Cover-Bild Ungeschminkt hält besser
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7,99
inkl. MwSt
  • Verlag: BoD – Books on Demand
  • Themenbereich: Belletristik - Kurzgeschichten
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 172
  • Ersterscheinung: 30.12.2021
  • ISBN: 9783755776932
Lothar Beutin

Ungeschminkt hält besser

Jakob und Philomena, zwei Menschen, wie sie ungleicher nicht sein können, begegnen sich durch Zufall in der Mensa einer Berliner Universität.
Die schonungslose Schilderung der weit über sechzigjährigen Philomena über die Folgen des Alters weckt in dem zwanzigjährigen Studenten Jakob die Neugierde auf weitere Gespräche mit dieser Frau, deren Ansichten den herkömmlichen Erwartungen der Gesellschaft nicht entsprechen.
Aus ihren weiteren Begegnungen erwachsen Gespräche nicht nur über das Leben, Krankheit und Tod. Sondern auch über unsere Gesellschaft, die CORONA mehr verändert hat als alle anderen Ereignisse seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2022

Kontroverse Meinungen zu kontroversen Themen unserer Zeit

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Einige Faktoren treffen in der Regel zusammen, die darüber entscheiden, ob ein Buch letztlich gelesen wird oder nicht! Autor, Titel, Inhaltsbeschreibung – aber auch der Gestaltung des Covers kommt sicher ...

Einige Faktoren treffen in der Regel zusammen, die darüber entscheiden, ob ein Buch letztlich gelesen wird oder nicht! Autor, Titel, Inhaltsbeschreibung – aber auch der Gestaltung des Covers kommt sicher eine nicht unerhebliche Bedeutung bei der Wahl eines Buches zu, vor allem dann, wenn es ein Blickfang ist, was bei dem Cover des hier zu besprechenden Buches von Lothar Beutin, „Ungeschminkt hält besser“ gewiss nicht der Fall ist. Sicherlich, es kommt stets darauf an, was zwischen den beiden Buchdeckeln zu finden ist – aber wäre vorliegender Titel nicht Gegenstand einer Leserunde gewesen, so wäre er mir vermutlich niemals aufgefallen beziehungsweise hätte ich bei meinen gelegentlichen Streifzügen durch die heimischen Buchläden nicht danach gegriffen. In der Tat habe ich mich auch nach beendeter Lektüre und also mehrfachem Auf- und Zuklappen des Buches nicht anfreunden können mit dieser, wie ich finde, etwas gruseligen Covergestaltung.
Sei's drum, denn wie schon erwähnt ist der Inhalt das Ausschlaggebende für die Bewertung eines Romans, ob Krimi, Thriller, Fantasy, Novelle oder, wie hier, eines Diskurses in vierzehn Kapiteln, und nicht die Verpackung. Eines fiktiven Diskurses, der jedoch jederzeit auch in der Realität stattfinden könnte, ja, von dem man sich wünschen möchte, dass er so oder ganz ähnlich vielfach und immer wieder stattfindet. Zwischen Gleichaltrigen, Gleichgesinnten oder Menschen, deren Meinungen divergieren oder die viele Lebensjahre voneinander trennen. In genau der Form, die der Autor gewählt hat und auf die ich noch zu sprechen kommen werde!
Lothar Beutin lässt zwei Menschen aufeinander stoßen, zwischen denen sich normalerweise kein längeres Gespräch entwickelt hätte, nicht jedenfalls in unserer Gesellschaft und in diesem unserem Lande, in dem, so scheint mir nur allzu oft, Berührungspunkte, gar Interaktionen zwischen den Generationen nicht (mehr) vorgesehen sind, wenn man einmal von dem familiären Bereich absieht, denn da kommen, freilich immer seltener, Großeltern und Enkel durchaus zusammen. Aber ob dabei ein derart intensiver Meinungsaustausch zwischen den Generationen Gepflogenheit ist wie derjenige, der sich zwischen den beiden Gesprächspartnern des Buches – dem Studenten Jakob und der Pensionärin Philomena – entwickelt, wage ich doch stark zu bezweifeln! Ein Umstand, den ich bedauere, denn, wie Jakob bald feststellt, sind die Alten nicht einfach nur schrullig, nicht mehr von dieser Welt, in der Zeit stehen geblieben und somit zu belächeln, sondern können sogar schwergewichtige Diskussionspartner sein, mit all den Erfahrungen, die das Alter nun einmal mit sich bringt.
Die vermeintlich verschrobene Alte, die Jakob in der Mensa der Universität antrifft und die ihn zunächst, so wie er das wahrnimmt, zudröhnt mit ihrem Monolog über all die unangenehmen und wenig appetitlichen Begleiterscheinungen, die das Alter mit sich bringt und wovon er sich eher abgestoßen als angezogen fühlt, ist, wie der selbstbewusste junge Mann sehr bald und durchaus wider Willen feststellt, eine blitzgescheite Dame, die ihren wachen Kopf zum Denken und Reflektieren benutzt und die unumwunden ihre eigene Meinung zu den relevantesten und gleichzeitig kontroversesten Themen der heutigen Zeit kundtut, Meinungen, die ganz gewiss überraschen mögen und sich, ohne sie werten zu wollen, unterscheiden von dem, was zu denken angesagt oder angeordnet ist. Nach der ersten Begegnung in der Mensa treffen sich die beiden ungleichen Gesprächspartner in der Folge immer wieder, mal im Café, mal im Restaurant, beim Spaziergang, oder sie reden am Telefon miteinander, als Philomena, von einem Urlaub in Schweden zurückgekehrt, die befohlene Quarantäne einzuhalten gezwungen ist.
Jakob fühlt sich längst angezogen von der klugen älteren Frau, die ehemals als Biologin arbeitete und sich als solche eine fundierte Meinung gebildet hatte zu den Lügen und Halbwahrheiten und Verschleierungen, die ihres Erachtens von der hohen Politik verbreitet werden – in Bezug etwa auf das Virus, das die Welt seit bereits mehr als zwei Jahren im Klammergriff hält und darüber hinaus. Die Gründe dafür liefert sie gleich mit... Er teilt viele von Philomenas Ansichten nicht, wirkt oft eine Spur zu gutgläubig, zu blauäugig, was ich als Leserin, die ihm aufmerksam folgt, vor allem auf sein junges Alter und damit konsequenterweise auf den Mangel an Lebenserfahrung zurückführe, denn informiert ist er schon, hat auch eine Meinung zu den meisten Punkten, die ihn der Autor mit Philomena diskutieren lässt. Er blendet für ihn – noch – nicht Relevantes bequemerweise aus oder lässt die Hoffnung, dass es schon nicht so sei, wie Philomena lapidar verkündet, obsiegen. Divergierende Meinungen, sehr unterschiedliche Sichtweisen – und diese werden auch so stehengelassen! Gelegentlich nähern sie sich an, aber häufiger noch endet ein Diskurs, ohne dass man einen Konsens gefunden hätte.
Dies aber ist auch gar nicht nötig, denn das Entscheidende ist für mich – und wohl auch für die beiden Freunde, als die ich sie im Laufe der Handlung, die nur durch die Gesprächsthemen lose geknüpft wird, betrachte -, dass man einander zuhört, aufmerksam, ohne dem jeweils anderen ins Wort zu fallen, dass man zwar miteinander diskutiert, die so unterschiedlichen Meinungen aber akzeptiert, nicht versucht, einander von der eigenen als der allein richtigen und gültigen zu überzeugen. Das ist Gesprächskultur, ist die Basis für einen ehrlichen Umgang miteinander und gleichzeitig auch der Ausgangspunkt für die Suche nach Lösungen aus verfahrenen Situationen. Die Herrschaften, die an den Schalthebeln der Macht sitzen und ihr eigenes, eigennütziges, gar zu oft verlogenes Süppchen kochen und meinen, dass ihre Manipulationen nicht durchschaut werden, womit sie bei der großen Masse der Bevölkerung ja auch ganz richtig liegen, sollten sich daran ein Beispiel nehmen....
Und was habe ich selbst aus dem Diskurs der beiden ungleichen Gefährten mitgenommen? Nun, bei manchen Ansichten, die Philomena Jakob darlegt, mal ruhig und gelassen, mal mehr oder minder stark erregt bis aufgewühlt, musste ich schon mal schlucken, gar oft schienen sie mir einen Anklang an die gängigen Verschwörungstheorien zu haben, die von einer Horde leicht oder ganz und gar Verblendeter in Umlauf gebracht werden. Da ich selbst nicht annähernd so vertraut bin mit nicht nur biologischen Themen zum Beispiel, worunter das Virus ja fällt, das für eine Spaltung der Gesellschaft gesorgt hat, wie es Philomena sehr offensichtlich ist, kann ich ihr weder zustimmen noch dagegenhalten. Das gilt auch für andere, in den vierzehn Kapiteln angesprochene Problempunkte. Noch, denn um sich eine eigene Meinung bilden zu können reicht es nicht, nur kritisch zu sein, sondern muss man vielmehr Informationen besitzen, und dies nicht nur aus einer einzigen Quelle. Das Exklusivwissen, über das Philomena verfügt, wird mir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zugänglich sein – hinreichend informiert jedoch kann ich, können wir alle sein. Und dies ist die Voraussetzung dafür unsere eigenen Ansichten hinterfragen, überdenken, korrigieren, revidieren oder ganz neu bilden zu können, um sie dann auf ebenso zivilisierte Weise wie Philomena und ihr junger Freund mit anderen zu teilen, sofern diese denn bereit sind zuzuhören....