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Veröffentlicht am 22.05.2022

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Lonely Heart
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Lange, lange hat es gedauert, bis nun mit „Lonely Heart“ wieder ein Buch von Mona Kasten erschienen ist. Natürlich ist das Verständnis groß, dass nach den riesigen Erfolgen, die sie mit ihren NA-Reihen ...

Lange, lange hat es gedauert, bis nun mit „Lonely Heart“ wieder ein Buch von Mona Kasten erschienen ist. Natürlich ist das Verständnis groß, dass nach den riesigen Erfolgen, die sie mit ihren NA-Reihen feiern durfte, vielleicht auch ein kreatives Loch folgte und finde es daher gut, dass auch nicht zwanghaft ein neues Werk geschrieben werden musste, bis es dann plötzlich bei „Lonely Heart“ wieder Klick machte. Deswegen war meine Lust auf dieses neue Buch, das die Scarlet Luck-Reihe einläutet, auch immens groß.

Zunächst finde ich es super, dass bei „Lonely Heart“ auch der Trend zu beobachten ist, sich von High School und College zu lösen, um auch abseits davon Geschichten zu erzählen. Das war nun jahrelang doch wirklich das Must-Have in diesem Genre und ich habe mich auch nie beschwert, aber je mehr ich andere Geschichten aus diesem Genre lese, die sich auch abseits davon eine Nische schaffen, desto mehr weiß ich die Abwechslung zu schätzen. Mona Kasten hat zudem eine interessante Mischung gefunden. Denn Adam als Teil der Band Scarlet Luck erinnert ein wenig an eine klassische Rockstar-Romance, während Rosie mit ihrem Dasein als Webradio-Moderatorin die moderne Arbeitswelt verkörpert, verbunden mit Social Media und auch ein wenig Influencer-Dasein, was mich wiederum an die Richtung erinnert, die auch Anabelle Stehl mit ihrer neuen Reihe eingeschlagen hat. Diese Welten lassen sich hier auch wirklich wunderbar miteinander verweben, denn die Band ist eben zu Gast bei Rosie und dann wiederum teilen sie auch die Welt Social Media, weil sie dort beide eine Präsenz brauchen, die ihr Job verlangt.

Rosie war mir als Protagonistin gleich ungeheuer sympathisch, denn ihre ganze Art, ihren Job auszuführen, ihre Leidenschaft, ihr Anspruch, den Gästen das Gefühl zu geben, wirklich gehört zu werden, all das hat mich wirklich sehr begeistert, weil sofort ein Funke übergesprungen ist. Dazu finde ich auch ihre Geschichte mit der Trauer um die Mutter und die distanzierte Beziehung zum Vater wirklich interessant. Adam ist als Figur etwas schwieriger zu packen, zumal ich es auch seltsam fand, dass er auf dem Klappentext konsequent bei seinem Geburtsnamen benannt wurde, während es in der Geschichte selbst fast ausschließlich bei Beast geblieben ist, was ich durchaus etwas seltsam als Name finde. Als Künstlernamen völlig okay, aber gerade, als die Beziehung zwischen ihm und Rosie dann wirklich immer intensiver wurde, war es doch manchmal etwas störend. Aber zurück zu Adam (und ja, ich fühle mich wohler so, ihn so zu nennen), denn es ist ja sofort zu merken, dass wir es mit einem schwer traumatisierten jungen Mann zu tun haben, der wirklich schaurige Dämonen hat, die ihm nachjagen. Speziell sein permanenter Alkoholkonsum ist aber nichts, was ihn sofort sympathisch macht. Es ist sicherlich zu verstehen, aber es ist natürlich schade, ihn so zu erleben und dass er sich nicht anders zu helfen weiß. Dementsprechend war meine Symapthiewaage zunächst deutlich ausgeschlagen, denn Rosie trägt die Geschichte, auch wenn sie natürlich ebenfalls ihre traurigen und selbstzweifelnden Momente hat, aber Adams Kapitel waren definitiv harte Kost zwischendurch.

Das wiederum verlangt aber ein Kompliment für Mona Kasten, denn Adam so ausführlich traumatisiert darzustellen, ist nicht einfach zum Schreiben und verlangt auch viel Fingerspitzengefühl, um das zu transportieren und das ist definitiv gelungen. Insgesamt ist es auch gut, dass die Geschichte langsam und dadurch intensiv erzählt ist, denn gerade solche Traumata lassen sich nicht sofort überwinden und in diesem Sinne ist es gut, für diese Geschichte nichts zu überstürzen. Dazu passt es dann auch wunderbar, dass Kasten sich für eine etwas andere Erzählweise entschieden hat. Normalerweise verlange ich immer, dass das Protagonistenpärchen viel miteinander agiert, aber das ist bei Rosie und Adam im logischen Maße nicht ganz einfach gewesen, deswegen sind clevere Situationen gefunden worden, um die beiden zueinander zu bringen, aber es passte auch, dass die zweite Hälfte fast nur Fernbeziehung war. Zwar war es dadurch anteilig sehr viele Nachrichten, statt wirkliche Geschichte, aber gleichzeitig hat es die Geschichte auch modern gemacht und ich finde es beachtlich, dass auch über die Ferne die Chemie aufrechterhalten wurde und im Grunde ja auch intensiviert werden konnte. Weiterhin ist es super, dass beide Figuren sehr berechtigt behandelt werden. Wir erleben beide in ihrem Alltag, wir begleiten Rosie als Moderatorin, wir begleiten Adam auf Tour und wie er sich bei den Konzerten fühlt und das sorgt dafür, dass man sich bei beiden mitgenommen fühlt. Und ganz von alleine wächst dann die Bindung zu Adam auch mehr. Nun ist für den zweiten Band natürlich die große Frage, was genau hat Adam erlebt. So richtig kann ich mir noch keinen Reim machen, wie es genau abgelaufen ist und es wird extrem herausfordernd, wie die beiden eine wirklich körperliche Beziehung führen können, aber beides klingt vielversprechend, weswegen ich mich sehr auf den zweiten Band freue.

Fazit: Es war gut, dass sich Mona Kasten hin zu „Lonely Heart“ Zeit gelassen hat, denn es ist ein wirklich gut gelungener Auftakt mit für sie neuen Wegen. Alles etwas moderner, aber dennoch sofort als etwas von ihr zu erkennen. Dazu bietet Adam wirklich viel Dramatik, die gut angepackt wird und die beiden zusammen haben eine ungewöhnliche Geschichte, die aber auch völlig anders funktioniert. Band 2 darf da gerne ganz schnell kommen.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Überraschend gute Paarung

The Brooklyn Years - Wenn wir es wagen
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Seit der True Noth-Reihe von Sarina Bowen, die mich mit allen Fasern sehr berührt hat, bin ich immer ein wenig auf der Suche nach diesem besonderen Gefühl in ihren neuen Reihen. So richtig durchgängig ...

Seit der True Noth-Reihe von Sarina Bowen, die mich mit allen Fasern sehr berührt hat, bin ich immer ein wenig auf der Suche nach diesem besonderen Gefühl in ihren neuen Reihen. So richtig durchgängig finde ich es leider nie, aber dann gibt es doch so Einzelbände, wo wieder ein bestimmtes Wohlgefühl entsteht und das ist sicherlich auch bei dem fünften Band der Brooklyn-Years-Reihe, „Wenn wir es wagen“, der Fall, was für mich doch etwas überraschend kam, denn gerade die erwachsene Eishockey-Reihe ist bislang mein größtes Sorgenkind und die Geschichte rund um Castro und Heidi hatte mich im Vorfeld nicht heiß machen können.

Heidi war aber wirklich eine sehr, sehr positive Überraschung, denn ich mochte ihre Persönlichkeit und die ganzen Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten. Der Beginn war noch etwas holprig, denn die Art und Weise, wie sie hinter Castro so offensiv her war, wirkte erst etwas verzweifelt, aber gerade nach der Szene, wo er es gentleman-like nicht ausnutzt, ist dann gleich so ein besonderer Funken entstanden. Denn sie kommt zwar aus wohlhabendem Hause, ihr könnte alles zu Füßen liegen, aber sie steht auf eigenen Beinen und ist sich für nichts zu schade. Wie sie einen kruden Job nach dem anderen ausfüllte und dabei dennoch stets darauf aus war, ihr Ding auf ihre Weise durchzuziehen, das war schon beeindruckend, aber auch ihre Gabe, allem einen eigenen Stempel aufzudrücken und direkt neue Ideen zu entwickeln, weil ihr nichts peinlich oder dergleichen war, das musste mich einfach begeistern, auch wenn ich privat von einer Figur wie ihr wohl eher überfordert wäre, aber in dieser fiktiven Welt war es einfach großartig, auch weil sie sich so deutlich von all den anderen Frauen abgesetzt hat, die bislang ihr Liebesglück in dieser Reihe gefunden haben.

Castro ist in dem Sinne auch ein gutes Gegenstück, denn er hat einen großen Respekt vor Frauen, sucht aber lieber den emotionalen Abstand, weil er als Jugendlicher einen schweren Verlust erlebt hat, der ihn tief geprägt hat. Heidi fordert ihn diesem Zuge auch heraus, denn auch wenn die Anziehung mehr als deutlich da ist, sie kommen sich erst auf emotionaler Ebene näher, bevor es körperlich wird und das steht beiden Figuren sehr gut, auch weil ich finde, dass ihre Liebesgeschichte wirklich ansprechend aufgebaut wurde. Hier ging nichts zu schnell, alles war genau getimed und auch die entstehenden Konflikte für beide Seiten fand ich passend und hat ihnen noch einmal neue Facetten gegeben. Das zeigt dann auch deutlich, dass beides eben sehr sensible Figuren sind und gerade am Ende die gegenseitige intensive Empathie füreinander hat der Geschichte auch etwas sehr Tiefgründiges gegeben, was für die Reihe auch kein Standard ist. In dem Sinne hat ihr Happy End definitiv herausgestanden und das hat mich sehr, sehr positiv überrascht.

Fazit: Ich hätte nicht gedacht, dass die Liebesgeschichte von Castro und Heidi mich so begeistern würde, weil beide eher unscheinbar waren, aber beide auf ihre Art etwas Besonderes hatten, was dann auch ihre gemeinsame Geschichte begeisternd gemacht hat. Nach leicht holprigem Start wirklich ein sehr gelungenes Buch aus der Reihe!

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Autorinnenstimme wird weiter geschärft

Worlds Collide
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Nachdem es bei mir schon große Begeisterung heraufbeschworen hat, als von Anabelle Stehl, die ich bereits seit ihren Blogger-Zeiten kenne, die „Away“-Reihe erschienen ist, ist natürlich die zweite Reihe ...

Nachdem es bei mir schon große Begeisterung heraufbeschworen hat, als von Anabelle Stehl, die ich bereits seit ihren Blogger-Zeiten kenne, die „Away“-Reihe erschienen ist, ist natürlich die zweite Reihe immer noch besonderer, denn da heißt es endgültig zu beweisen, dass man keine Eintagsfliege ist. Schon in der ersten Reihe ist deutlich aufgefallen, dass Stehl sich eine ganz eigene Autorinnenstimme angeeignet hat und diese schärft sich mit „Worlds Collide“ noch einmal mehr und dennoch sind die Reihen nicht miteinander zu vergleichen und das ist das zweite geforderte Talent, dass man eine Stimme hat, sich aber dennoch ständig neu erfindet.

Die „World“-Reihe spielt in der Welt der Influencer. Nun wahrlich nicht meine eigene Lebenswelt und wahrscheinlich muss ich zugeben, dass ich tendenziell eher vorurteilbehaftet bin, weil ich richtig ehrliche Stimmen da viel zu selten entdecken. Mit Anne Pätzold habe ich aber auch K-Pop entdecken dürfen und habe mich darauf einfach eingelassen und wurde belohnt. So ist es mir jetzt auch bei „Worlds Collide“ gegangen, denn es war schon faszinierend, mit Fiona und Demian hinter die Kulissen zu blicken. Zumal sie beide auch völlig unterschiedliche Teile dieser Welt darstellen, weswegen der Buchtitel auch so perfekt gewählt ist, denn es treffen wirklich zwei Menschen aufeinander, die auf einem Portal gemeinsam unterwegs sind, aber dennoch nicht unterschiedlicher darüber denken könnten. Für Fiona war Social Media eine Möglichkeit, aus ihrem Leben auszubrechen und das zu finden, worauf es im Leben wirklich ankommt. Für Demian ist es nur Mittel zum Zweck, denn eigentlich will er nur auf seinen Traum hinarbeiten, an einer besonderen Akademie für Astronomie angenommen zu werden, denn das ist, wofür er brennt. Hiermit werden dann auch die persönlichen Unterschiede zwischen Demian und Fiona verdeutlicht, denn er ist Wissenschaftler, er zerdenkt alles, Fiona ist der kreative Kopf, sie entscheidet aus dem Bauch heraus, immer ihren Instinkten folgend. Dennoch ist es keine „Frenemies“-Geschichte, denn man merkt deutlich, dass Demian dafür auch gar nicht der Typ ist. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck und als er erstmals etwas bei Fiona etwas erahnt, was er ihr aberkannt hat, da will er das wiedergutmachen.

Alleine an diesem Abschnitt dürfte man schon gemerkt haben, dass mich die Figuren an sich schon vollkommen fasziniert haben. Ich habe weder bei Fiona noch bei Demian alles mittragen können, was sie tun und was sie denken, aber das ist auch gar nicht die Aufgabe. Es ist einfach die Aufgabe, dass ich die Charaktere verstehe, mich in sie hineinversetzen will, um dann mit ihnen zu leiden. Das ist definitiv gelungen. Bei Fiona ist es natürlich vor allem ihre schwere Kindheit und besonders das Verhältnis zu ihrer Mutter, was mich als Leserin sehr mitgenommen hat. Ich fand es gut, dass hier konsequent eine toxische Beziehung inszeniert wurde, ohne am Ende ein unrealistisches Happy End zu erzwingen, denn das hätte zu dieser Geschichte nicht gepasst. Es war verdammt hart mitzuerleben, wie Fionas Mutter denkt und handelt, aber es war in sich konsequent und es war der entscheidende Teil, der Fionas Reise zu sich selbst ausgelöst hat. Bei Demian sieht es so düster gar nicht aus, weil er eine herzensgute Familie hat und dennoch hat auch er seine Dämonen, weil er den einen großen Traum hat, der ihm bislang verwehr wurde und weil er sich deswegen nicht gut genug fühlt, vor allem für seine Familie nicht. Das Schöne bei Demian ist aber, er ist jemand, der zu seinen Fehlern steht und das erkennt man sofort. Durch Fionas Perspektive wird anfangs ein feindliches Bild gezeichnet, doch das kann er mit seiner eigenen Perspektive schnell aufheben, denn es ist klar, dieser Kerl kann nichts Böses wollen. Er handelt nicht immer geschickt, vermutlich auch, weil er immer erst alles genau bedenken muss und dann die Abfahrt verpasst, aber es sind eben die Gegensätze, die hier spannend sind, weil die beiden einen Weg finden, daraus Gemeinsamkeiten zu machen und das ist es doch eigentlich, was Beziehungen zentral ausmachen sollte.

Fiona und Demian haben wahrlich keine Wirbelwind-Romanze und auch extreme Erotik wird hier nicht geboten, aber das ist auch Teil von Stehls Stil. Ihr geht es mehr um das Zwischenmenschliche, um die emotionale Ebene und das respektiere ich sehr, weil es auch Raum für die Themen schafft. Neben dem Einblick in die Welt der Influencer geht es auch um Cancel Culture, eben auch um toxische Themen und diese müssen ja erstmal so transportiert werden, damit sie mit mir als Leserin etwas machen und das ist geschafft worden. Gerade Fiona ist auch eine Figur bei Social Media, die ich mir da immer wünsche, weil man ihre ehrlichen Absichten wirklich gut nachvollziehen können. Aber es ist dennoch eine komplizierte Welt und ich bin gespannt, welche Höhen und Tiefen uns noch geboten werden. Letztlich hatte ich auch noch ein paar Fragezeichen zu einigen Kleinigkeiten, aber alles in allem hat mich das beim Lesen nicht wirklich gestört, weil die Geschichte an sich dennoch rund war.

Fazit: „Worlds Collide“ ist bislang definitiv das beste Buch von Anabelle Stehl und auch ohne Vergleiche ist es eine wirkliche Hausnummer. Hier hat es sich gelohnt, dass es so viele Seiten geworden sind, denn es wird alles schön rund und zufriedenstellend erzählt. Die Themen bekommen den Raum, den sie verdient haben und dabei bleibt es dennoch stets kurzweilig. Das Buch kann ich also wirklich nur von Herzen empfehlen, auch weil es in dem Genre New Adult sich deutlich positioniert bekommt.

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Veröffentlicht am 16.01.2022

Sarina Bowen is back!

Was ich dir bedeute - Burlington University
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Mit Sarina Bowen und ihrer True North-Reihe war es für mich Liebe auf den ersten Blick. Von da an war es mit den anderen Reihen aber immer zäher. Natürlich waren gewisse Stilelemente von ihr immer noch ...

Mit Sarina Bowen und ihrer True North-Reihe war es für mich Liebe auf den ersten Blick. Von da an war es mit den anderen Reihen aber immer zäher. Natürlich waren gewisse Stilelemente von ihr immer noch zu merken, aber vor allem das Dramatische, was mich bis in die Zehenspitze berührt, das hat gefehlt. Natürlich war meine Freude riesig, als mit Burlington University ein Spin-Off von der True North-Reihe angekündigt wurde, um auch den jungen Shipleys ihr Happy End zu gönnen. Aber „Was wir uns sehen“ war dann leider auch nicht der Brüller. Für „Was ich dir bedeute“ hatte ich dementsprechend eigentlich schon keine Erwartungen mehr und auch Rickie hatte mich erstmal überhaupt nicht überzeugen können, aber wer hätte gedacht, dass dieses Buch meine Liebe für Bowen wieder voll zurückbringen würde und dass es ausgerechnet Rickie sein würde, der danach alle Liebe dieser Welt verdient hat?

Es hat sich relativ schnell gezeigt, dass „Was ich dir bedeute“ nicht so eine oberflächliche Erzählung wie „Was wir in uns sehen“ werden würde. Rickie ist zwar ein Charmeur, immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen und von Anfang an mit unzüchtigen Gedanken, aber er hat eine wirklich düstere Geschichte zu verbergen, von der bis dato gar nichts zu erahnen war und es war wirklich extrem spannend, nach und nach mit ihm immer mehr zu entdecken. Dabei war es wirklich bewundernswert, dass er trotz der Rückschläge, trotz der Schrecken in der Nacht etc. sich seinen Wesenskern hat nie nehmen lassen. Seine Gespräche mit seiner Therapeutin waren auch ein absolutes Highlight, denn dadurch, dass er selbst anstrebt, Therapeut zu werden, sind sie sich doch auch auf einer anderen Ebene begegnet und das hat man einfach gemerkt. Bei Daphne war es aber nicht weniger interessant. Sie war die Shipley, für die bis dato nicht so viel Werbung gemacht worden war, sie war doch immer eher die Schlechtgelaunte, die, die alles ausschlägt. Dieses Wesen ist immer noch da, aber es ist doch etwas anderes, wenn man in ihrem Kopf steckt. Ich fand es auch wunderbar, dass mit Daphne nun keine wundersame Wandlung durchgemacht wurde. Sie ist immer noch mürrisch, sie hat ständig das Gefühl, etwas beweisen zu müssen und verletzt oftmals auch eher unbewusst mit ihrem Verhalten. Aber wenn man ihren Gedanken folgt, dann kann man es nachvollziehen. Daphne ist völlig in sich konsequent gestaltet worden.

Rickie und Daphne sind für mich keine Liebesgeschichte, wo es von der Anziehung her sofort geknallt hätte. Das liegt glaube ich auch daran, dass ich die beiden als Figuren für sich erstmal auf mich wirken lassen musste. Verstehen musste, wer sie als Menschen sind und was sie mir erzählen wollen. Auch wenn so ein langsames Anflackern der Liebe nicht mein Idealbild ist, so hat es mich hier wirklich nicht gesteuert. Zumal mit dem Fortgang der Geschichte auch noch eine Ebene erst ersichtlich wurde, die die beiden so unfassbar süß macht, dass ich die Beziehung der beiden mehr über die Metaebene als über die Anziehung genießen konnte. Aber für mich war ohnehin viel wichtiger an diesem Band, dass die beiden als Figuren wirklich extrem ambivalent sind, dass sie nicht nur eindimensional gestrickt sind und dass sie beide ihre Dämonen mitbringen, die erstmal angegangen und gemeinsam besiegt werden mussten. Das hat geklappt und deswegen konnte ich mit den beiden sehr, sehr gut mitfiebern.

Abschließend möchte ich auch erwähnen, dass es von der Atmosphäre her endlich wieder wie True North war. Alle Figuren der Reihe sind aufgetaucht oder sind zumindest erwähnt worden, was ein vertrautes Gefühl geschaffen hat. Und es war wirklich Familie durch und durch, was uns dort begegnet ist, das war dann der wohlige Ausdruck zu den zwischendurch doch harten Themen.

Fazit: Für mich ist Sarina Bowen endlich back! „Was ich dir bedeute“ war für mich nach längerer Durststrecke von ihr mal wieder ein echtes Highlight. Daphne und Rickie sind beide spezielle Figuren, aber gerade das hat hier den Reiz ausgemacht. Ihre Geschichten waren angemessen dramatisch und ihr Miteinander erst spät entzündend, aber dann wirklich genial. Demnach wundert euch nicht über eine rundum zufriedene Leserin.

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Aschenputtel 2.0 und doch super

Bridgerton – Wie verführt man einen Lord?
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„Wie verführt man einen Lord?“ ist bereits der dritte Streich in der Bridgerton-Reihe von Julia Quinn, die große Bekanntheit erlangt hat, weil das Produktionslabel Shondaland sich der Vorlage für eine ...

„Wie verführt man einen Lord?“ ist bereits der dritte Streich in der Bridgerton-Reihe von Julia Quinn, die große Bekanntheit erlangt hat, weil das Produktionslabel Shondaland sich der Vorlage für eine Adaption bei Streamingdienst Netflix angenommen hat. Während die ersten beiden Bände von der Art her doch sehr ähnlich aufgebaut waren, setzt sich der dritte Band erfreulich deutlich davon ab. Auch wenn gegen das bislang gewählte Muster von früher Heirat und dann erst richtige Liebesgeschichte per se nichts einzuwenden ist, so hätte ich es doch eintönig gefunden, immer nur ein Muster literarisch verarbeitet zu sehen. Dafür wurde sich für das erste Drittel aber bei etwas anderem einiges abgeguckt: Aschenputtel.

Als Protagonistin haben wir Sophie, die unehelich geboren wurde, aber von ihrem Vater nach dem Tod der Mutter wenigstens bei sich aufgenommen wurde, wenn sie auch nicht als leibliches Kind anerkannt worden ist. Das wird zum großen Problem, als Achtung die Stiefmutter mit den zwei Stiefschwester auftauchen. Während die eine Tochter, Posy, noch etwas auszunehmen ist, sich aber nur spärlich gegen den Einfluss von Mutter und Schwester wehren kann, sind die anderen beiden wirklich zwei Figuren, die man aus den Seiten streichen würde, weil sie so unerträglich sind. Als der Vater dann auch noch stirbt, fängt das Schlimmste gerade erst an. Schließlich kommt dann noch das letzte Aschenputtel-Motiv, denn Sophie schleicht sich – unterstützt vom anderen Hauspersonal – auf einen Maskenball der Bridgertons und lernt dort den zweiten Bruder, Benedict, kennen. Es ist eine wirklich schön erzählte erste Begegnung, denn man merkt, dass es wirklich Liebe auf den ersten Blick ist. Von gesellschaftlichen Standards ist da erstmal keine Spur, weswegen diese Begegnung auch so rein ist. Auch wenn gerade Sophie natürlich Geheimnisse ohne Ende hat, so begegnen sie sich dennoch charakterlich ehrlich, was diesen Moment in der Magie noch verstärkt.

Zwar kommt hinterher nicht raus, dass Sophie auf dem Ball war, aber ihre Stiefmutter findet heraus, dass sie ihre Schuhe benutzt hat und setzt sie auf die Straße. Hier beginnt nun das zweite Drittel des Buchs, das sich dann doch endgültig von der Aschenputtel-Nacherzählung löst. Nach einem zweijährigen Zeitsprung treffen Sophie und Benedict wieder aufeinander, er erkennt sie natürlich nicht, aber wo Liebe ist, da ist eben die Liebe, so dass sie sich so oder so zueinander hingezogen fühlen. Während mir bei den anderen beiden Bänden der Auslöser für die dramatische Stolperstelle des Liebesglücks immer etwas zu künstlich aufgebauscht wurde, passt hier alles wunderbar. Denn dass Sophie sich so heftig wehrt, Benedicts Mätresse zu werden, ist aus ihrer Sicht völlig nachzuvollziehen. Sie will sich nicht zu einem Leben verpflichten, das ihre Mutter schon geführt hat und dass sie als ihre Tochter letztlich ins Unglück gestürzt hat. Dadurch ergibt sich zwischen den beiden als Figuren natürlich ein stetiges Spielchen, das auch zu überzeugen weiß, denn die Chemie stimmt nach wie vor überirdisch.

Es ist auch ein toller Schachzug, dass Sophie auf Benedicts Intervention hin bei seiner Mutter Violet angestellt wird. Denn in den ersten beiden Bänden sind die Bridgertons geballt nur sehr rar zusammen aufgetreten, aber hier haben bis auf Gregory alle ihre Auftritte und gerade die Teenachmittage mit den Damen des Hauses hat ein gutes Gefühl für diese gegeben, was wir schon längst durch die Serie vermittelt bekommen haben, aber nun auch endlich in Buchform präsentiert bekommen. Hier haben die einzelnen Bestandteile also diesmal echt gut zusammengepasst. Natürlich wird der Konflikt zwischen Benedict und Sophie am Ende aufgelöst, aber der Weg dahin ist nicht einfach. Ich finde es wirklich überzeugend, wie hier die damalige Ständegesellschaft konsequent übertragen wurde.

Fazit: „Wie verführe ich einen Lord?“ ist tatsächlich bislang mein liebster Band aus der Bridgerton-Reihe. Zwar wird zunächst Aschenputtel nacherzählt, aber dennoch fand ich das charmant und doch individuell gemacht. Individualität ist sowieso ein gutes Stichwort, da Benedict und Sophies Geschichte sich deutlich von denen davor unterscheidet. Alles wirkt natürlicher und vor allem auch die Bridgertons insgesamt werden in ihrem Miteinander sympathisch dargestellt. Hätte ich mich nicht durch die Serie schon längst in sie als Familie verliebt, dann wäre das in der Buchreihe jetzt der Fall gewesen.

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