Familiensaga-Auftakt nach Schema F
Dies ist ein Auftaktband mit offenem Ende. Die Autorin Ellin Carsta schätzt die Länge der neuen Familiensaga auf acht Bände.
Beleuchtet wird gehobenes Bürgertum für einige Wochen im Spätsommer/Herbst 1936, ...
Dies ist ein Auftaktband mit offenem Ende. Die Autorin Ellin Carsta schätzt die Länge der neuen Familiensaga auf acht Bände.
Beleuchtet wird gehobenes Bürgertum für einige Wochen im Spätsommer/Herbst 1936, verortet hauptsächlich im ländlichen Raum nahe München, teils in Berlin.
Erzählstil, Handlung, Figuren, Dialoge, Atmosphäre usw. finde ich mittelmäßig, seicht. Es fehlt das Besondere und das Überraschende. Irgendwie hat man das alles schon mal gelesen. Manchmal war ich geneigt, abzubrechen, weil mich die Geschehnisse nicht fesselten, nicht zu Herzen gingen. Dann gab es mal wieder stärkere Szenen, in denen Grauschattierung in der Figurenzeichnung hervorblitzt, Spannung und Gefühle generiert werden, zum Beispiel in Kapitel 16. Das ließ mich ohne Reue durchhalten bis zum Schluss.
Ein Personenverzeichnis, am besten als Stammbaum, wäre hilfreich. Nach und nach gelingt es aber auch so, zu ergründen, wie alle zueinander verwandschaftlich und emotional stehen. Sympathien und Antipathien bilden sich schnell und ändern sich auch nicht wirklich, weil die Figuren recht holzschnittartig angelegt sind:
Ein Fortschritt ablehnender Familien- und Unternehmensmonarch, dem gegenüber ein kreativer, durchsetzungsschwacher Sohn. Eine Tochter, die Nazitum und Judenverfolgung kritisch beäugt, ansonsten aber ziemlich planlos durch’s Leben geht bzw. reitet. Eine Ehefrau mit Lügen um ihre Identität. Das Glück der Frauen hängt stark vom Wohlwollen der Männer ab, sie sind vor allem dazu da, hübsch auszusehen, Kinder zu bekommen und Personal anzuweisen. Titelgebend sind drei Weltkriegsveteranen mit abgründigem Geheimnis, welches in Gesprächen und Gedanken - ziemlich gestelzt - ausgespart wird, um zum Rätseln zu animieren. Wahrscheinlich wird es letztendlich eine Tötung ohne politisches Mandat gewesen sein.
Was Kenntniszuwachs angeht, sehe ich für geschichtlich halbwegs gebildete Personen keinen Mehrwert.
Das Ende wirkt überstürzt. Es verärgert, dass lebensverändernde Entscheidungen aus einem Impuls heraus getroffen werden, die eigentlich nicht zum Charakter passen. Dann werden im Epilog noch einige Monate in 1936 und 1937 im Zeitraffer dargestellt. Das klärt ein paar (aber nicht die wichtigsten) offenen Fragen, hakt einige Krisenherde eher unbefriedigend ab, wahrscheinlich um im Folgeband „Die Stärke der Töchter“, der für den 23. März 2021 angekündigt ist, den Fokus auf neue Ereignisse zu legen. Ich vergebe knappe drei Sterne. Wie bereits bei den späten Bänden der Hansen-Saga hätte ich gern mehr Tiefe und Anspruch erlebt.
Um die Bewertung in Relation zu setzen, hier meine Buchbewertungen mit ähnlichem Thema und Verortung:
Ella Zeiss - Wie Gräser im Wind, Von Hoffnung getragen - 5 Sterne
Michaela Saalfeld - Was wir zu hoffen wagten, Als wir im Regen tanzten - 5 und 4 Sterne
Andreas Izquierdo - Schatten der Welt - gute 4 Sterne
Izabelle Jardin - Libellenjahre - gute 4 Sterne (Figuren, Handlung, Atmosphäre und Kenntniszuwachs besser)
Peter Prange - Eine Familie in Deutschland - knappe 4 Sterne (Figuren auch klischeehaft, Handlung gehaltvoller und informativer)
Ulrike Renk - Jahre aus Seide - 2 Sterne (langatmig und Schwarz-Weiß, abgebrochen)