Cover-Bild Fräulein Else
Band 18155 der Reihe "Reclams Universal-Bibliothek"
3,60
inkl. MwSt
  • Verlag: Reclam, Philipp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 108
  • Ersterscheinung: 01.2001
  • ISBN: 9783150181553
Arthur Schnitzler

Fräulein Else

Novelle. Textausgabe mit Anmerkungen/Worterklärungen, editorischer Notiz und Nachwort
Johannes Pankau (Herausgeber)

Arthur Schnitzlers wohl berühmteste Schilderung eines Frauenschicksals: Die neunzehnjährige Else soll ihren Vater vor dem drohenden Bankrott retten und zerbricht an den Forderungen des Geldgebers. Zeitgenossen des Autors rühmten die präzise Charakterdarstellung, die Erkenntnisse aus der Psychoanalyse verarbeitet.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.10.2019

Mehr als Schullektüre

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Liebe Daisy,
heute hab ich eine kurze, knackige Novelle, die ich dir vorstellen möchte: Fräulein Else von Arthur Schnitzler. Diesmal was von einem Österreicher - war mir das eine Freude mit all den österreichischen ...

Liebe Daisy,
heute hab ich eine kurze, knackige Novelle, die ich dir vorstellen möchte: Fräulein Else von Arthur Schnitzler. Diesmal was von einem Österreicher - war mir das eine Freude mit all den österreichischen Ausdrücken (keine Sorge, bei Unklarheiten gibt es hinten ein Glossar). Kennst du den Herren Schnitzler eigentlich? Ich hab vor Ewigkeiten mal die Schachnovelle von ihm gelesen, kann mich aber kaum noch erinnern. Das Wissen sollte ich definitiv mal wieder auffrischen. Aber Eins nach dem Anderen.

Fräulein Else ist erstmals 1924 erschienen und inhaltlich 1896 angesiedelt. (Letzteres wird so nicht genannt, man findet es aber in der Sekundärliteratur.) Trotzdem spürt man die Ungewissheit der Zwischenkriegszeit in den Nuancen des inneren Monologes, in dem die Novelle verfasst ist. Sie erzählt von der gutbürgerlichen Else, deren Vater in einer finanziell prekären Lage steckt. Es liegt an ihr, ihm auszuhelfen, was sie in einen inneren Zwiespalt bringt.

Ich war zugegebener Maßen beeindruckt wie emanzipiert die Protagonistin sich zeigt: sie möchte nicht heiraten, sondern reisen und beweist sich als durchaus sarkastisch: „Er stellte den einen Fuß auf die Bank. Soll das elegant sein – oder was?“ (S. 31). Sie erkennt die Oberflächlichkeit der Gesellschaft und bleibt sich selbst auch im Zuge ihrer wachsenden Verzweiflung treu. Letztere zeigt Schnitzler mit gekonnter Präzession:

„Wenn Sie mich grüßen, so kehre ich wieder um. So grüßen Sie mich doch. Ich sehe Sie doch so liebenswürdig an ... Er grüßt nicht. Vorbei ist er. Er wendet sich um, ich spüre es. Rufen sie, grüßen Sie! Retten Sie mich! Vielleicht sind Sie an meinem Tode schuld mein Herr! Aber Sie werden es nie erfahren. Adresse bleibt Fiala...“ (S. 63)

Generell war ich sehr positiv davon überrascht, wie schnell ich mich in Elses Gedanken eingefühlt und sie verstanden habe – trotz einiger absurder Momente. Man wusste nie, wohin einen ihr sprunghafter Geist als nächstes führen und wohin sich die Geschichte somit entwickeln würde. Sehr spannend und unkonventionell zu lesen! Natürlich handelt es sich bei der jugendlichen Erzählerin um eine, die nur bedingt zuverlässig ist, aber gerade dieser Blick in den Kopf der Protagonistin hat die Geschichte viel greifbarer und berührender gemacht, als wäre sie in einem anderen Format geschrieben gewesen.
Wenn du also nach einer inhaltlich wie sprachlich interessanten Lektüre Ausschau hältst, kann ich dir diese Novelle nur empfehlen: obwohl sie bei Reclam erschienen ist, was ich bisher mit anstrengender Schullektüre verbunden habe. Eine Einstellung, die ich gerade grob zu überdenken anfange.
Deine Daffy

Veröffentlicht am 17.12.2016

Erfrischend anders

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Die Hauptperson Else befindet sich in einem italienischen Kurort bei ihrer wohlhabenden Tante, als sie den Brief ihrer Mutter, mit der dringenden Bitte den reichen Dorsday um 30.000 Gulden zu bitten, um ...

Die Hauptperson Else befindet sich in einem italienischen Kurort bei ihrer wohlhabenden Tante, als sie den Brief ihrer Mutter, mit der dringenden Bitte den reichen Dorsday um 30.000 Gulden zu bitten, um den Vater vor dem Gefängnis zu retten, erhält. Gleich darauf bittet sie Dorsday ihr das Geld für ihren Vater zu leihen, woraufhin Dorsday unter der Bedingung zustimmt, Else solle sich vollkommen nackt vor ihm entblößen, damit er ihren Körper für eine Weile betrachten könnte. Die junge Else verlässt empört den Raum. In den folgenden Momenten, kann die Zerrissenheit und Unentschlossenheit Elses anhand ihrer Gedanken gut nachvollzogen werden. Einerseits möchte sie ihrem Vater unbedingt helfen und ihn nicht im Stich lassen. Andererseits möchte sie frei über ihren Körper entscheiden können und sich nicht von anderen ( dem männlichen Geschlecht - Dorsday) dominieren lassen. Hin und her gerissen und durch ständige Änderungen ihrer Entscheidungen, beschließt sie schließlich sich vor allen anderen Gästen des Hotels zu entblößen, somit auch vor Dorsday, um der Bedingung gerecht zu werden. Nachdem sie sich auszieht und von allen Seiten schockierende Blicke erhält - so auch von ihrer Tante, die sie als Schande empfindet - fällt sie in eine gespielte Ohnmacht, um der Situation zu entkommen. Daraufhin wird sie in ihr Zimmer gebracht. Dort nimmt sie die doppelte Dosis des Schlafmittels Veronal, in der Absicht ihrem Leben ein Ende zu setzen. Dann sickert sie weg. Ob sie tatsächlich stirbt bleibt offen.

Besonders toll fand ich, dass das Werk in einem inneren Monolog geschrieben ist - bis auf einige Gespräche mit anderen Gästen. Dadurch erhält man einen tiefen Einblick in die Gedankengänge von Else und bemerkt, wie sie versucht aus dem Dilemma herauszukommen, aber feststellen muss das es keinen Weg gibt, außer Selbstmord zu begehen. Besonders der Inhalt bietet sich hervorragend für einen inneren Monolog an, da dieser nie langweilig wird. Etwas nervend ist Elses ständiger Meinungswechsel und was sie als nächstes tun möchte, da der Wechsel sehr oft vorkommt und das hin und her sich oft wiederholend durch den ganzen Text zieht. Dennoch fand ich das Buch sehr erfrischend geschrieben, weil es mal etwas anderes ist.

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