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Veröffentlicht am 25.10.2022

Waringham zur Zeit von Henry III und Simon de Montfort

Drachenbanner
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Für den bereits siebten Teil der Waringham-Reihe (der zeitlich 22 Jahre nach dem Ende von „Teufelskrone“ einsetzt) hat Rebecca Gable zwei Hauptfiguren gewählt, die aus sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten ...

Für den bereits siebten Teil der Waringham-Reihe (der zeitlich 22 Jahre nach dem Ende von „Teufelskrone“ einsetzt) hat Rebecca Gable zwei Hauptfiguren gewählt, die aus sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen:
England, 1238: Die vierzehnjährige Adela of Waringham muss ihren beschaulichen Heimatort verlassen, um Hofdame vom Eleanor Plantagenet zu werden, der unkonventionellen Schwester des als schwach geltenden König Henry III. Adela gewöhnt sich gut bei Hofe ein und erlebt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einige Auseinandersetzungen zwischen Eleanors charismatischen Ehemann Simon de Montfort und dem König mit. Diese münden letztlich in Reformen, welche der Verfassungsgeschichte des Landes eine neue Richtung geben.
Adelas Milchbruder Bedric Archer, mit dem sie immer noch eine enge Freundschaft verbindet, lebt unterdessen als leibeigener Bauer in Waringham. Er träumt von Freiheit, doch bis es dazu kommt, sind einige Hindernisse zu überwinden.

Wie man es von der Autorin gewöhnt ist, ist dieser Roman in einem packenden und lebendigen Stil geschrieben, sodass ich mich gut in die Protagonisten hineinversetzen konnte. Adela und Bedric sind sympathische Charaktere, keine strahlenden Helden, sondern durchaus Menschen mit Fehlern und Schwächen, gerade deshalb fand ich es schön, mit ihnen mitzufiebern und sie bei ihren unterschiedlichen Abenteuern zu begleiten. Auch bei den übrigen auftretenden Personen wird auf Schwarz-Weiß-Malerei weitgehend verzichtet.
Besonders gut gefallen hat mir dabei, dass durch Bedric auch das Los der Leibeigenen thematisiert wird, die in historischen Romanen sonst bestenfalls eine Nebenrolle spielen. Dabei machten sie damals den Großteil der Bevölkerung aus und wären die vielgerühmten Adeligen ohne sie gar nicht lebensfähig gewesen.
Der fiktive Teil der Handlung hat jedoch auch Schwächen. So wirkt die Entwicklung der Beziehung zwischen Adela und Bedric öfters unrealistisch und generell spielt der Zufall eine zu große Rolle. Für meinen Geschmack ist auch das Ende zu offen. Dies bietet aber immerhin vielversprechende Ansatzpunkte für eine Fortsetzung.

Außerdem sind zu Beginn des Buches die realen historischen Ereignisse (im Vergleich zu den anderen Teilen der Reihe) wenig präsent. Erst ab ca der Hälfte tritt dieses Thema verstärkt in den Vordergrund.
Die historischen Hintergründe sind dann jedenfalls sehr interessant. Ich wusste zuvor kaum etwas über Simon der Montfort und die von ihm initiierten Provisions of Oxford und konnte somit einiges Neue dazulernen.

Fazit: Dies ist nicht das beste Buch von Rebecca Gable, aber nichtsdestotrotz ein spannender Ausflug in die englische Geschichte. Es ist schön, die Familie Waringham wieder zu treffen und durch eine turbulente Zeit zu begleiten, während der die Front zwischen Königstreuen und Reformern auch mitten durch die Familie verläuft.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Unternehmungslustige Senioren im Luxushotel

Miss Sharp macht Urlaub
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Die bereits aus “Mord in Sunset Hall“ bekannte Senioren-WG macht diesmal Urlaub in einem Öko-Luxushotel in Cornwall. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft beginnen die Turbulenzen: Agnes glaubt, von der Terrasse ...

Die bereits aus “Mord in Sunset Hall“ bekannte Senioren-WG macht diesmal Urlaub in einem Öko-Luxushotel in Cornwall. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft beginnen die Turbulenzen: Agnes glaubt, von der Terrasse der Bar aus einen Mord beobachtet zu haben, Edwina ist fest davon überzeugt, hier einen geheimen Auftrag ausführen zu müssen und findet tatsächlich bald jemanden, der ihrer Hilfe bedarf, und Bernadette begegnet unvermutet einer Person aus ihrer bewegten Vergangenheit.

Obwohl es mehrere Todesfälle gibt, ist das Buch in einem lockeren, heiteren Ton geschrieben, sodass kein wirkliches „Krimi-Feeling“ aufkommt. Außerdem wirken manche Handlungselemente überzeichnet, und einige Geschehnisse sind unlogisch oder unrealistisch.
Das macht aber nicht viel, überzeugt die Geschichte doch ohnehin in erster Linie mit ihren liebenswürdigen und interessanten Charakteren. Es ist amüsant, Agnes und ihre Freunde bei ihren Ermittlungen und sonstigen Abenteuern zu begleiten. Schön auch, dass sie sich von ihren diversen altersbedingten Einschränkungen nicht unterkriegen lassen.
Auch das Drumherum ist gut gezeichnet, etwa die Atmosphäre in einem Luxushotel, wo zu Beginn noch alles idyllisch und geordnet ist, mit der Zeit aber immer mehr das Chaos um sich greift.
Wie in den meisten anderen Romanen von Leonie Swann spielt wieder ein Tier eine bedeutsame Rolle. Diesmal handelt es sich um eine junge Boa Constrictor, deren Leben eine für sie unerfreuliche Wendung nimmt.

Fazit: Es handelt sich hier um einen eher seichten, aber jedenfalls unterhaltsamen Roman, der sich auch gut als Urlaubslektüre eignet (obwohl die Geschichte im Winter angesiedelt ist). Ich würde jedoch empfehlen, zuerst „Mord in Sunset Hall“ zu lesen, da man über die Hintergründe der WG und ihrer Bewohner diesmal leider wenig erfährt.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Die ersten Jahre von Friedrichs Herrschaft

Schwert und Krone - Zeit des Verrats
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Als Friedrich Barbarossa 1152 zum römisch-deutschen König gekrönt wird, ist sein großes Ziel erreicht, doch auch die nächsten Jahre halten einige Herausforderungen für ihn bereit.
Die angestrebte Krönung ...

Als Friedrich Barbarossa 1152 zum römisch-deutschen König gekrönt wird, ist sein großes Ziel erreicht, doch auch die nächsten Jahre halten einige Herausforderungen für ihn bereit.
Die angestrebte Krönung zum Kaiser durch den Papst ist nur durch einen Feldzug nach Italien zu erreichen, er muss einen Weg finden, seinen Vetter Heinrich den Löwen wie versprochen zum Herzog von Bayern zu machen und nebenbei noch eine neue Ehefrau finden.
Auch für andere verläuft diese Zeit turbulent. So wollen die alten Freunde Albrecht der Bär und Konrad von Wettin verhindern, dass ihre machtvolle Stellung im Osten eingeschränkt wird. Ihre Töchter Hedwig und Adele haben inzwischen mit den Launen ihrer Ehemänner zu kämpfen.

Von all dem und einigem mehr erzählt Sabine Ebert im dritten Teil ihrer Buchreihe um den bedeutendsten Herrscher des deutschen Hochmittelalters. Es ist schön, die bereits aus den ersten Bänden bekannten Charaktere auf ihrem weiteren Lebensweg zu begleiten. Vor allem, dass diesmal wieder öfter aus weiblicher Perspektive erzählt wird, gefällt mir gut, und insgesamt gewinnen die Personen im Vergleich zu den vorherigen Bänden an Profil. Erneut treten viele verschiedene (überwiegend historisch belegte) Persönlichkeiten auf und werden zahlreiche Schauplätze besucht, von diversen Teilen Deutschlands bis nach Italien oder Dänemark. So kann man hier beispielsweise die Ernennung des Babenbergers Heinrich Jasomirgott zum Herzog von Österreich, das Hundetragen zu Worms oder das Blutfest von Roskilde miterleben. Das Ende ist ziemlich offen, der Epilog weckt das Interesse an der Fortsetzung.
Wie man es von der Autorin gewöhnt ist, ist der Inhalt gut recherchiert und so nahe an den historischen Fakten wie möglich.

Fazit: Wieder ein empfehlenswerter Roman, der eine wegweisende Epoche beleuchtet. Politische Ereignisse und Entwicklungen sowie die Beziehungen zwischen den Mächtigen werden anschaulich dargestellt.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Was macht das Wesen des Menschen aus?

Mensch
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Diese Frage will der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal hier beantworten. Er gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und zeigt vor allem, wie viel wir aus der Beobachtung anderer Tierarten ...

Diese Frage will der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal hier beantworten. Er gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und zeigt vor allem, wie viel wir aus der Beobachtung anderer Tierarten über den Menschen lernen können.
Unter anderem betrachtet er die Evolution von den ersten Wirbeltieren bis zum Menschen, spürt „menschlichen Universalien“ nach, welche Menschen aller Kulturen gemeinsam haben, erklärt, was Menschen antreibt und warum sich auch intelligente Personen oftmals irrational verhalten und überlegt, wie die Zukunft der Menschheit aussehen könnte.

Dabei werden eine Reihe spannender Themen angesprochen. Der Autor erklärt beispielsweise, warum das Leben in der modernen Welt nicht immer gut zu unserer Psyche passt, was Kinder zu einem glücklichen Aufwachsen benötigen (etwa viel Kontakt zur Natur), wie verschiedene Fortpflanzungsstrategien das Verhältnis von Männern und Frauen beeinflussen oder welche Folgen die „Selbstdomestikation“ des Menschen hatte. Interessant auch, dass es relativ wenige menschliche Alleinstellungsmerkmale gibt, sondern wir viele Eigenschaften mit anderen Lebewesen teilen.

Das Buch richtet sich erkennbar an Einsteiger in die Materie. Die Ausführungen sind leicht verständlich, Begriffe, die im Glossar erklärt werden, sind farbig unterstrichen und immer wieder eingestreute Zeichnungen lockern die Sache auf.
Für mich wurde allerdings vieles zu oberflächlich dargestellt. Statt tiefergehenden Überlegungen oder einer Auseinandersetzung mit verschiedenen Argumenten gibt es oft nur plakative Aussagen. Außerdem enthält der Text doch einige (Tipp)fehler.

Dennoch regt das Buch zum Nachdenken an und hilft dabei, sich selbst und andere besser zu verstehen.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Das Innviertel der 1950er und 1960er

Eine Luftmatratze muss her!
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Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben ...

Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben – und zwar anhand von Ausschnitten aus der „Rieder Volkszeitung“, einer Wochenzeitung, welche in diesen Jahren im Innviertel die Monopolstellung innehatte.
„Denn nichts ist so aktuell und aufschlussreich wie eine vorvorgestrige Zeitung“
Wolfgang Marschall, der in jener Zeit in Waldzell aufwuchs, einem „herkömmlichen Dorf, wie alle herkömmlichen Dörfer damals“, hat eine Reihe von Textausschnitten ausgewählt: redaktionelle Beiträge, Kleinanzeigen, Leserbriefe und immer wieder Werbeanzeigen für Produkte aller Art. Gerade letztere demonstrieren sehr gut, wie die Moderne mit Waschmittel, Coca Cola und Packerlsuppe mehr und mehr Einzug hielt.

Insgesamt werden interessante Einblicke darin gegeben, was die Zeitung und ihre Leser bewegte. Da ging es um Themen wie Revolutionen in der Landwirtschaft, Segnungen der Atomkraft, Gefahren von Film und Fernsehen oder die Rolle der Frau. Manche Beiträge hätten auch 1850 geschrieben sein können, an anderen Stellen wollte die Zeitung hypermodern sein. Manches kann nostalgische Gefühle wecken, häufiger sind aber Aussagen, die aus heutiger Sicht eher erschreckend wirken. Sie lassen Zeiten wiederauferstehen, als die Vorschriften der Kirche den Alltag bestimmten, Schädlingsbekämpfungsmittel als harmlos galten und Datenschutz ein Fremdwort war.
Auch die Erklärungen und Kommentare des Autors sind informativ und verfügen über einigen Sprachwitz, der nur manchmal ein bisschen bemüht wirkt. Außerdem wäre es schön gewesen, wenn bei allen (oder jedenfalls bei mehr) Zitaten angeführt wäre, aus welchem Jahr sie stammen.

Fazit: Diese Lektüre ist sicher nicht nur für Innviertler empfehlenswert und regt nebenbei auch dazu an, darüber nachzudenken, wie heutige Medienberichte in 70 Jahren wohl wirken werden.