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Veröffentlicht am 26.03.2023

Ein wahrer Suter

Melody
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Melody ein Roman von Martin Suter (Diogenes Verlag)

„Und Sie? Lieben Sie Geschichten?“
Tom musste kurz überlegen. Dr. Stotz ließ ihm keine Zeit zu antworten.
„Ein guter Anwalt sollte der Dichtung mehr ...

Melody ein Roman von Martin Suter (Diogenes Verlag)

„Und Sie? Lieben Sie Geschichten?“
Tom musste kurz überlegen. Dr. Stotz ließ ihm keine Zeit zu antworten.
„Ein guter Anwalt sollte der Dichtung mehr verpflichtet sein als der Wahrheit.“
Tom hatte die Antwort. „Ja. Ich mag Geschichten.“
„Seien Sie froh. Ich werde Ihnen nämlich viele erzählen, fürchte ich.“ S.30

Der Autor entführt uns in die Villa nach Zürich. Dort lebt der reiche und gebrechliche Dr. Peter Stotz, ehemals Politiker, Milizoffizier und erfolgreicher Geschäftsmann. Dieser stellt den jungen Tom Elmer mit den gewünschten juristischen Vorkenntnissen ein, um seinen Nachlass in Ordnung zu bringen und um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Dabei stößt er auf Ungereimtheiten und Geheimnisse. Er stellt sich die Frage, ob sein Chef der ist, für den er sich auszugeben scheint. In einem intellektuellen Schlagabtausch am Kamin und zwischen gut gereiften alkoholischen Köstlichkeiten erzählt Dr. Stotz von der attraktiven Frau auf den Gemälden, die jeden Raum der Villa zieren. Ein rätselhaftes Verschwinden, eine Suche in der Wahrheit und Fiktion zu verschwimmen scheinen.
Die Halbwahrheiten des betagten Herren brodeln unter der Oberfläche. Das was er zu vertuschen hofft, sucht sich unnachgiebig seinen Weg an die Oberfläche. Gepaart mit einem einzigartigen Schreibstil, der die Charaktere nach und nach entblättert, baut sich eine subtile Spannung auf. Dabei erzählt Martin Suter von Klischees, die das überspitzte durch seine offene Erzählkunst legitimieren. Man lässt sich gern mitziehen, von Anfang an, bis das Ganze in einer überraschenden Auflösung endet.
Letztendlich stellt man sich die Frage: „Was bleibt am Ende eines Lebens?“ und kommt doch zu dem Schluss, dass eben nicht alles käuflich ist.

Fazit: Das war mein erster Suter und mit Sicherheit nicht mein letzter. Ich fühlte mich bestens unterhalten und intellektuell angesprochen. Denn die Art und Weise der Gespräche und der ganzen Geschichte haben etwas faszinierend Anziehendes! Die Details schnörkellos und die Pointe auf den Punkt. Es macht Freude, den Gesprächen zu folgen, ohne lästigen Schnickschnack dafür mit Wortwitz, der einen zum Schmunzeln bringt.

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Veröffentlicht am 26.03.2023

Eine Hommage an die Bibliozhekare der Welt

Die Bibliothek der Hoffnung
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Die Bibliothek der Hoffnung ein Roman von Kate Thompson (Knaur Verlag)

„Hören Sie den Opernsänger, der sich nebenan einsingt? Er tritt heute Abend auf. Nächste Woche gibt das Ballett vom Sadler`s Wells ...

Die Bibliothek der Hoffnung ein Roman von Kate Thompson (Knaur Verlag)

„Hören Sie den Opernsänger, der sich nebenan einsingt? Er tritt heute Abend auf. Nächste Woche gibt das Ballett vom Sadler`s Wells hier ein Gastspiel.“
„Du meine Güte! Kultur, Bücher und eine richtige Gemeinschaft. Wenn das Leben unter der Erde so viel zu bieten hat, sollte ich vielleicht selbst hierherziehen.“
Clara fing an, sich zu entspannen. Sie redete über nichts lieber als über den Shelter und seine Bewohner. Sie waren eine Gemeinschaft, wenn auch eine sonderbare, hier in der U-Bahn, wo niemand irgendwohin fuhr. S.28

Clara Button errichtet mit Hilfe ihrer Freundin und Assistentin Ruby Munroe eine unterirdische Bibliothek in den Tunneln der stillgelegten U-Bahn-Station Bethnal Green. Sie retten eine Vielzahl an Büchern vor den Fliegerbomben in einer unwirklichen Zeit des Krieges. In Claras und Rubys Büchern und deren Geschichten finden die Menschen einen Zufluchtsort, Ablenkung und Hoffnung, die sie so dringend benötigen. Derweilen versuchen die beiden Frauen den Londonern ein wenig Normalität und Aufmunterung entgegen zu bringen.

Dieser Roman basiert auf wahren Begebenheiten, daher ist er, gepaart mit dem eindringlichen, wunderbaren Schreibstil, so ergreifend! Die Autorin verbindet Fakten und Fiktion in eine liebevollen und emotionalen Erzählung. Die einzelnen Protagonisten öffnen sich der empathischen Zuhörerin und diese Erlebnisse und erzählten Begebenheiten berühren zutiefst.
Kate Thomson schafft Spannung und Vielfalt durch die abwechselnden Erzählungen aus der Perspektive der beiden Frauen Clara und Ruby. Man ist hautnah dabei und erlebt die unterschiedlichsten Charaktere mit ihren warmherzigen, humorvollen und ergreifenden Schicksalen. Der flüssige Schreibstil lässt die Zeit vergessen und Seite um Seite blättert sich dahin. Die Kapitel haben eine angenehme Länge. Dabei haben mir besonders gefallen die einleitenden Worte und Zitate der einzelnen Kapitel gefallen.

„Ich hüte das Tor zur Vergangenheit, teile mein Wissen über die Schätze unserer Bücher, damit andere sie entdecken können, Ich mache Glückserlebnisse möglich.“ Mareike Doleschal, Bibliothekarin beim Shakespeare Birthplace Trust in Statford-upon-Avon

Fazit: „Die Bibliothek der Hoffnung“ hat mir recht emotionale Lesestunden beschert und sich ganz sacht in mein Herz geschlichen. Sie spendet Trost, Zuversicht und Hoffnung, ohne dabei kitschig zu wirken. Die sympathischen Akteure bereichern das Leseerlebnis.
Angehalten durch die erzählte, authentische Geschichte wollte ich gern mehr über die Ereignisse der unterirdischen Bibliothek erfahren. Lesen bildet und macht glücklich!

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Das Besondere im Speziellen

Meine Bar in Italien
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Meine Bar in Italien – Warum uns der Süden glücklich macht von Stefan Maiwald Molden Verlag

Wie schafft er das?
Mit einer Herangehensweise an die Arbeit, über die Stoiker nur bewundernd staunen würden.
Das ...

Meine Bar in Italien – Warum uns der Süden glücklich macht von Stefan Maiwald Molden Verlag

Wie schafft er das?
Mit einer Herangehensweise an die Arbeit, über die Stoiker nur bewundernd staunen würden.
Das Geheimnis lautet: Bruno arbeitet unermüdlich.
Aber nie gestresst. Er zuckt einfach die Achseln und legt los. S.26

Der Autor erzählt kleine Anekdoten von unterschiedlichsten Protagonisten Italiens in kurzen Abschnitten. Dabei zieht er am Ende immer eine Lebensart bzw. Lebensweisheit aus deren Tun und Wirken heraus. Mal sind es Fragen zur inneren Haltung, wie bei Bruno, mal typische Charakterstärken sowie kulinarische Höhepunkte, die Stefan Maiwald gekonnt und flüssig dahinerzählt.

Der lebendige Schreibstil hat mich überaus gut unterhalten. Diese Reise macht Lust auf einen Besuch im sonnigen Italien, speziell in Grado, wobei man selbst in Pinos Bar einkehren möchte.

Dieses Büchlein erzählt von den verschiedensten Künsten zu Leben um dieses Dasein nicht all zu ernst zu nehmen und zu genießen. Die kurzweiligen Abschnitte laden ein, gern mehrmals gelesen zu werden.

Lasst euch darauf ein, lasst die Gedanken reisen und nehmt das Leben leicht! Ihr habt es euch verdient!

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Neues und Altes kombiniert

Die Töchter der Ärztin
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Die Töchter der Ärztin Zeit der Sehnsucht ein Roman von Helene Sommerfeld (dtv)

„Was können Sie?“, fragte er.
Sie legte ihm die Dokumente vor, die ihren Abschluss bewiesen. Sie waren ins Englische übersetzt ...

Die Töchter der Ärztin Zeit der Sehnsucht ein Roman von Helene Sommerfeld (dtv)

„Was können Sie?“, fragte er.
Sie legte ihm die Dokumente vor, die ihren Abschluss bewiesen. Sie waren ins Englische übersetzt worden. Dann fragte sie zurück: „Was braucht das Krankenhaus?“
Sein Lächeln wurde breiter. „Vielleicht jemanden wie Sie. Das werden wir herausfinden.“ S.115

Die Reihe rund um die Ärztin Ricarda Thomasius habe ich mit Begeisterung gelesen. Daher war es für mich ein absolutes Muss auch die weiterführende Geschichte von Ricardas Töchtern Henriette, genannt Henny und Antonia, Toni zu lesen.
Die Handlung erstreckt sich entlang der 20iger Jahre zwischen Berlin und Ostafrika. Dank des lebendigen und bildhaften Schreibstils der Autoren haben mir die beiden eindrücklichen Erzählungen sehr gut gefallen. Die Charaktere befeuern die Geschichte und fördern die Leselust. Gerade Tonis Suche nach den familiären Wurzeln und dem Verstehen der eigenen Vergangenheit sind sehr interessant. Regionale Probleme Afrikas und dienstliche Hürden erschweren das Ausleben von Tonis ungebremster Abenteuerlust.
Durch die abwechselnde Erzählweise bekommt man einen wunderbaren Eindruck dieser Zeit und von beiden Schauplätzen.
Ein Wiedersehen mit Ricarda und Siegfried hat mich sehr gefreut. Liest man durch die verschiedene Sicht auf die Dinge, die Unterscheide der Generationen deutlich heraus.

Die Worte fliegen nur so dahin und die Geschichte endet mit einem Cliffhänger für Band 2 der Töchter der Ärztin und Thomasius- Schwestern: Zeit der Hoffnung.
Fazit: Gute Unterhaltung und uneingeschränkte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Der Geschmack der Südstaaten

Mama Melba
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Mama Melba Heimweh schmeckt wie Sauerkirschen von Christine Conner (Tinte & Feder)

Ein paar Tage später legte mir Sarah D kleine Säckchen mit Samen auf den Küchentisch.
„Oregano – Rosmarin – Thymian - ...

Mama Melba Heimweh schmeckt wie Sauerkirschen von Christine Conner (Tinte & Feder)

Ein paar Tage später legte mir Sarah D kleine Säckchen mit Samen auf den Küchentisch.
„Oregano – Rosmarin – Thymian - Basilikum“, zählte sie auf. Ihr süßsaurer Tonfall lies mich schon eine anstehende Neckerei erahnen. „Für deinen Garten. Für eine echte Gumbo.“
Sarah D drehte sich zu Helene um.
Diese schmunzelte nur, während sie den Teig ausrollte, um ihren berühmten Pfirsich-Pie zu machen. Endlich fingen die Früchte an, süß genug zu schmecken. S.127

Mit ihrem praktisch veranlagten Wesen und dem Wissen um ihre Kochkunst reist die junge Melba Koch 1860 von Bremerhaven nach Amerika. Es verschlägt sie auf die Belle Bleu Plantage in Louisiana. Dort lernt sie die regionale Küche kennen und lieben. Rezepte der kreolischen und akadischen Küche ziehen sich durch die Geschichte, die mit historischen Stoff und daraus erwachsenden Konflikten gespickt ist. Diesen kann sich auch Melba, die zu Mama Melba wird, nicht entziehen, als sie mehr und mehr begreift, was die Sklaverei wirklich bedeutet. Sie wird Zeugin der Standesunterschiede und der daraus resultierenden Gräueltaten sowie unmenschlicher Behandlung der Sklaven durch ihre Herren. Als sie Zuneigungen und Freundschaften zu den Sklaven entwickelt und der Bürgerkrieg ausbricht, muss sich Melba entscheiden.
Die Autorin lässt uns durch die überaus sympathische und ehrliche Melba die historischen Details hautnah miterleben. Sie erzählt eine emotionale Geschichte in bildgewaltigen, deutlichen und poetischen Worten. Durch die intensive Recherche und genaue Erzählweise erscheint das Erzählte überaus authentisch. Die Liebe zum Essen und das Interesse an Amerika spiegeln sich im Text hinreichend wieder. Man taucht ein in das historische Louisiana der Südstaaten und möchte bei Melbas Feinsinnigkeit und Leckereien weiter verweilen als diese knapp 500 Seiten.

Fazit: Ein gelungenes Meisterwerk mit zahlreichen Infos und grandiosen Rezepten, welches mich tief berührt hat.

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