Cover-Bild Prügel
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT E-Book
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Ratgeber / Lebenshilfe
  • Ersterscheinung: 28.01.2020
  • ISBN: 9783644406148
Antje Joel

Prügel

Eine ganz gewöhnliche Geschichte häuslicher Gewalt
Häusliche Gewalt ist eines der größten Tabuthemen unserer Zeit. Antje Joel, preisgekrönte Journalisten, bricht dieses Tabu, und erzählt in ihrem Buch offen und schonungslos ihre eigene Geschichte. Und sie analysiert darüber hinaus den gesellschaftlichen Kontext, denn sie stellt keine Ausnahme dar: Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner ermordet, jede dritte Frau erlebt häusliche Gewalt. So auch Antje Joel. Mit 16 lernt sie ihren späteren Mann kennen. Er schlägt sie bereits nach wenigen Monaten. Ihre Eltern sagen, was Joel danach von vielen Seiten hören wird: «selbst schuld!» Sie empfindet es lange ebenso und kehrt zu ihm zurück. Wieder und wieder. In ihrem Buch erzählt Joel, warum sie ihren Ehemann zunächst nicht verlassen hat, wie sie sich schließlich doch befreit hat und was sich in der Gesellschaft verändern muss. Ein wichtiges, hochaktuelles Buch.

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Veröffentlicht am 28.01.2020

Gewalt beginnt nicht erst mit Schlägen - ein erhellendes und wichtiges Buch

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Als er endlich zuschlug, war Antje Joel auf eine ernüchternde Art erleichtert:
»Denn nun hatte seine Gewalt endlich eine Form angenommen, die unübersehbar, die belegbar war. Nicht nur gegenüber anderen. ...

Als er endlich zuschlug, war Antje Joel auf eine ernüchternde Art erleichtert:
»Denn nun hatte seine Gewalt endlich eine Form angenommen, die unübersehbar, die belegbar war. Nicht nur gegenüber anderen. Auch gegenüber mir selbst.«

Was ist noch Disziplinierung, was noch Humor und was ist schon Gewalt?

»Oft wissen Frauen auch nicht, ob sie vergewaltigt wurden. (...) Sie sind nicht sicher, ab wann man sagen kann, dass das, was sie erlebt haben, definitiv eine Vergewaltigung war.«

Das Buch ist vollgepackt mit persönlichen Erfahrungen der Journalistin Antje Joel, mit ihren Erlebnissen im Frauenhaus, dem Jugendamt, dem Scheidungsrichter, der Polizei, den Nachbarn und den Eltern.

Doch sie erzählt nicht nur von ihrer privaten Odyssee. Sie hat auch mit Menschen gesprochen, die mit dem Thema “Gewalt” zu tun haben wie dem Forensiker Evan Stark, der bei seinen Forschungen Männer nach den Gründen für ihre Gewalt befragt hat. Oder dem Engländer Lundy Bancroft, der seit 30 Jahren mit Tätern arbeitet.

Joel schreibt über Sprache, über Definitionsmacht und die für Außenstehende oft unerklärliche Frage: “Warum bleibt eine Frau jahrelang bei einem prügelnden Partner?”.

Sie räumt mit destruktiven Mythen auf: dass die schlimme Kindheit des Mannes schuld sei an seinen Aggressionen. Dass er nicht über seine Bedürfnisse sprechen könne.

»Ein Gewalttäter will nur dann auf sein Kindheitstrauma aufmerksam machen, wenn er es als Entschuldigung nutzen kann, so zu bleiben wie er ist. Nicht, wenn es Anlass sein sollte, dass er sich ändert.«

Sie würden auch nicht die Kontrolle verlieren, sondern die Einschüchterung und Gewalt sei ein effektives und wirksames Mittel, um schnell zu bekommen, was sie wollten.

Die Frauen dagegen glaubten: “Wenn ich ihn nur ein bisschen mehr lieben würde, würde er geheilt werden!”

Häusliche Gewalt höre nie auf.
Den offiziellen Zahlen nach sei es nicht vorbei, wenn man es geschafft habe, sich zu trennen. Denn gerade die getrennt lebenden Frauen seien besonders gefährdet.

Es sei keine Gewaltprävention, Frauen dazu aufzufordern, Männer nicht unnötig zu provozieren. Den Männern selbst obliege die Verantwortung darüber, wie sie sich verhalten.

Interessant, das Gesetz “Claires Law” aus England, nach dem Frauen (und Männer), die ihren Partner als bedrohlich erleben, bei der Polizei Akteneinsicht verlangen können.

Die Autorin schreibt über Tina Turner, Trump und Hillary Clinton, über Entschuldigungen, Rechtfertigungen, Rollenbilder, Macht und Amokläufe.

Sehr konstruktiv fand ich auch die Darstellung der Unterschiede eines Gewaltpräventionskurses und einer Paar-/Therapie. Denn Therapie schade oft eher, als dass sie helfe.
Der Gewalttäter wolle sich selten ändern, eher suche er sich eine neue Frau, bei der er seine Strategien weiterhin anwenden könne.
Ursache der Gewalt sei die Einstellung, dass den Männer die Kontrolle über die Frau zustehe.

Ein mutiges, persönliches sowie informatives Buch, das die Mechanismen von Gewalt, erste Warnzeichen und Lösungen beschreibt.