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Veröffentlicht am 15.09.2016

Schöne Lektüre für Sommertage

Der Sommer der Sternschnuppen
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Grace Hammond, Anfang 30, Überarbeiterin von computergenerierten Übersetzungen und Ordnungsfanatikerin, wohnhaft in Manhattan, ist derzeit arbeitslos und gerade wieder zum Single geworden. Als auch noch ...

Grace Hammond, Anfang 30, Überarbeiterin von computergenerierten Übersetzungen und Ordnungsfanatikerin, wohnhaft in Manhattan, ist derzeit arbeitslos und gerade wieder zum Single geworden. Als auch noch ein Wasserschaden ihre Wohnung unbewohnbar macht, beschließt sie, für einige Wochen zu ihren Eltern nach Hause in die Kleinstadt Dorset zu ziehen. Ihre Eltern sind erfreut über den Besuch, ihre Freundin Cluny schmiedet gleich wieder Pläne zu gemeinsamen Aktivitäten.

So beginnt der Roman „Der Sommer der Sternschnuppen“ von Mary Simses. Das Cover ist wunderschön und ansprechend gestaltet und deutet auf einen leicht beschwingten Inhalt mit viel Liebe hin, den man hier auch vorfindet. Über alldem liegt jedoch das Geheimnis einer Bürde, die die Protagonistin mit durch ihr junges Leben schleppt.

Als Grace ein altes Fahrrad ins Geschäft zur Reparatur bringt begegnet sie dort der Aushilfe Mitch der schon bald weitergehendes Interesse an ihr zeigt. Außerdem trifft sie in Dorset auf bekannte Gesichter ihrer Jugendzeit, allen voran ihr Ex-Freund Peter, der inzwischen als erfolgreicher Regisseur arbeitet und im Moment Szenen vor Ort für einen neuen Film dreht. Alte Gefühle werden wieder in ihr wach und auch der Filmschauspieler Sean kann ihre Aufmerksamkeit für sich gewinnen. Schließlich sieht sich Grace von gleich drei Männern begehrt. Wer mag nur der Richtige für sie sein?

Doch der Höhenflug ihres Glücks in Liebesdingen wird überlagert von dem alten Schmerz eines nicht verarbeiteten Verlusts einer ihr nahestehenden Person. Erst muss sie sich mit den Schatten der Vergangenheit beschäftigen, um weitere erfolgreiche Schritte in die Zukunft zu gehen.

Grace konnte trotz ihrer gelegentlichen Naivität meine Sympathie erlangen. Zu Beginn des Buchs ist bemitleidenswert. Doch sie macht das Beste aus der momentanen Situation. Dabei stellt sie erst später fest, wie sehr sie ihren Eltern mit ihren seltenen Besuchen daheim fehlt. Erst als es ihr gelingt inne zu halten und das Gespräch zu suchen, wird ihr klar, dass sie deren Umgang mit ihr fehl gedeutet hat. Und auch in Sachen Liebe wird ihr im Laufe der Ereignisse deutlich, wer ihr Vertrauen und ihre Zuneigung verdient hat.

Die Protagonistin bedient sich einer gewissen Leichtigkeit und neigt dazu, von einem Fettnäpfchen ins Nächste zu tappen. Es ist nicht einfach für sie, wieder in der Heimat zu sein und auf ihre Schulkameraden zu treffen. Als in der Großstadt wohnend möchte sie sich ihnen gegenüber gerne als jemand zeigen, der Karriere gemacht hat. Indem Grace öfters mal in Situationen über ihren derzeitigen Stand flunkert und sich selbst so gibt, wie es für ihr Gegenüber interessant erscheint, entstehen Szenen mit viel Komik. Die Kapitel beginnen jeweils mit einer Grammatikregel und einem dazu passenden Beispielsatz. Diese Kapitelanfänge stehen in Bezug zu der Penibilität von Grace in Sachen Rechtschreibung und Ordnung, die zu weiteren Momenten mit Witz und Charme führen.

Die Autorin besetzt einige ihrer Charaktere recht klischeehaft, wie beispielsweise den Schauspieler Sean. Das ist amüsant zu lesen. Trotz des an Grace nagenden Geheimnisses in Bezug auf den Verlust einer ihr wichtigen Person stimmt der Roman nicht traurig. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bleibt oberflächlich. Jedoch bringt die von Beginn an auf Grace liegende, zu spürende Last auch eine Prise Spannung in die Erzählung.

Mary Simses lässt ihre Geschichte an der Küste von Connecticut spielen. Die üppige Landschaft fliegt bei den Fahrradtouren der Protagonistin am Leser vorbei und die über allem liegende Wärme des Sommers ist vermeintlich zu spüren. Bis nahezu zum Schluss bleibt offen, für welchen weiteren Lebensweg sie sich entscheiden wird. Einen großen Anteil dazu trägt bei, ob einer der drei an ihr interessierten Männer ihr Herz erobern wird.

Das Buch hat mich bestens unterhalten und ich empfehle es gerne als sommerlich leichte Lektüre weiter.

Veröffentlicht am 21.02.2024

Unterhaltsame Geschichte mit eigenartigem Protagonisten

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
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Nachdem er einen dubiosen Brief erhalten hat, beschließt der 79-jährige Heinz Labensky spontan, sich auf die Reise vom Seniorenheim in Erfurt, in dem er lebt, nach Warnemünde zu begeben. In ihrem Roman ...

Nachdem er einen dubiosen Brief erhalten hat, beschließt der 79-jährige Heinz Labensky spontan, sich auf die Reise vom Seniorenheim in Erfurt, in dem er lebt, nach Warnemünde zu begeben. In ihrem Roman „Heinz Labensky – und seine Sicht auf die Dinge“ beschreiben Anja und Michael Tsokos die lange Fahrt ihres Protagonisten mit einem Flixbus an sein gewünschtes Ziel. Der titelgebenden Figur bleibt dabei genügend Zeit, sich an sein bisheriges Leben zu erinnern und dieses wechselnden Mitreisenden zu erzählen. Der erhaltene Brief hat Heinz Labensky von der Tochter seiner Jugendliebe Rita Warnitzke erhalten. Darin berichtet sie ihm, dass in einer Berliner Klärgrube die sterblichen Überreste einer Frau gefunden wurden, die eventuell ihre 1975 verschwundene Mutter sein könnte.
Zu Beginn seiner Reise erinnert der Protagonist sich an die Zeit, in der Rita in das bäuerliche Dorf in Brandenburg zog, in dem er zusammen mit seiner Mutter wohnte. Beide werden sie im Ort zu Außenseitern, weil Rita das Kind eines Seitensprungs ihrer verstorbenen Mutter ist und weil Heinz als schulbildungsunfähig mit elf Jahren aus der Grundschule entlassen wird. Als Rita nach ihrem Schulabschluss ein Stipendium an der Kunsthochschule in Berlin wahrnimmt, trennen sich vorläufig ihre Wege, doch einige Jahre später reist Heinz auf der Suche nach ihr nach Berlin und trifft sie dort zufällig in einer Eisbar. Er bleibt in ihrer Nähe, bevor sie eines Tages unangekündigt verschwindet.
Die persönlichen Erinnerungen von Heinz sind eng verbunden mit der Geschichte der DDR. Einige Male hat er als unbedeutende Randfigur den weiteren Verlauf der Historie beeinflusst. Jedes Mal ist er rein zufällig in die Geschehnisse hineingeschlittert. Dabei basieren die jeweiligen Begebenheiten, die Heinz erzählt, auf einem wahren Hintergrund. Das Ehepaar Tsokos lässt den Alltag in der DDR aufleben, indem sie unter anderem damals übliche Bezeichnungen verwenden, Errungenschaften einbinden und kulturelle Ereignisse beschreiben. Ich fand es interessant, dem Protagonisten auf seinem gedanklichen Weg durch die Vergangenheit zu folgen.
Allerdings fand ich, dass die Figur des Heinz nicht ganz zum gesteckten Rahmen des Romans passte. Immer wieder wird betont, dass der Protagonist geistige Schwächen besitzt, auch von sich selbst behauptet er das, doch seine Erinnerungen memoriert er ausschweifend und detailliert. Er kennt die Bedeutung von Abkürzungen aus der Soziokultur und erinnert sich an fremdländische Vor- und Zunamen, während er jedoch beispielsweise die Bedeutung des Begriffs provisorisch nicht kennt. Durchgehend ergab sich beim Lesen für mich dadurch eine unpassendes Bild der Figur zu den Schilderungen. Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass die beiden Kinder zu Beginn der Reise seinen exzessiven Ausführungen mit Aufmerksamkeit zuhörten. Die Figur des Heinz kam mir leider nicht nah.
Der Roman „Heinz Labensky – und seine Sicht auf die Dinge“ von Tsokos & Tsokos erzählt einige weniger beachtete, aber wichtige Begebenheiten der 1960er und 1970er Jahre in der DDR aus der ausschmückenden Sicht des Protagonisten, der sich auf die Suche nach dem Verbleib einer Freundin aus seinen Kinder- und jungen Jahren macht. Leider empfand ich den Charakter des Heinz als wenig realistisch. Ansonsten brachten die Geschehnisse mir einige Erinnerungen der Vergangenheit zurück.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Ruhige Literatur mit krimineller Handlung

Glutspur
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Nach ihrer erfolgreichen Kriminalromanreihe rund um die dänischen Ermittler Jeppe Körner und Anette Werner startet Katrine Engberg mit „Glutspur – Die Wurzeln des Schmerzes eine neue Serie mit persönlicherer ...

Nach ihrer erfolgreichen Kriminalromanreihe rund um die dänischen Ermittler Jeppe Körner und Anette Werner startet Katrine Engberg mit „Glutspur – Die Wurzeln des Schmerzes eine neue Serie mit persönlicherer Note. Auf dem Cover ist aufgedruckt, dass es sich bei der Geschichte um den ersten Fall für die Privatdetektivin Liv Jensen handelt. Der Verlag nennt kein Genre. Ich ordne die Erzählung als Roman mit krimineller Handlung ein. Während die Körner/Werner-Reihe elegant von Ulrich Sonnenberg übersetzt wurde, wirkt bei „Glutspur“ die Übertragung in Deutsche durch einen anderen Übersetzenden manchmal ungeschickt.

Die aus dem Norden Dänemarks stammende, ehemalige Polizistin Liv ist nicht die einzige Protagonistin. Hannah Leon, die Tochter des Vermieters ihrer neuen Wohnung in einer alten Villa in Kopenhagen, ist ebenfalls eine Hauptfigur. Sie ist Krisenpsychologin, hat sich aber beurlauben lassen, weil sie mit der Verarbeitung eines persönlichen Verlusts kämpft. Ein weiterer Teil der Handlung stellt den dritten Protagonisten Nima Asari in den Fokus. Er betreibt in dem der Villa vorgelagerten Haus eine Autowerkstatt und wird zum Verdächtigen in einem Mordfall. Liv wird von ihrem früheren Mentor die Bitte angetragen, Nachforschungen in einem Cold Case zu betreiben, die sie in ihre Heimat führen.

Katrine Engberg bringt die drei Todesfälle, alte wie neue, auf einen gemeinsamen Nenner, was ich recht konstruiert fand, aber sich von den Erklärungen her zusammenfügt. Doch bis es zu einer Verknüpfung der Verbindungen kommt, nimmt die Handlung einen eher gemächlichen Verlauf ohne Spannungszunahme. Die Autorin beschreibt das Umfeld, in dem die Protagonisten agieren, detailliert, so dass ich mir diese als Leserin gut vorstellen konnte. Ihre Figuren verfügen über einen interessanten Hintergrund, wobei es darin einige Lücken gibt, die sicherlich in den beiden vorgesehenen Folgebänden gefüllt werden. Allerdings sympathisierte ich mit keiner von ihnen und die Handlung konnte mich leider nicht richtig packen. In mehreren Einschüben verbindet Katrine Engberg die Romanhandlung mit Ereignissen, die auf wahren Begebenheiten basieren, die ihre Großeltern im Zweiten Weltkrieg erlebt haben, hier aber nur eine Nebenrolle spielen.

Rassismus, Klimakrise, mentale Gesundheit und Antisemitismus sind die großen und wichtigen Themen, die Katrine Engberg in ihrem Buch unterhaltsam verarbeitet. Sie bleibt ihrem Erzählstil treu, aber die Handlung ist ruhiger und weniger spannend als in ihrer erste Reihe mit den Ermittelnden Körner und Werner. Anhand der Inhaltsangabe des nächsten Bands werde ich entscheiden, ob diese mich so anspricht, dass ich weiterlesen möchte.

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Veröffentlicht am 28.10.2023

Gaukeleien und Intrigen, Liebe und Hass, Pflicht und Freiheitsliebe im elisabethanischen London

Das Vogelmädchen von London
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Die Vögel verehrenden Aviscultarier werden auch Flapper genannt, was gleichbedeutend mit Wahrsager ist. Die Zukunft lesen sie aus deren Zug bei der regelmäßig stattfindenden Murmuration, aber auch aus ...

Die Vögel verehrenden Aviscultarier werden auch Flapper genannt, was gleichbedeutend mit Wahrsager ist. Die Zukunft lesen sie aus deren Zug bei der regelmäßig stattfindenden Murmuration, aber auch aus Karten. Shay, die titelgebende Figur des Romans „Das Vogelmädchen von London“ von Mat Osman, ist eine von ihnen. Mit ihren gerade mal 16 Jahren obliegt ihr nach dem Tod der Mutter die Aufgabe, ein Vorbild für den Nachwuchs zu sein. Außerdem sorgt sie für ihren inzwischen blinden Vater, der sie gelehrt hat, Falken auszubilden. Sie leben in einem eigenen Viertel außerhalb Londons, aber Shay verrichtet in der Stadt Botengänge. Als sie eines Tages über die Dächer Londons vor jemandem flieht, begegnet sie dem etwa gleichaltrigen Nonesuch, der ihr beisteht.

Nonesuch ist ein weiterer Protagonist und gehört zu einer Gruppe von Jungen, die dazu genötigt werden, für das Blackfriars-Theater zu spielen. Ihre Zuschauer sind gutsituierte Bürger Londons, aber bei speziellen Gelegenheiten haben sie besondere Rollen in Spielen einzunehmen, die Adlige veranstalten. Shay hilft bei ihnen als Souffleuse aus und ist tief beeindruckt von den Leistungen der Darbietenden und dem Umfeld. Als ihr für ihre Tätigkeiten ein finanzieller Anreiz geboten wird, bleibt sie und bald wird aus der Freundschaft zu Nonesuch eine tiefe Zuneigung. Shays Fähigkeiten verbreiten sich in der Stadt, bis hin zur Königin, die sie nicht mehr unbeobachtet lässt.

Die Geschichte spielt zu Beginn des 17. Jahrhunderts. In den Armutsvierteln Londons halten sich die auf engem Raum lebenden Menschen gerade so mit Gelegenheitsjobs am Leben und Krankheiten verbreiten sich in Windeseile. In den Hinterzimmern wird auf dubiose Wettkämpfe von Tieren gewettet und die Darbietung von Kleinkunst bietet angenehmen Abwechslung vom Alltag. Dem Autor gelingt es, ein opulentes Bild der damaligen Hauptstadt Londons zu schaffen. Die Jugendlichen sind ganz dem Diktat der wohlhabenden Bevölkerung ausgesetzt. Lange gelingt es Shay, sich einen gewissen Freiraum zu erhalten, bis auch sie zum Spielball im Kampf ums Überleben und um gesellschaftliches Ansehen wird.

Die adoleszenten Figuren haben inmitten einer Welt, die ihnen nur wenig Freude bietet, den Wunsch nach Selbstbestimmung. Während aber Shay dazu ihre Fähigkeiten einsetzt und ehrlich ihre Hilfe anbietet, bleibt Nonesuch wenig durchschaubar. Sein Schauspiel zeigt Bestleistungen, aber sein Wille, Unabhängigkeit zu erlangen, lässt ihn tief in die Trickkiste greifen, auch wenn er dabei förmlich über Leichen gehen muss.

Die Geschichte beinhaltet fantastische Elemente, mit denen der Autor die Vielfalt seines Schreibens zeigt. Dennoch kommt es im mittleren Teil zu einer gewissen Länge durch die detaillierte Beschreibung von Nebenhandlungen. Die Atmosphäre ist meist düster gehalten und Mat Osman scheut sich nicht, seine jugendlichen Figuren schweren Prüfungen auszusetzen. Er zeigt die Täuschungsmöglichkeiten durch das Schauspiel und setzt dem die Faszination der Natur durch die Unbedarftheit der Tiere entgegen.

Mat Osman erschafft in seinem Roman „Das Vogelmädchen von London“ eine vorstellbare bildhafte Version der englischen Hauptstadt zum Ende der Regierungszeit Elisabeths I., über die er einen Hauch von Magie zieht. Gaukeleien und Intrigen, Liebe und Hass, Pflicht und Freiheitsliebe bilden das Gerüst der Geschichte, die mit einer überraschenden Wendung zum Ende hin aufwartet. Gerne empfehle ich das Buch an Lesende weiter, die historische Romane mit Elementen der Fantasy mögen.

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Veröffentlicht am 21.06.2023

Beschreibt das Leben von Claire Salles geborene Eiffel während der Planungs- und Bauphase des Wahrzeichens von Paris

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe
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In ihrem Roman „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ beschreibt Sophie Villard den Bau des Wahrzeichens der Hauptstadt Frankreichs. Sie zeigt, welche wichtige Rolle Claire Salles dabei eingenommen ...

In ihrem Roman „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ beschreibt Sophie Villard den Bau des Wahrzeichens der Hauptstadt Frankreichs. Sie zeigt, welche wichtige Rolle Claire Salles dabei eingenommen hat. Claire ist die Tochter des berühmten Ingenieurs Gustave Eiffel. Der Konstrukteur von Stahlbauwerken unterschreibt zu Beginn des Jahres 1887 einen Vertrag mit der Stadt Paris und wird damit beauftragt, den nach ihm benannten Turm für eine Weltausstellung zu bauen.
Zu dieser Zeit ist seine Tochter seit zwei Jahren verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Ihre Mutter ist gestorben als sie 14 Jahre alt war, ihr jüngster Bruder war damals ein Vierjähriger. Als ältestes Kind von fünf Geschwistern nahm sie aufgrund der häufigen Abwesenheit ihres Vaters, der Bauprojekte in ganz Europa und Südamerika begleitete, eine mütterliche Rolle für die Brüder und Schwestern ein. Dennoch hat sie ihren Vater zu einigen seiner Projekte begleitet und wurde später seine Sekretärin.
Die Handlung spielt im Zeitraum August 1886 bis zur Eröffnung des Eiffelturms im Mai 1889. Die Autorin bleibt dicht an der wahren Geschichte der Erbauung und bindet die verschiedenen Probleme in den Roman ein, die sich während der Planung und des Baus ergeben haben. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, damit das Bauwerk rechtzeitig zur Ausstellung beendet werden kann. Neben diversen Widerständen aus der Bevölkerung gesellt sich der Unmut der Arbeiter, die in schwindelnder Höhe einer großen Gefahr ausgesetzt sind. Darum stellen sie in unregelmäßigen Abständen ihre eigenen Forderungen.
Claire hat ein offenes Ort für die Sorgen aller Mitarbeiter des Unternehmens, aber sie sucht auch die Nähe zu ihrem Sohn. Gleichzeitig muss sie sich mit den Karriereplänen ihres Ehemanns auseinandersetzen, der sich seine Meriten, so wie ihr Vater, im Ausland verdienen möchte. Gerne hätte ich von Claire mehr über ihre Jugend, ihr Verhältnis zu den Geschwistern und dem Leben in einem großen Herrenhaus mitten in Paris gelesen, um zu erfahren, wie sie zu der selbstbewussten und dennoch zurückhaltenden jungen Frau wurde, die ihrem Vater klug zur Seite stand. Das Engagement von Claire im Umgang mit den Arbeitern fand ich lobenswert und sicher ungewöhnlich für eine Frau ihrer Zeit, aber ich fand es befremdlich, dass ihre Ansprechpartnerin mit wenigen Französischkenntnissen sich von Beginn an problemlos fließend mit ihr unterhalten konnte.
Unter Einbindung von kulturellen Elementen und wissenschaftlichen Entwicklungen lässt Sophie Villard in ihrem Roman „Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe“ die Zeit von 1886 bis 1889 lebendig werden und rundet damit das Bild von Claire Salle als verständige Tochter, Sekretärin und Vertraute von Gustave Eiffel ab.

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