Cover-Bild Das Haus der verlorenen Kinder
(28)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
12,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau TB
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 512
  • Ersterscheinung: 18.04.2016
  • ISBN: 9783746632209
Linda Winterberg

Das Haus der verlorenen Kinder

Roman

Nimmt man einer Mutter ihr Kind … Norwegen, 1941: In dem kriegsgebeutelten Land verlieben sich Lisbet und ihre Freundin Oda in die falschen Männer – in deutsche Soldaten. Ihre verbotene Liebe fordert einen hohen Preis, und die beiden jungen Frauen verlieren alles, was ihnen lieb ist. Ausgerechnet bei den deutschen Besatzern scheinen sie Hilfe zu finden, doch dann wird Lisbet von ihrer kleinen Tochter getrennt. Erst lange Zeit später findet sich ihre Spur – in Deutschland. Eine dramatische Geschichte um zwei junge Frauen in Norwegen im Zweiten Weltkrieg, deren Schicksal bis in die Gegenwart reicht

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte aus norwegischem Blickwinkel erzählt

0

Oda und Lisbet wachsen an der norwegischen Küste auf. Als sie Teenager sind, bricht der zweite Weltkrieg aus. Für die Mädchen ändert sich damit im Grunde nichts – in den weiten Schärengärten bekommt man ...

Oda und Lisbet wachsen an der norwegischen Küste auf. Als sie Teenager sind, bricht der zweite Weltkrieg aus. Für die Mädchen ändert sich damit im Grunde nichts – in den weiten Schärengärten bekommt man kaum etwas mit von der Gewalt in Zentraleuropa. Doch dann wird Norwegen von den Deutschen besetzt und norwegische Familien werden dazu verpflichtet, deutsche Soldaten in ihre Häuser aufzunehmen.
Was dann passiert, ist vorhersehbar: die Mädchen verlieben sich in die Männer, die aus dem fernen Deutschland in ihre Heimat gesandt wurden. Sie sehen sie nicht mit den Augen der Erwachsenen – als Feind – sondern einfach als nette junge Männer, die genauso voller Träume und Hoffnungen sind wie sie selbst. Sie müssen ihre Liebe geheim halten, denn norwegische Mädchen, die sich mit „dem Feind“ einlassen, sind verpönt und haben es schwer. Als beide Mädchen Kinder von den deutschen Soldaten erwarten und sie sich mit ihren Familien überwerfen, wird aus der erträumten wunderbaren Zukunft nach Kriegsende ein Minenfeld, in dem Oda und Lisbet viele Träume begraben und viele Opfer bringen müssen.

Die Mädchen haben Glück im Unglück, als sie an ein Haus des „Lebensbornvereins“ verwiesen werden, in dem für norwegische Mädchen gesorgt wird, die Kinder von Deutschen erwarten. Im Buch erfährt man, welche Rolle diesem Verein zukam: er vermittelte Adoptionen solcher Kinder nach Deutschland – mit dem Hintergrund, dass die Kinder von Deutschen und Norwegern als arisch rein galten. Nicht umsonst wurden Lebensbornheime hinter vorgehaltener Hand als „Zuchtanstalten“ bezeichnet. Sie hatten eine zwiespältige Rolle inne: einerseits haben sie tatsächlich vielen jungen Mädchen ohne Perspektive Zuflucht geboten und sie „durchgebracht“ – wer weiß, was sonst aus ihnen geworden wäre. Andererseits war der dahinter liegende Gedanke vom reinen Rassendenken getrieben.

Diesen Zwiespalt stellt die Autorin im zweiten Teil des Buches gut in den Mittelpunkt des Geschehens, besonders da Oda als samisch-stämmige Norwegerin gerade nicht dem Rassenideal der Deutschen entsprach.

Trotz aller interessanten und wichtigen Gedanken, die das Buch transportiert, erschien es mir insgesamt etwas „weichgespült“. Die Dramatik hinter der Geschichte war zu erahnen, wurde aber aus meiner Sicht dennoch nicht allzu zu deutlich formuliert. Das passte zum Erzählstil des Buches, war mir aber für ein eindeutiges geschichtliches Zeugnis etwas zu wenig. Zudem wurde beispielsweise auch nicht erläutert, woher der Name Lebensborn eigentlich kommt und warum die Heime genau so genannt wurden. Das ließ sich zum Glück mit Hilfe des Internets schnell herausfinden.

Schade fand ich auch, dass die Geschichten zweier Nebenfiguren, nämlich Erich (der Vater von Lisbets Kind) und Gertrud (eine Pflegekraft, mit deren Hilfe sich Lisbets Enkelin auf die Spur ihrer Herkunft begibt) nicht zu Ende erzählt wird. Ihnen wird am Anfang sehr viel Raum gegeben und es werden kleine Spuren ausgelegt, die einen neugierig machen auf die Figur. Am Ende geht aber dann plötzlich alles ganz schnell und man erfährt z. B. nicht, wie es mit Gertrud, die auch glaubt, ein Lebensbornkind zu sein, weitergeht. Die Figuren sind am Ende einfach von der Bildfläche verschwunden, das fand ich sehr schade.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen, es war flüssig geschrieben, mitreißend und hat nebenher dieses dunkle Kapitel der Geschichte gut vermittelt. Aufgrund der oben beschriebenen kleinen Mankos kann ich aber leider keine volle Punktzahl vergeben und es bleiben gute vier Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein dunkles Kapitel in der Geschichte Norwegens

0

Wiesbaden, 2005: Die junge Vollwaise Marie verschlägt es für ihr freiwilliges soziales Jahr nach Wiesbaden in ein Altenheim. Dort trifft sie die rüstige 84-jährige Betty, mit der sie sich anfreundet. Doch ...

Wiesbaden, 2005: Die junge Vollwaise Marie verschlägt es für ihr freiwilliges soziales Jahr nach Wiesbaden in ein Altenheim. Dort trifft sie die rüstige 84-jährige Betty, mit der sie sich anfreundet. Doch Betty driftet immer wieder in ihre Vergangenheit ab, über die sie nicht reden will.
Norwegen, 1941: Lisbet und ihre beste Freundin Oda leben behütet in Loshavn am Meer. Hier wähnen sich alle sicher vor den deutschen Besatzern, doch dann werden plötzlich überall deutsche Soldaten einquartiert. Lisbet und Oda kommen zweien von ihnen näher und riskieren damit alles. Denn Mädchen, die sich mit deutschen Soldaten einlassen, gelten als Verräterinnen und werden von ihren Landsleuten, inklusive ihrer eigenen Familienangehörigen, geächtet. Und dann stellen beide Mädchen fest, dass sie schwanger sind und ihnen bleibt keine Wahl, als sich an die Deutschen zu wenden.

"Das Haus der verlorenen Kinder" spielt auf zwei Zeitebenen. Man begleitet zum einen Marie im Jahr 2005 in Deutschland, wie sie sich mit Betty anfreundet und ihrer eigenen Familiengeschichte nachspürt während Stück für Stück auch Bettys Geschichte zutage tritt. Zum anderen spielt die Geschichte in den Jahren 1941 und 1942 und man verfolgt Lisbet in Norwegen in einer Zeit, die lange ein heikles Kapitel norwegischer Geschichte war. Das Buch widmet sich dem Umgang der Norweger mit den sogenannten Deutschenmädchen und Deutschenkindern, die lange stigmatisiert und diskriminiert wurden. Frauen, die sich mit den deutschen Besatzern einließen, bekamen den Zorn der Norweger zu spüren, noch Jahrzehnte später. (Tatsächlich entschuldigte sich die norwegische Regierung erst 1998 für die Behandlung der Frauen und Kinder, wie man dem Nachwort entnehmen kann.) Doch auch der deutsche Lebensborn-Verein hilft den betroffenen Frauen nicht aus Wohltätigkeit, sondern verfolgt ein perfides Ziel. Das Buch hat damit ein interessantes, erschreckendes und ungewöhnliches Thema aufgegriffen, Ich kannte dieses Kapitel norwegischer (und deutscher) Geschichte bislang nicht.
Den historische Handlungsstrang fand ich sehr interessant und er hat mich emotional oft berührt, Der Schreibstil liest sich einfach, schnell und flüssig. Gerade die historischen Abschnitte bergen außerdem einiges an Spannung. Probleme hatte ich dagegen mit dem Gegenwartsstrang. Hier gab es mir zu viele Zufälle und manchmal hatte ich hier das Gefühl, dass die Spannung zu gewollt erzeugt wird. Es gibt oft Andeutungen, bei denen eigentlich nur noch ein Satz fehlt, um die Situation zu erklären, es wird aber wiederholt (und von verschiedenen Figuren) ruppig abgewiegelt und das Thema gewechselt. Zudem haben wahlweise Betty oder Marie oft Tränen in den Augen, was mir ein wenig zu häufig war. Zum Ende hin war mir der Gegenwartsstrang auch in den Eigenheiten einiger Nebenfiguren ein wenig zu übertrieben.

Insgesamt hat mich das Buch oft berührt und der historische Strang war dramatisch, mitreißend und emotional berührend. Die Landschafts- und Umgebungsbeschreibungen und die Schilderung des Alltags von Lisbet konnten mich begeistern, da sie sehr detailliert und bildhaft waren. Das Buch greift ein Thema auf, das in diesem Genre innovativ (also nicht abgenutzt) ist und beim Lesen dadurch noch etwas Neues vermitteln kann. Mich konnte nur leider der Gegenwartsstrang emotional nicht ganz erreichen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

eine Leseempfehlung

0

Marie wurde bereits als Kleinkind Vollwaise und hatte eine unglückliche Kindheit bei verschiedenen Pflegefamilien. Mehr zufällig kommt sie in ihrem sozialen Jahr in ein Altersheim, welches zu Kriegszeiten ...

Marie wurde bereits als Kleinkind Vollwaise und hatte eine unglückliche Kindheit bei verschiedenen Pflegefamilien. Mehr zufällig kommt sie in ihrem sozialen Jahr in ein Altersheim, welches zu Kriegszeiten ein Lebensbornhaus war. Dort wurden vor allem von der SS Kinder verbracht, die vorher ihren Müttern nicht immer freiwillig weggenommen wurden und die dann an arische Familien zur Adoption freigegeben wurden.
Im Jahr 1941 werden zwei Norwegerinnen von deutschen Besatzungssoldaten schwanger und da sie von der eigenen Familie verstoßen werden, weil sie mit dem Feind fraternisiert haben, landen ihre Töchter nach der Geburt bald in so einem Heim und die Mädchen werden nie ihre wirklichen Mütter kennenlernen. Die zweite Generation, Marie und Jan, wissen anfangs nichts über die Vergangenheit ihrer Großmütter.
Zufällig lernt Marie Betty im Altersheim kennen und freundet sich mit der über 80-Jährigen an. Bald wird klar, dass sie eine der zwei Norwegerinnen war, die einst ihre Töchter hergeben mussten.
Ein dunkles Stück Geschichte, welches von der Autorin Linda Winterberg gut recherchiert und klug in eine fiktive Geschichte auf zwei Ebenen eingebettet wurde. Unter diesem Pseudonym schreibt Nicole Steyer diesmal nicht aus der mittelalterlichen Epochet sondern der nahen Vergangenheit. Ihr Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen und die Handlungen der Hauptdarstellerinnen sind nachvollziehbar und glaubhaft. Es war mein erstes Buch von Winterberg/Steyer und hat mir wirklich gut gefallen. Von mir eine Leseempfehlung für „Das Haus der verlorenen Kinder“.