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Veröffentlicht am 02.11.2022

Agatha Christies spannendster Fall: Ihr eigenes Leben

Die Autobiographie
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Agatha Christie begann im Jahr 1950 an ihrer Autobiografie zu schreiben, fünfzehn Jahre später schloss sie diese im Alter von fünfundsiebzig Jahren ab. Es war auch der Zeitpunkt als sie mit dem Schreiben ...

Agatha Christie begann im Jahr 1950 an ihrer Autobiografie zu schreiben, fünfzehn Jahre später schloss sie diese im Alter von fünfundsiebzig Jahren ab. Es war auch der Zeitpunkt als sie mit dem Schreiben aufhörte. Wie sie selbst ausdrückte: "Der richtige Moment zum Aufhören". 1890 als Agatha Miller geboren verlebte sie die ersten fünf Jahre eine glückliche sorglose Kindheit im viktorianischen England. Dann begannen finanzielle Probleme ihres Vaters mit Geschäften in Übersee. Falsche Berater; Veruntreuungen und schlechte Verwalter brachten der Familie finanzielle Sorgen. Als der Vater 1901 starb, versuchte ihre Mutter alles die Kinder diese Sorgen so wenig wie möglich spüren zu lassen. Mit Beginn des ersten Weltkrieges engagierte sich die junge Agatha als Krankenschwester, später in einer Apotheke. Vielleicht daher auch ihr Wissen über Gifte, die auch öfter später als Mittel in ihren Kriminalromanen vorkamen. 1914 zu Beginn der Kriegsjahre heiratete sie auch Oberst Archibald Christie und bekam 1919 ihre einzige Tochter Rosalind. Sie probierte sich in einigem aus, bevor ihr erster Roman erscheinen sollte. Als Ermittler der heute weltberühmte Hercule Poirot. Die zwanziger Jahre waren für sie mit etlichen Schicksalsschlägen verbunden. Ihre Mutter verstarb, ihr geliebtes Geburtshaus in Ashfield musste sie aufgeben, ihre Ehe ging in die Brüche. Auf ihr zehntägiges Verschwinden 1926 geht sie nicht ein, reißt nur an wie schwer die Zeit damals für sie war. Die junge Frau war immer wieder von finanziellen Nöten betroffen, ihr erster Verleger hatte ihr für die ersten fünf Romane einen Knebelvertrag aufgebürdet. Nach ihrer Scheidung begann ihr zweiter Frühling mit ihrer Leidenschaft des Reisens. Eine Reise mit dem Orient-Express nach Bagdad brachte sie letztendlich in die Arme ihres zweiten Ehemanns. Max Mallowan war Archäologe und vierzehn Jahre jünger als Agatha. Doch dies war für die beiden kein Hinderungsgrund und bis zu ihrem Tod waren die beiden verheiratet. 1930, im gleichen Jahr der Hochzeit, erschien dann "Mord im Pfarrhaus", der Startschuss für ihre ebenfalls berühmte Ermittlerin Miss Marple. Es folgten die Jahre des zweiten Weltkrieges und die Nachkriegszeit. Die Biografie endet mit ihrem 75. Lebensjahr, Agatha Christie lebte noch weitere zehn Jahre bevor sie im Januar 1976 an einem Schlaganfall verstarb. Diese 1977 posthum erstmals veröffentlichte und von ihr selbst verfasste Biografie bietet dem Leser viele Einblicke in ihr Leben und die damalige Zeit. Ihre ersten sorglosen Jahre, ihre Muße für ihre Hobbies wie das Reisen und die Archäologie. Aber auch wie sie teils Romane und Kurzgeschichten schrieb um sich und ihre Tochter über Wasser zu halten. Sie liebte das Neue und Unbekannte, ging für die damalige Zeit oft untypische Wege als Frau. Aber trotz des Erlebens zweier Weltkriege und eigener Höhen und Tiefen bewahrte sie sich Liebe und Hoffnung. Sie war nicht nur für mich als Leser von Kriminalromanen mit der Einstieg in diese Welt durch ihre charmanten Ermittler, sie ist eine Grande Dame dieses Genres. Ihre Lebensgeschichte, ihre zahlreichen Reisen, ihr Zurückblicken aus ihrer eigenen Feder zu lesen, war daher für mich ein besonderes Leseerlebnis und hochinteressant.

Veröffentlicht am 14.10.2022

Und plötzlich steht die Welt still ...

Der Tag, der mein Leben veränderte
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In "Der Tag, der mein Leben veränderte" befasst sich der Autor Tim Pröse mit Schicksalsschlägen. Er porträtiert Menschen, deren Leben eine entscheidende Wendung nahm. Es sind teils Prominente, aber auch ...

In "Der Tag, der mein Leben veränderte" befasst sich der Autor Tim Pröse mit Schicksalsschlägen. Er porträtiert Menschen, deren Leben eine entscheidende Wendung nahm. Es sind teils Prominente, aber auch Menschen wie Du und ich. Der Leser lernt diese Menschen in 15 Portraits kennen, erlebt wie diese nach diesem massiven Einschnitt in ihr Leben neue Wege einschlagen. Dabei ihre Resilienz, sprich ihre seelische Widerstandskraft trainieren und sie damit versuchen neuen Mut zu schöpfen. Tim Pröse schreibt mit einer solchen Empathie, die mich zutiefst berührte. Schon vom ersten Kapitel an musste ich teils immer wieder beim Lesen absetzen, tief durchatmen. Erst vor wenigen Wochen hatte ich selbst so einen Tag und dieses Buch gibt Mut. Täglich ereignen sich Schicksalsschläge mitten unter uns, menschliche Seelen werden zutiefst verletzt und viele von uns bemerken es nicht. Der Autor schreibt über diese Menschen einfühlsam, er schildert dabei sein eigenes Empfinden, malt dabei aber keine Schwarz-Weiß-Bilder. Aber er regt den Leser zum Innehalten und zum Nachdenken an. "Der Tag, der mein Leben veränderte" ist nicht nur ein Buch über 15 Begegnungen des Autors mit Menschen, die nach Krisen wieder zu sich selbst fanden, es ist vielmehr ein bewegender Mutmacher. Für mich das Beste das ich in letzter Zeit lesen durfte, ein Buch dass ich nur jedem ans Herz legen kann. Jede der 15 Begegnungen auch ein Ansporn die eigene Resilienz zu trainieren.

Veröffentlicht am 01.09.2022

Wenn die Märchen der Gebrüder Grimm brutale Realität werden

Schmerz und kein Trost
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"Schmerz und kein Trost" ist der achte Band der Erik-Donner-Reihe von Elias Haller. Während der Kriminalhauptkommissar sich in psychotherapeutischer Behandlung befindet um die grausamen Ereignisse seiner ...

"Schmerz und kein Trost" ist der achte Band der Erik-Donner-Reihe von Elias Haller. Während der Kriminalhauptkommissar sich in psychotherapeutischer Behandlung befindet um die grausamen Ereignisse seiner Vergangenheit aufzuarbeiten, wird er mit einem neuen Fall konfrontiert. Der Sohn seiner Therapeutin wurde entführt und schnell stellt sich heraus dass Donner selbst Teil des Falles ist. Denn auch seine Schwester ist abgängig und die Vergangenheit holt ihn doch ein weiteres mal ein. Kriminalhauptkommissar "Monster", wie Donner auch abfällig genannt wird, muss alles geben um nicht erneut einen geliebten Menschen zu verlieren. Eines gleich vorneweg: Dieser achte Band ist nichts für zartbesaitete Gemüter. Der Täter agiert mit äußerster Brutalität und Elias Haller schildert diese auch deutlich. Die Kernthemen "Stockholm-Syndrom" und "Snuff-Videos" bilden den Rahmen für diesen Thriller. Verstörend und grausam sind die einzelnen Kapitel, aber auch unheimlich spannend. Durch Rückblenden erfährt der Leser wie die aktuellen Geschehnisse mit einem alten Fall Donners zusammenhängen und doch tappt man fast bis zum Ende im Dunkeln. Wer ist Opfer, wer ist Täter, teils vermischen die Grenzen. Wer die Reihe kennt, weiß das die Erik-Donner-Krimis der härteren Gangart angehören, aber dieser Fall toppt teilweise dies nochmal. Als Leser vergisst man fast manchmal das Durchatmen, so zieht einen die Story in den Bann. Hochgradig spannend durch und durch mit einem furiosen Finale. Elias Haller beweist erneut mit seinem rasanten Schreibstil, dass er absolut sein Handwerk versteht. "Schmerz und kein Trost", ein brutaler Thriller mit absoluter Hochspannung und für mich ein fesselnder Pageturner und eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 27.08.2022

Bizarre Körperschau in Konstanz

Kalte Körper
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"Kalte Körper" ist der dritte Band der Falk-Hagedorn-Reihe von Matthias Bürgel. Wieder einmal findet der Fallanalytiker Hagedorn keinen Schlaf und fährt in seinem Rollstuhl frühmorgens an der Rheinpromenade ...

"Kalte Körper" ist der dritte Band der Falk-Hagedorn-Reihe von Matthias Bürgel. Wieder einmal findet der Fallanalytiker Hagedorn keinen Schlaf und fährt in seinem Rollstuhl frühmorgens an der Rheinpromenade in Konstanz entlang. Seit seine Tochter Karina vor einem Jahr erschossen wurde, sucht er sein Heil immer mehr im Alkohol und wird mehr und mehr depressiv. Doch dann wird er Zeuge einer bizarren Installation. Eine Frau ist auf einem Marmorsockel kunstvoll in Szene gesetzt. Doch als er näher kommt, sieht er dass diese tot und auch noch tiefgefroren ist. Sein Interesse ist geweckt und schon kurz danach ist er wieder im Ermittlerteam der Konstanzer Kripo als beratender Fallanalytiker tätig. Doch es bleibt nicht bei der einen Leiche. In Konstanz kommt es zu einer Vernissage des Todes. Falk Hagedorn und Kriminalhauptkommissar Marius Bannert müssen den Fall schnell lösen, der öffentliche Druck wird immer größer. Matthias Bürgel lässt den exzentrischen Profiler Hagedorn mittlerweile zum dritten Mal ermitteln. Nach seinen diversen Schicksalsschlägen lernt man ihn auch von seiner verletzlichen Seite kennen, aber schon bald ist er wieder der alte Zyniker, der seinen Freund und Kollegen Bannert teils auch immer wieder tief durchatmen lässt. Doch er ist auch fokussiert auf den Fall. Matthias Bürgel lässt auch in diesem Band das Ermittlerteam konsequent an der Mordserie arbeiten, die Story enthält fast keine Nebenhandlungen. Dadurch wird der Leser zielstrebig durch den Fall geführt und dies auch mit hohem Tempo. Die kurzen Kapitel unterstützen die Erzählweise und der Thriller hat dadurch einen guten Spannungsbogen. Erst spät wird der Täter offenbart, bis dahin wendet sich mehrfach das Blatt. Auch dieser dritte Fall des Falk Hagedorn überzeugt mich als Leser, ein guter Kriminalroman mit einer klaren, zielgerichteten Handlung.

Veröffentlicht am 14.08.2022

Mord im Kaiserreich - Wer ist Freund oder Feind?

Fabrik der Schatten
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"Fabrik der Schatten" ist der Auftaktroman der Craemer-und-Vogel-Reihe von Matthias Wittekind und Rainer Wittkamp. Major Albert Craemer und Lena Vogel von der Abteilung III-B des militärischen Geheimdienst ...

"Fabrik der Schatten" ist der Auftaktroman der Craemer-und-Vogel-Reihe von Matthias Wittekind und Rainer Wittkamp. Major Albert Craemer und Lena Vogel von der Abteilung III-B des militärischen Geheimdienst bekommen es mit einem ungewöhnlichen Fall zu tun. Nahe dem kleinen Ort Bingen kollidiert ein PKW mit einem Güterzug, dies eigentlich ein Fall für die örtliche Polizei. Doch der Fahrer des Unfallwagen wurde kurz nach dem Zusammenstoß mit je zwei Schüssen in den Kopf und in die Brust hingerichtet. In Bonn wird fast zeitgleich ein Chemiestudent ebenfalls auf die gleiche Weise erschossen. Was steckt hinter dem ganzen? Als auch noch die Überführung von drei Flugzeugen von Frankreich ins deutsche Kaiserreich von einem Absturz überschattet wird, glaubt man an eine feindliche Geheimoperation der Franzosen. Es gilt die Fäden zu entwirren und die Hintergründe aufzudecken. Das Buch ist in kurze Kapitel untergliedert und eröffnet viele Handlungsstränge. Erst nach und nach werden diese gebündelt, dabei erfährt der Leser auch die Vorgeschichte der beiden Protagonisten. Immer wieder ergeben sich Wendungen, der Leser erlebt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Teils rasante Ortswechsel tragen dazu bei Spannung zu erzeugen. Zwar wirken einzelne Szenen etwas konstruiert und Lena an manchen Stellen etwas unrealistisch, doch stört dies die Story und den Spannungsaufbau nicht. Geprägt von einer Atmosphäre von Misstrauen zwischen Militär und Geheimdienst taucht der Leser in die Jahre vor dem 1. Weltkrieg ein. "Fabrik der Schatten" ist ein vielversprechender Auftaktband dieser neuen Reihe des Autorenduos. Leider verstarb Rainer Wittkamp im Dezember 2020 kurz vor Fertigstellung des Manuskripts des Buches, doch Matthias Wittekindt will die Reihe fortsetzen und schreibt bereits an einem zweiten Band. Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht.