Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2023

Kein Thriller, aber spannende Ermittlungen in einem Mix aus Gegenwart und Vergangenheit, Gut und Böse innerhalb der Polizeistrukturen und einer tragischen Hauptfigur auf der mystischen Insel

INSEL
0

Vier Freunde treffen sich nach zehn Jahren wieder, um auf einer entlegenen Jagdhütte dem Tod ihrer Freundin Katla zu gedenken. Sie war 1987 in im Sommerhaus der Familie getötet und ihr Vater als Mörder ...

Vier Freunde treffen sich nach zehn Jahren wieder, um auf einer entlegenen Jagdhütte dem Tod ihrer Freundin Katla zu gedenken. Sie war 1987 in im Sommerhaus der Familie getötet und ihr Vater als Mörder verhaftet worden. Die Stimmung unter den ehemals guten Freunden ist angespannt, da die vier seit der Tat damals keinen Kontakt mehr zu einander hatten. Sie verbringen den Abend gemeinsam, trinken Alkohol und finden am nächsten Morgen eine von ihnen tot auf. Klara ist in der Nacht unbemerkt von den Klippen gestürzt, wofür die drei Freunde keine Erklärung haben.
Kommissarin Hulda Hermannsdóttir aus Reykjavík nimmt die Ermittlungen in dem Todesfall auf, wobei sich bald herausstellt, dass es sich nicht um einen tragischen Unfall oder gar Suizid gehandelt hat, sondern Klara durch Fremdeinwirkung gestorben ist. Als Täterin oder Täter kann nur einer der drei anderen in Frage kommen, denn sie waren zu dem Zeitpunkt allein auf der Insel. Erneut scheinen die drei Freunde durch einen Mordfall verbunden zu sein. Hulda kann nicht umhin zu denken, dass es einen Zusammenhang geben muss?

"INSEL" ist nach "DUNKEL" der zweite Band der HULDA-Trilogie, einer Thriller-Reihe aus Island, die zeitlich rückwärts erzählt wird.
Während Hulda im ersten Teil in den Ruhestand versetzt wurde, ist Hulda nun knapp 50 Jahre alt und wurde gerade bei einer Beförderung ungerechterweise gegen einen männlichen Kollegen umgangen. Dabei arbeitet Hulda nach dem Suizid ihrer Tochter und dem Tod ihres Ehemannes akribischer als andere, denn die Arbeit ist ihr einziger Lebensinhalt.
In der Hoffnung, sich zu beweisen und doch noch Karriere zu machen, nimmt sich Hulda des aktuellen Falles an, auch wenn ihr Vorgesetzter, der den Fall der Toten Katla aufgeklärt hatte, ihren Tatverdacht nicht unterstützt.

Der Roman ist zu Beginn aus wechselnden Perspektiven geschrieben, schildert Ereignisse aus dem Jahr 1987, bevor ein Zeitsprung erfolgt und die vier Freunde im Herbst 1997 zu einem Wiedersehen auf einer abgelegenen Insel zusammenkommen, wo sich der Todesfall ereignet.
Der Fokus wechselt sodann auf Hulda, ihrem Instinkt und den Ermittlungen im Dall der toten Klara. Aufgrund der vorangegangenen Schilderungen hat die/ der LeserIn einen Wissensvorsprung gegenüber Hulda, weshalb der Roman ein wenig an Spannung einbüßt.
Die Ermittlungen, Befragungen und Verdächtigungen sind schlüssig und nachvollziehbar, so dass man als LeserIn schnell auf der richtigen Spur ist und darauf wartet, dass der oder die Täter entlarvt werden.
Wie schon "DUNKEL" ist auch "INSEL" kein Thriller, denn das Hauptaugenmerk liegt auf der Aufklärung der Kriminalfälle und den Ermittlungen aus Sicht von Hulda. Hierbei entsteht kein Nervenkitzel oder ein Gefühl für Gefahr. Dennoch reizt die Geschichte durch die Kombination aus Gegenwart und Vergangenheit, die Aufklärung der beiden Todesfälle, das Spiel zwischen Gut und Böse innerhalb der Polizeistrukturen, der tragischen Figur Hulda und die düstere und kühle Atmosphäre sowie anschauliche Beschreibung der entlegenen Orte auf der mystisch anmutenden Insel Island.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.09.2023

Aufschlussreiche Reise in die deutsch-deutsche Vergangenheit und eine dramatische Familiengeschichte über Verdrängtes und ungeahnte Geheimnisse.

Wir sehen uns zu Hause
0

Nach dem überraschenden Tod ihres Ehemannes begibt sich Anne Wagner allein mit ihrem Wohnmobil auf die Reise nach Skandinavien, die sie für mehrere Monate eigentlich mit Peter hatte unternehmen wollen. ...

Nach dem überraschenden Tod ihres Ehemannes begibt sich Anne Wagner allein mit ihrem Wohnmobil auf die Reise nach Skandinavien, die sie für mehrere Monate eigentlich mit Peter hatte unternehmen wollen. An Bord hat sie alte Fotos von Peter, die aus der Zeit stammen, als sie sich noch nicht kannten. Sie hatten sich nach dem Mauerfall in Berlin kennengelernt und sind zusammengeblieben. Peter hat damit seine Vergangenheit in der DDR abgeschlossen und das Gesprächsthema stets vermieden.
Als Anne bei ihrer ersten Station der Urlaubsreise auf Rügen angekommen ist, wo Peter nicht einmal eine Nacht hatte bleiben wollen, beschließt sie den Aufenthalt zu verlängern, um herauszufinden, was Peter dort erlebt haben mag. Zusammen mit den Fotos und auskunftsfreudigen Menschen in den neuen Bundesländern taucht Anne ab in die Vergangenheit und erfährt mehr über die unbekannte Seite ihres Mannes und deckt dabei ein lang gehütetes Geheimnis auf.
Währenddessen wartet ihre Tochter Alina zu Hause, wo sie um ihren Vater trauert und nach gleich zwei lebensverändernden Nachrichten ihre Mutter an ihrer Seite bräuchte.

Der Roman ist aus der Perspektive von drei Personen geschrieben, wobei zumindest nicht von vornherein klar ist, bei wem es sich um Ronny handelt, der in Hamburg mit Panikattacken zu kämpfen hat. Je tiefer man über die Sichtweisen von Anne und Alina jedoch in die Geschichte eintaucht, desto deutlicher wird, wie Ronny mit ihnen verbunden ist.

Anne ist eine trauernde Witwe, die das ungewohnt leere Haus nicht erträgt und sich deshalb auf die Reise macht. Zudem möchte sie ihrem geliebten Peter durch den Roadtrip in ihrem Wohnmobil nahe sein, denn so haben sie seit 30 Jahren alle Urlaube zu zweit oder mit Tochter Alina verbracht.
Anne erinnert sich an ihr Kennenlernen zum Zeitpunkt des Mauerfalls im November 1989 und reflektiert, dass sie nichts aus Peters Leben in der DDR weiß. Seine alten Fotos werden dabei zu einem Wegweiser auf ihrer Reise, die ab Rügen eine ganz andere Route nimmt, als geplant, und sie über Mecklenburg-Vorpommern in die Uckermark und bis nach Thüringen führt, wo sie auf den Spuren Peters wandelt. Anne erscheint zumal blauäugig, wenn sie vorbestrafte Anhalter mitnimmt oder bei einem völlig fremden Mann übernachtet und auch dass sie so wenig über die deutsche Vergangenheit und die von Peter weiß sowie seine Familie ignoriert hat, ist ein wenig befremdlich. Dass sie dann so leicht nur anhand der Fotos und durch Begegnungen mit Menschen aus der ehemaligen DDR Details aus Peters Leben herausfindet, ist sehr glücklich geschildert.

Die verschiedenen Stationen und bildhaft beschriebenen Orte sowie die Wechsel der Perspektiven zwischen den Personen sorgen für Abwechslung und machen die Geschichte lebendig. Die Figuren haben Ecken und Kanten, was sie authentisch macht. Alle sind von ihrer Trauer und Enttäuschungen geprägt und auf der Suche nach Erklärungen.

"Wir sehen uns zu Hause" ist eine interessante Reise in die deutsch-deutsche Vergangenheit und eine dramatische Familiengeschichte, die sich zwar nicht sonderlich wendungsreich oder überraschend entwickelt, aber dennoch neugierig macht, alles Verdrängte und ungeahnte Geheimnisse aufzudecken und zu erfahren, warum der so korrekte Peter, liebende Ehemann und Vater nach seinem Tod so kaltherzig und egoistisch erscheint.
Dabei fließen historische Details wie "Abkindern" oder "Spatsoldaten" in die fiktive Geschichte ein, die erhellend sind, aber oberflächlich bleiben und gerne noch etwas ausführlicher hätten beschrieben werden können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.09.2023

Geschichte über die Zerbrechlichkeit einer jahrelangen Freundschaft und den Versuch einer Versöhnung nach langem Schweigen und dem Tod einer von ihnen

Drei Frauen am See
0

Seit ihrer Schulzeit in den 1970ern sind Marie, Friederike, Alexandra und Jule beste Freundinnen. Sie verbringen die Ferien miteinander im Haus am See von Maries Eltern und treffen sich auch nach dem Abitur ...

Seit ihrer Schulzeit in den 1970ern sind Marie, Friederike, Alexandra und Jule beste Freundinnen. Sie verbringen die Ferien miteinander im Haus am See von Maries Eltern und treffen sich auch nach dem Abitur dort noch jedes Jahr zu Pfingsten. Nach 30 Jahren kommt es zu einem Streit und die Wege der vier trennen sich endgültig. Erst als Marie, die von Geburt an einer Herzerkrankung leidet, mit Mitte 50 stirbt, treffen sich die drei anderen bei einem Notar in Hamburg, denn Marie hat ihnen das Haus am See vermacht. Das Erbe ist jedoch an eine Bedingung geknüpft, die für alle unerfüllbar erscheint.

Der Roman wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei (ehemaligen) Freundinnen geschildert, die sich nach ihrer Schulzeit in unterschiedliche Richtungen zerstreut und letztlich nach einem großen Streit jeglichen Kontakt zu einander abgebrochen hatten. Der Alltag der drei ist nicht einfach, jede von ihnen hat mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen. Es kriselt im Beruf, finanzielle Schwierigkeiten belasten oder Ärger mit Partnern oder Müttern
machen Sorgen. Jede von ihnen ist ein ganz unterschiedlicher Charakter, was die Erzählung unabhängig von der alten Freundschaft lebendig und abwechslungsreich macht.

Von der Freundschaft ist über weite Strecken überhaupt nur etwas durch einzelne Erinnerungen oder die Tagebucheinträge aus der damaligen Zeit von Marie zu lesen. So fragt man sich lange, was der Grund des Streits gewesen sein mag und was dazu geführt hat, dass so gute Freundinnen, die sich Marie und Friederike betreffend sogar seit der Geburt kennen und wie Schwestern waren, kein Wort mehr miteinander sprechen. Auch der Notartermin ist prekär und zeigt, wie tief der Graben zwischen den drei übrig gebliebenen des Kleeblatts ist.
Es dauert, bis sich jede von ihnen überwinden kann, das erste Pfingsttreffen seit zehn Jahren wahrzunehmen. Eine Aussprache und Annäherung sind schwierig und vollziehen sich nur allmählich, was angesichts der vergangenen Zeit, der Missverständnisse und der Sturheit jeder einzelnen nicht verwunderlich ist.

Drei Freundinnen, drei Leben und eine Wiedervereinigung am See - es ist eine Geschichte über Freundschaft, Verletzungen und Verrat, die empathisch geschrieben ist und durch die Ecken und Kanten der Frauen, denen das Leben mitunter übel mitgespielt hat und die vereinzelt unschöne Seiten an sich zeigen, authentisch wirkt. Der Aufbau durch das Geheimnis um den Streit und die Frage, ob eine Annäherung oder gar Versöhnung möglich ist, ist spannungsvoll.
Traurig ist zu sehen, wie brüchig eine innige Freundschaft sein kann, wie leichtfertig man Freundinnen vergessen und stoisch ohne sie das Leben fortsetzen kann. Umso größer ist die Hoffnung, dass am Ende der Wert der Freundschaft siegt und dass es möglich ist, zu verzeihen und brücken zu bauen - nicht nur um den letzten Wunsch einer Freundin zu erfüllen, sondern auch um sich selbst damit einen Gefallen zu tun.

"Drei Frauen am See" ist Band 1 einer Buchreihe, aber die Geschichte ist in sich geschlossen, so dass am Ende keine Fragen offen bleiben. Die weiteren Bände der Trilogie, die die Geschichte jeder einzelnen weiter fortsetzt, sind bereits erschienen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.09.2023

Beklemmender, unblutiger Psychothriller um eine mysteriöse Prophezeiung mit morbidem Setting in Wien

Der Schatten
0

Norah Richter ist Journalistin und nach beruflichen Problemen und der Trennung von ihrem Freund von Berlin nach Wien gezogen. Schon am ersten Arbeitstag begegnet ihr eine Bettlerin, die ihr prophezeit, ...

Norah Richter ist Journalistin und nach beruflichen Problemen und der Trennung von ihrem Freund von Berlin nach Wien gezogen. Schon am ersten Arbeitstag begegnet ihr eine Bettlerin, die ihr prophezeit, dass Norah am 11. Februar aus freien Stücken und gutem Grund einen Mann töten wird. Norah kennt ihr mutmaßliches Opfer, das die Bettlerin namentlich benennt, nicht und kann sich zudem nicht vorstellen, in der Lage zu sein, einen Menschen zu töten. Dennoch beschäftigt sie die Vorhersage derart, dass sie mit Nachforschungen beginnt. Dabei ereignen sich merkwürdige Dinge, Norah erhält ominöse Nachrichten, Freunde wenden sich von ihr ab und sie sieht sich gezwungen, sich intensiver mit ihrer Vergangenheit zu beschäftigen.
Der Thriller handelt im Winter in Wien und die düstere und morbide Stimmung ist von Anbeginn spürbar. Norah begegnet auf Schritt und Tritt der Tod, sie ist einerseits einsam und fühlt sich andererseits beobachtet.
Ein weiterer Erzählstrang belegt genau das. Jemand ist hinter Norah her, kennt sie persönlich und möchte sich offenbar für eine Tat von Norah an ihr rächen. Die fremde Person, die da im Schatten lauert, scheint ein böses Spiel mit Norah zu treiben, die Bedrohung ist allgegenwärtig. Dennoch bleibt eine Unsicherheit, ob Norah raffiniert manipuliert wird oder tatsächlich im Recht ist und einen Rechtfertigungsgrund hat, den besagten Mann zu töten, was für Spannung sorgt.
"Der Schatten" ist ein unblutiger Thriller, der schon mit dem Prolog spannend und undurchsichtig beginnt. Norah ist nach Wien gekommen, um ein neues Leben zu beginnen, sieht sich dort aber mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Es sind subtile, kleine Dinge, die sie an ihrem Verstand zweifeln lassen und gruselig anmuten.
Eine permanente Gefahr steht im Raum, die Atmosphäre ist beklemmend und man wartet gebannt darauf zu erfahren, ob Norah tatsächlich zur Tat voranschreitet und ob da Motiv, dass sie bald zu erkennen glaubt, eine Entschuldigung für ihr Tun sein kann. Die Auflösung der mysteriösen Prophezeiung ist letztlich schlüssig, ihre Darstellung durch rückblickende Erklärungen ist dann jedoch enttäuschend leblos.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.09.2023

Mischung aus Coming-of-Age und Familiengeschichte: vierzig Jahre Leben in zwei unterschiedlichen Varianten - gleichermaßen unterhaltsam und berührend.

Mehr als ein Leben
0

Helens Eltern trennen sich, als das Mädchen vier Jahre alt ist. Sie wächst zunächst bei ihrer Mutter Vera auf, die den Schmerz über die Trennung mit Alkohol betäubt und ihre Tochter vernachlässigt. Während ...

Helens Eltern trennen sich, als das Mädchen vier Jahre alt ist. Sie wächst zunächst bei ihrer Mutter Vera auf, die den Schmerz über die Trennung mit Alkohol betäubt und ihre Tochter vernachlässigt. Während Helen früh selbstständig werden muss und in ihrem Nachbarn Frank einen Freund fürs Leben findet, dessen Eltern ein wachsames Auge auf sie haben, sieht sie ihren Vater Luc nur an den Wochenenden. Als dieser eine neue Freundin hat und stolzer Hausbesitzer ist, engagiert er sich für das Sorgerecht und meldet seine Exfrau dem Jugendamt. Mit zehn Jahren steht Helen vor der Entscheidung, welche Richtung ihr Leben nehmen wird - zwei Wege, die vollkommen unterschiedlich sind.

"Mehr als ein Leben" gibt einen Einblick in Helens Kindheit in Zürich, bis ihr Leben in zwei Varianten weitererzählt wird: als Elaine und Luna. Eine von ihnen bleibt bei der Mutter, eine zieht zum Vater, eine heiratet Frank, eine bleibt mit Frank befreundet, eine wird Unternehmerin in Zürich, eine hat wechselnde Jobs in Amerika, eine hat selbst Kinder, eine kümmert sich lieber um andere. Der Roman erzählt insofern titelgebend "mehr als ein Leben" in den 1970er- und 1980er-Jahren.
Durch die komplett unterschiedlichen Lebensentwürfe und die neue Namensgebung sowie die langen Abschnitte im jeweiligen Handlungsstrang, fällt es nicht schwer, den Überblick zu behalten, auch wenn die Erzählweise nicht chronologisch erfolgt.

"Mehr als ein Leben" ist eine Geschichte über die Frage "Was wäre, wenn...?", wobei der Hauptfigur nicht bewusst ist, dass es ein alternatives Leben für sie gibt. Der Roman handelt deshalb nicht unbedingt davon, welche Wahlmöglichkeit die richtige ist, sondern welche Auswirkungen eine Entscheidung als Zehnjährige auf den weiteren Lebensverlauf hat. Dies betrifft hierbei nicht nur Helen, wenn sie sich zwischen einem Elternteil entscheidet, sondern folglich auch Vater, Mutter und Freund Frank, der Helen in beiden Lebensentwürfen liebt.

Beide Erzählstränge sind eindrucksvoll, spannend und empathisch geschildert. Helen ist in beiden Varianten nachdenklich, aber auch mutig, quält sich jedoch häufig mit Schuldfragen und wirkt nie wirklich unbeschwert. Ihre Kindheit ist prägend und wirft Schatten und als Erwachsene sieht sie sich weiterhin mit Problemen wie Krankheit, Einsamkeit, Sehnsüchten und Gewissensbissen konfrontiert.
Eindrücklich ist zudem die unterschiedliche Lebensweise in San Francisco und Zürich, das liberalere, freiere Leben in Amerika und das traditionellere, konservative Leben in der Schweiz geschildert. Aids, Homophobie und die Beziehung von Mutter und Kind sind in beiden Versionen Themen, mit denen sich Helen als Elaine beziehungsweise Luna konfrontiert sieht.

Trotz unterschiedlicher Lebenswege gibt es Parallelen, die in beiden Varianten gleich sind, was zeigt, dass nicht jede Entscheidung tatsächlich richtungsweisend ist, sondern dass manche Dinge schicksalhaft sind.
"Mehr als ein Leben" ist eine Mischung aus Coming-of-Age und Familiengeschichte, die vierzig Jahre eines Lebens in zwei Varianten skizziert, die gleichermaßen unterhaltsam und berührend sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere