Ein tolles Buch über eine starke, mutige und außergewöhnliche junge Frau!
Letztes Jahr hatte ich Julie Murphys Debütroman „Dumplin“ gelesen, der ich mir sehr gut gefallen hat. Für mich stand daher sofort fest, dass ich ihr neues Buch unbedingt lesen möchte. Ich war schon so ...
Letztes Jahr hatte ich Julie Murphys Debütroman „Dumplin“ gelesen, der ich mir sehr gut gefallen hat. Für mich stand daher sofort fest, dass ich ihr neues Buch unbedingt lesen möchte. Ich war schon so gespannt was mich in „Ramona Blue“ wohl erwarten wird.
Die 17-jährige Ramona lebt zusammen mit ihrem Vater und ihrer großen Schwester Hattie in einem heruntergekommen Trailer in Eugoly, Mississippi. Obwohl die Wohnverhältnisse sehr beengt sind, mag Ramona den kleinen Wohnwagen, er ist einfach ihr zu Hause. Sie liebt ihre Familie und kann sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Da sie quasi die Erwachsenenrolle übernommen hat, kommt es für sie nicht infrage, dass sie ihre Heimat nach der Schule verlässt. Was würde ihr total überforderter Vater und ihre schwangere Schwester ohne sie tun? Ramonas Leben ist alles andere als einfach. Sie muss Schule und ihre vielen Jobs unter einen Hut bekommen; für Hobbys bleibt da nicht groß Zeit. Dann aber entdeckt sie ihre Leidenschaft fürs Schwimmen. Durch die Bahnen ziehen macht ihr nicht nur großen Spaß, sie ist auch richtig gut darin! Das Schwimmen hat sie dank Freddie für sich entdeckt. Freddie ist ihr Jugendfreund von früher, der vor kurzem wieder nach Eugoly zurückgekehrt ist. Die beiden verbringen wieder jede Menge Zeit zusammen, allerdings es ist anders als früher. Freddie ist nicht mehr einfach nur ein Freund für Ramona. Ihre Gefühle für ihn haben sich verändert, etwas, was sie komplett verwirrt. Eigentlich steht Ramona doch auf Mädchen. Ob sie vielleicht doch Mädchen und Jungen liebt?
Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Ich persönlich finde „Ramona Blue“ sogar besser als „Dumplin“. Es gab zwar zwei Dinge, die ich nicht so gelungen fand, aber ich bin dennoch ganz begeistert von Julie Murphys neuem Jugendroman.
Ich komme wie immer einfach mal zuerst zu meinen negativen Kritikpunkten.
Worüber ich mich beim Lesen öfters aufgeregt habe, ist Ramonas große Schwester Hattie. Ich habe sie als ziemlich egoistisch und nervig empfunden. Super fand ich, dass sie und Ramona so eine innige Geschwister-Beziehung haben, diese wird wirklich toll beschrieben. Ich wurde aber dennoch einfach nicht warm mit Hattie. Und ihren Freund Tyler konnte ich noch viel weniger leiden, ihn fand ich einfach nur doof. In meinen Augen ist Tyler der totale Loser (sorry, Tyler).
Ramonas Mum hat mir übrigens auch überhaupt nicht gefallen. Sie versagt als Mutter völlig und lässt ihre Familie richtig im Stich.
Mein anderer Kritikpunkt bezieht sich auf eine Szene sehr am Ende des Buches. Den folgenden Absatz werde ich daher als Spoiler kennzeichnen.
SPOILER
Ramonas Markenzeichen sind ihre langen blauen Haare. Diese schneidet sie sich am Ende des Buches selbst ab, was ich echt krass fand. Was mich dann nur erstaunt hat: Irgendwie wird diese große Ramona-Veränderung gar nicht weiter thematisiert. Kaum einer spricht sie darauf an und fragt sie, warum sie sich denn ihre langen blauen Haare abgeschnitten hat. Diese gehörten doch einfach zu ihr, sie ist schließlich Ramona BLUE. Mich hat das schon etwas enttäuscht, dass darauf gar nicht weiter eingegangen wird.
SPOLER ENDE
So, das war das dann aber auch schon mit dem Meckern. Allzu sehr gestört haben mich diese Dinge auch eigentlich gar nicht. Ich finde das Buch echt klasse und habe wundervolle Lesestunden damit verbracht. Obwohl die Handlung sehr ruhig ist, konnte sie mich von den ersten Seiten an mitreißen und durchweg fesseln.
Für mich hat sich das Buch super angenehm lesen lassen. Der Schreibstil ist toll, er ist flüssig, locker-leicht und jugendlich. Klasse fand ich, dass die Kapitel recht kurz sind und das Buch in Montasabschnitte unterteilt ist. Es kommt dadurch ein wunderbarer Lesefluss zustande, sodass man hier wirklich nur so durch die Seiten fliegt. Zumindest war es bei mir so.
Erfahren tun wir alles aus der Sicht von Ramona in der Ich-Perspektive. Wir begleiten sie ein gutes Jahr lang und lernen sie in diesem sehr genau kennen.
Mir war Ramona auf Anhieb sympathisch. Sie ist eine sehr selbstbewusste, mutige, hilfsbereite und außergewöhnliche junge Frau und besitzt eine Stärke in sich, für die ich sie zutiefst bewundert habe. Ramona geht ihren eigenen Weg und schert sich nicht darum, dass sie so abseits des Mainstreams ist. Wie in „Dumplin‘“ so bekommen wir es auch hier mit einer Protagonistin zu tun, die nicht den Schönheitsidealen entspricht und dazu steht, dass sie so wenig angepasst ist. Ramona fällt nicht nur mit ihrer Größe von 1,90m auf, auch ihr Haar, dass sie sich regelmäßig blau färbt, ist eine Art Markenzeichen von ihr.
Mit Ramona ist der Autorin eine richtig starke Buchheldin gelungen. Ihr Leben ist alles andere als einfach, aber Ramona steckt den Kopf nicht in den Sand, sondern beißt sich durch. Die Entwicklung, die sie hier durchmacht, hat mir besonders gut gefallen. Ramona wird sich über vieles bewusst werden, sei es über ihre Sexualität, ihre Zukunft oder ihre Familie. Ersteres spielt hier natürlich eine besonders große Rolle. Ramona war sich sehr sicher gewesen, dass sie auf Mädchen steht. Als Freddie aber zurückkehrt, geraten ihre Gefühle vollkommen durcheinander.
Ich habe in einigen Rezensionen zur englischsprachigen Ausgabe gelesen, dass es vielen nicht gefallen hat, wie Julie Murphy das Thema Sexualität angeht. Kann ich persönlich nicht nachvollziehen, ich finde es großartig, wie Ramonas Denken, Fühlen und Handeln hier dargestellt wird. Meiner Meinung nach wird das Thema Sexualität hier sehr tiefgründig und wunderschön behandelt.
Die Liebesgeschichte hat für mich auch perfekt zur Story gepasst. Sie ist so wunderbar kitschfrei und so echt. Ich habe das Hin und Her zwischen Ramona und Freddie und das große Gefühlschaos, das in Ramona herrscht als absolut authentisch und natürlich empfunden. Als Siebzehnjährige weiß man eben noch nicht, was genau man für ein Mensch ist. Man entwickelt sich ständig weiter, ändert seine Vorlieben, entdeckt neue Seiten an sich. Es ist absolut okay, dass man sich nicht festlegt, sei es bezüglich der Sexualität oder anderen Dingen. Es gehört einfach zum Leben dazu, dass man etwas Neues ausprobiert und Erfahrungen sammelt.
„Ramona Blue“ ist für mich ein ganz wundervolles Buch über Liebe, Sexualität, das Erwachsenwerden, Freundschaft, Familie, Zusammenhalt und den Mut zu sich selbst zu stehen.
Sehr gut fand ich auch, dass Julie Murphy noch weitere ernste und wichtige Themen anspricht wie Teenieschwangerschaft, Rassismus und Armut. In dem Buch steckt wirklich viel und es enthält eine so großartige Message!
Was ich auch noch unbedingt erwähnen möchte, ist der Humor. Obwohl das Buch viele ernste Themen anspricht, ist es zugleich auch richtig humorvoll. Manche Charaktere sind so herrlich schräg und durch ihre Eigenarten so witzig. In meinen Augen ist Julie Murphy die Mischung aus Ernst, Humor, Gefühl und Tiefgründigkeit perfekt gelungen. Mich hat das Buch bestens unterhalten und sehr zum Nachdenken angeregt.
Fazit: Ein tolles Buch über eine starke junge Frau, die selbstbewusst ihren eigenen Weg geht und sich nicht unterkriegen lässt! Mir hat „Ramona Blue“ richtig gut gefallen. Das Buch behandelt viele wichtige Themen wie Sexualität, Familie, Freundschaft, Liebe, Zusammenhalt und Armut und das auf eine mitreißende, tiefgründige, humorvolle und wunderschöne Weise. Ich kann „Ramona Blue“ wärmstens empfehlen, sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen, und vergebe 4,5 von 5 Sternen!