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Veröffentlicht am 10.01.2018

Jetzt schon eines meiner Jahreshighlights.

Berühre mich. Nicht.
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Für mich war sofort klar, dass ich dieses Buch lesen werde, als ich mir das erste Mal den Klappentext des Buches durchgelesen habe. Ich habe eine Schwäche für Figuren mit ernsthaften Hintergründen und ...

Für mich war sofort klar, dass ich dieses Buch lesen werde, als ich mir das erste Mal den Klappentext des Buches durchgelesen habe. Ich habe eine Schwäche für Figuren mit ernsthaften Hintergründen und einem daraus resultierenden, mehr oder weniger großem Problem und bin hier bei Protagonistin Sage auf eine Leidensgenossin gestoßen, weshalb sie mir von Anfang an und bis zum Schluss sehr nahe war.



Sage ist von weit weg von Zuhause an eine Universität in Nevada geflohen. Weil sie keinerlei finanzielle Rücklagen hat, schläft sie in ihrem Bus, denn eine Wohnung zu mieten ist nicht drin. An der Uni lernt sie ihre bald schon beste Freundin kennen, die sie in ihren Freundeskreis integriert, doch Sage hat große Probleme, mit anderen Menschen in (körperlichen) Kontakt zu treten, denn sie ist stark traumatisiert. Der Umstand macht ihren Alltag noch schwerer, als er sowieso schon ist, dass sie den Bruder ihrer Freundin kennenlernt, macht die Sache nicht besser, denn er hat alles, wovor sie sich bei einem Mann fürchtet.



Mich hat bei der Geschichte tief beeindruckt, dass Sage trotz ihres Leidensweges und ihrer psychischen Störung alles andere als eine schwache, junge Frau ist, denn sie kämpft gegen ihre inneren Dämone an. Ganz alleine besucht sie eine Universität fern ihrer Familie, an der sie zuerst niemanden kennt, schläft in ihrem Bus und besorgt sich einen Job und hat noch eine Nebentätigkeit, damit sie über die Runden kommt. Sie suhlt sich nicht in ihrem Elend, sondern arbeitet aktiv daran, dass sich ihre Lage bessert. Ich mag Sage sehr gerne, sie ist eine Figur, mit der man gerne befreundet wäre.



Auch die übrigen Figuren sind sehr sympathisch. Ich mochte alle gerne leiden, denn sie verkörpern eine Clique, in die man gerne aufgenommen werden würde. Jeder hat so sein Päckchen zu tragen, und alle sind auf ihre Art und Weise unverwechselbar. Den Antagonisten habe ich mit all meiner Wut auf ihn hassen können und hätte ihn am liebsten... Nun, lassen wir das. Laura Kneidl kann auf jeden Fall großartige Figuren erschaffen und sie in die Geschichte integrieren.



Auch die Geschichte an sich ist durch Sages Entwicklung alles andere als langweilig, weil man ihre persönliche Entwicklung hautnah mitbekommt. Außerdem gibt es einige Wendungen, mit denen man so nicht rechnet und die Sage ihr Leben ganz schön schwer machen. Sages Schmerz und ihre Trauer über die verschiedenen Ereigniss sind mir sehr nahe gegangen, das macht die Geschichte sehr tiefgründig. Es passieren jedoch auch schöne Dinge, sodass ich mich auch mit ihr freuen konnte und ihr diese Dinge von Herzen gegönnt habe. Der Schluss des Buches hat mich innerlich zerrissen, am liebsten wäre ich in die Geschichte gehüpft und hätte dafür gesorgt, dass es nicht so ausgeht, wie es ausgegangen ist, aber das gehört natürlich zur Geschichte.



Der gefühlvolle Schreibstil von Laura Kneidl machen die Geschichte rund. Er ist erst die Vorraussetzung dafür, dass man Sage in jeder Situation verstehen kann, denn ihr Innerstes wird sehr ausführlich beschrieben, die Szenen werden sehr bildhaft dargestellt, sodass ich mich in die Szenen fallen lassen konnte. Die erotischen Szenen, die sich im Laufe der Geschichte langsam häufen, sind sehr stilvoll geschrieben, hier wird mehr Wert auf die Zuneigung und die Empfindungen gelegt, als auf den Akt an sich. Alleine das macht den Schreibstil zu etwas Besonderem.



Ich kann diese Geschichte wirklich nur empfehlen, ich habe hier nichts auszusetzen. Nachdem ich das Hörbuch beendet habe, war für mich klar, dass der zweite Teil sofort gekauft wird, wenn er erscheint.

Veröffentlicht am 28.10.2017

Absolute Empfehlung!

Mein bester letzter Sommer
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Der Jugendroman wurde meiner Meinung nach absolut zurecht für den Jugendliteraturpreis nominiert. Für mich hatte dieser Roman alles, was ein gutes Buch für mich braucht und es war ein absoluter Lesegenuss. ...

Der Jugendroman wurde meiner Meinung nach absolut zurecht für den Jugendliteraturpreis nominiert. Für mich hatte dieser Roman alles, was ein gutes Buch für mich braucht und es war ein absoluter Lesegenuss.

Mich haben allerdings zwei Sachen ein wenig irritiert (keine Angst- keine Spoiler, passiert ganz zu Anfang des Buches): Und zwar weiß ich noch immer nicht, ob es Oskar war, den Tessa ganz zu Anfang in der U-Bahn trifft, oder jemand anders. Und dann, als Tessa bei dem Abendessen mit den Salzmanns zusammenbricht, ist Oskar auf einmal da, ohne das vorher beschrieben wurde, dass er begrüßt wurde, beim Essen dabei war oder sonst etwas. Das hätte ich gerne anders, ausführlicher gelesen, für mich war das so, als wäre ein Textteil einfach gelöscht und nicht ersetzt worden. Ich habe gedacht, ich hätte etwas überlesen und habe des Öfteren hin- und hergeblättert, weil ich dachte, ich mir wäre etwas entgangen. Da war ich kurz versucht abzubrechen, weil ich dachte, ich würde die Geschichte nicht verstehen. Aber ich habe weitergelesen und wurde mit einer großartigen Geschichte belohnt.

Größenteils wird die Geschichte aus Tessa's Sicht in der Ich-Form geschrieben, was ich sehr gerne mag, und was mir auch hier wieder sehr gut gefallen hat. Ich denke, für die Geschichte war es genau die richtige Art und Weise zu erzählen, da ich außer den emotionalen und körperlichen Empfindungen auch die Gedanken von Tessa hautnah miterleben durfte, was, gepaart mit dem sehr flüssigen, authentischen Schreibstil ein absoluter Genuss war und mich über die Seiten hat fliegen lassen. Zum Schluss und mittendrin gibt es auch einige Kapitel aus Oskars Sicht, ebenfalls in der Ich-Form geschrieben, die meiner Meinung nach ebenfalls sehr wertvoll für die Geschichte waren.

Anne Freytag hat Tessa in der kurzen und intenstiven Zeit mit Oskar ermöglicht, sich zu entwickeln und sich nicht mehr vor der Welt zu verschließen, sondern mit allen Sinnen zu genießen. Ich habe es sehr geschätzt, diese Entwicklung verfolgen zu dürfen. Die Geschichte hat mir wieder einmal gezeigt, dass man sein Leben mit allen Facetten annehmen und das Beste draus machen soll, bevor es irgendwann zu spät dafür ist.

Der Schluss der Geschichte ist so unfassbar gut geschrieben, dass ich ihn zweimal gelesen habe. Einserseits fand ich ihn so schrecklich, doch andererseits weiß ich, dass es genauso passieren kann, wenn man die Diagnose bekommen hat. Und dass die Autorin hier nichts beschönigt und unter den Teppich gekehrt hat finde ich sehr mutig, meiner Meinung nach war das für die Geschichte gut so, denn die Geschichte lässt generell nichts unter den Teppich fallen, was in Tessa und ihrem Umfeld vorgeht, auch das hat mir sehr gut gefallen.

Am Ende des Buches hat Anne Freytag eine Liste mit Songs aufgestellt, von denen einige im Buch eine Rolle spielen. Ich wollte sie mir anhören, um die Auswahl beurteilen zu können, aber mir ging die Musik so nahe, weil ich noch so ergriffen von der Geschichte bin, dass ich es erstmal beenden musste, aber irgendwann werde ich sie mir sicherlich mal anhören.

Ich vergebe hier nur zu gerne 5 Sterne, weil es eines der für mich wertvollsten Bücher ist, die ich je gelesen habe.

Empfehlen kann ich sie jedem, der dramatische Liebesgeschichten mag und dem vielleicht auch "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 27.10.2017

Eine Liebeserklärung an das Leben!

Keine Zeit für Arschlöcher!
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Ich habe bereits die Biografie über ihn gelesen, die Markus Lanz damals geschrieben hat. Die heißt "Und plötzlich guckst du bis zum lieben Gott" und wurde 2009 veröffentlicht. Dieses Buch hat eigentlich ...

Ich habe bereits die Biografie über ihn gelesen, die Markus Lanz damals geschrieben hat. Die heißt "Und plötzlich guckst du bis zum lieben Gott" und wurde 2009 veröffentlicht. Dieses Buch hat eigentlich damals den Grundstein für meine "Liebe" zu ihm gelegt, das war zu der Zeit als er parallel zu Lafer! Lichter! Lecker" als Jurymitglied und Coach bei der Küchenschlacht angefangen hat. Bereits dieses Buch damals hat mir klar gemacht, dass die rheinische Frohnatur viele Seiten hat, die man im Fernsehen nicht mitbekommt. Die hat wahrscheinlich jeder, aber in der Biografie wurde erzählt, dass er früher Bergmann war und soviel gearbeitet hat, dass er irgendwann einen Schlaganfall bekam und weder laufen, noch sprechen konnte. Fast wäre er daran gestorben, der Titel des Buches kommt nicht von ungefähr. Er hat aber nicht aufgegeben und sich wieder zurück ins Leben gekämpft, und was er danach noch alles erreicht und verwirklicht hat, hat mich damals schon tief beeindruckt. Seitdem bin ich halt ein Fangirl, zumal wir auch aus fast der gleichen Gegend stammen, er aus Rommelskirchen, ich aus Köln.

Deswegen war es für mich Ehrensache, dass ich auch dieses Werk lesen, bzw. hören würde und was soll ich sagen - ich war wieder einmal restlos begeistert, zumal er das Hörbuch selbst spricht, was den Hörgenuss noch gesteigert hat, da er eine tolle, warme Stimme und meinen rheinischen Dialekt hat.

Horst Lichter ist ein Sensibelchen, genau wie ich. Vielleicht kann ich ihn auch deswegen so gut verstehen, ich weiß es nicht. Er fängt schnell zu Weinen an, besonders, wenn er sich für die Menschen, die um ihn herum sind, freut, aber er kann auch Ungerechtigkeit und Leid anderer Menschen ganz schlecht ertragen. Dafür schämt er sich nicht, sondern berichtet in diesem Hörbuch in etlichen Geschichten, was ihn als Menschen ausmacht.

Er hat kein Problem damit, andere Menschen gut dastehen zu lassen, wie es gerade bei Lafer! Lichter! Lecker! oft bei Johann Lafer mit seiner feinen Küche der Fall war. Er weiß, dass sein Publikum ihn liebt, wie er ist und er hat es nicht nötig super dekorierte Teller zu machen und sich selbst zu beweihräuchern, ihm geht es eher um die Freude am Kochen und den Geschmack seines Essens. So Einige krasse Dinge mit den achso tollen Sterneköchen, die vor der Kamera auf gut Freund gemacht haben, haben ihn hinter der Kamera nicht mehr beachtet, weil er keinen Wert auf Sterneküche legt. Damit ist er irgendwann nicht mehr klar gekommen und hat die Zusammenarbeit beendet, was ich durchaus nachvollziehen kann. Durch solche Geschichten zum Beispiel kam der Titel zustande.

Aber das ist nur eines der vielen Themen, die zur Sprache kommen. Es geht unter anderem auch um die Beziehung zu seiner Mutter, um ihren Tod und das tiefe Loch, in das er danach gestürzt ist. Er erzählt, wie er da wieder raus gekommen ist und wer ihm dabei geholfen hat. Er erzählt auch auf eine lustige, aber ehrfürchtige Art und Weise Einiges, das er mit ihr erlebt hat und was sie als Menschen ausgemacht hat.

Was mir auch sehr gut gefallen hat und typisch für ihn ist, war, dass er für den Publikumspreis des beliebtesten Fernsehkochs nominiert und in der Endauswahl war, den Termin für die Verleihung aber einfach mal abgesagt hat, weil er den Abend lieber mit seinen Fans verbracht hat, die für seine Karten bezahlt hatten. Sein Manager hat ihm angeboten, den Termin zu verschieben und sich um alles zu kümmern, ihm also den Rücken frei zu halten, damit er fahren kann, doch er wollte nicht. Er hätte es nicht übers Herz bringen können, die Leute zu enttäuschen. Ich verfolge Horst Lichter seit 2009 intensiv und weiß daher, dass es typisch für ihn ist. Er hat es nicht nötig, sich zu profilieren, sondern ist Mensch geblieben und so verhält er sich auch seinem Publikum gegenüber.

Dieses Hörbuch habe ich an einem Stück durchgehört, was so gut wie nie vorkommt, normalerweise brauche ich lange für Hörbücher. Ich habe Tränen geweint und gelacht und bin wieder einmal dankbar dafür, dass er mich dazu motiviert hat, das Leben zu lieben und zu kämpfen, um wieder aufzustehen, wenn man am Boden ist.

Selbstverständlich gebe ich hier 5 Sterne und das Hörbuch werde ich sicher noch mehr als einmal re-hören.

Veröffentlicht am 25.10.2017

Für mich das krasseste Buch ever!

Schwarze Magnolie
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Auf diese Geschichte war ich sehr neugierig, zumal Nordkorea ja ständig negativ besetzt durch die Medien geistert. Ich wollte für mich persönlich herausfinden wollte, wie es sein kann, dass die Bevölkerung ...

Auf diese Geschichte war ich sehr neugierig, zumal Nordkorea ja ständig negativ besetzt durch die Medien geistert. Ich wollte für mich persönlich herausfinden wollte, wie es sein kann, dass die Bevölkerung es heutzutage zulässt, dass in dieser Art und Weise reagiert und von der Umwelt abgeschnitten werden.

Ich habe das Buch gestern Abend beendet und muss sagen, dass ich noch immer schwer von den Dingen erschüttert bin, die die Autorin in diesem Buch schildert. Aber von Anfang an.

Weit ab von den großen Städten, in der nordkoreanisch-chinesischen Grenzstadt Hyesan wächst Hyeonseo Lee in Nordkorea als Kind einer relativ komfortabel lebenden Familie auf, da sie in einen hohen "songbun" hineingeboren wurde, was eine Art Bewertungssystem ist, wobei Loyalität gegenüber dem Regime das höchste aller Gefühle ist. Und da der Vater für die Armee arbeitet und die Mutter zu diesem Zeitpunkt noch eine glühende Kommunistin ist, steht die Familie sehr gut da. Noch.

Durch dieses Buch habe ich verstanden, wieso sich niemand in Nordkorea gegen das Regime, den Geheimdienst und die dort herrschende Korruption auflehnt. Die kleinen Kinder lernen schon von ihren Eltern und später auch in der Schule, dass der Führer des Regimes über allem steht. Die Menschen müssen Gemälde vom Führer des Regimes an einer bestimmten Stelle hängen haben und regelmäßig kontrollieren Soldaten, ob die Gemälde gut gepflegt werden. Und wehe, da ist ein Staubkörnchen drauf, dann wird schon mal eine ganze Wohnung zerstört und die Familie kann von vorne anfangen. Außerdem stehen sie ab sofort unter strenger Beobachtung. Das ist nicht der Familie passiert, aber Bekannten, die Mutter erzählt in der Geschichte davon.

Den Kindern wird von klein auf so dermaßen der Kopf gewaschen, und der ganze Westen schlecht gemacht. Es wird behauptet alles schlechte in Nordkorea haben vor allem die USA und China zu verantworten, aber auch Südkorea wird schlecht gemacht, damit ja keiner abhaut und was ausplaudern kann. Die Schüler werden in der Schule gezwungen, Freunde und Nachbarn auszuspionieren, wenn sie das nicht tun, werden sie bestraft, im Prinzip kann man niemandem trauen außer seiner Familie, und im Härtefall noch nicht mal denen.

Wer sich dem Regime in irgendeiner Art und Weise widersetzt, wird hingerichtet. Vor den Augen der Familie, der Freunde und den Nachbarn, damit sie ja sehen, wer die Hosen anhat. So werden schon kleine Kinder traumatisiert und wagen es sich gar nicht erst, aufzumucken. Für mich ist Nordkorea nach dieser Lektüre ein riesiges Horror-Gefängnis und ich kann gar keine Worte dafür finden, wie sehr mir die Bevölkerung leid tut, denn sie wissen es nicht besser.

Und das sind nur wenige Beispiele aus dem nordkoreanischen Alltag, die alle ziemlich zu Anfang geschildert werden, es sind also keine Spoiler.

Auf ihrem Horrorweg nach Südkorea durchlebt die Autorin derart schreckliche Dinge, die mich oft dazu bewegt haben, das Buch beiseite zu legen, weil meine Vorstellungskraft für viele Erlebnisse einfach nicht ausgereicht hat. Zwar habe ich mit schlimmen Dingen gerechnet, aber nicht in diesem Ausmaß und in der Häufigkeit. Menschenrechte, wie wir sie kennen zählen in Nordkorea einfach mal nicht, sie sind dem Regime völlig schnuppe.

Die Autorin beweist auf ihrem Weg dermaßen viel Mut, Ideenreichtum und Einsatzbereitschaft, dass ich oft nur noch staunen konnte und gedacht habe, dass mir das niemals eingefallen wäre. Ich habe mich oft gefragt, wie Hyeonseo Lee es schafft, nicht verrückt zu werden und durchzudrehen. Ich hatte den Eindruck, dass ihr in dieser Hinsicht geholfen hat, dass es außerhalb des eigenen Hauses nicht erwünscht ist, Gefühle zu zeigen. Meistens noch nicht einmal in der eigenen Familie.

Der Schreibstil ist großartig, aber auch sehr heftig, weil er sehr detailliert und bildhaft ist. Das ist natürlich auf der einen Seite großartig, weil man durch die Sicht der Autorin vieles versteht und sofort verinnerlicht. Mir fällt da gerade ein Beispiel ein: Die Autorin schildert, wie sie als Kind bei einer Hinrichtung zusehen muss, und sie das Blut der Erschossenen als roten Sprühnebel wahrnimmt, der um die Köpfe zieht. Heftig, oder? Es wird nichts beschönigt, ganz im Gegenteil, die Texte sind heftig und nichts für schwache Nerven!

Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen, weil es mir geholfen hat, viele Dinge nachvollziehen zu können. Ich gebe daher von Herzen 5 Sterne.

Geeignet ist dieses Buch für Leser, die sich für die Nordkorea-Thematik interessieren und vor schlimmen Details nicht zurück schrecken.

Veröffentlicht am 16.10.2017

Ehrlich, aber fair!

Sturmwarnung
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Dieses Buch habe ich mir als Ebook gekauft

Ein Leben wie ein ewiges Abenteuer: Orkane auf See, Stürme im Rotlicht der Häfen. Momente zwischen Leben und Tod. Kapitän Jürgen
Schwandt, Jahrgang 1936, hat ...

Dieses Buch habe ich mir als Ebook gekauft

Ein Leben wie ein ewiges Abenteuer: Orkane auf See, Stürme im Rotlicht der Häfen. Momente zwischen Leben und Tod. Kapitän Jürgen
Schwandt, Jahrgang 1936, hat alles erlebt. Aufgewachsen in den Trümmern Hamburgs, ging er früh zur See - und tauchte ein in jene exotische Welt aus Fernweh und Sternenstaub, von der er immer geträumt hatte. Dabei lernte er auch früh die Schattenseiten der Seefahrt kennen: den unbarmherzigen Ozean und die harte Arbeit.

Stefan Krücken wurde 1975 in Neuss geboren. Schon als Kind wollte er Reporter werden. Er arbeitete als Polizeireporter für die Chicago Tribune, volontierte beim Kölner Stadt-Anzeiger und ging dann zur Zeitschrift max. Seine Reportagen handeln von Bergleuten auf Spitzbergen, von Strandfußballern in Rio oder den Hooligans von Glasgow. Krücken schreibt als Reporter für Magazine (GQ, mare, Dummy) sowie für Tageszeitungen (Tagesspiegel, Frankfurter Rundschau). Er ist verheiratet und lebt mit seinen Kindern in einem Dorf bei Hamburg.

Diese Rezension fällt mir sehr schwer, aber nicht weil mir das Buch und Jürgen Schwandt nicht gefallen haben, sondern weil ich nicht sicher bin, ob ich die richtigen Worte dafür finde, was ich nach der Lektüre dieses Buches fühle. Aber ich will es versuchen.

Das Buch beginnt, nach einer kurzen Philosophie der Kaptäns über das Älterwerden, mit Jürgen Schwandts Kindheit. Er ist traumatisiert vom Kriegsgeschehen, die Flasbacks, die er immer hat, wenn eine Sirene ertönt, hören erst im Lebensalter von zarten fünfzig Jahren auf. Sein Vater war ein Kriegsheld der NS-Propaganda, seine Mutter ein hochrangiges Parteimitglied der NSDAP. Als er erfuhr, was mit den Juden geschehen ist, gerät er mit seinen Eltern in Konflikt, denn mit dem Genozid möchte er nichts zu tun haben, er ist wütend und verzweifelt über die Ereignisse und verlangt Antworten von seinen Eltern. Sein Vater leugnet alles, er sagt, das sei alles gestellt und entspreche nicht der Wahrheit. Später wird seine Mutter von den Amerikanern verhaftet und verhört, sein Vater ist in Kriegsgefangenschaft. Jürgen Schwab kommt zu einer Tante nach Hamburg, er muss ein entbehrungsreiches, von Hunger, Beschaffungskriminalität und eisiger Kälte geprägtes Leben führen. Angeregt, durch die Bücher, die er während seiner Schulzeit las, begann er, von der Seefahrt zu träumen, einer seiner Lehrer regte eine Seefahrtskarriere an. So nahmen die Dinge seinen Lauf.

Am Anfang hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, bezüglich des Schreibstils, der meiner Meinung nach überhaupt nicht zur Person und zur Geschichte passt. Leider hat der Kapitän sie nicht selbst aufgeschrieben, sondern Stefan Krücken. Was ich eigentlich nicht verstehe, denn Jürgen Schwab schreibt schon länger, und noch immer Kolumnen in einer Hamburger Zeitung, die sehr gefragt sind. Durch die spannende Geschichte fiel mir das jedoch irgendwann nicht mehr auf, da viele umgangssprachliche Formulierungen und Sprichwörter des Kapitän mit in die Texte einfließen.

Die einzelnen Kapitel sind dermaßen spannend und ereignisreich, dass ich so einige Dinge für Seemannsgarn gehalten habe, weil sie außerhalb meiner Vorstellungskraft lagen, aber viele dieser Geschichten werden durch Fotos belegt.

Er durchläuft die Karriere wirklich komplett und fängt ganz unten an, und die Zustände, die auf den ersten, ganz alten Schiffen herrschen, auf denen er anheuert, sind wirklich krass. Ich weiß nicht, wie oft ich den Hut vor Jürgen Schwab gezogen habe, weil er sein Ding konstant durchgezogen und unter härtesten Bedingungen für seinen Traum, zur See zu fahren, gekämpft hat. Arbeitsschutz gab es damals nicht, und ich wundere mich, dass er alle diese Situationen unter den primitiven Umständen gemeistert hat.

Seine Vergangenheit mit seinen nationalsozialistischen Eltern und seinem Schock über die Ausmaße des Genozid der Juden führten gepaart mit den Reisen in ferne Welten zu einer sehr liberalen Weltanschauung, die ich absolut teile. Hierzu ist mir ein Satz von ihm besonders im Gedächtnis geblieben:
„Auf meinen Reisen habe ich überall auf der Welt gute Menschen kennengelernt. Und auch ein paar Arschgeigen. Das hat nichts mit Hautfarbe, Pass oder Religion zu tun.“
Das spiegelt seine generelle Umgangsweise mit anderen Menschen hervorragend wieder, denn er begegnet ihnen mit Respekt und Menschlichkeit. Er ist stets ehrlich und gerade heraus, was nicht immer bequem, aber fair ist, und das schätze ich sehr an ihm.

Ich war und bin immer noch traurig darüber, dass ich das Buch beendet habe. Ich hätte Jürgen Schwab gerne als Menschen um mich herum, dann würde ich mich in eine Decke einkuscheln und seinen Geschichten lauschen. Oder mit ihm über verschiedene Themen diskutieren, oder mit ihm durch Hamburg ziehen, oder oder oder... Toller Mensch!