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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.07.2022

Lesenswert

Das Letzte, was du hörst
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Andreas Winkelmann gehört für mich zu den besten männlichen deutschen Thriller-Autoren, weil es ihm gelingt Spannung auch ohne überflüssige Gräueltaten und Machogehabe zu erzeugen. Auch "Das letzte, was ...

Andreas Winkelmann gehört für mich zu den besten männlichen deutschen Thriller-Autoren, weil es ihm gelingt Spannung auch ohne überflüssige Gräueltaten und Machogehabe zu erzeugen. Auch "Das letzte, was du hörst" konnte mich überzeugen. Allerdings hatte ich nach dem Klappentext ein anderes Buch erwartet.
Klappentext:
Lehn dich zurück. Höre diese Stimme. Vergiss deinen Alltag, den Job, den Ärger, die Sorgen. Vertrau dich den Worten an. Sie sind nur für dich. Aber Vorsicht: Wenn du einmal gefangen bist in dieser Welt, kommst du nicht mehr hinaus. Diese Stimme – sie ist das Letzte, was du hörst.
Sarah ist süchtig nach dem Podcast «Hörgefühlt». Die Stimme von Podcaster Marc Maria Hagen ist wie ein seidiges Kissen, seine Worte sind Trost für die Seele. Doch Sarah ahnt nicht, was hinter den Kulissen vor sich geht. Dass hinter den weichen Worten der Tod lauert.
Das Buch startet gleich sehr spannend, ist am Anfang aufgrund der zahlreichen Personen und der Rückblenden jedoch auch etwas verwirrend.
Dann geht es eine ganze Weile eher gemächlich zu und schildert in erster Linie die Ermittlungsarbeit von Kommissarin Carola Barreis und der Journalistin Roya Mayer. Beide sind mir nicht wirklich sympathisch, doch Winkelmann schildert sie überzeugend.
Erst gegen Ende legt Winkelmann wieder mehr Spuren und macht es noch einmal richtig spannend. Der Schluss ist mir dann leider doch ein wenig überzogen. Ein guter Thriller braucht meiner Meinung nach nicht unbedingt sinnlose Tote. Spannung kann auch anders aufgebaut werden.
Winkelmanns Stil ist wie immer gut lesbar, der Aufbau in großen Teilen spannend und die Handlung - auch die Auflösung - schlüssig.
Fazit: Spannender Thriller, gut geschrieben - auf jeden Fall lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.06.2022

Da ist noch Potential nach oben

Akte Nordsee - Am dunklen Wasser
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Ich bin bekennende Anhängerin von Pia Korittki und war daher sehr gespannt auf die neue Serie von Eva Almstädt. "Akte Nordsee - Am dunklen Wasser" wird ja seit dem Erscheinen vom Verlag sehr massiv beworben. ...

Ich bin bekennende Anhängerin von Pia Korittki und war daher sehr gespannt auf die neue Serie von Eva Almstädt. "Akte Nordsee - Am dunklen Wasser" wird ja seit dem Erscheinen vom Verlag sehr massiv beworben. Kann Eva Almstädt auch Nordsee, dass war für mich die große Frage.
Klappentext:
Fentje Jacobsen entspricht nicht dem klassischen Bild einer Rechtsanwältin. Sie betreibt ihre Kanzlei vom Bauernhof ihrer Großeltern in Nordfriesland aus. Dort rauben ihr die beginnende Demenz der Oma, eine renitente 14-jährige Nichte und der leichtsinnige Bruder den letzten Nerv. Als Fentje beauftragt wird, einen jungen Mann zu vertreten, der des Mordes an seiner Freundin verdächtigt wird, stößt sie auf einen alten, sehr ähnlichen Fall. Fast zeitgleich verschwinden zwei Schülerinnen aus einem nahe gelegenen Internat. Bei ihren Nachforschungen lernt sie den weltgewandten, ehrgeizigen Journalisten Niklas John kennen. Trotz unterschiedlicher Ziele beginnen sie gemeinsam zu ermitteln ...
So richtig Nordsee kann Eva Almstädt aus meiner Sicht noch nicht. Da wird in Nordfriesland ständig Ostfriesentee mit Kluntje und Sahne getrunken (den habe ich dort noch nirgends bekommen), Clara geht jeden Abend in der Nordsee baden (Mist, wenn Ebbe ist) und Eva Almstädt erfindet einen Ort, der mit dem Auto acht Minuten sowohl von St. Peter-Ording als auch von Husum entfernt ist. Und dass sind nur einige Fehler. ein wenig mehr Recherche vor Ort hätte dem Buch gut getan. So wirkte der Buch zumindest auf mich nicht authentisch.
Es ist immer schwer, mit einer neuen Reihe zu starten und so verwirrten mich auf den ersten 100 Seiten die vielen eingeführten Personen, zumal die einzelnen Abschnitte nur ein bis drei Seiten lang sind und der schnelle Wechsel bei mir nicht nur zu Verwirrung führte, sondern auch dazu, dass ich mich mit niemanden so wirklich identifizieren konnte.
Das änderte sich jedoch im Laufe des Buches. Fentje Jacobsen und Niklas John entwickeln sich langsam. Ich konnte mich immer mehr in sie hineinversetzen, obwohl ihnen noch etwas an Tiefe fehlt. Da gibt es noch Potential. Ebenso empfinde ich die Beziehung zwischen den beiden als etwas künstlich.
Nach einem etwas behäbigen Beginn nimmt die Geschichte noch Fahrt auf und wird richtig spannend.
Stilistisch hätte ich mir - wie bei den regionalen Fehlern - ein aufmerksameres Lektorat gewünscht. Es gib unnötige Wiederholungen und Bezugsfehler.
Fazit: Ich habe das Buch - bei aller Kritik - gerne gelesen. Doch für den Beginn einer neuen Reihe fand ich etwas lieblos und oberflächlich. Da ist durchaus noch Potential nach oben. Eva Almstädt kann das besser - und Fentje und Niklas haben eine Fortsetzung verdient.

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Veröffentlicht am 19.06.2022

Beginn der Mütter-Trilogie

Minna. Kopf hoch, Schultern zurück
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"Minna. Kopf hoch, Schultern zurück" ist der erste Band der Mütter-Trilogie von Felicitas Fuchs. Felicitas Fuchs ist das offene Pseudonym von Carla Berling, die in dieser Buchreihe auch ihre Familiengeschichte ...

"Minna. Kopf hoch, Schultern zurück" ist der erste Band der Mütter-Trilogie von Felicitas Fuchs. Felicitas Fuchs ist das offene Pseudonym von Carla Berling, die in dieser Buchreihe auch ihre Familiengeschichte verarbeitet.
Klappentext:
Düsseldorf 1924. Die junge Schneiderin Minna stammt aus einfachen Verhältnissen und kommt mit großen Hoffnungen in die mondäne Stadt. Sie will glücklich werden, sich aus der Armut befreien und eine Familie gründen. Als sie sich in den wohlhabenden Fred verliebt, scheinen sich alle Wünsche zu erfüllen. Doch ihr starker Wille und ihr Erfolg als Schneiderin stellen die Ehe immer wieder auf die Probe. In der Zeit, in der sie lebt, gibt es kein Verständnis für eine Frau, die eigene Entscheidungen trifft. Schon bald muss Minna zwischen den Konventionen und ihren Wünschen wählen, und ihre Träume scheinen in weite Ferne zu rücken. Doch Minna kämpft gegen alle Widerstände um ihr Glück.
Minna konnte mich von Anfang an in ihren Bann ziehen. Es ist die Schilderung einer starken, unangepassten jungen Frau. Sie setzt sich gegen gesellschaftliche Zwänge durch, geht ihren eigenen Weg und ist dabei authentisch und lebensnah.
Im Laufe des Buches hat sich das für mich etwas geändert. Je älter Minna wurde, desto häufiger habe ich gedacht: Wo ist dein Schneid? Nun handle doch endlich mal! Das betrifft besonders die Zeit des Nationalsozialismus. Hier hätte ich mir von Minna mehr Reflexion gewünscht - wenigstens nach dem Krieg. Damit meine ich nicht, dass die Autorin die Familiengeschichte umschreiben soll, sondern einfach ein bisschen mehr Tiefgang.
Das Buch ist wie alle Bücher von Carla Berling sehr flüssig und routiniert geschrieben. Ab und zu blitzt mal der Humor durch, die einzelnen Figuren sind liebevoll und warmherzig gezeichnet.
Natürlich endet die Geschichte so, dass jede Leserin - ich glaube, es ist in erster Linie ein Frauenbuch - dem nächsten Band entgegenfiebert. Es ist ein nicht notwendiger Cliffhanger mit einem riesigen Zeitsprung und hat mich persönlich eher verärgert. Trotzdem werde ich den zweiten Band "Hanne. Die Leute gucken schon" (erscheint im Januar 2023) auf jeden Fall lesen und bin schon gespannt, wie es weitergeht.
Fazit: Eine wunderbare, leicht lesbare Familiengeschichte. Humorvoll und leicht geschrieben. Manchmal fehlt mir bei allen schrecklichen Ereignissen ein wenig der Tiefgang.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Ein etwas anderer Krimi

Die Schwebfliege
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Der Einstieg in "Die Schwebfliege - eine schmutzige Geschichte" von Anja Gust fiel mir etwas schwer, hatte ich doch aufgrund des Klappentextes etwas anderes erwartet.
Klappentext:
Falsche Gefühle, gestohlenes ...

Der Einstieg in "Die Schwebfliege - eine schmutzige Geschichte" von Anja Gust fiel mir etwas schwer, hatte ich doch aufgrund des Klappentextes etwas anderes erwartet.
Klappentext:
Falsche Gefühle, gestohlenes Geld und ein schockierendes Geständnis Hinnerk Thies‘ Leidenschaft gehört der Entomologie. Dass sein geruhsames Leben als Schwebfliegen-Nerd je aus den Fugen geraten könnte, ahnt er nicht – bis er eines Abends Opfer eines Trickbetrugs wird. Im Bemühen, die Fesseln dieses zwielichtigen Spiels abzuschütteln, gerät er immer tiefer in den Sumpf der Hamburger Halbwelt. Gleichermaßen abgestoßen wie angetan von deren schillernder Fassade, lernt er die Prostituierte Cindy kennen. Doch ist die ehemalige Biologiestudentin wirklich so ehrlich, wie sie sich gibt? Und welche Rolle spielt ihre Freundin Tatjana? Bald stellen Hinnerks Gefühle ihn vor die schwerste Entscheidung seines Lebens – für oder gegen sein Gewissen. »Die Schwebfliege« Ein spannender Blick auf eine Randgesellschaft, die das Tageslicht scheut.
Auch der Schreibstil der Autorin war für mich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, doch sehr schnell habe ich mich eingelesen und dann entwickelte der Text eine ganz eigene Dynamik.
Anja Gust zeigt, dass es möglich ist, Umgangssprache als Stilmittel einzusetzen. Gerade ihre Dialoge sind dadurch lebendig und authentisch. Jede Figur hat ihre eigene, individuelle Sprache.
Durch den Stil bildet Anja Gust das Milieu der Geschichte wunderbar ab und es fällt leicht, in die Geschichte einzutauchen. Dies geschieht teilweise humorvoll, dann wieder ironisch oder auch ernst.
Die Figuren sind nicht unbedingt sympathisch, es sind Menschen mit Ecken und Kanten, sie machen Fehler und haben mich als Leserin trotzdem immer wieder angerührt.
Der Mittelteil zog sich für mich etwas in die Länge und der Schluss war mir dann doch wieder ein wenig zu versöhnlich.
Das Buch ist für mich kein Krimi im eigentlichen Sinne (Krimi steht als Untertitel auf dem Cover), sondern ein spannender sozialkritischer Roman (so der Untertitel im Buch), der viele gesellschaftliche und soziale Probleme anspricht.
Fazit: Ein etwas anderer Krimi, der sich schon aufgrund des außergewöhnlichen Stils vom Krimi-Einheitsbrei abhebt. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Poetische Familiensaga mit interessantem Plott

Das Flüstern der Bäume
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Ich gebe zu, ich hatte etwas anderes erwartet, als ich "Das Flüstern der Bäume" von Michael Christie begonnen habe, eher etwas wie "Die Geschichte der Bienen" von Maja Lunde. Letztendlich hat mich das ...

Ich gebe zu, ich hatte etwas anderes erwartet, als ich "Das Flüstern der Bäume" von Michael Christie begonnen habe, eher etwas wie "Die Geschichte der Bienen" von Maja Lunde. Letztendlich hat mich das Buch überzeugt.
Klappentext:
Jacinda Greenwood weiß nichts über ihre väterliche Familie, deren Namen sie trägt. Sie arbeitet als Naturführerin auf Greenwood Island, doch die Namensgleichheit, so glaubt sie, ist reiner Zufall. Bis eines Tages ihr Ex-Verlobter vor ihr steht. Im Gepäck hat er das Tagebuch ihrer Großmutter. Jahresring für Jahresring enthüllt sich für Jacinda endlich ihre Familiengeschichte. Seit Generationen verbindet alle Greenwoods eines: der Wald. Er bietet Auskommen, ist Zuflucht und Grund für Verbrechen und Wunder, Unfälle und Entscheidungen, Opfer und Fehler. Die Folgen all dessen bestimmen nicht nur Jacindas Schicksal, sondern auch die Zukunft unserer Wälder …
Anders als der titel vermuteten lässt, handelt es sich einfach nur um eine klassische Familiensaga, wobei klassisch ernst gemeint ist. Das Buch ähnelt eher den Geschichten zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit einem sehr poetischen, geruhsamen Stil, der sich manchmal in Einzelheiten verliert. Manchmal musste ich an John Steinbeck denken oder auch an Margaret Mitchell. Die dystopischen Anleihen mit Geschichten aus dem Jahr 2038 dagegen waren für mich überflüssig und eher störend. Der Weltbau wirkte hier unfertig und undurchdacht.
Sehr gut gefallen hat mir der Aufbau nach den Jahresringen des Baumes. Erst war ist etwas skeptisch, ob es möglich ist, eine Geschichte rückwärts und anschließend wieder vorwärts zu erzählen, doch der Aufbau war fesselnd und in sich schlüssig. Die verschiedenen Handlungsstränge (2038, 2008, 1974, 1934, 1908, 1974, 2008 und 2038) sind gut ineinander verflochten und die sich aus der Länge der Zeit ergebenden unterschiedlichen Protagonisten liebevoll und nachvollziehbar gezeichnet. Nur mit Jake, mit der Zeit 2038 hatte ich so meine Schwierigkeiten. Da das buch hiermit beginnt, hätte ich es fast wieder zur Seite gelegt. Zum glück habe ich weitergelesen.
Fazit: Eine poetische Familiensaga. Aber Vorsicht: Wer eine Dystopie erwartet, wird enttäuscht. Und auch die Bäume flüstern nur im Hintergrund.

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