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Veröffentlicht am 05.06.2023

Hochherrschaftlich

Die Unverbesserlichen – Die Revanche des Monsieur Lipaire (Die Unverbesserlichen 2)
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Nichts wird mehr so sein wie es war in Port Grimaud. Die Familie Vicomte kann endlich beweisen, dass ihnen der Ort gehört. Die Unverbesserlichen um Guillaume Lipaire fürchten, dass ihr Paradis in Südfrankreich ...

Nichts wird mehr so sein wie es war in Port Grimaud. Die Familie Vicomte kann endlich beweisen, dass ihnen der Ort gehört. Die Unverbesserlichen um Guillaume Lipaire fürchten, dass ihr Paradis in Südfrankreich nur noch ein Paradis für Reiche sein wird. Delphine hat schon die Kündigung für ihren Handyladen erhalten und die Geschäfte von Guillaume laufen auch schlecht. Nur Paul mit seiner Gärtnerei scheint alles richtig gemacht zu haben. Guillaume denkt, er und seine Bande müssen einfach etwas unternehmen. Doch zuvor finden sie den Pudel von ihrer Freundin Lizzy tot auf dem Gelände der Gärtnerei. Wie sollen sie der alten Dame nur beibringen, dass ihr geliebter Hund nicht mehr ist?

Die Autoren haben sich vom Allgäu aufgemacht an die Còte d’Azur, zumindest literarisch. Das ist mal eine schöne Abwechslung, die mit diesem Band in die zweite Runde geht. Die Unverbesserlichen nennen sie sich selbst und hier sehen sie es als ihre Aufgabe an, Port Grimaud so zu erhalten wie es ist. Sie selbst waren es schließlich, die der Familie Vicomte zu dem Beweis ihres Anspruchs auf die Herrschaft in Port Grimaud verholfen haben. Unverbesserlich eben, oder können sie doch noch etwas verbessern? Hoffentlich kommt Jacqui bald aus Amerika zurück. Sie hätte bestimmt eine Idee. Doch zunächst einmal müssen sie bei der Verwaltung herausfinden, ob dort die Ausrufung eines neuen Staates wirklich unterstützt wird.

Wenn man die von den Autoren gelesenen Hörbücher der Kluftinger-Reihe kennt, ist man bei den Unverbesserlichen etwas überrascht, Axel Prahl zu begegnen. Wie er allerdings jedem der Unverbesserlichen eine eigene Stimme verleiht und das auch durchhält, ist eine starke Leistung, die das Hören zum Genuss macht.

Um den zweiten Band der Reihe zu verstehen, muss man den ersten nicht zwingend kennen. Hilfreich wäre es wohl schon. Doch auch so werden einem die schrulligen Unverbesserlichen mit ihren Eigenheiten schnell sympathisch. Ein wenig chaotisch sind sie, aber gleichzeitig auch liebenswert. Ein Krimi im üblichen Sinne ist dieser Roman nicht, eher ein herzerwärmender Urlaubsroman mit Spannungselementen. Zumindest in diesem Band muss niemand herausfinden, wer etwas getan hat. Eher setzten sich die Unverbesserlichen ein Ziel und man kann sich bestens darüber amüsieren, welche Steine sie sich dabei selbst in den Weg legen. Natürlich erlebt man als Leser ein paar Überraschungen und hin und wieder kommt einem der Gedanke an Vanille-Eis mit Erdbeeren und Sahne. Vielleicht liegt das auch an dem stimmigen Cover.

Veröffentlicht am 04.06.2023

Unendlichkeit

Stealing Infinity
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Sie gehörte mal zu den It-Girls an der Schule. Doch irgendwann hat ihr Vater die Familie verlassen und das hat ihre Mutter aus der Bahn geworfen. Und nun ist es Natasha, die den kleine Rest der Familie ...

Sie gehörte mal zu den It-Girls an der Schule. Doch irgendwann hat ihr Vater die Familie verlassen und das hat ihre Mutter aus der Bahn geworfen. Und nun ist es Natasha, die den kleine Rest der Familie zusammenhält. Geld ist nicht mehr da und Zeit für die Schulaufgaben auch nicht. Nun ist Natasha bei den Losern, eigentlich nicht einmal das. Sie ist allein. Nur ihr Kumpel Mason hält zu ihr und die Neue an der Schule Elodie. Diese lädt Natasha in einen mondänen Club ein, wodurch Natashas Leben erneut durcheinander gerät und sie landet an der geheimnisvollen Gray Wolf Academy.

Bei diesem Roman handelt es sich um den ersten Band der Gray Wolf Academy Reihe, von der auch zweite Band bald erscheint. Natasha gerät in eine eigentlich unlösbare Situation, in der ihr die Einladung an die Academy als einziger Ausweg erscheint. Doch dafür muss sie alles hinter sich lassen und auf das Versprechen vertrauen, dass es ihrer Mutter gut gehen wird. So einfach ist es aber auch an der Academy nicht. In den ersten Tagen und Wochen ist Natasha dort ebenfalls relativ allein, weil sie einfach noch nicht den Statur der anderen hat. Auf Elodie kann sich Natasha nicht verlassen, wohingegen Braxton sie unterstützt - zum Glück.

Wenn man auf mehreren Seiten auf den Roman gestoßen ist, wird man doch neugierig. Zu viel verraten werden soll hier nicht, aber ein gerne gelesenes Thema von Fantasy oder Science Fiction wird ihr in einem Jugendroman verarbeitet und fesselnd mit der richtigen Portion Emotionalität dargebracht. Mit Geheimnissen gespickt ist das Leben an der Academy, der hippe Schein täuscht etwas, die Studenten verfolgen ihre eigenen Ziele und Natasha findet nach und nach einiges heraus. Braxton bietet Wärme und Halt, aber auch er erzählt nicht alles. Wem kann man trauen? Worum geht es? Gibt es einen Plan? Mit einigen Hinweisen wird man gepackt und neugierig gemacht, auf den nächsten Band.

Das gelungene Cover dieses Jugendromans gibt bei genauer Betrachtung einen kleinen Hinweis auf den Studieninhalt der Academy. Da kann sich gerne etwas Zeit zur Betrachtung lassen.

Veröffentlicht am 31.05.2023

Geheime Besucherin

Unter dem Schnee
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Nachdem sie die Baumschule fünfzig Jahre lang wohl überlegt geführt hat, ist Luise von Schwan Ende des Jahres 1978 verstorben. Am 28. Dezember 1978 soll sie bestattet werden. Allerdings macht der heraufziehende ...

Nachdem sie die Baumschule fünfzig Jahre lang wohl überlegt geführt hat, ist Luise von Schwan Ende des Jahres 1978 verstorben. Am 28. Dezember 1978 soll sie bestattet werden. Allerdings macht der heraufziehende Wintersturm dies unmöglich. Die Anteilnehmenden aus dem Dorf schaffen es gerade noch nach hause und die Familie macht sich auf den Weg zum Gut. So eng aufeinander saß die Familie schon lange nicht mehr. Klementine, Luises jüngere Schwester, deren Söhne Carl und Jo, Carls Frau, Caroline, Jos Tochter und Isa, die alte Vertraute und Haushälterin von Luise. Doch das enge Beisammensein kommen auch Themen zur Sprache, über die sonst geschwiegen wird.

Das Schicksal der von Schwans seit Gründung der Baumschule, aber hauptsächlich während und nach dem zweiten Weltkrieg, ist ein Hauptthema dieses Romans. Vor dem Hintergrund des großen Winterunwetters über den Jahreswechsel 1978/79 entfalten sich die familiären Beziehungen der Familie. Als am Abend plötzlich der Pastor mit einer jungen Frau auf dem Gut auftaucht, müssen sich die Familienmitglieder auch den letzten Geheimnissen stellen. Das Schweigen muss gebrochen werden. Die junge Generation hat ein Recht darauf, auch das von den Älteren zu erfahren, was diese gerne für sich behalten würden.

Von Verlusten geprägt ist das Leben der von Schwans und nicht nur das, auch Schuld haben die Älteren auf sich geladen. Auch wenn einige irgendwann vielleicht erkannt haben, dass unter dem Regime des dritten Reiches nichts Positives entstehen konnte, so haben sie doch bis zu einem gewissen Grad mitgemacht. Und nicht jeder sieht etwas ein. Auch die folgende Generation mit ihrem sich einfügen oder sich auflehnen, ist von der Kriegszeit geprägt. Kann unter diesen Voraussetzungen eine Entwicklung zum Besseren einsetzen? Möglicherweise entsteht erst in der Enkelgeneration die Kraft zum Neuanfang. Mit bewegenden Worten berichtet die Autorin von einer Zeit, die die meisten wahrscheinlich nur in Teilen miterlebt haben, und für die etliche zu jung sind. Dieser zeitgeschichtliche Roman bietet neben einer spannenden und aufwühlenden Familiengeschichte, auch einen Anreiz über den Hintergrund der eigenen Familie nachzudenken und sich in Erinnerung zu rufen. Auch da gab es möglicherweise Schuld, Verlust und Flucht und doch auch einen Neustart, der aber nie die Erinnerung überdecken sollte. Ein überraschend klares Buch, das zu lesen sich lohnt.

Veröffentlicht am 29.05.2023

Rosa Lippenstift

Liebe oder Eierlikör
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Ernst Mannsen ist ganz verwirrt. Die liebenswerte, aber etwa unscheinbare Gemeindemitarbeiterin Hilke trägt plötzlich Lippenstift und farbenfrohe Kleidung. Wenn sie mal nicht einem Heiratsschwindler aufgesessen ...

Ernst Mannsen ist ganz verwirrt. Die liebenswerte, aber etwa unscheinbare Gemeindemitarbeiterin Hilke trägt plötzlich Lippenstift und farbenfrohe Kleidung. Wenn sie mal nicht einem Heiratsschwindler aufgesessen ist. Ernst muss unbedingt Schlimmeres verhindern. Und so kommt es, dass sein Enkel Mads ihm ein Profil auf der Online-Dating-App erstellt. So richtig was zu suchen hat der mit seiner Gudrun glücklich verheiratete Ernst natürlich nicht, aber wenn es der Rettung von Hilke dient, dann wird er sein ganzes Geschick einsetzen. Dass Ernst dabei den einen oder anderen Auftrag vergisst, den Gudrun erteilt hatte, lässt sich kaum verhindern.

Wenn einem die Namen von Ernst Mannsen und seinen Sylter Freunden und Bekannten irgendwie bekannt vorkommen, dann könnte das an „Geld oder Lebkuchen“ erinnern, wo der ehemalige Zollbeamte und verhinderte Polizist Ernst schon einmal schlimmere Verbrechen zu verhindern suchte. Im vorliegenden Band geht es auch wieder lustig zu, wenn auch das Thema durchaus auch ernste Momente hat. Man muss halt schon aufpassen in dieser Welt. Ernst jedenfalls tut sein Bestes, um seine Ermittler-Qualitäten ins beste Licht zu rücken. Schnell wird dann auch die Enkelgeneration mit ihrer technischen Expertise tätig, Manchmal scheinen die Jungen die Vernünftigen zu sein, da müssen sie den Älteren gegenüber auch einfach mal nachgeben.

Durch diese Fast-Romanze führt die Vorleserin Katja Danowski mit traumwandlerischer Sicherheit. Sie verleiht dem Hörbuch große Lebendigkeit. Auch dieses zweite Treffen mit Ernst Mannsen und seinem Sylt und den Inselbewohnern macht richtig Spaß. Mit Witz und Humor werden auch durchaus ernste Themen aufgegriffen, aber gelungen mit der einem Cozy-Crime oder eben Romance angemessenen Leichtigkeit verarbeitet. Der aufrechte Ernst, der gerne die Welt, aber mindestens die Inselbewohner retten möchte, die dorfälteren Frauen, welche ihm dabei mit großem Einsatz helfen, die Enkel, die gegen die Älteren manchmal nur so in etwa bestehen. Humorig, ohne platt zu wirken. Das wünscht man sich von einem leichten und dennoch sehr intelligentem Roman, der ein paar Elemente eines Kriminalromans hat und bei dem es sich dennoch fast um eine Romanze handelt.

Veröffentlicht am 25.05.2023

Der Protokollant

Wenn Worte töten
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Der Autor Anthony Horowitz fühlt sich manchmal eher wie der Co-Autor von Damiel Hawthorne, einem ehemaligen Polizisten. Mit diesem hat er einen Fall protokolliert und als Kriminalroman veröffentlicht. ...

Der Autor Anthony Horowitz fühlt sich manchmal eher wie der Co-Autor von Damiel Hawthorne, einem ehemaligen Polizisten. Mit diesem hat er einen Fall protokolliert und als Kriminalroman veröffentlicht. Bald soll es ein neues Buch geben und der Verlag meint, Horowitz und Hawthorne sollen zu einem Literaturfestival nach Alderney. Womit die beiden Herren, die sich nicht immer ganz grün sind, nicht rechnen, dass sie sich auf der beschaulichen Kanalinsel nicht nur mit Literatur beschäftigen werden. Zu dem Festival hat sich eine illustre Runde versammelt, etwas skurril, aber interessant. Nur der Mäzen scheint nicht die Freundlichkeit in Person zu sein.

Dies ist der dritte Roman, in dem der Autor Anthony Horowitz als Chronist des Privatdetektivs Daniel Hawthorne auftritt. Besonders am Anfang wird die Beziehung zwischen Verlag, Autor und Agent beleuchtet. Wobei der Ideengeber Hawthorne seinen Anteil an der schriftstellerischen Tätigkeit doch als überaus wichtig einschätzt, schließlich hätte man ohne seine Nachforschungen keine Romane. Eigentlich ist Horowitz der Co-Autor, es ist ihm nur nicht so klar. Und Alderney ist doch ein nettes Reiseziel. Das der Mäzen schon am nächsten Morgen tot aufgefunden wird, führt natürlich dazu, dass Hawthorne unerwartet ermitteln muss. Möglicherweise hatte er auch noch einen ganz anderen Grund, an dem Festival teilzunehmen.

Der Anfang dieses klassischen Whodunit mit seinen Anspielungen auf das Verlagswesen und der Irritation des Autors über seinen selbstgerechten Co-Autoren ist wirklich klasse. Auf der Insel angekommen entwickelt sich der Roman mehr zu einem normalen Krimi, in dem eben Täter und Motiv gefunden werden sollen. Natürlich ist Hawthorne schlauer als die Polizei oder Horowitz. Und von sich eingenommen bleibt er immer. Dennoch verfolgt man gespannt, wie mögliche Motive eruiert und Verdächtige ausgeschlossen werden. Auch ist es vergnüglich, die Irrtümer des Autors zu erkennen. Wobei es beim Lesen nicht gelingt, das Rätsel selbst zu lösen. Da muss und darf man sich getrost auf Hawthorne verlassen, über dessen Persönlichkeit es etwas zu erfahren gibt. Diese Reihe ist lesenswert und das Hörbuch wird hervorragend vorgetragen von Uve Teschner.