Cover-Bild Die guten Tage
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Zsolnay, Paul
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 240
  • Ersterscheinung: 18.02.2019
  • ISBN: 9783552059115
Marko Dinic

Die guten Tage

Roman
In einem Bus, dem täglich zwischen Wien und Belgrad verkehrenden "Gastarbeiter-Express", rollt der Erzähler durch die ungarische Einöde. Jener Stadt entgegen, in der er aufgewachsen ist. Die Bomben, der Krieg, Miloševic, den er zuerst lieben, dann hassen gelernt hat, und der Vater, für dessen Ideologie und Opportunismus er nur noch Verachtung empfindet, hatten ihn ins Exil getrieben. Entkommen ist er dem Balkan auch dort nicht. In beeindruckenden Bildern erzählt Marko Dinic zwanzig Jahre nach dem Bombardement von Belgrad von einer traumatisierten Generation, die sich weder zu Hause noch in der Fremde verstanden fühlt, die versucht die eigene Vergangenheit zu begreifen und um eine Zukunft ringt.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.09.2019

Ein interessanter Zustand.

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„Die guten Tage“ ist der erste Roman von dem serbischen Schriftsteller Marko Dinec.

Sein Protagonist fährt nach vielen Jahren von Wien nach Belgrad, weil seine Großmutter gestorben ist. Der Bus wird ...


„Die guten Tage“ ist der erste Roman von dem serbischen Schriftsteller Marko Dinec.

Sein Protagonist fährt nach vielen Jahren von Wien nach Belgrad, weil seine Großmutter gestorben ist. Der Bus wird der Gastarbeiter Express genannt und fährt täglich die Strecke.
Der junge Mann, ein Serbe, ist der Erzähler der Geschichte.
Seine Großmutter hat 4 Söhne und alle sind in dem grausamen Krieg der Balkanländer beteiligt und überzeugt im Recht zu sein.
Der Erzähler ist aus diesem Umfeld geflohen. Er beschimpft seinen Vater und seine Onkel mit direkter Sprache. Er wird als Feigling angesehen. Es ist schon eine eigenartige Familie.
Der Autor bringt uns die Zustände und Vergangenheit in Serbien nahe. Der Schreibstil ist modern und klar. Ein gutes Debüt.



Veröffentlicht am 21.05.2019

Man ist nach der atemlosen und erschütterten Lektüren dieses Buches auf das nächste Buch dieses hoffnungsvollen Autors gespannt.

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Marko Dinic, Die guten Tage, Zsolnay 2019, ISBN 978-3-552-05911-5

In seinem hier vorliegenden Debütroman erzählt der Schriftsteller Marko Dinic von der gebrochenen Identität seines Protogonisten, der ...

Marko Dinic, Die guten Tage, Zsolnay 2019, ISBN 978-3-552-05911-5

In seinem hier vorliegenden Debütroman erzählt der Schriftsteller Marko Dinic von der gebrochenen Identität seines Protogonisten, der wohl starke biographische Züge von Dinic selbst trägt. In Wien geboren, verbrachte Dinic seine Jugend in Belgrad und floh kurz vor dem Bombardement von Belgrad vor zwanzig Jahren zurück nach Wien.

Während der Erzähler seine Geschichte und seine widersprüchlichen Gefühle beschreibt, rollt er mit einem täglich zwischen Wien und Belgrad verkehrenden Bus, dem sogenannten „Gastarbeiter-Express“, durch Ungarn in Richtung seiner Heimatstadt, jener Stadt, in der er aufgewachsen ist. Er erzählt von den Bomben, dem Krieg, von dem serbischen Führer Milosevic, den er als Kind lieben und dann später zutiefst hassen gelernt hat. Dieser Diktator und der ihm bzw. seiner Idelogie nach wie vor treu ergebene Vater des Erzählers, für die er beide nur noch Verachtung empfindet, hatten den jungen Mann vor zwanzig Jahren ins Exil getrieben, wobei er von seiner Großmutter unterstützt wurde. Doch auch im Exil in Österreich konnte er dem Geist des Balkan und der Gewalt dort nicht entkommen. Sich der alten Heimat nähernd, reflektiert er darüber in beeindruckenden Bildern. Er beschreibt sich selbst als ein Mitglied einer traumatisierten Generation, die sich weder in Serbien zu Hause noch in der Fremde verstanden fühlt.

In einem langen sehr wütenden Monolog versucht Dinic die Vergangenheit zu begreifen. Das ganze Buch ist eine Abkehr von dem früher selbst gehuldigten Chauvinismus und Nationalismus. Mit brennendem Herzen und großer Wut kleidet er den Balkan und sein Temperament sprachmächtig in Worte. Immer wieder wird die ganz persönliche Not nicht nur des Erzählers, sondern seiner ganzen Generation deutlich, die unter der Weitergabe von patriarchal bestimmter Gewalt über viele Generationen hinweg bis zum heutigen Tag leiden.

Ein höchst aktueller Roman, der mit großer sprachlicher Wucht und unendlichem Schmerz erzählt von der Zerrissenheit der Identität einer ganzen Generation, einer verlorenen Generation?

Man ist nach der atemlosen und erschütterten Lektüren dieses Buches auf das nächste Buch dieses hoffnungsvollen Autors gespannt. Wir erfahren zwanzig Jahre nach einem verheerenden Krieg auf dem Balkan hierzulande kaum etwas über die gegenwärtige Lage dort, vor allen Dingen nicht über die Seelenzustände der Menschen.



Veröffentlicht am 28.09.2019

Marko Dinić – Die guten Tage

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Wien-Belgrad. Die Gastarbeiterstrecke, die täglich mehrfach von auseinanderfallenden Bussen bedient wird. Hier verkehrt auch der Erzähler, der nach zehn Jahren Abwesenheit zurück in seine Heimatstadt muss, ...

Wien-Belgrad. Die Gastarbeiterstrecke, die täglich mehrfach von auseinanderfallenden Bussen bedient wird. Hier verkehrt auch der Erzähler, der nach zehn Jahren Abwesenheit zurück in seine Heimatstadt muss, da seine Großmutter gestorben ist und mit ihr der Ehering begraben werden soll, den er vor vielen Jahren von ihr erhalten hatte. Die unwirkliche Szenerie im Bus, zwischen grölenden Arbeitern und Grenzkontrollen lenkt nur bedingt von dem ab, was plötzlich an Erinnerungen in ihm hochkommt. Die Schulzeit. Der Krieg. Aber auch die Verachtung der Eltern, ihr kleinbürgerliches Leben und die Verehrung der Verbrecher. Er will nicht zurück und wird doch angezogen von dieser Stadt, die der Legende nach 43 Mal niedergebrannt wurde. Was wird ihn dort erwarten? Und was wird die Stadt mit ihm machen?

Marko Dinić‘ Roman über die Zerrissenheit der traumatisierten jugoslawischen Kinder der 90er ist nominiert auf der Shortlist Debüt 2019 des Österreichischen Buchpreises. Thematisch streift er eine ähnliche Problematik wie Ivna Žic, die mit „Die Nachkommende“ auf der Longlist des Preises steht und ebenfalls über die schwierige Rückkehr in das Heimatland schreibt, das früher mal Jugoslawien hieß, oder auch Saša Stanišić, der in „Herkunft“ nach seinen Wurzeln sucht und dafür auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2019 steht. Eine Generation, die den Krieg erlebte, vor ihm flüchtete und jetzt in der Diaspora lebt – zwar in Sicherheit und Frieden, aber immer auch mit den Folgen der Erlebnisse und den Auswirkungen auf ihre Familien und vor allem die Elterngeneration.

Die zufällig zusammengewürfelte Zweckgemeinschaft des Buses folgt ihren ganz eigenen Regeln, die man kennt und akzeptiert. Sie alle müssen sich der günstigsten Art zu reisen unterwerfen und die Mitfahrer hingeben, egal wie sehr sie grölen und nach Alkohol stinken. Das lebende Klischee, in denen man jedoch auch die Menschen seiner eigenen Familie wiedererkennt. So dauert es nicht lange, bis die Gedanken des Erzählers beginnen zu wandern, zu seiner Kindheit, zu seinen Eltern, zu seiner Heimatstadt und der Schulzeit. Der Krieg hat nicht nur die Stadt in Schutt und Asche gelegt, sondern Gräben geschaffen zwischen den Generationen und zwischen jenen, die geflüchtet sind und jenen, die dablieben. Die größte Angst ist jedoch, dass plötzlich Wehmut aufkommt und die so klare Entscheidung, das Land zu verlassen, von den Emotionen in Frage gestellt wird. Während der Flüchtlingsstrom über die Balkanroute gen Norden drängt, fährt der Erzähler die entgegengesetzte Richtung. Aber egal wie rum er fährt, er kommt nicht an, denn für ihn gibt es keinen Ort mehr, der Heimat sein kann.

Der Autor erschafft eine lebendige Szenerie, sowohl die Geschehnisse im Bus wie auch seine Wanderschaft durch Belgrad kann man förmlich riechen und fühlen. Ebenso eindrücklich werden die widersprüchlichen Gefühle deutlich, kritisch gegenüber Nationalismus und Kriegsverbrecherverehrung und zugleich beschämt ob der Flucht. Obwohl in der alten Heimat nie eine Zukunft lag und die Daheimgebliebenen dies – sofern sie überhaupt noch leben – eindrucksvoll unterstreichen, erscheint plötzlich doch ein großes Fragezeichen über dem eigenen Lebensweg. Eine persönliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Heimatlandes, die diejenige einer ganzen Generation ist, die jetzt die passenden Worte für das Erlebte findet.