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Veröffentlicht am 13.09.2022

Spannungsgeladener Thriller

SCHNEE
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Was treibt zwei befreundete Pärchen mitten im eiskalten Winter zu einem Gletscher? Warum ist da ein pinker Schuh eingegraben an einem Fahnenmast? Ist da wirklich ein kleines Mädchen in der Radarstation?

Die ...

Was treibt zwei befreundete Pärchen mitten im eiskalten Winter zu einem Gletscher? Warum ist da ein pinker Schuh eingegraben an einem Fahnenmast? Ist da wirklich ein kleines Mädchen in der Radarstation?

Die isländische Autorin Yrsa Sigurdardóttir ist eine Meisterin im Verknüpfen unterschiedlicher Handlungsstränge. Zugleich gelingt es ihr in ihrem neuen Thriller „Schnee“ eine zutiefst gespenstische Stimmung aufzubauen. Fast schon zu oft sind Türen, die verschlossen sein sollten, plötzlich sperrangelweit offen. Fast schon an der Tagesordnung sind unheimliche Begegnungen mit – ja, womit denn? Geister? Verstorbene? Böse Erinnerungen? Dunkle Ahnungen? Das Spiel mit der Angst betreibt Yrsa Sigurdardóttir meisterhaft. Die eigene Unsicherheit, ob das, was man spürt, sieht, hört tatsächlich real ist oder nur eine eigene (Wahn-)Vorstellung, durchzieht das ganze Buch.

Ganz unterschiedliche Erzählstränge durchziehen „Schnee“. Und tatsächlich werden sie erst ganz am Ende zusammengeführt – ein Schluss, den man so gar nicht kommen sieht.

Da ist einmal Hjörvar, der in einer Radarstation arbeitet und erfährt, dass er eine Schwester hatte. Zusammen mit seinem Bruder macht er sich auf Spurensuche. Währendessen geschehen in und an der Radarstation unheimliche Dinge. Immer wieder hört und sieht Hjörvar ein Kind – das aber kann gar nicht sein…

Dann ist da eine Wandergruppe, zwei Pärchen und ein Geologe, die auf eine Abenteuer-Tour zu einem Gletscher gehen – im eiskalten Winter, ohne entsprechende Erfahrung. Es kommt, wie es kommen muss – die Wandergruppe ist dem Wetter nicht gewappnet und gerät in Gefahr.

Schließlich gibt es den Suchtrupp, der sich auf die Suche nach den vermissten Wanderern macht. Hier spielt Jóhanna, die zum Rettungstrupp gehört, die zentrale Rolle. Sie dürfte die sympathischste Figur von „Schnee“ sein. Durch einen Unfall ist sie gehandicapt – was sie aber nicht zeigen will. Statt einer Sportkarriere arbeitet sie nun in einer Fischfabrik.

Was alle Figuren mehr oder weniger eint ist, dass sie merkwürdige Erscheinungen wahrnehmen. Wie bereits angedeutet: fast ein wenig zu viel des Guten, was dem Leser hier aufgetischt wird. Und, so viel sei verraten: nicht alle diese geisterhaften Erscheinungen werden in „Schnee“ rational aufgelöst. Manche jedoch lassen sich rückblickend psychologisch erklären.

Auf jeden Fall aber führt dies zu einer düsteren, unheimlichen Stimmung und zu einer extrem spannungsgeladenen Handlung. Nur widerwillig will man aufhören zu lesen.

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Veröffentlicht am 04.06.2022

Schön gestaltetes Geschenkbüchlein für jugendliche Leser

Worum es geht
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Texte für die Suche nach dem guten Leben: Das bietet das schön gestaltete Buch „Worum es geht“ aus der edition chrismon.

Das Geschenkbuch richtet sich dabei eher an jugendliche Leser. Als Geschenk zur ...

Texte für die Suche nach dem guten Leben: Das bietet das schön gestaltete Buch „Worum es geht“ aus der edition chrismon.

Das Geschenkbuch richtet sich dabei eher an jugendliche Leser. Als Geschenk zur Konfirmation ist es sehr geeignet.

Die Gestaltung des Büchleins ist sehr ansprechend. Kurze Zitate, Bibelverse und längere Texte wechseln sich ab, neben dem Gummiband an der Seite hat es zudem noch ein Lesebändchen.

Die Texte des Büchleins sind in vier Themenbereiche gegliedert: Texte, um sich selbst kennenzulernen, Mutmachtexte für schwere Zeiten, Freundschaft & Liebe und – der interessanteste Teil – Texte darüber, was im Leben zählt.

Die Auswahl der Texte ist sehr vielseitig. Man findet auf der einen Seite Texte bekannter Autoren christlicher Ratgeberliteratur wie Andrea Schwarz, aber auch des Rappers Sido.

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Veröffentlicht am 21.09.2021

Ein Roman voller Witz und Humor

Ástas Geschichte
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„Ástas Geschichte“ ist ein Roman, der mich trotz seiner verschachtelten Erzählweise immer wieder in seinen Bann gezogen hat. Denn Jón Kalman Stefánsson ist ein Meister darin, seine Leser zu unterhalten.

Schon ...

„Ástas Geschichte“ ist ein Roman, der mich trotz seiner verschachtelten Erzählweise immer wieder in seinen Bann gezogen hat. Denn Jón Kalman Stefánsson ist ein Meister darin, seine Leser zu unterhalten.

Schon die Überschriften der Kapitel verraten, dass da jemand am Werk ist, der Spaß am Fabulieren hat: „Ein ramponierter Geländewagen, eine nette Kotztüte, und zuweilen ist nicht oft, sondern bloß ab und zu“, „Schlechter Wein schlägt einem meist böse auf den Magen“ oder „Ist es in Ordnung, eine Atombombe auf Reykjavík zu werfen?“.

Dass zu Beginn des Romans der Erzähler einen begrüßt und ausführt, was er zunächst zu erzählen gedenkt, darf einen nicht dazu verleiten, den Roman zu unterschätzen. Ganz unterschiedliche Perspektiven wechseln sich vielmehr im Folgenden ab. Da ist zunächst einmal Ásta, die als Erziehungsmaßnahme auf einen einsamen Bauernhof zur Arbeit muss, dann gibt es noch ihren Vater Sigvaldi, der über sein Leben sinniert, als er von einer Leiter fällt, den Erzähler und schließlich Ástas Briefe, die sie in gesetzterem Alter geschrieben hat (auch wenn man es ihrem Inhalt kaum anmerkt).

Mit viel Witz holt Stefánsson seine Leser immer wieder in die Handlung zurück. Sei es, dass er sich über die Landmenschen von Island mokiert, sei es, dass er die Hauptstädter schlecht wegkommen lässt, über den Hang der Isländer zur Literatur spricht oder oder oder… Stefánsson hat die Gabe, über seine Figuren ironisch-distanziert zu schreiben, ohne dass sie ihren Charme verlieren. Das liegt vielleicht auch daran, dass in dem Roman Stefánssons die Menschen zumeist ein hartes Los haben. Allen voran Ásta, die bei einer Ziehmutter aufwächst, als ihre Mutter heillos überfordert ist. Àsta geht ihren Weg, lässt ihr Kind bei ihren Großeltern zurück, um in Österreich Theaterwissenschaften zu studieren. Gegen Ende des Romans erfährt man, dass sie schließlich selbst Vorlesungen hält.

Mit Männern hat Àsta wenig Glück. Jósef, die große Liebe, verliert sie aus den Augen, dem berühmten Schriftsteller Guðjón gibt sie den Laufpass. So stellt sich in dem Roman immer wieder die Frage, ob man die Liebe festhalten kann. Oder genauer: wehmütig wird erkannt, dass man sie eben nicht halten kann.

Es sind die komischen Stellen, die dem Roman seinen Unterhaltungswert geben. Wenn in der isländische Bauer, bei dem Ásta untergebracht ist, seine Mutter einfach draußen anbindet, weil sie jeden Morgen in einer ganz anderen Zeit aufwacht. Wenn die Wortkargheit der Isländer zelebriert wird. Wenn der Dichter sich für Kost und Logis darauf einlässt, dass Touristen seine Wohnung besichtigen dürfen.

In dem bunten Chor der Stimmen, die „Ástas Geschichte“ erzählen, gibt es keine einzige, die nicht irgendwie auch liebenswert ist. Entstanden ist ein opulentes Werk, ausladend in seinem Figurenkarussel und der Erzählstruktur, einladend in seinem überbordenden Witz und Humor.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Von Ahas zu Hiskia

Sei du meine Stärke
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Mit ihrer neuen Reihe „Die Chroniken der Könige“ begibt sich Lynn Austin in das Zeitalter der Könige Israels. Ihr erster Band „Sei du meine Stärke“ spielt im 8. Jahrhundert vor Christus, zur Zeit der Könige ...

Mit ihrer neuen Reihe „Die Chroniken der Könige“ begibt sich Lynn Austin in das Zeitalter der Könige Israels. Ihr erster Band „Sei du meine Stärke“ spielt im 8. Jahrhundert vor Christus, zur Zeit der Könige Ahas und Hiskia.

Das Südreich Juda ist dabei in keiner guten Verfassung: schwere militärische Niederlagen führen dazu, dass Juda zu einem Vasallenstaat der Assyrer wird. Außerdem werden in Jerusalem sogar im Tempel andere Götter angebetet.

Nur wenig erfährt man in den Büchern der Chroniken und der Könige über diese Zeit. Lynn Austin gelingt es, aus den knappen biblischen Informationen eine spannende Geschichte entstehen zu lassen. Schon der Beginn des Romans hat es in sich: der älteste Sohn des Königs soll dem Gott Moloch geopfert werden. Dennoch gelingt es Hiskias Mutter Abi, dass ihr Sohn in der Thora unterwiesen wird. Das Buch endet damit, dass Hiskia nach Ahas‘ Tod zum neuen König wird und das Land wieder zurück zum JHWH-Glauben führt.

Die Mischung aus Fiktion und Fakten überzeugt, auch wenn manches eher unserer Zeit entspricht, etwa die starke Fokussierung des Opfers auf den Aspekt der Vergebung. Gottestreue und Vertrauen stehen im Zentrum vieler Gespräche, sodass es nicht verwundert, dass viel aus dem Buch der Psalmen zitiert wird. Etwas anachronistisch sind die Verweise auf die Gottesebenbildlichkeit des ersten Schöpfungsberichts und auf Hiob – beide Texte waren zur Zeit der Handlung noch nicht bekannt.

Sehr gelungen ist das Einfühlungsvermögen in die Figuren. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird das Geschehen beleuchtet, sodass man die Gedankenwelt am Königshof, am Tempel und die der Propheten kennenlernt.

Für mich war der Hauptbeweggrund, das Buch zu lesen, die Möglichkeit, eher unbekannte biblische Texte kennen zu lernen. Das gelang mir bereits bei Lynn Austins Buchreihe über die Rückkehr aus dem Exil nach Israel.

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Veröffentlicht am 14.05.2019

Herrliche Münchauseniade

Die Analphabetin, die rechnen konnte
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In Johannesburg beginnt der Roman von Jonas Jonasson. In Schweden endet er. Dazwischen findet in „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ eine ganz und gar abstruse Abenteuergeschichte statt, die ihresgleichen ...

In Johannesburg beginnt der Roman von Jonas Jonasson. In Schweden endet er. Dazwischen findet in „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ eine ganz und gar abstruse Abenteuergeschichte statt, die ihresgleichen sucht. Hauptperson: Nombeko Mayeki.

Mit ihr begibt man sich als Leser auf eine herrliche Münchhauseniade voller absurder Abenteuer und unwahrscheinlichen Begegnungen. An manchen Stellen wirkt es fast so, als ob das Unwahrscheinliche die Normalität ist. Jonas Jonassons Einfallsreichtum scheint unerschöpflich zu sein.

Das beginnt schon mit Nombeko selbst. Die Latrinentonnenträgerin arbeitet sich in Südafrikas größtem Slum nach und nach vom Latrinenbüro von Soweto hoch, denn sie kann zwar nicht lesen, aber dafür umso besser rechnen. Sie landet als Putzfrau bei einem Ingenieur, hilft mit, Südafrikas erste Atombombe zu bauen. Mit ihr zusammen landet sie schließlich in Schweden. Doch wie wird man eine Atombombe wieder los?

Ihre Klugheit bringt Nombeko immer wieder weiter. Sie schafft es überall, mit den Füßen auf dem Boden zu landen. Das ist der eine Grund, weshalb mir „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ gefiel: man kann die schelmenhaft clevere Nombeko einfach nur liebgewinnen. Der andere Grund ist die Art, wie Jonas Jonasson erzählt: er ist ein Meister der Fabulierkunst. Pointenreich erzählt er, immer mit einem Lächeln im Gesicht, was man im Leben alles so erleben könnte.Wenn es dabei zu den ungewöhnlichsten Begegnungen kommt: umso besser. Dass die Personen, die sonst noch in dem Buch auftauchen, eher stereotyp sind, tut keinen Abbruch. Denn je stereotyper sie sind, umso mehr Ecken und Kanten haben sie. Und die witzig-charmant aufs Korn zu nehmen, das ist Jonas Jonassons Spezialität.

Ich bin eigentlich kein allzu großer Freund von Hörbüchern. Meistens entgeht mir beim Hören im Auto irgend etwas, und ich muss mir ein Kapitel nochmal anhören, was auf dauer etwas nervt. Mit diesem Hörbuch bin ich aber gut zurecht gekommen. Anfangs irritieren die zwei Erzählstränge in Südafrika und in Schweden, aber spätestens wenn sie sich vereinigt haben, kann man den Irrungen und Wirrungen der Geschichte gut und leicht folgen. Ein idealer Roman für ein Hörbuch. Katharina Thalbachs Stimme habe ich dabei sehr genossen – sie liest sehr betont, nicht überhastet, lässt Pausen. Warum auch immer: im Auto kam ihre Stimme nicht so knörzig rüber als im CD-Player, daher wurde es mein Auto-Hörbuch für einige Wochen. Und ja: es waren unterhaltsame Autofahrten.