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Veröffentlicht am 30.08.2022

Super Recherche

Sturm über dem Inselsalon
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Das Leben im Inselsalon geht auch nach Kriegsbeginn weiter.
Die jungen Männer ziehen in den Krieg. Friedas Schwiegervater bleibt zwar auf der Insel, dient aber im Inselwacht-Bataillon, um Norderney vor ...

Das Leben im Inselsalon geht auch nach Kriegsbeginn weiter.
Die jungen Männer ziehen in den Krieg. Friedas Schwiegervater bleibt zwar auf der Insel, dient aber im Inselwacht-Bataillon, um Norderney vor den Engländern zu beschützen.
Während der Kriegsjahren erschüttern Hunger, die Spanische Grippe und viele gefallene Brüder, Ehemänner und Söhne die Insulaner.
Wie werden die Frauen vom Inselsalon diese Zeit überstehen?

Wie schon in der Überschrift vermerkt, zeichnet sich die Norderney-Serie durch hervorragende Recherche aus.
Wie sehr Helgoland in die kriegerischen Handlungen verstrickt war, konnte man in einigen Dokumentarfilmen erfahren, aber über Norderney während des 1.Weltkrieges wusste ich gar nichts. Irgendwie macht es mich sprachlos, wie stark Norderney in diesen Krieg gezogen wurde und dass es auf der Insel eine wichtige Seeflug-Station mit riesigen Flugzeughallen gab.
Seit mehr als zehn Jahren bin ich mindestens eine Woche im Jahr auf der Insel. Anhand der präzisen Beschreibung konnte ich die jeweiligen Protagonisten auf Schritt und Tritt begleiten und habe viele Plätze, die bis heute unverändert sind, wiedererkannt.
Besonders gefreut habe ich mich über Frau Lotts Nachwort. Indem versicherte sie, dass die geschichtliche Rahmenhandlung real ist und wer ihr bei der Recherche wie geholfen hat. Außerdem gleicht sie historische Gebäude mit renovierten Häusern (z.B. Konversationshaus) oder auch umfunktionierten Häusern (Milchbar, die früher Scherls Lesehalle war) ab. Mir wurde bei der Lektüre sofort klar, warum ich in der Milchbar so gerne lese.
Die fiktive Geschichte über den Salon Fisser, Frieda, Grete und deren Familie haut mich jetzt nicht vom Hocker. Sie erschien mir öfters oberflächlich und ich fühlte mich durch die Zeit getrieben. Es geschah so viel, dass nichts richtig vertieft werden konnte.
Trotzdem waren die Veränderungen, die Einschnitte und auch die Entwicklung im Frisiersalon erkennbar. Das Leben der Frauen vom Inselsalon, ihren Freunden und Partnern war aber auch so unterhaltsam und interessant geschrieben, dass ich mich und sicher viele andere Leser auf die Fortsetzung freuen.

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Veröffentlicht am 07.08.2022

Verlorener Glaube

Die Diplomatin
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Die erfahrene und zielstrebige Konsulin Fred erlebt zum ersten Mal in ihrer Karriere eine Strafversetzung von Montevideo über stupidem Innendienst in der Berlin Zentrale nach Istanbul. Als Frau zwischen ...

Die erfahrene und zielstrebige Konsulin Fred erlebt zum ersten Mal in ihrer Karriere eine Strafversetzung von Montevideo über stupidem Innendienst in der Berlin Zentrale nach Istanbul. Als Frau zwischen dem Justizpalast, der Sommerresidenz, dem Geheimdienst und der deutsch-türkischen Zusammenarbeit verliert sie ihre Orientierung.


Unter dem die Titel „Die Diplomatin“ hatte ich mir eigentlich etwas anderes vorgestellt. Aber allein die Stimme und die Stimmung von Frau Hoppes Sprechweise stimmt den Hörer schon in die Denkweise und Gefühlslage der Diplomatin ein. Bettina Hoppe ist eine gute Wahl. Sie liest dieses Buch und interpretiert es gleichzeitig.
Gleich zu Beginn des Buches hatte ich das Gefühl, dass Fred, die Konsulin, nicht mehr viel gemein hat mit der deutschen Diplomatie und seinen Vertretern. Sie gibt sich Mühe, hat aber schnell das Gefühl gegen Windmühlen zu rennen. Das fängt schon in Montevideo an und tritt in Istanbul richtig zu Tage.
Sehr einfühlsam beschreibt Lucy Fricke die Entwicklung und erzeugt auch beim Leser in manchen Bereichen, Entscheidungen und Begebenheiten nur Kopfschütteln.
Vieles in der deutschen Diplomatie ist für uns Normalos nicht nachvollziehbar. Frau Fricke beschreibt und erzählt mit manchmal bitteren Humor, aber sie klagt nicht an, sondern berichtet, wie es ist.
Ein interessantes Buch mit einigen Längen, hervorragend gelesen von Bettina Hoppe.

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Veröffentlicht am 11.07.2022

Very British

Der Tote aus Zimmer 12
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Susan Ryeland, ehemalige Lektorin, führt mit ihrem Lebenspartner Andreas auf Kreta ein hübsches kleines Hotel.
Mitten in den immer wiederkehrenden Widrigkeiten des griechischen Hotelalltags wendet sich ...

Susan Ryeland, ehemalige Lektorin, führt mit ihrem Lebenspartner Andreas auf Kreta ein hübsches kleines Hotel.
Mitten in den immer wiederkehrenden Widrigkeiten des griechischen Hotelalltags wendet sich das Ehepaar Treherne mit einer sonderbaren Bitte und einem finanzträchtigen Auftrag an Susan. Ihre Tochter Cecily ist verschwunden, nachdem sie während eines Telefongesprächs mit ihren Eltern von Beweisen für die Unschuld ihres ehemaligen Angestellten, der seit 8 Jahren wegen Mordes im Gefängnis sitzt, berichtet.
Gefunden hat Cecily diese Beweise im Buch „Atticus unterwegs“, das Susan seinerzeit lektoriert hat.


In diesem spannenden und amüsanten Krimi verbergen sich tatsächlich 2 Krimis, die ganz hervorragend von zwei Sprechern interpretiert wurden. Die Geschichte in der Geschichte wurde von Volker Hanisch gesprochen, und zwar „very British“. Seine Sprechweise passte ausgezeichnet zum Krimi.
„Der Tote aus Zimmer 12“ bietet neben britischen Snobismus, etwas angestaubten Humor auch viele moralische Untiefen. Fast jeder Protagonist hat eine unbekannte, oft dunkle Seite.
Die Recherche und Auflösung des Falls erinnern allerdings stark an Agatha Christies Hercule Poirot.
Rundherum bietet dieses Hörbuch mit seiner etwas verschachtelten Geschichte ein unterhaltsames und spannendes Hörerlebnis.

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Unerwartet und berührend

In fünf Jahren
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Die New Yorker Anwältin Dannie hat ihr Leben im Griff. Sie ist ehrgeizig und bereit alles für ihre Karriere und ihrem Beruf einzusetzen. Bei dem wichtigsten Bewerbungsgespräch ihrer Karriere hat sie deshalb ...

Die New Yorker Anwältin Dannie hat ihr Leben im Griff. Sie ist ehrgeizig und bereit alles für ihre Karriere und ihrem Beruf einzusetzen. Bei dem wichtigsten Bewerbungsgespräch ihrer Karriere hat sie deshalb keine Probleme Fragen nach ihren Zukunftsvisionen zu beantworten.
Die nächsten fünf Jahre sind bereits in Absprache mit ihrem ebenso ehrgeizigen Partner, durchorganisiert.
Aber dann gewährt ihr ein Traum, oder eine Vision, einen kurzen Einblick in ihr Leben fünf Jahre später…


„In fünf Jahren“ ist ein berührendes und interessantes Buch.
Nachdem ich die Leseprobe gelesen habe, hatte ich eine ganz andere Vorstellung von der Tiefe der Geschichte.
Es geht gar nicht darum, dass Dannie in ihrem Traum einen anderen Partner in einer ihr fremden Wohnung vorfindet und sie einen anderen Verlobungsring trägt, sondern um eine ganz andere Liebe und Treue. Rebecca Serle entwickelt ihre Erzählung langsam und behutsam. Als Leser versteht man lange nicht, warum sich die Geschichte gerade so entwickelt, jedenfalls erging es mir so, aber mit jedem Kapitel taucht man tiefer in die Beziehungen der Protagonisten ein und alles wird nachvollziehbar, insbesondere das Ende.
Immer wieder irritierend empfand ich allerdings, dass jede Person, der Dannie begegnet, genauestens beschrieben wird, und zwar die gesamte Erscheinung, Farbe der Haare, Augen und der Kleidung, sowie deren Form und das Label des Herstellers. Ich fand es störend, aber vielleicht auch, weil mich die Labels und äußerliche Aufmachung der Menschen nicht so interessiert.
Ich will nicht spoilern, aber das Ende des Buches gibt Kraft und Mut. Es lässt den Leser nicht los und das ist auch gut so.

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Veröffentlicht am 05.06.2022

Magisch

Der Zopf
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Die Lebenswege der drei Protagonistinnen Smita, Giulia und Sarah könnte unterschiedlicher nicht sein. Smita entstammt in Indien der Kaste der Unberührbaren. Sie kämpft für ihre Tochter, damit diese ein ...

Die Lebenswege der drei Protagonistinnen Smita, Giulia und Sarah könnte unterschiedlicher nicht sein. Smita entstammt in Indien der Kaste der Unberührbaren. Sie kämpft für ihre Tochter, damit diese ein anderes, ein besseres Leben führen kann. Giulia lebt in Sizilien, arbeitet bei ihrem Vater in seiner Perücken-Fabrik mit Jahrhunderte langen Tradition. Nach einem Unfall ihres Vater muss sie feststellen, dass sie zahlungsunfähig sind. Sarah, die erfolgreiche Anwältin muss während ihrer Krebserkrankung feststellen, dass sie ausgebootet wird.

Drei Schicksale, die anfänglich nichts miteinander verbindet, werden von Laetitia Colombani kunstvoll miteinander verflochten.
Die Lebensbereiche der drei Protagonistinnen könnten nicht weiter voneinander entfernt sein. Smita, die täglich mit bloßen Händen die Exkremente in den Häusern der Landbesitzer entfernt und wenn sie Glück hat, Essensreste zugeworfen bekommt. Ansonsten ernährt sich ihre kleine Familie von Ratten, die ihr Mann fängt. Dieses Schicksal will sie ihrer Tochter ersparen. Aber ihr Weg ist gefährlich, weil nicht wenige, die fliehen wollten, wieder eingefangen und bestraft wurden.
Giulia aus Sizilien muss, um ihren Betrieb zu retten neue Wege gehen, die nicht der Tradition entsprechen. Widerstand der eigenen Mutter und Schwester boykottieren ihre Träume.
Sarah, die Spitzenanwältin, die Alles für ihre Karriere geopfert hat, muss nach langem Kampf beobachten, wie ihr alles genommen wird.
Es hat schon etwas magisches, wie Laetitia Colombani diese Schicksale miteinander flicht.

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