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Veröffentlicht am 03.03.2020

Rückkehr auf die scheinbar trostlose Heimatinsel - Romantische Komödie

Die kleine Sommerküche am Meer
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Mure ist eine sehr kleine schottische Insel. Mit kauzigen Bewohnern, einem kleinen Hafen und einem Bauernhof, dem die junge Flora vor einigen Jahren entflohen ist, um in London in einer Anwaltskanzlei ...

Mure ist eine sehr kleine schottische Insel. Mit kauzigen Bewohnern, einem kleinen Hafen und einem Bauernhof, dem die junge Flora vor einigen Jahren entflohen ist, um in London in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten. Dort fällt sie im Heer der kleinen Angestellten kaum auf, bis genau ihre besondere Herkunft gefragt ist. Nun muss sie beruflich zurück auf das verhasste Eiland und sich ihrer Vergangenheit stellen. Dabei soll sie doch die Interessen eines Milliardärs auf der Insel vertreten. Ein handfester Naturbursche, der von ihr angehimmelte Staranwalt und ihre eigene Familie machen es Flora aber nicht leicht, ihren Auftrag zu erfüllen. Und dann ist da ja noch das alte Rezeptbuch ihrer Mutter und ein kleiner leerstehender Laden am Hafen.



Wer Jenny Colgans erfolgreiche Trilogie der “Kleinen Bäckerei am Strandweg“ (oder nur einen Teil davon) gern gelesen hat, wird von der „Kleinen Sommerküche am Meer“ nicht enttäuscht werden. Erneut steht eine sympathische junge Frau im Mittelpunkt, die sich neu erfindet bzw. endlich zu sich selbst findet. Dabei spielt das Kochen und Backen eine große Rolle und die Liebe kommt ebenfalls nicht zu kurz.

Das bewährte Rezept greift erneut. Die Autorin schreibt gewohnt witzig und kurzweilig. Die Seiten fliegen nur so vorbei. Das Setting auf der schottischen Insel ist reizvoll und die lokalen Sitten und Gebräuche werden ernsthaft und doch mit einem Augenzwinkern geschildert. Man muss diesen Ort einfach lieben. Die Protagonistin ist eine besondere Figur, der man gerne folgt und deren Zerrissenheit man absolut nachvollziehen kann.

Auch die „Sommerküche“ ist als Mehrteiler angelegt, die beiden Folgebände sind bereits erschienen.

Eine süße, romantische Komödie, die größtenteils vorhersehbar ist, aber dennoch viel Spaß macht. Fünf Romantiksterne sind verdient.

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Veröffentlicht am 25.01.2020

Drollige Halb-Geisterfledermaus flattert durch eine witzig-coole Geschichte

Vincent flattert ins Abenteuer (Band 1)
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Vincent, leider nur eine Halb-Geisterfledermaus, sucht für seinen geräumigen Dachboden einen Freund und Mitbewohner, um es gemeinsam gegen die hässliche Katze aufzunehmen und in die Geisterwelt zu reisen. ...

Vincent, leider nur eine Halb-Geisterfledermaus, sucht für seinen geräumigen Dachboden einen Freund und Mitbewohner, um es gemeinsam gegen die hässliche Katze aufzunehmen und in die Geisterwelt zu reisen. Bis ein akzeptabler Freund anklopft, stehen ganz schön schräge Typen bei Vincent vor der Dachluke.

Die Autorin Sonja Kaiblinger hat dem kleinen, drolligen Vincent ein eigenes Abenteuer geschenkt. Viele Kinder kennen ihn schon aus den Scary Harry-Büchern, wo er bisher rumgeflattert ist.

Hier steht er im Mittelpunkt, umringt von zahlreichen skurrilen Tieren und einem Poltergeist. Das Buch habe ich meinem fast siebenjährigen Sohn in einem Rutsch vorgelesen. Er war gleich vom Beginn des Buches gefangen, da fielen die Begriffe “Geisterhaus“ und „geheimes Portal in der Schornsteinklappe“ und dann kam die hässliche Katze. Ihm hat die Geschichte sehr gut gefallen, vor allem die lustigen Szenen und Figuren. Einige Stellen musste ich mehrfach vorlesen.

Die großzügigen, detailreichen und liebevollen Zeichnungen haben ihm auch gefallen und unterstützen den Text hervorragend. Auf Nachfrage hätte er sich die Geschichte aber auch ohne Bilder angehört.

Die Textdarstellung ist besonders, da sie sich an Comics anlehnt. Es gibt kleine, ergänzende Beschriftungen der großflächigen Zeichnungen, verschiedene Schrifttypen und -größen, um zu unterscheiden, wer gerade spricht. Kleine Textabschnitte, die optisch an Sprechblasen erinnern. Dies schafft kleine Leseeinheiten für noch ungeübte Leser, für die die Bücher zum Selbstlesen gedacht sind. Die verschiedenen Schrifttypen und -größen lockern das Schriftbild für diese Zielgruppe auf. Beim Vorlesen war es für mich an wenigen Stellen etwas verwirrend, wer gerade spricht und was zuerst gelesen werden sollte.

Das gebundene Buch ist hochwertig ausgestattet, mit einem farbigen Buchblock und festen, griffigen Seiten.

Insgesamt eine lustige Geschichte zum Vor- und Selbstlesen mit winzigen Gruselspritzern, coolen Sprüchen, einer tollen Aufmachung für junge Leser und wunderschönen Zeichnungen.

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Veröffentlicht am 01.05.2024

Eine Sackgasse in Manhattan

Der Platz im Leben
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Im Dezember hatte ich Gloria Naylors "Die Frauen vom Brewster Place" gelesen, über eine Schwarze Community in einer Sackgasse. Quindlens Roman spielt ebenfalls in einer Sackgasse, aber in der wohlhabenden ...

Im Dezember hatte ich Gloria Naylors "Die Frauen vom Brewster Place" gelesen, über eine Schwarze Community in einer Sackgasse. Quindlens Roman spielt ebenfalls in einer Sackgasse, aber in der wohlhabenden Upper West Side von Manhattan. Unterschiedlicher könnte das Setting dieser beiden Bücher nicht sein, allerdings ist die Sackgasse bezeichnend für beide Romane.

Nora Nolan ist Geschäftsführerin eines kleinen Museums, hat zwei erwachsene Kinder, einen liebevollen Ehemann und einen großen Freundes- und Bekanntenkreis. In ihrer kleinen abgeschotteten Welt ist der gerade erfolgte Zuschlag für einen Autostellplatz auf der Brachfläche in der Sackgasse ein absolutes Highlight für ihren Mann Charlie. Wir nehmen Teil am Leben von Nora und ihren Nachbarinnen, treten ein in das komplizierte Geflecht der Hauseigentümer untereinander, erfahren von kleinen und größeren Sorgen, hören den Klatsch der Sackgasse und der Stadt. Dieses Geflecht ist jedoch fragil. Als es eines Tages zu einem Zwischenfall auf der Straße kommt, ist dies der Auslöser für eine Kette von Veränderungen. Auch bei Nora und Charlie wird ein Prozess in Gang gesetzt, der sich nicht mehr umkehren läßt.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, obwohl eigentlich nichts wirklich Aufregendes passiert. Es ist die Geschichte einer Frau Mitte 40, die beginnt über ihr Leben nachzudenken, als alles gerade perfekt scheint. Es sind eher Belanglosigkeiten und Oberflächlichkeiten, die zunächst eine Rolle spielen, dennoch war ich ganz schnell gefangen in dieser Atmosphäre der Upper West Side und im Leben von Nora. Ein bisschen wie SATC aber eher ohne S. Die Autorin kannte ich vorher nicht, aber ich werde sicherlich weitere Romane von ihr lesen.

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Veröffentlicht am 24.04.2024

Von Waschweibern und Irrziegen

Nincshof
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Erna Rohdiebl ist über 70 und kriminell veranlagt, bricht sie doch nachts in den Garten der Nachbarn ein, um dort im neuen Pool ihre Bahnen zu ziehen. Dies macht sie zur idealen Komplizin einiger Herren ...

Erna Rohdiebl ist über 70 und kriminell veranlagt, bricht sie doch nachts in den Garten der Nachbarn ein, um dort im neuen Pool ihre Bahnen zu ziehen. Dies macht sie zur idealen Komplizin einiger Herren ihres Heimatortes, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass das kleine Nincshof (gesprochen Ninschhof) von der Welt vergessen wird und fortan in völliger Unabhängigkeit und Freiheit existiert. In Zeiten von Internet und Smartphone ein heikles Unterfangen. Zudem stellt die Neubürgerin Isa Bachgasser, erfolgreiche Dokumentarfilmerin, die selbsternannten Oblivisten (lt. oblivisci = vergessen) vor weitere Herausforderungen.

Der kleine Ort liegt an der österreichisch-ungarischen Grenze und sein Name (nincs = nichts) ist offenbar historisch gewachsen, wie wir im Verlauf der Handlung lernen werden. Die einerseits witzige und liebenswerte, andererseits aber auch überdrehte Handlung spielt sich während eines warmen Sommers von Juni bis August ab. Da passiert im Dorf eine ganze Menge, aber auch etwas mit den Menschen. Diese persönlichen Entwicklungen haben mir sehr gefallen. Der Schreibstil der Autorin ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Wie die Handlung ist er häufig sehr humorvoll, steckt aber auch voller Wiederholungen, die als Stilmittel eingesetzt werden. Außerdem wird, wenn über die Charakter gesprochen wird, fast ausschließlich der Vorname plus Nachname verwendet und das wirklich inflationär. Es sorgt nicht unbedingt dafür, dass man sich den Figuren weniger nahe fühlt, vielmehr hat es auf mich irgendwie "ländlich" gewirkt, ruft eine gewisse Stimmung hervor. Ich kann gar nicht genau sagen warum. Einen Teil des Buches habe ich als Hörbuch gehört, sehr charmant gelesen von der Wienerin Verena Noll.

Die Handlung fand ich sehr unterhaltsam und Erna und Isa sind, bei aller Unterschiedlichkeit, zwei sehr sympathische Charaktere. Aber der Schreibstil ist schon besonders, den muss man mögen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich hier die Geister scheiden. Wer sich auf den Roman einläßt, wird auch erfahren, welche wichtigen Rollen die Waschweiber und die Irrziegen in dieser Geschichte spielen.

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Wenn Rehe zu Mördern werden

Gesang der Fledermäuse
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Ein wenig Respekt hatte ich schon vor meinem ersten Buch der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk.

Wir treffen auf die bereits etwas ältere Janina Duszejko, die recht einsam in Polen ...

Ein wenig Respekt hatte ich schon vor meinem ersten Buch der polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk.

Wir treffen auf die bereits etwas ältere Janina Duszejko, die recht einsam in Polen nahe der tschechischen Grenze wohnt. Die kleine Siedlung "Luftzug" ist im Winter verwaist und Janina hütet die Häuschen der Städter, unterrichtet Englisch an einer kleinen Schule und übersetzt mit ihrem ehemaligen Schüler Dyzio jeden Freitag Texte des englischen Mystikers William Blake. Ihr Steckenpferd ist jedoch die Astrologie und so ist es für sie keine Überraschung, dass ihr Nachbar Bigfoot an einem Rehknochen erstickt ist, denn der Saturn stand dafür günstig.

In einer augenscheinlich leichten, sehr gut lesbaren Sprache, läßt die Autorin ihre Heldin Janina aus der Ich-Perspektive erzählen. Die Protagonistin überzeugt durch eine humorvolle und direkte Art, präzise Beobachtungsgabe, wunderbare Vergleiche und einer beträchtlichen Entschlossenheit und Unerschrockenheit. So ist es ihr völlig gleichgültig für "verrückt" gehalten zu werden, als sie rächende Tiere für den Tod von Bigfoot verantwortlich macht. Dies teilt sie auch in wohlformulierten Briefen der Polizei mit.

Der Klappentext fokussiert sich sehr auf den Krimi-Aspekt des Romans, es steht aber so viel mehr darin. Es ist nicht bedeutungslos, dass gerade Blake so oft zitiert wird. Hier schafft Tokarczuk viele Verweise und Anspielungen, alles wird man wohl erst beim wiederholten Lesen und nach einer intensiveren Beschäftigung mit William Blake entdecken und verstehen. Die Bedeutung der Natur, der Tiere und die zerstörerische Macht des Menschen sind zentrale Themen. So leiden wir mit Janina, wenn sie vom Steinbruch berichtet, der vielleicht irgendwann das ganze Hochplateau verschlingen wird oder von gequälten Tieren. Aber es geht auch anders: Wie die vermeintlich Schwachen sich eines Gegners erwehren, erzählt Janina am Beispiel der Krammetsvögel (Wacholderdrossel), die sich wie ein einziger Organismus bewegen und so einen Falken besiegen - indem sie geschlossen Kot auf ihn fallen lassen, der seine Flügel verklebt und ihn zur Landung zwingt. - Offenbar stehen die Sterne günstig für die Tiere, denn es bleibt nicht bei einem toten Menschen.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Eine ansprechende bildliche und doch leichte Sprache, gelegentlich durch die Begriffe der Astrologie etwas bremsend, aber immer originell und wirklich witzig. Einen eigentümlichen und liebenswerten Kosmos hat die Autorin um ihre Heldin auf dem Hochplateau "Luftzug" gestrickt.

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