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Veröffentlicht am 23.10.2022

Agent im Zentrum einer Intrige

Einmal noch sterben
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Es war die Rede von Colin Powell in der UN, die auch Skeptiker in die Koalition der Willigen brachte und den Irakkrieg ermöglichte: Die USA hätten Beweise dafür, dass der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen ...

Es war die Rede von Colin Powell in der UN, die auch Skeptiker in die Koalition der Willigen brachte und den Irakkrieg ermöglichte: Die USA hätten Beweise dafür, dass der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei, so Powell. Dem gemäßigten Republikaner, Berufsmilitär und Diplomaten, der international Ansehen und Glaubwürdigkeit genoss, wurde Glauben geschenkt. Heute weiß man: Die Angaben waren nicht wahr. Möglicherweise war Powell selbst getäuscht worden von der Falkenfraktion des Bush-Administtation.

Und wenn das alles früher bekannt gewesen wäre? Diese Idee steht im Mittelpunkt des Plots des Politthrillers "Einmal noch sterben" von Oliver Bottini um den ausgebrannten BND-Agenten und Präzisionsschützen Frank Jaromin. Ein französischer Geheimdienstoffizier erhält von einer irakischen Quelle eine brisante Nachricht: Die Angaben über irakische Massenvernichtungswaffen sind ein Fake, es gibt Beweise dafür, dass der Informant, der wiederum vom BND in Deutschland geführt wird, gelogen hat. Die Übergabe dieser Beweise geht nicht nur spektakulär daneben, Jaromin steht plötzlich im Verdacht, durch eigenmächtiges Handeln - womöglich gar Sabotage? - die Operation zum Scheitern gebracht zu haben.

Begleitumstände wie eine kriselnde Ehe, zittrige Hände, Medikamentenmissbrauch scheinen Jaromin weiter zu belasten. Selbst seine Teammitglieder, Männer, mit denen er brenzlige Situationen unter Lebensgefahr durchgestanden hatte, trauen ihm plötzlich nicht mehr. Zunehmend isoliert, fällt es dem Agenten schwer, Beweise für seine Unschuld ausfindig zu machen.

Eine BKA-Ermittlerin betreibt unterdessen eigene Nachforschungen im Auftrag des Sicherheitsberaters des Kanzlers, höchst inoffiziell und geheim. Gibt es innerhalb des BND und anderer Sicherheitsdienste eine geheime Gruppe von strengkonserativen Falken, die in Allianz mit den Amerikanern ihre eigene Agenda haben - für den Krieg, für militärische Stärke? eine anonyme Quelle weist die Polizistin auf eine Verschwörung hin, die bis in höchste Kreise reicht. Doch wie Beweise finden, zumal die Nachforschungen gefährlicher sind als zunächst angenommen?

Das "was wäre, wenn..." Szenario Bottinis ist reizvoll und nicht völlig aus der Luft gegriffen, während die persönlichen Krisen und schicksalhaften Vergangenheit seiner Protagonisten wieder einmal die Überfrachtung persönlichen Leidens sind, ohne die manche Autoren einfach nicht auszukommen scheinen. Da wäre dann weniger mehr, vor allem auch mehr Glaubwürdigkeit gewesen. Trotzdem spannend zu lesen, nicht nur für Anhänger von Verschwörungstheorien.

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Veröffentlicht am 23.10.2022

Japanisch ist mehr als nur Sushi

Tohrus Japan
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"Alles außer Sushi" verspricht "Tohrus Japan", das gleichermaßen Kochbiographie und Rezeptsammlung ist. Tohru Nakamuru war mir bis dahin völlig unbekannt, vermutlich weil ich zum einen wenig Sterneköche ...

"Alles außer Sushi" verspricht "Tohrus Japan", das gleichermaßen Kochbiographie und Rezeptsammlung ist. Tohru Nakamuru war mir bis dahin völlig unbekannt, vermutlich weil ich zum einen wenig Sterneköche kenne und zum anderen bei japanischer Küche tatsächlich eher gen Sushi schiele. Ganz puristisch geht es auch in diesem Buch nicht zu, was allerdings mit der persönlichen Geschichte des Autors zusammenhängt. Denn als Kind einer Deutschen und eines Japaners wuchs er mit beiden (Ess-)Kulturen auf, mit bayrischen Schmankerln ebenso wie mit der Originalküche der Großeltern in Japan, zu denen es jedes Jahr in den Sommerferien ging.Viele der Rezepte des Buches enthalten daher Fusionselemente.

Da gibt es etwa Schololaden-Cookies, die auf den ersten Blick völlig herkömmlich erscheinen, aber nicht nur weiße Schokolade und Walnuss, sondern auch Kombu-Alge enthalten. Oder die Miso-Bayerische Creme ist ein anderes süßes Crossover. Selbst so etwas deutsch-Bodenständiges wie Spätzle erhält mit Tofu eine neue Note.

Nicht alle Rezepte lassen japanische Elemente erkennen, so rätselte ich etwa bei der Entenbrust mit Chicoree, Kaki und Pinienkernen, wo die speziell japanische Handschrift des Rezeptes zu finden sei. Bei einem Gemüsegericht mit Möhren und Kohlrabi ist es dann wieder die Sauce sowie die Gemüsemarinade, die japanisches Flair in das Gericht bringt.

Einen Vorteil hat das alles - die Zutatenliste scheint nicht überirdisch schwer zu beschaffen, auch wenn ich mich bei einigen Algensorten etc schon frage, ob ich die im durchschnittlichen Asialaden finde. Denn dort kann ich zwar zuverlässig viel für thailändische, vietnamesische und chinesische Küche einkaufen, bei speziell japanischem Zubehör könnte es aber bereits schwieriger aussehen.

Die Fotos im Buch haben teilweise "Sterne-Ästhetik" - da lese ich dann eher aus Neugier und Interesse, nicht aber mit dem Anspruch, so etwas selbst auf den Tisch zaubern zu können. Interessant ist es allemal zu sehen, was ein Profi aus den Zutaten herausholen kann.

Nicht zuletzt verrät der Autor auch ein bißchen über seine eigene Kochphilosophie. Im Glossar gibt es ein umfangreiches Verzeichnis von Zutaten, die in der japanischen Küche eine Rolle spielen. Wieder einiges dazugelernt!

Veröffentlicht am 14.10.2022

Wahnwitzige Abenteuer

SoKo Börsenfieber
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Mit "Soko Börsenfieber" hat Gerhard Henschel nunmehr den dritten Band um die Abenteuer des Uelzener Kommissars-Ehepaars Gerold und Fischer vorgelegt - und bleibt dabei dem Rezept des ersten Bandes "Soko ...

Mit "Soko Börsenfieber" hat Gerhard Henschel nunmehr den dritten Band um die Abenteuer des Uelzener Kommissars-Ehepaars Gerold und Fischer vorgelegt - und bleibt dabei dem Rezept des ersten Bandes "Soko Heidefieber" treu: Hier wird gnadenlos überzeichnet, das Regionalkrimigenre persifliert, und auch der leidgeprüfte Schriftsteller Thomas Gsella samt seines Autorenkupels Frank Schulz auf eine Tour der Leiden geschickt, diesmal quer durch Südamerika. Hier kann der Autor Henschel sämtliche sadistische Fantasien, was er seinen Figuren antun kann, genüsslich ausleben. Nebenbei gibt es Seitenhiebe auf die Finanzwelt, die Kirche, die Mafia und Superhelden in Polizeidiensten. Auch Linguisten kommen einmal mehr auf ihre Kosten, schließlich spricht die Fischerin friesisches Platt.

Nein, allzu ernst sollte man das alles nicht nehmen, aber in der Übertreibung ist auch Soko Börsenfieber lustig - auch wenn das Erzählschema mittlerweile vertraut und ein wenig abgenutzt ist. Wie es einmal mehr gelingt, aus dem beschaulichen Uelzen internationalen Verbrecherkartellen das weltumspannende Geschäft zu verderben, dem Tod ein Dutzend mal von der Schippe zu springen und beim nächsten Abenteuer noch eine Schippe raufzulegen - das ist auch dann ausgesprochen unterhaltsam, wenn man schon ahnt, dass es gleich mit der nächsten Kapriole weitergeht.

Diesmal ist es ein harpunierter Banker, der Kommissar Gerold von niedersächsischen Nachbarschaftsstreitigkeiten und Ladendiebstählen ablenkt. Er kämpft allein gegen Mafia und Blutrache, jettet als Ermittler um die Welt und auch seine Ehefrau kann wieder zu großer Tour auflaufen. Doch so wirklich wichtig ist der Plot nicht, geht es doch darum, die Polizisten und Autoren um den Globus zu schicken und immer wahnwitzigeren Situationen auszuliefern.

Klar, dass weder Bombenanschläge noch Killerkommandos, Schiffsuntergänge oder Volkanausbrüche Henschels Protagonisten aufhälten können. Ein wenig angeschlagen und um etliche Erfahrungen reicher werden sie sicher noch weiteren Abenteuern entgegenblicken. Denn noch sind nicht sämtliche Genreparodien ausgereizt.

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Veröffentlicht am 12.10.2022

Mord auf der Hallig

Halligzorn (Ein Minke-van-Hoorn-Krimi 2)
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Angesichts der geringen Bevölkerungszahl auf den Halligen in der Nordsee wird die von Greta Henning erdachte Kriminanlpolizistin Minke van Hoorn erstaunlich oft zu Leichen gerufen. In "Halligzorn", dem ...

Angesichts der geringen Bevölkerungszahl auf den Halligen in der Nordsee wird die von Greta Henning erdachte Kriminanlpolizistin Minke van Hoorn erstaunlich oft zu Leichen gerufen. In "Halligzorn", dem nunmehr zweiten Band der Nordsee-Krimiserie, ist es erneut ihre Heimathallig. Ausgerechnet bei dem von Minkes Mutter organisierten Mittsommerfest wird die 17-jährige Leonie tot am Strand gefunden. Das Mordwekzeug ist schnell ermittelt - ein Eispickel, mit dem zuvor das Wappen Frieslands in einen Eisblock gehauen wurde. Wer der Täter sein könnte, das ist die schwierigere Frage.

Als verwöhnte Tochter eines reichen Bauunternehmers war die schöne und selbstbewusste Leonie der Star an der Schule. Besonders sympathisch war das Mordopfer allerdings nicht, wie Minke schnell merkt - gnadenlos habe die jnuge Frau die Schwächen anderer aufgedeckt und andere gerne bloßgestellt. Von ihrem Freund, der einkommenstechnisch weit von ihrer Welt entfernt war, hatte sie sich kürzlich getrennt, eine Lehrerin schien den Teenager regelrecht gefürchtet zu haben und auch sonst gibt es Menschen, die Leonie nicht gerade gelebt haben.

Minkes schwäbische Kollegin kümmert sich demnächst um den Fall eines verschwundenen Bernsteinpferdes, das Archäolgen bei Ausgrabungen auf der Hallig gefunden haben. Minke delegiert die Suche nach dem "Pferdle" gerne an ihre Assistentin, denn der Chefarchäologe, der schon überzeugt ist, das "friesiche Atlantis", eine in einer kalten Januarnacht in einer Monsterflut untergegangene Stadt gefunden zu haben., zeigt ein gar zu penetrantes Interesse an ihr.

In einer anderem Erzählebene kommen Freunde alter Sagen auf ihre Kosten, denn die Autorin führt ins Mittelalter zu der Hochzeit der Tochter eines reichen Kaufmanns mit dem Sohn des Bürgermeisters, zeichnet das Stittengemälde einer Stadt, die - wir ahnen es - noch vor der Hochzeitsnacht vom Meer verschlungen wird. Zum Plot trägt das zwar nicht bei, sondern ist eher eine Geschichte in der Geschichte, aber wer sich dadurch gestört fühlt, kann ja einfach weiterblättern, bis es wieder mit der eigentlichen Handlung weitergeht.

Beim Lesen hat man schon ein bißchen den Geruch der Salzwiesen in der Nase oder glaubt glitschigen Wattschlick zwischen den Zehen zu spüren. "Halligzorn" hat sympathische Protagonisten und lebt vor allem von seinem Lokalkolorit. Nordseefreunde werden auf ihre Kosten kommen.

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Veröffentlicht am 20.09.2022

Ein angekündigter Tod

Stille blutet
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Es gibt Mordopfer, die sind einem trotz ihres plötzlichen und gewaltsamen Todes einfach nicht sympathisch. Nadine Just in Ursula Poznanskis Kriminalroman "Stille blutet" ist so ein Fall. Die 27-jährige ...

Es gibt Mordopfer, die sind einem trotz ihres plötzlichen und gewaltsamen Todes einfach nicht sympathisch. Nadine Just in Ursula Poznanskis Kriminalroman "Stille blutet" ist so ein Fall. Die 27-jährige hat steile Karriere bei einem privaten Fernsehsender gemacht, wobei sie ihren Erfolg klar ihrem Aussehen und der Nähe zm Senderchef und nicht etwa journalistischen Qualitäten verdankt. Unbeliebt ist sie aber vor allem wegen ihres Charakters, den Angriffen auf alle, die nicht so jung und schön wie sie sind, die Herabwürdigung ihrer Opfer in sozialen Medien. Und dann ist da die Nachrichtensendung, in denen sie live vom Teleprompter abliest, es werde in Kürze zum Tod einer bekannten Fernsehmoderatorin kommen. Ein Verbrechen könne nicht ausgeschlossen werden. Der Name des Opfers sei - Nadine Just.

Der Werber Tibor Glaser hat sich zwar vor ein paar Monaten von Nadine getrennt, ist aber dennoch erschrocken, als er die Sendung sieht. Als er Nadine telefonisch nicht erreichen kann, fährt er zum Sender und findet sie schließlich tot in ihrer Garderobe. Da die Polizei ebenfalls die Statistik kennt, dass bei Morden der Täter in der Regel im persönlichen Umfeld zu suchen ist, gerät natürlich auch Glaser ins Blickfeld - Trennung hin oder her.

Zu den Ermittlern gehört Serafina (Fina) Plank, bei geringer Körpergröße eher kompakt gebaut, was bei ihr zu gehörigen Komplexen und Unsicherheiten im Umgang mit ihrem Äußeren führt. Das wird nicht gerade leichter durch ihren Chauvie-Kollegen Oliver beim Wiener LKA, der keinen Hehl daraus macht, dass er die Mordkommission lieber wieder als frauenfreie Zone hätte und kräftig mobbt.

Dann kündigt ein freie Fotograf in seinem Blog seinen Tod an - und als er in der Tat tot aufgefunden wird, trendet in den sozialen Medien der hashtag inkürzetot. Pech für Björn Glaser, dass es auch in dem zweiten Fall eine Verbindung zu ihm zu finden scheint. Je mehr er versucht, seinen Ruf zu retten, desto mehr verstrickt er sich in ein Netz, das er nur ahnen kann. Sein Partner will ihn aus der Werbeagentur haben, da der Verdacht gegen den Werber geschäftsschädigend ist, in den sozialen Medien wird er an den virtuellen Pranger gestellt und die Polizei hat sich auf ihn als Hauptverdächtigen eingeschossen. Wenn Fina Plank andere Optionen untersuchen will, muss sie sich gegen den Vorwurf verteidigen, eine Schwäche für den gutaussehenden Werber zu haben und daher voreingenommen zu sein. Während Glaser immer neue und erschreckende Dinge über Nadine erfährt, lässt sich erahnen, dass er nur eine Figur im Spiel eines Unbekannten ist.

Die Charaktere des Romans sind womöglich ein bißchen holzschnittartig und lassen wenig Tiefe erkennen. Spannend ist der Fall allemal und erinnert an so manchen Hitchcock. Die Auflösung samt Cliffhanger-Ende lässt einige Fragen offen. Dennoch habe ich mich gut und spannend unterhalten gefühlt.

In der Hörbuch Version gefällt mir Julia Nachtmann als Sprecherin einmal mehr sehr gut. Sie hat eine warme, angenehm zu hörende Stimme und spricht auf eine zurückgenommene, nicht übermäßig dramatisierende Art, die für mich gut passte.

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