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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2023

Mit Charme, Witz und schönen Illustrationen

Der kleine Ritter Kackebart
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Ich war am Anfang etwas skeptisch bezüglich des Namens. Um ehrlich zu sein bin ich es immer noch etwas. Zweifellos wird es dadurch aber auch für Erwachsene unglaublich unterhaltsam. Und schließlich hat ...

Ich war am Anfang etwas skeptisch bezüglich des Namens. Um ehrlich zu sein bin ich es immer noch etwas. Zweifellos wird es dadurch aber auch für Erwachsene unglaublich unterhaltsam. Und schließlich hat unser Kleiner ja auch regelmäßig „Kacki“ in der Windel.

Das absolute Highlight dieses Buchs sind die wunderschönen Illustrationen! Die Szenen wirken wie mitten aus einem Zeichentrickfilm entnommen und sind sehr abwechslungsreich gestaltet. Teils Cartoon artig mit Sprechblasen, teils als doppelseitiges Bild, teils als mehrere Szenen pro Doppelseite…echt top!
Die Geschichte ist mit Charme und Witz erzählt, teils etwas sprunghaft in den Übergangen, aber das darf es bei einem Kinderbuch auch sein. Wir begleiten den kleinen Bauernjungen Kackebart und sein Einhorn Windelpups bei dem Versuch ihren großen Traum zu verwirklichen, Ritter zu werden. Auch wenn sie dafür zunächst gegen Vorurteile ankämpfen müssen, und er hinterfragt warum er ausgerechnet so sein muss, wie er ist. Doch am Ende stellt er glücklich fest: es ist gut, anders zu sein!

Unser Kleiner ist erst 1 Jahr alt, hatte Riesen großen Spaß die Bilder anzuschauen, mit den teils etwas längeren Texten aber etwas zu kämpfen. Mittlerweile lesen wir aber regelmäßig das komplette Buch am Stück. Besonders abends ist es hilfreich beim müde werden
Empfehlen würde ich es aber für etwas ältere Kinder.

Unser Fazit:
Die Geschichte wäre in abgewandelter Form in meinen Augen auch ohne die „Kacke“ ausgekommen und die Namen der Personen hätten teilweise etwas eingängiger sein können, aber die Illustrationen haben uns sehr gut gefallen und die Geschichte ist zweifellos sehr witzig erzählt.

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Veröffentlicht am 18.02.2023

Spannender Thriller mit verspieltem Potenzial

Der Riss
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"Man stelle sich ein Land vor, so groß wie Australien und Europa zusammen. Sonniger als Kalifornien und kälter als das Gefrierfach eines Kühlschranks. Trockener als Arabien und höher als die Schweiz. Leerer ...

"Man stelle sich ein Land vor, so groß wie Australien und Europa zusammen. Sonniger als Kalifornien und kälter als das Gefrierfach eines Kühlschranks. Trockener als Arabien und höher als die Schweiz. Leerer als die Sahara. Es gibt nur einen Ort auf der Welt, auf den diese Beschreibung zutrifft: die Antarktis - dieser fremde, aber wunderschöne Kontinent im untersten Teil der Erde."
J. M. Dukert



Zum Inhalt

Im Westen der Antarktis wurde ein großes Vulkanfeld entdeckt, dessen Aktivität das Weltklima gefährden könnte. Als der Geologe, der die Vulkane erforschen sollte, zusammen mit einem Biologen auf dem Weg dorthin spurlos verschwindet, wird die Vulkanologin Antonia Rauwolf mit dem Forschungsauftrag betraut. Doch sie ist nicht nur Wissenschaftlerin. Sie ist auch die Schwester des verschollenen Biologen und sicher, dass ihr Bruder noch am Leben sein könnte. Auf der Suche nach ihm stößt sie auf dessen brisanten Forschungsergebnisse, entdeckt gefährliches illegales Vorgehen und begibt sich in Lebensgefahr.



Meine Eindrücke:

Thilo Winter hat seinen Thriller um Antonia und Emilio Rauwolf um historische Ereignisse der Antarktis herum konstruiert. So existiert beispielsweise das noch zu erforschende Vulkanfeld mit 91 Vulkanen im Westen der Antarktis tatsächlich. In seinem Nachwort, geht der Autor noch einmal detailliert auf die realen Begebenheiten ein, die seiner Fiktion zugrunde liegen. Ein Nachwort, dass das Buch für mich noch einmal aufgewertet hat.

Die herausragende Rolle, die die Antarktis für das Weltklima spielt und die Folgen, die ein vernachlässigender Schutz ebenjener hätte, werden jedoch auch im Roman selbst gut verdeutlicht. Kritisch wird auf den wachsenden Tourismus in der Region Bezug genommen. Eindrucksvoll werden die Weite, Kälte und die natürlichen Eigenschaften der Antarktis geschildert und ein Einblick in das Leben und Arbeiten auf der deutschen Forschungsstation Neumayer III gegeben.

Letzterer spielt im ersten Drittel des Buches noch eine größere Rolle, muss dann jedoch Actionszenen im ewigen Eis weichen. Der wissenschaftliche Aspekt rückte mir persönlich leider zu sehr in den Hintergrund.
Die Spannung ist konstant hoch und fesselte mich über weite Strecken so sehr, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Geschichte war interessant, es waren von Beginn an geschickt einige Fragen offengelassen, deren Beantwortung ich entgegenfieberte. Allerdings verfiel mir die Handlung in eine Hektik, eine Aneinanderreihung von zunehmend unrealistischen Actionszenen, gepaart mit gezwungen erscheinenden Metaphern, die letztendlich dazu führten, dass der Autor mich ein wenig verlor.
Besonders die biologischen Aspekte erschienen mir nicht realistisch genug ausgearbeitet, was ich, als Biologin, sehr Schade fand.

Der Preis für die actionreiche Handlung waren die Charaktere und deren Beziehung untereinander, welche in diesem Werk in meinen Augen zu kurz kamen. Die Charaktere wirkten wenig authentisch, zwischenmenschliche Beziehungen eher oberflächlich und unecht. Ein- bis zweihundert Seiten mehr, hätten diesem Aspekt mehr Tiefe verliehen und sicherlich gleichzeitig die temporeiche Handlung etwas entschleunigt.




Mein Fazit:

Ein Thriller der sein sehr großes Potenzial inklusive seiner wissenschaftlichen Tiefe leider im Handlungsverlauf verspielt hat.
Nichtsdestotrotz war er sehr spannend und hat mir die schützenswerte Antarktis und die Geheimnisse, die sie bergen könnte, eindrucksvoll nähergebracht.

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Veröffentlicht am 12.06.2022

Ein Roman über Geschwisterliebe und Selbstfindung

Denn wir werden Schwestern bleiben
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"Hätte hätte Fahrradkette". Wer von uns hat diesen Spruch nicht schon einmal als Antwort auf unsere lauten Überlegungen darüber gehört, was wir besser getan oder gelassen hätten.

Auch die drei Schwestern ...

"Hätte hätte Fahrradkette". Wer von uns hat diesen Spruch nicht schon einmal als Antwort auf unsere lauten Überlegungen darüber gehört, was wir besser getan oder gelassen hätten.

Auch die drei Schwestern Marlene, Jule und Carolin stellen sich bei der Beerdigung ihrer jüngsten Schwestern die Frage: "Hätten wir ihren Tod nicht verhindern können, wenn wir im vergangenen Jahr mehr Zeit mit Vivi verbracht hätten anstatt den Kontakt zu ihr abzubrechen?"
Doch geschehen ist geschehen und kann nicht mehr geändert werden...
Stünde da nicht plötzlich der Unbekannte neben ihnen, der den Schwestern das Angebot unterbreitet, sie dürften das vergangene Jahr noch einmal wiederholen.
Plötzlich finden sie sich ein Jahr zuvor wieder, sind die einzigen drei Menschen, denen bewusst ist, dass es sich um ein „Wiederholungsjahr“ handelt und die die Chance haben aktiv das vermeintlich bereits Geschehene zu verändern.
Wird es ihnen gelingen?

Ein Roman über Geschwisterliebe und den Kampf aus seinem eigenen Verhaltensmuster auszubrechen, um auf das Verhalten anderer wirklich Einfluss nehmen zu können, der allerdings sein Potenzial in meinen Augen nicht vollständig ausgeschöpft hat.

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Meine Eindrücke:

In ihrem Romandebut gelingt es Patricia Küll den Leser durch einen angenehmen Schreibstil und eine interessante Erzählstruktur von der ersten Seite zu fesseln.

Die Erzählstruktur
Die Geschichte wird nicht nur aus der Perspektive einer der Schwestern erzählt; jede Schwester sowie weitere Charaktere erlauben uns einen Einblick in ihre Gedanken.
Zugegeben, zu Beginn musste ich mich erst etwas daran gewöhnen und war teils noch etwas verwirrt, weil aus der Sicht der einen Schwester sehr viel über die andere erzählt wurde und der Erzählstil der Schwestern sehr ähnlich ist. Mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt.

Die gewählte Perspektive folgt dabei fließend der Handlung. Treffen sich mehrere Schwestern im Bistro, springt die Perspektive von einer Wartenden zum Neuankömmling. Verlässt eine der übrigen Schwestern die anderen wutentbrannt, wechselt die Perspektive erneut, wir folgen ihr und bekommen ihre Gefühle und Gedanken vermittelt. So fühlt man sich immer direkt am Geschehen.
Die häufigen Perspektivwechsel gepaart mit den damit einhergehenden kurzen Kapiteln haben mich regelrecht verschlungen und zum Weiterlesen angeregt. Hätte ich die Zeit gehabt, wäre das Buch sicherlich im Handumdrehen gelesen gewesen… (da ist es wieder: hätte, hätte… ).

Die Charaktere
Bereits auf den ersten Seiten wird klar, dass zwischen den Schwestern durch die unterschiedlichen, teils gegensätzlichen Charakterzüge ein gewisses Konfliktpotenzial herrscht. Da sind auf der einen Seite „die Wilden“, Jule und Vivi. Die eine unfähig zu nehmen anstatt ausschließlich zu geben. Die andere stur und leichtgläubig. Beide sehr emotional. Und auf der anderen Seite „die Vernünftigen“, Marlene und Carolin. Die eine strukturliebend und ungeduldig. Die andere erfolgreich und (nicht nur) emotional distanziert. Beide verheiratet und Mütter. Für jede Leserin und jeden Leser, wird hier jemand dabei sein, mit dem man/ frau sich identifizieren kann. Ich persönlich habe mich sehr in Marlene wiedererkannt.
Durch die Perspektivwechsel wird jede Schwester, nicht zuletzt durch Eindrücke und Erinnerungen der Geschwister, gut charakterisiert und ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Dabei wechseln sich jedoch Sympathie und Unverständnis über das Handeln der Schwestern durchaus ab.
Und ganz nebenbei bemerkt: das Konfliktpotenzial wird im Handlungsverlauf gut ausgeschöpft.

Die Handlung
Neben dem offensichtlichen Schicksal mit dem der Roman beginnt - dem Tod der jüngsten Schwester – hat auch im Wiederholungsjahr jede der drei älteren Schwester ein eigenes Päckchen zu tragen. Auch die Umstände, die letztlich zum Tod der Jüngsten geführt haben, haben es in sich. So sehr, dass ich finde es ist fast etwas zu stark aufgetragen. So viele Schicksalsschläge und Krankheiten geballt in einer Familie in einem so kurzen Zeitraum sind doch sehr ungewöhnlich. Kein Wunder ist es daher, dass einige der Themen nur oberflächlich angeschnitten werden, beziehungsweise in der ersten Romanhälfte noch einen hohen Stellenwert haben, diesen dann aber in der zweiten Hälfte deutlich verlieren und nicht weiterverfolgt werden. Besonders in Bezug auf Vivis und Jules Krankheit hätte ich mir das sehr gewünscht, da es doch ein Thema ist, das unterschätzt und in der Gesellschaft in meinen Augen nicht ausreichend diskutiert wird.

Jede der „wissenden“ Schwestern versucht eine Balance zwischen dem gemeinsamen Ziel, das Leben der Schwester zu retten und dem eigenen Leben zu finden. Alle drei müssen dabei feststellen, dass es nicht leicht ist etwas zu verändern und zu bewirken, wenn man sich nicht als allererstes selbst verändert.
Und über all dem schwebt die große Frage: In wie weit kann man in das Schicksal eingreifen? Sind bestimmte Ereignisse fix und können nur in eine andere Variante geändert werden?

Der Roman beginnt, finde ich, sehr stark. In der zweiten Hälfte verliert die Handlung in meinen Augen etwas an Zug. Der Spannungsbogen, der am Anfang gut gespannt wird, lockert sich deutlich.
Die Interaktion zwischen den vier Schwestern nimmt ab und der Fokus verschiebt sich deutlich in Richtung Marlene, in der ich die heimliche Protagonistin des Romans erahne.

Laut Klappentext enthält der Roman autobiografische Züge der Autorin. In der Figur der Marlene kommen diese denke ich mit zum Ausdruck, denn auch sie ist systemische Coachin und Beraterin für Persönlichkeitsentwicklung. Dieser Aspekt gewinnt in der zweiten Romanhälfte überraschend (zumindest für mich) an Bedeutung. Aufgrund seiner Intensität kann er allerdings auch deplatziert wirken. Tatsächlich war es aber besonders dieser Abschnitt, der mich viel zum Nachdenken gebracht hat. Ich hätte ihn jedoch eher in einem separaten Roman untergebracht und hier an die Themen der ersten Romanhälfte angeknüpft.
Nichtsdestotrotz fand ich es spannend die Wechsel in der Beziehung der Schwestern untereinander zu verfolgen, der in der zweiten Hälfte des Romans stattfindet.

Insgesamt hätte ich mir allerdings mehr Interaktion zwischen den vier Schwestern gewünscht und ursprünglich eine engere Abstimmung zwischen den drei „wissenden“ Schwestern erwartet. Sehr gestört hat mich eine 180 Grad-Wende von Jule gegen Ende. Ihre seelische Situation, die in mehreren Kapiteln mühsam aufgebaut wurde, verlor im Nullkommanichts an Bedeutung und wurde spontan für nichtig erklärt. Insgesamt ist Jule vermutlich der Charakter, der mich am wenigsten überzeugt hat.

Das Ende
Im letzten Kapitel bringt Patricial Küll Ihr erzählerisches Geschick noch einmal zur Geltung: denn bis zur Mitte ist nicht klar, ob es den Schwestern nun wirklich gelungen ist ihre jüngste Schwester vor dem Tod zu bewahren.

Inhaltlich war das Ende eher weniger mein Fall, aber das mögen andere anders sehen
Es bleiben einige Themen offen, bei denen ich mir etwas mehr Informationen gewünscht hätte. Zum Beispiel bezüglich des Schicksals der einzelnen Schwestern und so etwas wie ein Fazit der Schwestern über das erlebte Wiederholungsjahr als Epilog.

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Mein Fazit:

Alles in allem hat der Roman trotz des ernsten Themas auch starke humorvolle Züge, was ich sehr schön fand. Wer hier allerdings eine Auseinandersetzung mit dem Thema Tod und dessen Verarbeitung erwartet, wird ebenso enttäuscht wie diejenigen, die auf eine allumfassende und konsequente Ausarbeitung des Themas „Zeitreise“ hoffen.
Der Roman behandelt vielmehr die Themen Geschwisterbeziehung und Selbstfindung eingebettet in eine tragische Szenerie.

Die Geschichte hätte in meinen Augen deutlich mehr Potenzial gehabt. Eine gute Ausarbeitung der angeschnittenen Themen hätte dem Roman mehr Tiefe verliehen, jedoch sicher mehr als 300 Seiten erfordert. (Hätte, hätte, Fahrradkette ).
Ich glaube jedoch, dass der Fokus des Romans (vielleicht auch aus privaten Gründen?) bewusst auf dem Thema Geschwisterbeziehung/-liebe gelegt wurde. Diese wurde für mich, die ich selbst eine Schwester habe, überzeugend dargestellt. Marlene bringt dies an einer Stelle besonders gut auf den Punkt:
"Dafür sind wir Schwestern. Kein anderer Mensch sagt dir so ehrlich die Meinung, kein anderer verletzt dich so bitter, mit keinem anderen würdest du eine so lange Beziehung führen bei so wenigen Gemeinsamkeiten. Dafür hält auch keiner so unerschütterlich zu dir wie eine Schwester."

Da der Roman besonders am Anfang sehr schön zu lesen war und mich von Zeit zu Zeit ganz schön zum Grübeln gebracht hat, fand ich ihn trotz allem lesenswert.

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Veröffentlicht am 05.10.2023

Zu viel gewollt

Totenlichter
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Wenn man mit der Offenheit für eine zweite Chance an einen Roman herangeht, sich nach einem vielversprechenden und spannenden Start allerdings Widersprüche und sprachliche Schwächen häufen, bleibt am Ende ...

Wenn man mit der Offenheit für eine zweite Chance an einen Roman herangeht, sich nach einem vielversprechenden und spannenden Start allerdings Widersprüche und sprachliche Schwächen häufen, bleibt am Ende leider nur Ernüchterung.

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Zum Inhalt:

Nach dem bedrohlichen Tipp eines Unbekannten entpuppt sich der vermeintliche Selbstmord einer Unfallüberlebenden als Rätsel. Gab es doch Fremdeinwirkung? Gar ähnliche Fälle? Treibt ein Serienkiller sein Unwesen?
Erneut gerät die Psychologin Anna Wasmuth des Hamburger LKA tiefer in eine Ermittlung hinein, als ihr lieb ist. Zusammen mit ihrem impulsiven Kollegen Jan Nygård ermittelt sie in einem gefährlichen Fall.


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Meine Eindrücke:

Totenlichter ist nach Schmerzwinter der zweite Teil der Krimi-Reihe von Aaron Sander um Kommissar Jan Nygård und Psychologin Anna Wasmuth.

Ich hatte bereits Teil 1 gelesen, war begeistert von Aaron Sanders fesselndem Schreibstil, der einen schnell und tief in die Geschichte hineinzieht, und der sehr originellen und schaurigen Mordserie.
Allerdings konnte mich sein Protagonist Jan Nygård bis zum Ende von Schmerzwinter nicht vollständig überzeugen. Mit Teil 2 wollte ich Jan und Aaron Sander noch eine zweite Chance geben. Ich war gespannt, wie er seinen Protagonisten weiterentwickelt.

Tatsächlich hat Jans persönliche Entwicklung einen nicht unwesentlichen Anteil in diesem Roman. Er ist weiterhin impulsiv, stur und mehr Einzelgänger als Teamplayer – bleibt sich also treu. Er ist weiterhin psychisch angeschlagen, leidet nun vermehrt unter Flashbacks und seine Beziehung zu seinem Vater und auch Anna Wasmuth werden tiefer thematisiert. Letztere ist geprägt von Unausgesprochenem, was ich zu Beginn noch als recht überzeugend, zu Ende allerdings als etwas überspitzt empfand.

Auch die Spannung ist von Beginn an wieder sehr hoch, Anna wird mitten in der Nacht in ihrer neuen Wohnung von einem Fremden überrascht, der eine mysteriöse Nachricht hinterlässt. Auch das Tempo hat mir über weite Strecken des Buchs gut gefallen und die Thematik rund um Nahtoderfahrungen und die Schwierigkeiten des Überlebens sind sehr spannend.

Nach dem vielversprechenden ersten Drittel, häuften sich allerdings inhaltliche Widersprüche sowie erzählerische und sprachliche Schwächen.
Jan und Anna handelten vermehrt wenig professionell für ihr Fach. Der Fokus lag zunehmend auf den Charakteren anstatt der Ermittlung. Viele Aspekte, die in der ersten Romanhälfte noch als äußerst wichtig erachtet wurden, wurden gar nicht mehr aufgegriffen. Auch die Auflösung und die Motive waren wenig überzeugend und nur flüchtig ausgearbeitet.
Ich bin es gewohnt, dass am Ende von einem Krimi einiges offenbleibt und mag das für gewöhnlich. Hier wurde jedoch die Geschichte nur halb fertig erzählt.

Sehr schade! Ihre zweite Chance haben Jan und Aaron Sander leider verspielt. Schmerzwinter war deutlich stärker.
Ich vergebe je einen Stern für den starken Anfang und die interessante Idee rund um Nahtoderfahrungen.



Mein ernüchterndes Fazit:

Zu viele Widersprüche, sprachliche Schwächen sowie wenig überzeugende Motive und Reaktionen machen es mir leider schwer, diesen Roman weiter zu empfehlen. Ich werde ihn vermutlich nicht einmal innerhalb der Familie zum Lesen weiterreichen…dafür ist die Konkurrenz zu groß.
Der Start war stark, leider erschien es mir später so, als wurde zu viel gewollt und der Blick für das Wesentliche verloren. Schade!

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