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Veröffentlicht am 24.04.2023

Nicht so toll ausgearbeitete Figuren aber um so shcönere Beschreibungen

Die Wolkenfischerin
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Inhalt:
Claire Durant lebt als erfolgreiche Journalistin in Berlin. Die gebürtige Französin steht vor einem grossen Karrieresprung, was sie vor allem ihren hochkarätigen Abschlüssen und Berufserfahrungen ...

Inhalt:
Claire Durant lebt als erfolgreiche Journalistin in Berlin. Die gebürtige Französin steht vor einem grossen Karrieresprung, was sie vor allem ihren hochkarätigen Abschlüssen und Berufserfahrungen aus Paris zu verdanken hat. Was niemand weiss: sowohl ihre Ausbildungen als auch ihre Herkunft sind frei erfunden. Eigentlich ist sie vor Jahren vor ihrer aus der Bretagne stammenden Familie und einem tragischen Verlust in der Vergangenheit geflüchtet. Ausgerechnet am entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens wird sie aber von ihrer Vergangenheit und unerwarteten Gefühlen eingeholt.

Meine Meinung:
Die Geschichte hat mir einige sehr unterhaltsame und leichte Lesestunden beschert und mich in traumhaft schöne Landschaften entführt und mit zahlreichen kulinarischen Genüssen gelockt.
Das Buch wirkt allerdings ein wenig aus der Zeit gefallen, respektive veraltet erzählt. Nicht nur wird Claires gehörlose Schwester permanent unterschätzt und kleingemacht, auch ansonsten wird mit Klischees und eher plumpem Humor nur so um sich geworfen. Ausserdem ist die Protagonistin Claire Durant immer wieder ziemlich anstrengend und sehr, sehr naiv. Wie kann eine so erfolgreiche, intelligente Frau gleichzeitig so hilflos und ahnungslos dargestellt werden? Zeitweise hatte ich das Gefühl, einen alten Roman von Nora Roberts in den Händen zu halten, aber wenige Sätze später habe ich mich wieder in den wundervollen Beschreibungen der Atmosphären, Gerüche und der Natur verloren.

Schreibstil und Aufbau:
Claudia Winters Erzählsprache sowie der unterhaltsame und aussergewöhnliche - wenn auch sehr vorhersehbare - Plot sprechen sehr für dieses Buch, dass die Beschreibungen der Figuren ein wenig ungeschickt und holperig wirken, ist sehr schade, kann aber auch an einem ein wenig inkonsistenten Lektorat liegen. Einzig Valérie, Claires Tante in Paris, war komplett rund erzählt und mit viel Charme und einzigartigem Charakter ausgestattet. Davon hätte ich mir mehr gewünscht, es zeigt nämlich, dass Claudia Winter eigentlich mehr könnte, als sie in diesem Buch zeigt.

Meine Empfehlung:
Aller Kritik zum Trotz hat mich dieses Buch sehr gut unterhalten, die Beschreibungen der Landschaften haben mich komplett für sich eingenommen und wer auf der Suche nach einer leichten, den Gaumen kitzelnden Lektüre mit schönen Szenerien ist, ist mit diesem Buch richtig beraten.

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Veröffentlicht am 07.04.2023

Bis zum letzten Drittel wunderschön erzählt, dann leider nicht mehr ganz so überzeugend

Leuchtturmsommer
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Inhalt:
Es soll ein Neuanfang werden: nach der Trennung von ihrem Mann zieht Eva mit ihrer Tochter nach Liebwitz an die Ostsee. Dort übernimmt sie ein Café, das sie wieder zum Laufen bringen soll. Was ...

Inhalt:
Es soll ein Neuanfang werden: nach der Trennung von ihrem Mann zieht Eva mit ihrer Tochter nach Liebwitz an die Ostsee. Dort übernimmt sie ein Café, das sie wieder zum Laufen bringen soll. Was ihr der Bürgermeister aber nicht gesagt hat: das Café ist stark renovierungsbedürftig und ihr läuft die Zeit davon. Schliesslich stehen im benachbarten Standesamt bald wieder einige Trauungen an. Auch der griesgrämige Standesbeamte Jakob macht ihr das Leben nicht gerade einfach. Immerhin sind die restlichen Bewohnerinnen und Bewohner des kleinen Örtchens sehr zuvorkommend.

Meine Meinung:
Ich habe mich riesig auf diese Leserunde gefreut, weil der Schreibstil der Leseprobe mich sofort für sich eingenommen hat. Die Beschreibungen des Klimas an der Ostsee sowie die vielen liebenswerten und hilfsbereiten Figuren und nicht zuletzt natürlich Eva und ihre Tochter Nele haben mich sofort für sich eingenommen. Ich wurde zuerst auch nicht enttäuscht. Die Geschichte beinhaltet viele sehr humorvolle aber auch nachdenkliche Momente und auch wenn von Anfang an klar ist, dass es zwischen Eva und dem mürrischen Standesbeamten Jakob schon bald zu knistern beginnt, bleiben doch noch einige unvorhergesehene Wendungen und Momente übrig. Die ersten zwei Drittel des Buches haben mir sehr, sehr gut gefallen. Die Liebesgeschichte nimmt nicht zu viel Platz ein, sondern es bleibt auch noch viel Raum für Evas Entwicklung, für die Renovation und Eröffnungsfeier des Cafés und um die weiteren Figuren kennenzulernen. Ausserdem zeigt sich, dass auch die Teenagerin Nele an ihrer Vergangenheit und der Trennung ihrer Eltern zu knabbern hat, was sehr realistisch dargestellt wird.
Im letzten Drittel aber passiert etwas, was mir so gar nicht gefallen hat. Die ganze Entwicklung von Eva wird zunichte gemacht und die eigentlich mitten im Leben stehende Frau wird wie ein naives Kleinkind ohne eigenen Willen dargestellt. Zusätzlich gab es mir da dann auch noch zu viel romantisches Hin und Her, was mir überhaupt nicht gefallen hat, weshalb ich dann in meiner Bewertung einiges abziehen musste.
Das Buch ist übrigens der Nachfolgeband von "Strandkorbzauber", kann aber komplett unabhängig davon gelesen werden.

Schreibstil und Aufbau:
Marie Merburg zeigt in den ersten zwei Dritteln ihres Buches "Leuchtturmsommer" dass sie so richtig gut und schön beschreiben kann. Die salzige, windige Seeluft, Sonnenuntergänge am Strand aber auch Evas im neu renovierten Café kredenzte Köstlichkeiten sind sehr fassbar und realistisch beschrieben und haben einige Male das Fernweh in mir geweckt. Leider zieht sich die Geschichte im letzten Abschnitt in die Länge und einige unnötige Komplikationen, bei denen die Protagonistin wirklich nicht gut wegkommt, werden eingebaut. Es ist schade, dass die immer selbstbewusster gewordenen Eva plötzlich wieder sehr naiv dargestellt wird und ausserdem sind einige Entwicklungen in der Handlung auch nicht ganz logisch erzählt.

Fazit:
Den Abzügen im Aufbau zum Trotz beinhaltet das Buch eine schön erzählte Geschichte, die ganz viel Meerweh in mir geweckt hat. Ob ich aber die weiteren Bände der Reihe lesen werde, wird von den Meinungen der Rezensent:innen abhängen.

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Veröffentlicht am 01.04.2023

Da wäre mehr möglich gewesen

Einübung ins Schweben
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Inhalt:
Nach einer Lesung in Sarajevo beschliesst der Altphilologe und Mythenforscher Peter Hurd, seinen Aufenthalt in der Stadt zu verlängern. Sein Übersetzer und Freund Rajko, der ihn über alle Massen ...

Inhalt:
Nach einer Lesung in Sarajevo beschliesst der Altphilologe und Mythenforscher Peter Hurd, seinen Aufenthalt in der Stadt zu verlängern. Sein Übersetzer und Freund Rajko, der ihn über alle Massen bewundert, steht ihm mit Rat und Tat zur Seite. Als der Krieg ausbricht und die Stadt über vier Jahre hinweg belagert wird, gibt Hurd sich einem Rausch nach dem anderen hin, probiert alle Drogen aus, die er finden kann und entfernt sich immer weiter von seinem alten Selbst, das der Ich-Erzähler Rajko vergeblich nach wie vor in ihm zu finden sucht, während er selber in seinem Alltagstrott stehen und gefangen bleibt.

Meine Meinung:
Am 8. Februar bin ich mit Marija von @allemeinebuecher ins Literaturhaus Zürich gegangen und habe gemeinsam mit ihr die Lesung von Dževad Karahasan zu seinem neuen Buch "Einübung ins Schweben" besucht (die Bilder seht ihr HIER). Zu diesem Zeitpunkt hatte ich etwa hundert Seiten des Buches gelesen und Karahasan hat an besagtem Abend zufällig auch genau die drei Szenen vorgelesen, die mir bis dahin am besten gefallen hatten. So weit, so gut. Schon bei der Lesung zeigte sich aber auch: dieser Mann holt gerne aus, weicht ab und doziert unaufhaltsam vor sich hin und die Moderatorin Katrin Eckert hatte ihre liebe Mühe, zu Wort zu kommen. Beim weiteren Lesen dieses Buches haben genau diese Eigenschaften, das endlose Abschweifen, das zuweilen krampfhaft anmutende Suchen nach Analogien in der griechischen Mythologie und Philosophie, das Aneinanderreihen von Worten, dazu geführt, dass ich dieses Buch nur noch weglegen wollte. Nicht nur wird kaum aus der belagerten Stadt berichtet (ich frage mich, welches Buch der Feuilleton gelesen hat, wenn er einstimmig von diesen "eindringlichen Schilderungen" schwärmt), sondern vor allem Rajkos Innensicht imklusive zahlreicher philosophischer Betrachtungen abgebildet, auch wird ein Drogentrip erzählt, der konstruiert wirkt und nicht zuletzt sind die Frauenfiguren stereotyp erzählt und kleingehalten. Ausserdem wird eine vermutliche Vergewaltigung verharmlost. Karahasan, der durchaus erzählen könnte, was er in zahlreichen unterhaltsamen Anekdoten beweist und dessen Liebe zu Sarajevo ungebrochen ist, will mit seinem neuesten Buch wohl vor allem zeigen, wie belesen und lebenserfahren er ist. Vielleicht ist dieser Stil einfach ein wenig in die Jahre gekommen, aber vielleicht wird ein solcher Text von einem alten weissen Mann halt auch dann nicht besser, wenn er aus dem Land stammt, in dem das Erzählen eigentlich ein eigener Sport ist.

"Mir ist nicht einmal der Krieg passiert, mir ist auch nicht die Belagerung Sarajevos passiert. Mir ist nur der Verlust meiner Stadt passiert, und der ist mir wirklich passiert."

Fazit:
Weniger wäre mehr gewesen. Hätte Karahasan sich auf seine Geschichte konzentriert und dem roten Faden eine Chance gegeben, sich zu entspinnen, wäre das eine schöne, runde Sache mit grossem Potenzial geworden. Ich bin froh, dass ich bereits sehr viele andere Autorinnen und Autoren aus dem ehemaligen Jugoslawien für mich entdecken durfte, die mich mehr zu überzeugen vermochten und kann für dieses Buch keine Empfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 27.03.2023

Zu viele Themen und Klischees, nach und nach immer besser erzählt

Schokolade am Meer - Süße Wünsche
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Inhalt:
Hannah hat sich nicht nur komplett in ihrem ehemaligen Verlobten getäuscht, nun erbt sie auch noch überraschend sämtlichen Besitz ihrer verstorbenen Tante Bente, welche auf der berühremten Schokoladeninsel ...

Inhalt:
Hannah hat sich nicht nur komplett in ihrem ehemaligen Verlobten getäuscht, nun erbt sie auch noch überraschend sämtlichen Besitz ihrer verstorbenen Tante Bente, welche auf der berühremten Schokoladeninsel gelebt und gearbeitet hat. Hannah macht sich auf die Suche nach Hinweisen und Erklärungen in Bentes Haus und kommt dabei Thies Lorentz, einem der drei Lorentz-Brüder und Mitbesitzer der Schokoladeninsel, näher. Doch weitere unerwartete und unangenehme Überraschungen lassen sie an seinen Gefühlen für sie aber auch an ihrer Familie zweifeln.

Meine Meinung:
Zuerst hat es mir dieses Buch schwer gemacht und mich mit sehr vielen Themen überschwemmt und ich konnte mich gar nicht auf die Protagonistin einlassen. Ausserdem sind einige dieser Themen nicht ganz ohne, werden aber in meinen Augen nicht mit dem nötigen Respekt behandelt. Joos Lorentz beispielsweise ist in seiner Kindheit entführt worden und ihm fällt es seither schwer, Menschen zu trauen. Natürlich ist mir bewusst, dass Joos Lorentz in einem weiteren Band der Reihe eine grössere Rolle spielen wird und dass ich es hier mit einem eher leichten Roman zu tun habe, dennoch hat es mich stark irritert, dass ein so heftiges Thema in einem Nebensatz erwähnt wird und dann kaum mehr zur Sprache kommt.
Ausserdem haben mich einige überzogene Geschlechterklischees stark gestört und so idyllisch die Schokoladeninsel in meinen Träumen aussieht, so wenig spielt sie im Buch eine Rolle. Es riecht immer mal wieder nach den verschiedensten Leckerein und Hannah probiert zwei oder drei dieser Süssigkeiten auch, das war es dann aber schon mit der Schokoladeninsel. Stattdessen spielen viele Geheimnisse (von denen ich die meisten von Anfang an durchschaut hatte, welche den Figuren aber erst so laaaangsam klar werden) eine Rolle.
Die beschriebenen Figuren haben mir aber sehr zugesagt und nach einigen Kapiteln bin ich richtig gut in der Geschichte angekommen und dann nur noch so durch die Seiten geflogen. Der wirklich gut eingebaute und ziemlich offene Cliffhanger hat mich ausserdem neugierig gemacht auf die weiteren Bände. Ich mag es immer gerne, mehrere Personen einer Region oder Familie näher kennenzulernen und bin gespannt, wie die nächsten Bände in der Leserschaft ankommen werden.

Sprache und Aufbau:
Eine schlankere Themenauswahl hätte der Geschichte auf jeden Fall gutgetan. Ausserdem wäre es schön gewesen, wenn Schönbeck sich vermehrt auf die Schokoladeninsel und ihre Figuren konzentriert hätte. Die Beschreibungen hat sie nämlich wirklich drauf und ich bin mir sicher, dass sie noch viele weitere Schilderungen der Leckereien, Gerüche und des Handwerks an sich - die ganze Insel ist voller kleiner Läden und Manufakturen, in denen die verschiedensten Süssigkeiten hergestellt werden - hätte in die Geschichte integrieren können, ohne mich zu langweilen.

Meine Empfehlung:
Starken Anfangsschwierigkeiten zum Trotz hat es mir diese Geschichte angetan und ich denke, dass sich die Autorin im Verlauf der Reihe noch entwickeln wird. Ob ich die weiteren Bände lese, wird von den Rezensionen abhängen, die mir begegnen. Der Cliffhanger hat mich auf jeden Fall sehr, sehr neugierig gemacht.

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Veröffentlicht am 14.01.2023

Langsamer Beginn und fulminanter Schluss

Der Fledermausmann
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Inhalt:
Harry Hole ermittelt in Sydney und ist gleich in seinem ersten Fall einem Serienmörder auf der Spur. Hole begegnet Zirkusartisten, Prostituierten und lehrreichen Sagen der indigenen Bevölkerung ...

Inhalt:
Harry Hole ermittelt in Sydney und ist gleich in seinem ersten Fall einem Serienmörder auf der Spur. Hole begegnet Zirkusartisten, Prostituierten und lehrreichen Sagen der indigenen Bevölkerung Australiens. Er muss sich in gefährlichen Kreisen bewegen und zurechtfinden und sich seinen eigenen Dämonen stellen. Ausserdem weiss er nicht, wem er vertrauen kann und ist teilweise ganz auf sich alleine gestellt, bis er endlich durchschaut, welches Spiel um ihn herum gespielt wird.

Meine Meinung:
Ein wenig mehr als sechs Jahre ist es schon her, dass ich "Schneemann" gelesen habe. Das Buch hat mir so gut gefallen, dass ich beschlossen habe, die Reihe um Harry Hole komplett zu lesen. Seit einiger Zeit habe ich die ersten paar Bände zusammen und habe nun endlich ganz vorne begonnen.
Der Einstieg ist mir tatsächlich nicht ganz leicht gefallen. Der Anfang hat noch nicht wirklich Hand und Fuss und man merkt der von Jo Nesbø 1997 geschriebenen Geschichte ihr Alter an. Es sind nicht nur die nicht immer politisch korrekten (respektive nicht mehr zeitgemässen) Bezeichnungen für sämtliche im Buch vorkommenden Menschen - wenn auch es grandios ist, dass Nesbø eine so grosse Diversität ganz selbstverständlich in seine Geschichte integriert und seinen Ermittler zwar mit einer bestimmten Vorsicht aber einer grundsätzlichen Offenheit gegenüber allen Menschen und ihren Lebensweisen ausstattet - sondern auch eine gewisse Langsamkeit in der Handlungsentwicklung, welche sich vor allem durch den Anfang der Geschichte zieht.
Nach und nach nimmt die Geschichte aber Fahrt auf und das Ende überzeugt - wie auch schon "Schneemann" mit filmreifen Szenen und "Schnitten" und einigen überraschenden Wendungen, Tragik und tiefen Einblicken in Holes Vergangenheit.

Meine Empfehlung:
Ich musste dem Buch ein wenig Zeit geben, dann aber hat es sich zu meiner Zufriedenheit entwickelt und mit Spannung, Überraschungen und einem einnehmenden Ermittler mit harter Schale und weichem Kern überzeugt.

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