich aufgegeben, da es für mich tatsächlich schwer erträglich war, von dieser Mutter weiter zu lesen. Byron hingegen wirkte auf mich regelrecht zu erwachsen. Er musste teilweise irgendwann für die Mutter mitdenken, was mir auch etwas zu weit ging bei einem 11jährigen.

Nichts desto trotz hat es mir nicht leid getan, das Buch gelesen zu haben, denn wie gesagt: der Schreibstil ist spitze!
....und das Ende doch recht überraschend.

In jedem Fall ist es ein besonderes Buch und ich kann es auch wärmstens empfehlen, wenn der Leser nicht so empfindlich auf unlogische Protagonisten reagiert.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Man muss sich daran gewöhnen...

Ein Bär im Betstuhl
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Dies war mein erstes Buch von Arto Paasilinna. Hier kurz die Beschreibung des Verlages:

Pfarrer Oskari Huuskonen ist sauer. Sein Gottesdienst wird durch einen Stromausfall unterbrochen. Schuld daran ist ...

Dies war mein erstes Buch von Arto Paasilinna. Hier kurz die Beschreibung des Verlages:

Pfarrer Oskari Huuskonen ist sauer. Sein Gottesdienst wird durch einen Stromausfall unterbrochen. Schuld daran ist der tragische Tod der Dorfköchin Astrid Sahari. Sie war in Panik vor einer wild gewordenen Bärenmutter auf einen Strommast geflüchtet und dort zusammen mit dem grimmigen Tier verglüht. Die zwei aufgeweckten Bären-Jungen, die die Bärin hinterlässt, stellen die Dorfgemeinde vor ein Problem. Doch bald ist für eines ein Platz im Tierpark gefunden - und das andere schenkt man kurzerhand Pfarrer Huuskonen zum runden Geburtstag ...

Was sich in der Kurzbeschreibung schon recht skurril liest, ist im Buch noch deutlich skurriler! Der Autor versteht es, die Handlung zu Anfang immer verrückter werden zu lassen, bis ihm gegen Mitte des Buches irgendwie die Luft ausgeht. Dann zieht es sich leider etwas dahin und ich hatte manchmal Mühe, einigermaßen bei der Stange zu bleiben.

Das Buch beschreibt, was Oskari Huuskonen so alles mit seinem Bären erlebt, bzw. eher, wie er sich mit seinem Bären entwickelt. Denn eigentlich spielt der Bär nur eine Nebenrolle. Oskari ist der Kern des Buches. Er zweifelt an seinem Glauben und an seinem bisherigen Leben. Er gerät dank seines Begleiters in mancherlei verrückte Situation und muss sich manches Mal an Weggabelungen seines Lebens entscheiden, wie es weitergehen soll.

Leider waren viele der Situationen so unrealistisch, dass der Ernst, der oft hinter den Verrücktheiten steckte, irgendwie unterzugehen drohte. Man muss sich schon selbst immer wieder daran erinnern, dass ja irgendwo etwas Wahres an den Gedankengängen Oskaris ist und dass alles einen gewissen Sinn ergibt - wenn man sich den Bären wegdenkt.

Fazit: Es unterhält einen mit Einschränkungen recht gut, wenn man sich darauf einlässt. Ich werde dem Autor definitiv eine weitere Chance geben und der wunderbare Massenselbstmord liegt schon auf meinem SUB.