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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.02.2024

Wieder gut unterhalten worden!

Inspektor Takeda und die stille Schuld
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Das deutsch-japanische Ermittlerduo Claudia Harms und Kenjiro Takeda ermittelt erneut. Diesmal brennt eine Hamburger Seniorenresidenz, acht Bewohner sterben im Feuer, und schnell wird klar, dass es sich ...

Das deutsch-japanische Ermittlerduo Claudia Harms und Kenjiro Takeda ermittelt erneut. Diesmal brennt eine Hamburger Seniorenresidenz, acht Bewohner sterben im Feuer, und schnell wird klar, dass es sich um Branstiftung sowie Mord handelt.
Es gibt keine Verdächtigen, doch potentiell einige, die mit der Seniorenresidenz abzurechnen hätten. Erst als es einen weiteren Brand gibt, ergibt sich ein gemeinsamer Nenner: der Pflegeroboter, der in beiden Altenheimen eingesetzt wurde. Harms und Takeda konzentrieren sich auf ihrer Suche nach dem Mörder auf das Tech-Unternehmen, das den Pflegeroboter in Hamburg vertreibt, und stellen sich dabei die Frage, ob die KI derart eigenmächtig handelt, dass sie Menschen zu töten in der Lage ist.
Auch privat geht es bei Ken und Claudia drunter und drüber. Das Paar ist sich nicht nur beruflich näher gekommen in den letzten Wochen. Aber alte Muster sind schwer zu durchbrechen, und so steht die Beziehung unter keinem guten Stern. Es gilt in jedem Fall, die berufliche Zusammenarbeit effektiv zu halten, um den brandstiftenden Mörder zu schnappen.

Es war mir wieder ein Genuss, mit dem jazzliebenden Takeda und der kühlen Hamburgerin Harms auf Verbrecherjagd zu sein. Auch wenn es lediglich am Rande um die private Beziehung der beiden geht, lese ich die Reihe vor allem wegen ihnen, gerade wenn einer dem anderen einen Kulturschock verpasst und beide sich trotz aller Eigenheiten verstehen. Ich freue mich auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 18.02.2024

Wohlfühl-Roman!

Das Restaurant der verlorenen Rezepte (Die Food Detectives von Kyoto 1)
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Der ehemalige Polizist Nagare und seine zwanzigjährige Tochter Koishi betreiben ein kleines, unscheinbares Restaurant in Kyoto. Unbekannten fällt dieses kleine Etablissement nicht auf, und die, die es ...

Der ehemalige Polizist Nagare und seine zwanzigjährige Tochter Koishi betreiben ein kleines, unscheinbares Restaurant in Kyoto. Unbekannten fällt dieses kleine Etablissement nicht auf, und die, die es suchen, finden es nur in einer kryptischen Anzeige des Gourmet-Insiders.
Zu Nagare und Koishi kommen diejenigen, die ein ganz bestimmtes Gericht suchen, das sie irgendwann einmal gegessen haben. Mit detektivischem Gespür lässt das Vater-Tochter-Gespann seine suchenden Gäste nochmal den Geschmack der Kindheit und manchmal die Erinnerung an einen ganz besonderen Menschen aufleben. Nagare ahnt darüber hinaus sogar, was die Beweggründe seiner Gäste sind und was sie brauchen.

Über diesen appetitanregenden Roman möchte ich gar nicht allzu viel verraten. Die Gerichte, die Nagare und seine Tochter rekonstruieren, machen unglaubliche Lust mal wieder Japanisch essen zu gehen. Jeweils immer einen kurzen Einblick in die verschiedenen Speisen und ihre Suchenden werfend, sind Vater und Tochter die Konstante der Story, die man besonders zwischen den einzelnen Geschichten besser kennenlernt und ihr Verhältnis zueinander verstehen lernt. Beim Lesen breitet sich ein wohlig-warmes Gefühl im Bauchraum aus. Am besten bei einem Becher Tee und einer leckeren Nudelsuppe genießen!

Veröffentlicht am 07.01.2024

Erschreckend akkurat dargestellt

Rote Augen
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Eine Frau bekommt eine Nachricht auf Facebook. Er stellt sich als Bewunderer vor. Ihre Radiosendung sei ja so erfrischend anders, in ihrer Meinung erkenne er sich wieder.
Um es sich mit dem unbekannten ...

Eine Frau bekommt eine Nachricht auf Facebook. Er stellt sich als Bewunderer vor. Ihre Radiosendung sei ja so erfrischend anders, in ihrer Meinung erkenne er sich wieder.
Um es sich mit dem unbekannten Mann, der einen eigenen Blog betreibt, nicht zu verscherzen, geht die Frau zögernd auf seine Nachrichten ein. Reagiert, aber nicht zu viel - um keine falschen Signale zu setzen. Doch die wenigen, knappen Nachrichten von ihr reichen ihrem Fan bald nicht mehr aus. Er wird forsch, drängt auf ein Treffen in einem Café, besser noch ein Abendessen. Sie ahnt, dass dies bereits zu viel Aufmerksamkeit wäre, verknappt den Kontakt noch mehr. Dann werden seine Äußerungen zunehmend unerträglicher, er driftet ins Rassistische und Sexistische ab. Hier zieht sie die Reißleine, ent-freundet ihren Fan. Ihre Zurückweisung ruft einen unbändigen Hass in ihm hervor. Er will sie nicht nur beleidigen, er will sie gesellschaftlich vernichten.

Myriam Leroy hat mit diesem Buch eine Schublade geöffnet, deren Inhalt wahrscheinlich nur allzu vielen Frauen bekannt vorkommt. Ich habe mich gefragt, wie Männer das Buch wohl lesen, erkennen sie sich darin wieder oder kommt ihnen das Geschilderte wie ein Märchen vor? Ich frage mich deshalb, weil mich nichts, was der Fan der Radiomoderatorin äußert, wirklich überrascht hat. Und trotz dessen, dass ich nicht verwundert war, hat mich die Geschichte verstört und verärgert, weil sie in abgewandelter Form so vielen von uns passiert.
Der einzige, wirklich einzige Kritikpunkt in diesem Buch war für mich der Konjunktiv, in dem Dreiviertel der Geschichte verfasst waren. Ansonsten ein phänomenal akkurates Buch täglicher digitaler Misogynie.

Veröffentlicht am 25.12.2023

Ein Krimi zum Analysieren

Die rätselhaften Honjin-Morde
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Die wohlhabende Ichiyanagi-Familie plant die anstehende Heirat ihres ältesten Sohnes. Das Haus mit seinen Bewohner:innen und Bediensteten ist den Vorbereitungen entsprechend angespannt. In der Hochzeitsnacht, ...

Die wohlhabende Ichiyanagi-Familie plant die anstehende Heirat ihres ältesten Sohnes. Das Haus mit seinen Bewohner:innen und Bediensteten ist den Vorbereitungen entsprechend angespannt. In der Hochzeitsnacht, nachdem Braut und Bräutigam sich in ein Nebengebäude des Anwesens zurückziehen, wird die Stille der Nacht von einem Schrei und einer Melodie auf der Koto schrill unterbrochen. Als die letzten Gäste in den Hof stürmen, um der Störung auf den Grund zu gehen, erwartet sie im frisch gefallenen Schnee ein blutiges Katana-Schwert.
Der Fall gibt der eintreffenden Polizei Rätsel auf, denn das Nebengebäude war von innen verschlossen. Man entscheidet sich, den Privatdetektik Kosuke Kindaichi zu beauftragen, der sich einen Namen damit gemacht hat, besonders kniffelige Fälle aufzuklären. Als dann Kindaichi am Tatort eintrifft, glaubt niemand, dass dieser abgehalfterte Bursche mit seiner nachlässig getragenen Kleidung und seiner Stotterei seinem Ruf gerecht werden kann. Doch Kindaichi weiß um seinen messerscharfen Verstand und ist sich sicher, diesen Locked-Room-Fall lösen zu können.

Gemächlich baut sich die Geschichte auf, und diese Zeit braucht man als Nicht-Japaner:in bei den teils ähnlich klingenden Namen auf. Japanophilen attestiere ich, werden bei diesem Kriminalroman auf ihre Kosten kommen, alle anderen werden sicher das eine oder andere Wort recherchieren müssen. Das Ende kommt so aprupt die der Schlag des Katana über das Brautpaar und ebenso unerwartet (für mich zumindest, die im Rätseln gar nicht so gut ist). Kindaichi ist ein etwas wirrer, leicht eitler aber durchaus liebenswerter Protagonist, von dem die Reihe sicher auch zu einem erheblichen Teil mit getragen wird - das ergründe ich im zweiten Band!

Veröffentlicht am 28.02.2023

FÜR DIE FREIHEIT!

Amy und die geheime Bibliothek
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Amys Lieblingsort ist die Schulbibliothek. Nicht nur, weil sie zu Hause nie einen ruhigen Moment für sich hat, weil ihre beiden Schwestern ständig nerven, sondern auch, weil sie total gerne liest.
Als ...

Amys Lieblingsort ist die Schulbibliothek. Nicht nur, weil sie zu Hause nie einen ruhigen Moment für sich hat, weil ihre beiden Schwestern ständig nerven, sondern auch, weil sie total gerne liest.
Als eines Tages ihr Lieblingsbuch aus der Bibliothek verschwunden ist, sagt ihr die Bibliothekarin, Mrs Jones, dass der Schulausschuss entschieden hat das Buch aus dem Regal zu nehmen, weil einige Eltern der Meinung sind, dass das Buch für ihre Kinder ungeeignet sind. Und immer mehr Bücher werden aus dem fadenscheinigen Grund der Pädagogik aus der Bibliothek entfernt. Eigentlich steckt nur eine einzige Mutter dahinter, diese hat die verbannten Bücher gar nicht mal gelesen, und andere Eltern folgen ihr blind.
Amy, die eigentlich ein stilles Mädchen ist, findet es unerhört, dass man ihr vorschreiben will, was sie lesen darf und was nicht. Das sollten nur ihre eigenen Eltern dürfen, nicht aber irgendwelche fremden Eltern, die gar keine Ahnung vom Inhalt der Bücher haben!

Eine Unterhaltung mit ihren Schulfreunden führt zutage, dass viele andere Kinder die verbannten Bücher kennen. Dieses Kind hat dieses Buch, jenes Kind hat jene Buchreihe. Es entwickelt sich ein wahnwitziger Tausch untereinander, denn auf das Verbot aufmerksam gemacht, wollen nun auch die ganz Lesemuffeligen wissen, was in den Büchern steht.
Amy entscheidet sich ihr Schulschließfach als Lager für die Bücher zu nutzen, die man jetzt in der Bibliothek nicht mehr leihen kann, und schon bald ist sie die Bibliothekarin der G.S.B., der „Geheimen Schließfachbibliothek“. Von ihrem Taschengeld kauft sie sich weitere der verbannten Bücher, andere Kinder spenden ebenfalls Exemplare, und als ein Autor einer aus der Schulbibliothek verbotenen Buchreihe einen Vortrag in der Schule hält, spendet dieser seine Buchreihe ohne genau zu wissen wofür, denn Amy und die Kinder müssen ihr Projekt geheimhalten. Sie entwickeln geniale Pläne ihre versteckte Bibliothek geheim zu halten, weiter aufzustocken und bauen ein richtiges Netzwerk auf. Amy selbst lernt durch ihr Vorhaben die Facetten kennen, die Mrs Jones als Bibliothekarin in ihrem Job ausmachen und wird selbst eine richtige kleine Bibliothekarin.

Dann aber wird die G.S.B. entdeckt und Amy wird dafür bestraft. Die anderen Schüler ermuntern sie dazu nicht aufzugeben und versichern ihr ihre Mithilfe. Amy will ihre zweite Chance nutzen den Schulausschuss davon zu überzeugen die verbannten Bücher wieder für alle Kinder zugänglich zu machen.

Eine Plädoyer für die Freiheit, verpackt Alan Gratz Missstände, wie sie aktuell wahrhaftig in den USA herrschen (er erwähnt dies im Nachwort), in eine wunderbare Geschichte und liebenswerte Charaktere. Gerade durch die Bücher sind erst die Kinder auf ihre Stärken aufmerksam geworden und haben sich weiterentwickelt. Mir hat es so gut gefallen, dass ich es ganz vielen Leuten weiterzuempfehlen gedenke!