Cover-Bild Spanische Dörfer - Wege zur Freiheit
13,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Verlag 3.0 Zsolt Majsai
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Psychologie
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 190
  • Ersterscheinung: 21.03.2016
  • ISBN: 9783956672392
  • Empfohlenes Alter: ab 16 Jahren
Maria Braig

Spanische Dörfer - Wege zur Freiheit

Irgendwo in Afrika macht sich eine junge Frau aus ihr unerträglichen Verhältnissen auf den Weg nach Europa, wo sie die Freiheit zu finden glaubt.
Sie schafft es, über die Meerenge von Gibraltar nach Spanien zu kommen, wo sie am Strand Enrique begegnet. Er hilft ihr spontan, ohne weiter nachzudenken.
Die beiden verlieren sich sofort wieder aus den Augen, die junge Frau setzt ihren Weg allein fort. Sie verbringt ein paar Monate illegal in Spanien, verdient das Nötigste als Erntehelferin, versteckt sich den Winter über in einem verlassenen Touristendorf, wo sie von einem alten Ehepaar entdeckt wird, das ihr hilft, im Frühling über die Pyrenäen zu kommen.

Enrique, der bisher vor allem mit seiner eigenen Problematik als Transsexueller und zugleich als von der Wirtschaftskrise gebeutelter, frisch gebackener Architekt beschäftigt war, lässt diese Begegnung nicht mehr los. Er geht nach München, in der Hoffnung, dort Arbeit zu finden, da die spanischen Verhältnisse aussichtslos sind. Aber auch in Deutschland findet er zunächst keine Arbeit als Architekt, beginnt ein Gaststudium und engagiert sich in der Flüchtlingshilfe.
Enrique erlebt die vielfache Diskriminierung all jener, die nicht der vorgegeben Norm entsprechen, er erlebt aber auch die Diskriminierung der Minderheiten untereinander. Von immer noch sehr vielen sogenannten „Normalen“ in der Gesellschaft werden Geflüchtete diskriminiert, geradeso wie Transsexuelle und Homosexuelle. Aber auch viele Flüchtlinge lehnen Trans-. und Homosexuelle ab und einige von diesen wiederum die geflüchteten Menschen. Als sein bester Freund Leon – ein sehr intelligenter junger Mann mit Down Syndrom – ihn besucht, erfährt er von allen Seiten dessen Diskriminierung als „Behinderter“.

Eines Tages treffen Enrique und Manso, die Frau aus dem Meer, in München zusammen. Manso ist nun mitten in Europa angekommen, sucht aber immer noch nach der versprochenen Freiheit. Sie muss feststellen, dass Europa nicht gleich Freiheit ist und dass sie, bevor sie die wirkliche Freiheit findet, sich ihren eigenen Gespenstern stellen muss.
Manso und Enrique werden ein Paar, suchen gemeinsam einen Weg, wie die immer noch illegale Manso der Abschiebung entkommen kann und wie sie gemeinsam in Freiheit und ohne Diskriminierung leben können.

Leon kommt schließlich mit der zündenden Idee.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein tolles Buch, über das man nachdenken kann und sollte!

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La Marche ist eine junge Frau, die aus einem Land in Afrika aufgebrochen ist, um nach Europa zu gehen, wo sie in Freiheit leben möchte. Es bleibt unklar, aus welchem Grund sie ihre Heimat verlässt, denn ...

La Marche ist eine junge Frau, die aus einem Land in Afrika aufgebrochen ist, um nach Europa zu gehen, wo sie in Freiheit leben möchte. Es bleibt unklar, aus welchem Grund sie ihre Heimat verlässt, denn sie hat ihr Gedächtnis gelöscht, hat anfangs nicht mal mehr einen Namen. Aus ihrem gesamten Verhalten wird nur klar, dass sie Schreckliches durchgemacht haben muss und dass es keine leichtfertige Entscheidung aus dem Bauch heraus war. Sie macht sich einfach auf den Weg nach Nordafrika und muss dort feststellen, dass es nicht ganz so einfach ist, über Gibraltar nach Spanien zu kommen. Doch mit ihrem eisernen Willen schafft sie es schließlich, die Meerenge zu durchschwimmen.

Am Strand von Spanien trifft sie dann auf Enrique, der dort in der Sonne liegt und über seine Situation nachdenkt. Er kam als Mädchen Henriqua auf die Welt, war sich aber schon in jungen Jahren sicher, dass er im falschen Körper geboren wurde, denn er fühlte sich immer wie ein Junge und lebte und verhielt sich auch so. Seine Eltern kamen damit kaum klar und auch in seinem kleinen Heimatdorf wurde er nur schief angeguckt. Er ging zum Studium nach Madrid und ließ sich dort auch behandeln, um äußerlich männlicher auszusehen. Die letzte, große Operation wollte er jedoch nicht, denn es reichte ihm so, wie er war. So fühlte er sich wohl in seinem Körper und er brauchte nicht mehr. Nach seinem abgeschlossenen Studium kehrte er für den Sommer zu seinen Eltern zurück, denn er fand selbst in der Großstadt keine Arbeit. Er entschloss sich, nach Deutschland zu gehen, um dort Arbeit zu finden, wollte dies aber in seiner Heimat noch einmal überdenken.

Und während Enrique so am Strand lag und ein wenig döste, kam plötzlich diese Frau aus dem Meer. Enrique war irgendwie von ihr fasziniert, wie sie da aus dem Wasser stieg. Er gab ihr zu trinken. Als dann Polizisten auftauchten, die am Strand patrouillierten, erkannte er, dass sie die Frau nicht finden dürfen. Er ruft ihr zu, dass sie laufen soll und lenkt die Polizisten ab, sodass sie nichts mitbekommen. So macht sich La Marche weiter auf den Weg nach Nordspanien, wo für sie erst einmal Endstation ist, weil sie im Winter nicht die Pyrenäen überqueren kann. Dort trifft sie auf ein altes Ehepaar, das ihr weiter hilft, und durch das sie auch ihren Namen in Manso wechselt. Mit Hilfe dieses Paares schafft sie es schließlich auch nach Deutschland, wo sie sich in Freiheit glaubt, wo es aber so ganz anders ist, als sie es sich vorgestellt hat.

Enrique verabschiedet sich vor seinem Aufbruch nach Deutschland noch von seinem besten Freund Leon. Leon gilt als geistig behindert, weil er das Down-Syndrom hat. Im Endeffekt ist dies nur ein überzähliges Chromosom, das ihn anders aussehen lässt und durch das bei ihm nur sein Lernverhalten verlangsamt wird. Leon ist aber sehr eifrig im Lernen und schließt die Schule ab. Er will unbedingt Lehrer werden und seinem großen Vorbild nacheifern, einem anderen Mann mit Down-Syndrom, der bereits das Studium hinter sich hat und auch das Lehrerexamen bestanden hat. Leon weiß, dass es schwer werden wird für ihn, eine Anstellung als Lehrer zu bekommen, denn die Arbeitslosigkeit in Spanien ist hoch und die Lehrer, die ein Chromosom weniger haben als er, werden wohl immer bevorzugt werden. Doch er lässt sich nicht unterkriegen und hält an seinem Berufswunsch fest.

In München treffen Manso und Enrique dann wieder aufeinander. Beide haben inzwischen die Erfahrung gemacht, dass Deutschland für sie auch nicht bieten kann, wonach sie gesucht haben. Enrique findet auch dort keine Arbeit als Architekt und muss seine wahre Identität verbergen, um akzeptiert zu werden. Und Manso findet auch dort nicht die Freiheit, die sie braucht, um wieder leben zu können ohne Zwänge. Als Enrique dies Leon schildert, der gerade an seinem Abschlussexamen sitzt, hat dieser eine verrückte Idee, die schließlich gar nicht so verrückt ist.



Meine Meinung
Wie auch die bisherigen Bücher von Maria Braig handelt es sich hier nicht um eine Geschichte aus einer heilen Welt mit "normalen" Menschen. Es geht auch hier wieder um Personen, die nicht in die gängigen Schubladen passen und die teilweise einfach vergessen, weggesperrt und übersehen werden. Menschen, mit denen man nichts zu tun haben will, weil sie eben irgendwie anders sind. Menschen, die einfach nur leben und akzeptiert werden wollen, wie sie sind. Und ich mag diese Geschichten, denn ich finde es wichtig, auch von diesen Außenseitern zu erzählen, die niemandem etwas Böses wollen, niemanden bedrohen - und doch oft als Bedrohung für unsere Gesellschaft angesehen werden, weil sie eben nicht in unsere "heile Welt" passen und unser Schubladendenken. Es geht auch hier wieder um Toleranz, Respekt vor anderen Personen und Akzeptanz ihrer Persönlichkeit. Und ich finde, diese Themen wurden in diesem Buch wieder hervorragend umgesetzt ud dem Leser nahe gebracht.
Alle drei Personen erhalten eine richtige Persönlichkeit. Auch wenn Manso die ganze Zeit recht unnahbar wirkt, weil man so gar nichts von ihr und ihrer Vergangenheit erfährt, so habe ich beim Lesen doch gespürt, dass ihr etwas ganz Schreckliches passiert sein muss, wodurch sie das Vertrauen in die Menschheit verloren hat. Und wer die ganzen schrecklichen Greueltaten aus den afrikanischen Kriegsgebieten zumindest vom Hörensagen kennt, der kann erahnen, was passiert ist. Auch wenn es nie angesprochen wird im Buch, denke ich doch, dass es nicht nur eine einzelne Gewalttat einer Einzelperson gewesen sein wird. Manso hatte also einen triftigen Grund, ihre Heimat zu verlassen. Bei der Beschreibung ihres Weges wird dann aber auch deutlich, dass sie gar keine konkrete Vorstellung hat, was sie in Europa vorfinden wird. Ihr ist auch das Land, wo sie hin will, eigentlich egal. Sie hat nur eine ungefähre Vorstellung, dass es Mitteleuropa sein soll. Und ich denke, dass Maria Braig mit der Person von Manso eine Gruppe von Flüchtlingen skizziert hat, die wir uns hier im sicheren und weltweit vernetzten Deutschland kaum vorstellen können. Manso hat nämlich kein wirkliches Ziel ihrer Flucht vor Augen. Sie weiß nicht, was sie erwartet. Sie will einfach nur Freiheit, Freiheit von allen Zwängen. Und sie glaubt, dass sie das in Europa finden wird. Dass in Europa dann ganz andere Zwänge wie etwa das Asylverfahren auf sie warten, war ihr unbekannt. Und dass sie während des Verfahrens in engen Unterkünften auf die Entscheidung warten müsste, war für sie ganz unvorstellbar. Denn diese Enge könnte sie auch gar nicht ertragen. Schon das Asylverfahen und die ganzen behördlichen Zwänge wie auch die detaillierte Auskunft dessen, was ihr passiert ist, sind für sie einfach undenkbar. Das erträgt sie einfach nicht! Um überleben zu können, hat sie diese Erinnerungen aus ihrem Gedächtnis gelöscht, lebt nur im Hier und Jetzt.

Dieses Verhalten von Manso kennen wir sonst nur von schwer traumatisierten Personen, die Opfer schwerer Gewalttaten geworden sind. Sind es Personen aus Deutschland oder anderen sogenannten zivilisierten Ländern, gehen wir ganz behutsam mit ihnen um. Wir lassen ihnen die Zeit, ihre Erlebnisse zu bewältigen, geben ihnen die medizinische und psychologische Hilfe, die sie brauchen, um wieder ins Leben zurück zu finden. Und obwohl wir immer wieder von diesen grausamen Taten aus Afrika hören, die oft jenseits unserer Vorstellung liegen, was Menschen anderen Menschen antun können, zwingen wir diese traumatisierten Flüchtlinge hier in das Asylverfahren, wo sie Schlange stehen müssen, um dann vor einem Verwaltungsbeamten am besten noch im Verwaltungsdeutsch locker flockig zu schildern, welche Gewalttaten ihnen angetan wurden - oft sogar von Verwaltungsbeamten der Regierung. "Sind Sie mit dem Tod bedroht worden? Hat man Ihnen gesagt, dass Sie umgebracht werden? Nein? Dann müssen Sie zurück." Dass es allgemein bekannt war, dass man stirbt, wenn man gewisse Dinge nicht machte, sich auflehnte oder dergleichen, zählt nicht. Dafür, dass der Tod ständig über einem schwebte, dafür gibt es keine Spalte im Formular. Diese Widersinnigkeit, diese absolute Gefühllosigkeit des Systems für das Schicksal dieser Menschen ist für jemanden, der nicht direkt damit befasst ist, kaum zu begreifen. Es muss doch auch einen anderen Weg geben, wie wir diese Flüchtlinge menschlich behandeln und trotzdem entscheiden können, ob sie ein Recht auf Asyl haben oder nicht.
Das Asylverfahren hier in Deutschland wird im Buch zwar nicht direkt thematisiert, aber es klingt ein wenig an, wenn es darum geht, dass es für Manso undenkbar ist, einen Asylantrag bei der Behörde zu stellen und sie Angst davor hat, in eine Asylantenunterkunft zu müssen. Lieber bleibt sie als Illegale im Untergrund, lieber lebt sie in Angst, von der Polizei doch noch aufgegriffen zu werden. Und diese Angst, die Sehnsucht nach Freiheit, einfach frei von Zwängen leben und arbeiten zu können - das klingt meines Erachtens in dem Buch sehr gut an. Es hat mir mal wieder ein paar der Probleme, mit denen wir Flüchtlinge konfrontieren, näher gebracht und es hat dazu beigetragen, Flüchtlinge besser zu verstehen.

Ganz andere Probleme, die dann doch nicht ganz so unterschiedlich sind, hat dagegen Enrique. Ich denke, es gibt viel mehr Menschen, als wir glauben, die mit ihrem angeborenen Geschlecht nicht zufrieden sind und mit ihn schlicht und einfach nicht leben können und wollen. Die Medizin hat inzwischen einige Verfahren entwickelt, mit denen sich diese Menschen ein bisschen wohler in ihrer Haut fühlen. Aber schlimmer ist es, dass ihre Umwelt sie nicht so akzeptiert, wie sie sein wollen. Und das ist auch das Problem von Enrique. Mit Hilfe der Medizin steckt er inzwischen in einem Körper, in dem er sich wohl fühlt. Doch er kann keinem davon erzählen, wer er mal war oder welche Probleme er mit seiner Familie hat, weil er dann das Risiko eingeht, dass ihn auch die Menschen, unter denen er nur als Mann bekannt ist, dann mit anderen Augen ansehen und ablehnen. Enrique fühlt sich keiner Gruppe so richtig zugehörig und daher ziemlich allein und als Außenseiter.

Und dann ist da noch Leon. Dass jemand mit Trisomie 21 (eine andere Bezeichnung für das Downsyndrom) eine Hauptfigur in der Geschichte spielt, fand ich sehr überraschend. Das findet man nicht oft. Anfangs dachte ich, dass er gar nicht typisch dargestellt ist. Insbesondere sein Satzbau kam mir viel zu komplex vor und er dachte viel zu vernetzt. Doch dann dachte ich an mein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Heim für geistig Behinderte zurück, wo ich viel mit diesen Menschen zu tun hatte. Und ich habe schon dort gesehen, dass es sehr viele verschiedene Ausprägungen dieser Behinderung gibt. Ich hatte zu tun mit ganz schweren Fällen, die auch im Erwachsenenleben emotional und geistig einem Kleinkind gleich zu setzen waren. Und es gab dort auch welche, die lesen und schreiben konnten und mich mit ihrer komplexen Denkweise überraschten. Da übertrafen sie teilweise sogar uns mit der regulären Chromosomenanzahl. Und das waren immerhin nur die Menschen, die in einem Heim leben mussten und nicht allein leben konnten. Ich habe aber auch schon von Menschen mit Down-Syndrom gehört, die so fit sind, dass sie in einer eigenen Wohnung leben können. Eine Frau mit so einem Chromosom zu viel lebt sogar hier bei mir im Haus, auch wenn ich sie nicht näher kenne. Warum fange ich, die ich mich für sehr tolerant halte und wenig in Schubladen denkend, also an, Menschen mit Trisomie 21 in die Schublade "geistig behindert" zu stecken und ihnen schwierigere geistige Leistungen abzusprechen? Sie sind teilweise intelligenter als die Menschen, mit denen ich Abitur gemacht habe - oder auch bestimmte Verwaltungsbeamte! Als ich übrigens das Nachwort von Maria Braig gelesen habe, musste ich lachen, weil sie dort etwas ganz ähnliches beschreibt.

Auch Leon macht sich so seine Gedanken über seinen Platz in der Welt. Und vor allem auch darüber, dass er sich nicht als behindert sieht, sondern dass er eher behindert wird. Er kann den Stoff bewältigen, den er braucht für das Examen, und er ist der Meinung, dass er sogar ein besserer Lehrer sein wird, als diejenigen, die ihm einfach nichts zutrauen. Leon macht sich auch durchaus kritische Gedanken und ist sich bewusst, dass er etwa langsamer lernt als andere. Und er weiß, dass er auf dem spanischen Arbeitsmarkt mit seiner hohen Arbeitslosenquote wohl nie eine Chance haben wird. Auch wenn er versucht, vieles positiv zu sehen, ist er sich doch darüber im Klaren, dass er ein Außenseiter ist und in der Gesellschaft einfach nicht akzeptiert werden würde als Lehrer von "normalen" Kindern mit normaler Chromosomenanzahl.

Der Schreibstil ist übrigens recht ansprechend für solch komplexe Themen. Er ist leicht distanziert und drückt gar nicht auf die Tränendrüse. Die drei Menschen denken recht objektiv über ihre jeweilige Situation nach. Sie nehmen sie hin, denn sie sind ohnehin nicht in der Lage, sie zu ändern. Zufrieden sind sie natürlich nicht damit, aber sie versuchen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, wo sie gut leben können und auch die Gesellschaft mit ihnen. Durch diese leichte Distanz habe ich mich während des Lesens nicht mit den Personen identifiziert, wie es etwa in anderen Romanen der Fall ist. Ich fand es aber sehr positiv, denn so hatte ich mehr die Position des Beobachters und vielleicht Freundes und habe mehr über die Situation nachgedacht und darüber, was man eigentlich ändern müsste, damit auch diese drei sich in Gesellschaft wohl fühlen und nicht ausgegrenzt werden. Darüber kam ich wohl mehr ins Grübeln als bei einer emotionaleren Geschichte.

Dieses Buch finde ich wieder ein großartig gelungenes Werk, das sich mit Außenseitern beschäftigt und zum Nachdenken anregt. Und ich würde dieses Buch gerne vielen Menschen in die Hand drücken, die ganz pauschal gegen Flüchtlinge hetzen und alles, was nicht der Norm entspricht, verteufeln. Doch ich befürchte, sie werden dieses Buch nicht verstehen und es langweilig finden.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch ,das einen nachdenklich stimmt

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Spanische Dörfer - Wege zur Freiheit
Spanische Dörfer - Wege zur Freiheit
Maria Braig
Rezension vom 23.05.2016 (6)
In diesem Buch lernen wir drei Menschen kennen,die unterschiedlicher nicht sein können.Jeder ...

Spanische Dörfer - Wege zur Freiheit
Spanische Dörfer - Wege zur Freiheit
Maria Braig
Rezension vom 23.05.2016 (6)
In diesem Buch lernen wir drei Menschen kennen,die unterschiedlicher nicht sein können.Jeder hat sein eigenes Problem ,das nicht einfach zu lösen ist.La Marcha ist eine junge Frau aus Afrika,die sich aufmacht ,aus ihrem alten Leben voller Angst,Gewalt und Demütigungen nach Europa zu gehen in ein Leben ohne Gewalt udn Diskiminierung.Wovor sie wegläuft erfährt man im einzelnen nicht ,denn es muss so schlimmes passiert sein ,das La Marcha oder Manso wie sie sich später nennt, sich einfach weigert ,sich daran zu erinnern.Sie lebt nur von jetzt auf morgen ,denn alles andere würde sie nur noch mehr zerstören.Sie will einfach nur vergessen und irgendwo in Europa neu anfangen.Doch das wird nicht einfach,denn ihre Angst ist allgegenwärtig.Ihre Reise führt sie durch Afrika ,dort am Meer scheint sie zu Ende zu sein ,denn eine Überfahrt nach Europa erfordert Papiere.Diese wiederum Anträge,Polizei ect -alles was Manso unbedingt vermeiden will, zu groß ist ihre Angst und so schwimmt sie durch die Meerenge von Gibraltar.Der erste Mensch den sie dort am Strand trifft ist Enrique, ein junger Mann,der eigentlich eine Frau ist und genau wie Manso auf der Flucht ist .Auf der Flucht vor sich selbst und dem Unverständnis seiner Familie ,nach einem abgeschlossenen Architekturstudium wieder zuhause gestrandet ,auf der Suche nach einem Ziel im Leben.Enriques Lauf los Lauf weg rettet Manso vor der Polizei und beiden bleibt diese Begegnung in der Erinnerung und beide versuchen unabhängig von einander in Deutschland,wohin es beide auf ihren Wanderungen verschlägt , Fuss zu fassen. Und erstaunlicherweise treffen sie sich ganz unerwartet wieder .Leon ,der beste Freund von Enrique, hat hat das Down-Syndrom , ist Student und möchte Lehrer werden ,ein guter Lehrer.Er weiß, das es für ihn schwer werden wird eine Stelle zu bekommen ,nicht nur weil es in Spanien ohnehin wirtschaftlich gesehen schwer ist sondern auch weil er so besonders ist.Leon ist ein sehr sympatischer Charakter ,der mit offenen Augen durchs Leben geht und fest daran glaubt ,wie sein großes Vorbild ,ein Mann mit Down-Syndrom, Lehrer zu werden.


Der wunderbare Leon macht die alles entscheidene Entdeckung ,die das Leben der drei auf wundersame Weise entscheiden wird.
Werden die drei es schaffen sich ein Leben auf bauen zu können ohne Diskriminierung,Verfolgung und so leben dürfen wie sie möchten?


Ein Buch ,das einen berührt ,gerade jetzt wo die Flüchtlingsprobleme zu unserem Alltag gehören ist dieses Buch ein Lichtblick.Menschen ,die anders sind und doch genau wie alle anderen nur eins wollen: anerkannt und geliebt werden wollen und ihr Leben in Frieden und Freiheit und Selbstbestimmung leben möchten .Es geht um Toleranz und vor allem um Akzeptanz von Menschen,die nicht dem gängigen Ideal entsprechen,Menschen wie du und ich ,die dieselben Wünsche und Träume haben und denen doch oft das Leben schwer gemacht wird weil sie eben ein klein wenig anders sind als die Mehrheit

Veröffentlicht am 23.06.2017

Hoch gesteckte Ziele

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Enthält

Dieses Buch zu rezensieren fällt mir nicht leicht! Die Thematik ist mir ausgesprochen wichtig und die durchweg positiven Absichten, die hinter diesem Roman stecken, sind mir alleine mindestens ...

Enthält

Dieses Buch zu rezensieren fällt mir nicht leicht! Die Thematik ist mir ausgesprochen wichtig und die durchweg positiven Absichten, die hinter diesem Roman stecken, sind mir alleine mindestens 2 Sterne wert! Mit der Umsetzung in Romanform bin ich leider nicht wirklich glücklich geworden.

Es geht um drei junge Menschen, die aus völlig verschiedenen Gründen zu Randgruppen der Gesellschaft gehören. Da ist zum einen La Marche, später Manso genannt, eine Farbige, die offenbar nachts schwimmend die Straße von Gibraltar überquert und so das europäische Festland erreicht. Ihr Ziel ist die Freiheit in Mitteleuropa. Wo genau sie herkommt und was bisher mit ihr geschehen ist, erfährt der Leser nicht.

Desweiteren gibt es da noch Enrique, der früher Henriqua hieß - also ein Transgender - der schon den größten Teil der Geschlechtsumwandlung hinter sich hat. Da seine beruflichen Perspektiven in Spanien denkbar schlecht sind, beschließt er, nach Deutschland auszuwandern. Sein bester Freund Leon hat das Down-Syndrom und gehört somit ebenfalls zu einer ausgegrenzten Bevölkerungsgruppe. Er möchte gerne Lehrer werden und nimmt in Spanien sein Studium auf.

So weit, so gut. Leider wirkt dieser Roman auf mich eher wie eine Berichterstattung von Gedankengängen. Keiner der Protagonisten schafft es, in mir ein Bild zu erzeugen. Sie bleiben von Anfang bis Ende wie durch einen Nebel betrachtet und lassen mich nicht wirklich mitfiebern. Außerdem ist die Handlung schnell durchschaubar und ich wusste recht früh, wohin die Reise geht. Spannung kam also auch keine auf, was aber auch nicht unbedingt sein muss bei einem Roman dieses Themas.

Leider kamen auch sehr viele Wiederholungen. Die Gedanken über die Vergangenheitsverdrängung, den Wunsch nach Freiheit, Lauf, los lauf!, immer wieder tauchen die gleichen Gedanken auf. Nicht nur bei Manso, auch bei Enrique oder Leon. Für mich war das etwas ermüdend, denn es wirkte auf mich wie eine gebetsmühlenartige Predigt, wie schwer alles ist, was Flüchtlinge alles erleiden müssen, wie durcheinander sie sind, wie viel Angst sie haben etc. Ich hätte diese Empfindungen gerne nachempfunden, aber mittels Dialogen, Handlungen, Reaktionen auf die Handlung anderer, Umschreibungen o. ä. Nicht durch bloßes In-Worte-fassen von Gedankengängen und dann auch noch immer der gleichen. Der Roman war mir an dieser Stelle zu offensichtlich zweckgerichtet. Es geht um das hoch gesteckte Ziel, mehr Verständnis für Flüchtlinge, Transgender und Behinderte zu erzeugen. Darüber wurden die Personen und Handlungen innerhalb des Romans leider vernachlässigt. Und beides macht für mich einen guten Roman aus.

Enriques Geschichte war mir insgesamt zu flach. Davon abgesehen, dass ein eigener Roman dem Thema Transgender gerechter geworden wäre, erschien mir seine Ausgangssituation wirklich erschreckend oberflächlich: Als einzige und erste Tochter nach 3 Söhnen kann ja kaum was anderes passieren, als dass sie ein Junge werden will! Was für Vorurteile werden denn da bedient? An dieser Stelle habe ich das Buch erstmal zugeklappt und musste einen Tag darüber brüten, ob ich überhaupt weiterlesen will. Warum um Himmels Willen muss sie die einzige Tochter sein? Sind Einzelschwestern unter Brüdern potenzielle Transgender, weil sie lieber mit den Brüdern Fußball spielen (und selbstverständlich besser als diese!) oder mit Autos statt mit Puppen? Weil sie lieber durch den Dreck toben statt saubere rosa Kleidchen zu tragen?

Wie viel eindrucksvoller wäre es gewesen, wenn einer der 3 Brüder sich im falschen Körper gefühlt hätte. Wenn er lieber mit der kleinen Schwester mit den Puppen gespielt hätte und sich geschminkt hätte mit 14, statt mit den anderen auf Bäume zu klettern. So erweckt es doch eher den Eindruck, als wäre sie nur neidisch auf die Brüder gewesen, weil sie viel mehr durften, viel schönere Spiele hatten und sie einfach dazu gehören wollte. Ein weiblicher Wildfang unter Brüdern, der seine weibliche Seite nie ausleben konnte und daher natürlich irgendwann zum Mann werden muss. Wäre sie mit 3 Schwestern groß geworden, dann wäre sie wahrscheinlich ein zufriedenes Mädchen geworden. Das sollte ziemlich sicher nicht vermittelt werden, aber genau das passiert in manchen Köpfen.

Zudem noch das in meinen Augen zwar nachvollziehbare, jedoch trotzdem unkorrekte Vorgehen von La Marche, sich einfach in ein momentan nicht genutztes Ferienhaus einzuquartieren und dort die Vorräte zu plündern. Wie gesagt: nachvollziehbar in ihrer Situation, aber trotzdem hätten dazu zumindest einige Statements gehört, dass sie sich damit unwohl gefühlt hat, andere zu bestehlen und in ein fremdes Haus einzubrechen (was anderes war es ja schließlich nicht), dass sie lieber anders vorgegangen wäre, aber nicht wusste, wie sie sonst hätte überleben können oder irgendetwas in der Art. Stattdessen ist sie unheimlich glücklich, dass sie dort Vorräte findet, die bis zum Frühjahr reichen. Ich will ja nicht päpstlicher als der Papst erscheinen, aber bei einem Roman mit solch hehren Absichten hätte ich nicht erwartet, dass "Der Zweck heiligt die Mittel" vermittelt werden soll.

Fehlt noch Leon mit dem Down-Syndrom. Auch hier wiederholt sich ständig, dass er von "normalen" Menschen als Leuten mit zu wenig Chromosomen denkt. Leute, die neidisch sind auf sein zusätzliches Chromosom etc., etc., etc. Wenn so ein Gedankengang 1mal oder meinetwegen auch 2mal in einem Roman vorkommt, dann reicht das als Denkanstoß völlig aus. Man muss es nicht wie Kaugummi immer und immer wieder in Leons Gedankengänge einbauen. Ich bezweifele, dass Menschen mit Downsyndrom so etwas ständig denken. Ich finde es ohnehin schwierig, mir diesen Leon vorzustellen. Die einzige Information die man bekommt ist die, dass er Downsyndrom hat, aber offenbar nicht zu den stark davon Betroffenen zählt, denn sonst hätte er kaum Abitur und Uni schaffen können. Leider bleibt auch diese Person für mich völlig nebulös.

Der für mich interessanteste Part dieses Romans war der über das italienische Dorf Riace. Ich kannte die Geschichte dieses Dorfes zuvor nicht und habe mich unmittelbar an Tante Google gewandt, um herauszufinden, ob es dieses Dorf tatsächlich gibt - was der Fall ist - auch wenn es im Roman beschönigend dargestellt wird. Im net findet man eine Reihe Berichte, die nicht alle rundum begeistert sind, weil auch dort die Flüchtlinge letztlich nur benutzt werden. Sie werden als billige Arbeitskräfte genutzt, tragen ein großes Teil zur Finanzierung der Gemeinde bei durch die Zuschüsse des Landes pro Flüchtling, halten so das Dorf am Leben, verbringen jedoch ihre Freizeit größtenteils unter sich - die Einheimischen möchten in ihrer Freizeit dann doch nicht wirklich was mit den Flüchtlingen zu tun haben - zumindest in der Realität von Riace. Trotzdem funktioniert es zumindest so lange, wie der Asylantrag in Bearbeitung ist. Wird er abgelehnt oder auch bewilligt, muss der Flüchtling Riace räumen - dann gibt es nämlich auch kein Geld mehr von Vater Staat. Das wird wohlweißlich verschwiegen und nur ganz diffus angedeutet im Roman, denn Mimmo, Riaces Bürgermeister, drückt sich vor der Antwort auf Enriques Frage und auch der Leser bleibt im Ungewissen.

Trotzdem empfinde ich gerade wegen des Beispiels Riace das Ende des Buches durchaus nicht als utopisch. Es wäre praktikabel und auch hier habe ich oft genug gedacht, dass es im geplanten Braunkohleabbau-Gebiet mehr als genug Möglichkeiten gäbe, Asylsuchende für einen längeren Zeitraum menschenwürdig in den verlassenen Dörfern mit geplantem Abriss unterzubringen.

Fazit: Eine in meinen Augen nicht wirklich gelungene Umsetzung, gleich mehrere brisante Themen in einem Roman unterzubringen. Hier wäre weniger vermutlich mehr gewesen. Trotzdem heiligt das Thema doch zumindest im Ansatz die Mittel und daher gibt es 3 Sterne von mir.