Cover-Bild Die Enkelin
(46)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 27.10.2021
  • ISBN: 9783257071818
Bernhard Schlink

Die Enkelin

Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Großvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2021

Birgits Geheimnis

0

Für Kaspar Wettner ist es ein Schock. Als der 71-Jährige eines Abends nach der Arbeit in der Buchhandlung nach Hause kommt, findet er seine Frau Birgit tot in der Badewanne. Nun muss der Witwer nicht nur ...

Für Kaspar Wettner ist es ein Schock. Als der 71-Jährige eines Abends nach der Arbeit in der Buchhandlung nach Hause kommt, findet er seine Frau Birgit tot in der Badewanne. Nun muss der Witwer nicht nur mit seiner Trauer zurechtkommen, sondern auch erfahren, dass die Tote ein großes Geheimnis vor ihm verborgen hat. Er trifft eine folgenschwere Entscheidung…

„Die Enkelin“ ist ein Roman von Bernhard Schlink.

Meine Meinung:
Der Roman beinhaltet drei Teile, die wiederum etliche, zumeist kurze Kapitel beinhalten. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge vorwiegend aus der Sicht von Kaspar. Es gibt allerdings eine längeren Text im Roman, der in der Ich-Perspektive formuliert ist. Die Handlung spielt sowohl in Berlin als auch in Sachsen. Sie ist in der jüngeren Vergangenheit angesiedelt, umfasst aber auch längere Rückblicke.

In sprachlicher Hinsicht habe ich den Roman als durchwachsen und verschiedenartig empfunden. Auffällig ist ein Nebeneinander von atmosphärisch starken Passagen wie in den ersten Kapiteln, von wunderbar ausgedrückten Gedanken, von schwerfälligen Beschreibungen und von hölzernen Dialogen. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die Bandwurmsätze. Phasenweise hat mich der Schreibstil begeistert, bisweilen aber auch etwas befremdet.

Die Charaktere blieben mir leider bis zum Schluss etwas fremd. Im Vordergrund steht besonders Kaspar, eine Figur, die über weite Strecken als schwach und feige dargestellt wird. Seine glaubwürdige Entwicklung habe ich daher gerne verfolgt. Alle Personen, darunter die titelgebende Enkelin, haben zudem die Gemeinsamkeit, dass sie mit psychologischer Tiefe und Grautönen gezeichnet werden.

Inhaltlich habe ich dagegen oft die Realitätsnähe vermisst. So manche Vorgänge, Zusammenhänge und Erlebnisse erscheinen überzogen, stark vereinfacht oder zu unrealistisch. Dabei haben mich die gewichtigen Themen des Romans durchaus angesprochen. Die Parallelwelt der Völkischen bringt Schlink seinen Leserinnen und Lesern näher. Der Geschichte ist die fundierte Recherche immer wieder anzumerken. Auch andere politische Aspekte sowie zwischenmenschliche Konflikte bieten interessanten Stoff zum Diskutieren und Nachdenken.

Am besten gelungen sind der erste und der dritte Teil. Im Mittelteil des rund 350 Seiten umfassenden Romans sind mehrere Längen vorhanden. Alles in allem habe ich die Geschichte trotzdem gerne gelesen.

Das verlagstypische Cover gefällt mir gut. Es passt im Großen und Ganzen zur Geschichte. Der prägnante Titel ist treffend.

Mein Fazit:
Mit „Die Enkelin“ hat Bernhard Schlink einen komplexen, unterhaltsamen und interessanten Roman geschrieben. Dennoch bleibt der Autor mit seinem neuen Buch leider hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Veröffentlicht am 28.12.2021

Regt zum Nachdenken an

0

Kaspar kommt nach Hause und glaubt, dass Birgit wieder dem Alkohol zu sehr zugesprochen hat. Doch es kommt viel schlimmer, seine Frau ist tot. Wer war Birgit wirklich? Warum hatte sie die Flucht in den ...

Kaspar kommt nach Hause und glaubt, dass Birgit wieder dem Alkohol zu sehr zugesprochen hat. Doch es kommt viel schlimmer, seine Frau ist tot. Wer war Birgit wirklich? Warum hatte sie die Flucht in den Alkohol gesucht? Kaspar erkennt erst nach und nach das seine Frau einige Geheimnisse hatte und er sie gar nicht so richtig kannte. Ihr unvollendetes Buch gibt einigen Aufschluss und Kaspar versucht das Werk seiner Frau zu vollenden. Er startet eine Suche, die ihn in eine Welt führt, die ihm fremd ist, ihm aber auch eine (Stief-)Enkelin schenkt.

Die Geschichte hat mehrere Teile. Zum einen Birgits Tod und Kaspars Trauer, dann erfährt man durch Birgits Manuskript von ihrer Vergangenheit und weitere Teile werden eingebunden, zu denen äußere ich mich aus Spoilergründen nicht detaillierter. Kaspar und Birgit lernten sich in der DDR kennen und lieben. Kaspar wollte die Welt kennenlernen und fand seine große Liebe. Doch Birgit hat ein Geheimnis, sie ist schwanger. Von Kaspar unbemerkt bekommt sie ein Kind, dass sie ihrer Freundin Paula übergibt und dann in den Westen flüchtet. Birgit hatte mit dieser Entscheidung und dem Verschweigen vor Kaspar einige Schwierigkeiten und diese haben sie stark beeinflusst. Nun hatte sie geplant die Suche nach ihrer Tochter zu starten, aber sie kann es nicht. Nach ihrem Tod ist Kaspar auf der Suche, findet und erkennt, dass er etwas tun muss. Denn rechtes / völkisches Gedankengut kann und will er nicht gutheißen, Wie kann man da gegensteuern? Wir öffnet man Augen jener, die in ihrer Parallelwelt leben?

Gewisse Startschwierigkeiten hatte ich mit diesem Buch, denn Kaspar war mir irgendwie nicht richtig greifbar und auch seine Frau war mir ein wenig suspekt. Das Problem gab sich jedoch schnell und gerade die Aufzeichnungen von Birgit haben ein tiefes Verständnis bei mir bewirkt. Und vor allem mein Mitgefühl für Kaspar geweckt. Und meine Bewunderung, dass er – allen Widerständen zum Trotz – Birgits Suche startet. Sein Durchhaltevermögen ist beeindruckend und ich finde es spannend, wie sich diese deutsch-deutsche Geschichte entwickelt. Nicht alles, nicht jeder Charakter, wirkte auf mich bis ins Detail glaubwürdig, doch mein Interesse war kontinuierlich hoch und es regt zum Nachdenken an. Wie stark beeinflussen uns unsere Eltern? Ist gut gemeint, auch gut gemacht? Wird er seiner Enkelin einen anderen, weltoffenen Weg zeigen können? Richtige Auswege und den Königsweg bietet der Roman nicht, aber er regt unheimlich zum Nachdenken an und das fand ich auch gut, denn einfach Lösungen gibt es hierfür nicht.

Hauptsächlich berichtet Kaspar aus seiner Sicht und chronologisch, aber es gibt auch einige Rückblicke in die deutsch-deutsche Geschichte. Haupthandlungsorte sind Berlin und Sachsen, was ich als passend empfand, anderes fand ich weniger authentisch, wenig realistisch und zu überzogen. Aber das fällt unter dem Strich nicht zu sehr ins Gewicht, denn in Summe ist der Roman unterhaltsam und interessant.

Veröffentlicht am 08.12.2021

Lebenslügen

0

Wie gut kann ein Ehemann nach 20 Jahren seine Ehefrau kennen?
Birgit ist tot und Kaspar findet und lies ihr Tagebuch. Und muss feststellen, dass seine Frau ihm so einiges verheimlicht hatte. Das er sie ...

Wie gut kann ein Ehemann nach 20 Jahren seine Ehefrau kennen?
Birgit ist tot und Kaspar findet und lies ihr Tagebuch. Und muss feststellen, dass seine Frau ihm so einiges verheimlicht hatte. Das er sie überhaupt nicht kannte. Dass sie ein Leben verloren hat, in dem es eine Tochter gab, von der er nie etwas wusste.

Schlink schickt seinen Hauptdarsteller auf eine Suche. Nach einem Menschen, der bis zum Tod sein Innerstes verborgen hat. Eine Vorstellung, die Kaspar erschüttert und den Leser mit ihm. Und als er herausfindet, dass seine Frau eine Enkelin hatte, will er sie kennen lernen und man hat das Gefühl, er möchte mit diesem Mädchen seine Frau neu kennen lernen.

Ein intensives Buch. Nicht alle Darsteller waren für mich ganz glaubwürdig. Aber dennoch habe ich die Geschichte gerne gelesen und vor allem einiges gefunden, darüber nachzudenken und selbst zu reflektieren.

Veröffentlicht am 05.12.2021

Geerbte Familie

0

Birgit ist tot. Nach langen Ehejahren merkt ihr Mann, dass der Charakter seiner Frau facettenreicher war als geahnt. Nicht nur hat sie ihre Gedanken niedergeschrieben, Gedanken, die durchaus einer Veröffentlichung ...

Birgit ist tot. Nach langen Ehejahren merkt ihr Mann, dass der Charakter seiner Frau facettenreicher war als geahnt. Nicht nur hat sie ihre Gedanken niedergeschrieben, Gedanken, die durchaus einer Veröffentlichung wert gewesen wären, sie hatte auch eine Tochter, die sie vor Kaspar geheim gehalten hat. Kaspar und Birgit lernten sich in der DDR kennen, er aus dem Westen, sie aus dem Osten. Und sie wollte leben und frei sein, deshalb ist sie ohne das Kind in den Westen gegangen. Vor ihrem Tod hatte Birgit begonnen, nach ihrer Tochter zu suchen. Kaspar sieht es als Vermächtnis und beginnt ebenfalls mit der Suche.

Wer ist die unbekannte Tochter? Die Familie ist auch nach der Wende im Osten geblieben. Kaspar findet nicht nur seine Stieftochter, auch eine Enkelin kann er kennenlernen. Er möchte sich auf seine neue Familie einlassen, sich aber nicht aufdrängen. Schnell muss Kaspar feststellen, dass die sich am politisch rechten Rand tummelnde neue Familie keinesfalls auf ihn gewartet hat. Soll er den Kontakt aufgeben oder soll er besonders seiner Enkelin von der Welt erzählen, die sie so augenscheinlich ablehnt. Und immer noch erscheint seine verstorbene Frau in einem anderen Licht.

In seinem neuen Roman über die Entdeckung einer dem Stiefvater unbekannten Tochter und Enkelin, wendet sich der Autor einem Thema zu, dass wohl zu wenig Aufmerksamkeit erhält. Wie soll man Menschen in seinem Umfeld begegnen, die sich in eine Parallelwelt zurückgezogen haben. Eine Frage, die sich nicht nur Kaspar stellt, eine Frage, die man sich auch selbst stellt. Es gibt Momente, da möchte man einfach die Tür zuschlagen. Es gibt aber auch Moment, in denen man es weiter versuchen möchte, Möglichkeiten aufzuzeigen. Welchen Umgang wird Kaspar schließlich wählen und hat er überhaupt eine Wahl? Um eine Wahl zu haben, muss sich ja auch die neue Verwandtschaft bewegen, was ihr nicht leicht fallen dürfte. Wird wenigstens die Enkelin ihren eigenen Weg finden? Dieser unaufgeregte Roman zeugt davon, dass sich der Autor eingehend mit dem Thema beschäftigt hat, dass er zwar keine leichten Lösungen anbieten kann, aber sehr zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 22.11.2021

Einblick in eine fremde Welt

0

Ich weiß gar nicht mehr so recht, was ich von diesem Roman erwartet hatte, aber das, was ich jetzt gelesen habe, bestimmt nicht. Die Auseinandersetzung mit der völkischen Gemeinschaft war intensiv, sehr ...

Ich weiß gar nicht mehr so recht, was ich von diesem Roman erwartet hatte, aber das, was ich jetzt gelesen habe, bestimmt nicht. Die Auseinandersetzung mit der völkischen Gemeinschaft war intensiv, sehr detailliert, differenziert und in seinen Auswirkungen auch ganz schön extrem. Ein paar Mal musste ich schlucken. Vermutlich war ich innerhalb dieses thematischen Rahmens recht naiv unterwegs.

Die Anlage der Figur der Sigrun hat mir gut gefallen. Ausgehend von ihrem Aufwachsen in der völkischen Gemeinschaft entwickelt Sigrun Werte, die ihr auch nach der Erweiterung ihrer Welt wichtig bleiben. Egal, welche Perspektiven und Sichtweisen ihr logisch hergeleitet werden, von einigen Ansichten kann sie sich nicht lösen. Bernhard Schlink beschreibt sehr deutlich, dass Zukunft eine Herkunft hat. Nicht jedem Menschen ist jede beliebig positive Entwicklung möglich. Manchmal sind durch Erziehung, Glaube oder auch besondere Ereignisse einige Wege bereits versperrt.

Mit Svenja tat ich mich da schon schwerer. Sie war mir einfach zu passiv. Ich verstehe, dass sie Björn dankbar ist für ihre Rettung aus dem dunkelsten Tal ihres Lebens. Dennoch hätte ich mir von einer in der DDR sozialisierten Frau weniger Hörigkeit gewünscht.

Am Ende ist „Die Enkelin“ für mich ein nachdenklicher Roman, über Verlust von geliebten Menschen, Verlust von Identität. Der Roman ruft auf, sich vor zu schnellem Urteilen zu hüten. Schön fand ich Kaspars Einsicht, Sigrun so lieben zu müssen wie sie ist, bedingungslos oder gar nicht. Echte Zuneigung kann nicht an die „richtigen“ politischen Ansichten geknüpft werden. Somit konnte ich letztlich auch die klischeebedienende Rollenverteilung verzeihen, die mir in der ersten Hälfte des Romans sauer aufgestoßen war.

Der gut lesbare Roman zog mich immer tiefer in seinen Bann. Ich war erschrocken, gleichzeitig fasziniert von einer mir bisher unbekannten Welt innerhalb unseres Landes. Für mich ist erstaunlich, wie bestimmte Gruppierungen die Bedürfnisse und Sehnsüchte der Menschen offensichtlich besser bedienen als unsere Gesellschaft an sich. Der Einblick, den uns der Autor gewährt, war interessant, hatte einen aufklärenden Touch. Ich kann die Lektüre nur empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere